Hallo zusammen, mein Vater, Anfang 60, schwärmt immer davon, wie toll die 70er Jahre waren, wie da super Geld verdient worden ist, wie damals Leute einfach zu einer Firma gingen, von wegen "ich suche arbeit" und die Antwort war "kein Problem, kannst Montag Anfangen?" teils bevor großartig Papiere gecheckt wurden. Ich will nur mal wissen ob das eine Vergangenheitsverkärung ist oder ob es früher wirklich besser war? und wenn ja, was denkt ihr war die beste Zeit für Ingenieure oder ist vielleicht auch die heutige Zeit die beste Zeit? auch unter Berücksichtigung des kaufkraft bereinigten Lohns Grüsse
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Die "Guten alten Zeiten" beruhen meistens auf einem ziemlich schlechten Gedächtnis!
Sohn schrieb: > Hallo zusammen, > > mein Vater, Anfang 60, schwärmt immer davon, wie toll die 70er Jahre > waren, wie da super Geld verdient worden ist, wie damals Leute einfach > zu einer Firma gingen, von wegen "ich suche arbeit" und die Antwort war > "kein Problem, kannst Montag Anfangen?" teils bevor großartig Papiere > gecheckt wurden. Wo? "DDR"? Österreich? USA? Schweiz? Nordkorea? ...? welcher Job? Steiger? Stahlflechter? Löter? Rohrpostausträger? Zeichner? MfG,
Mit der ersten Ölkrise 1973 und der dadurch ausgelösten Rezession drehte sich der Wind und das Aufwärts seit den 50ern fand ein Ende. Zwar war die Situation auch danach noch besser als heute, aber in der damaligen Wahrnehmung sah das natürlich anders aus.
Zum Job muss ich was sagen: Gegend Süddeutschland, erst Elektriker, anschließend Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker, in beiden Jobs hat er die oben beschrieben Erfahrungen gemacht. Mit 35 hatte er einen Abteilungsleiter Posten wo sich heute viele Master oder Dipl Ingenieure sich die Finger nach lecken würden.
Allerdings darf man nicht vergessen: man konnte damals mit (verglichen mit heute) vergleichsweise einfachem Knowhow relativ viel bewerkstelligen. Heute ist von Anfang an alles dermaßen komplex, dass es für eine einzelne Person fast nicht mehr möglich ist, ein neues Produkt zu entwickeln. Beispiel: Ein paar Anzeige-LEDs reichen nicht mehr. Es muss ein Touch-Screen mit allem pipapo sein. Die Funktionalität lassen wir mal dahingestellt sein.
Sohn schrieb: > was denkt ihr war die beste > Zeit für Ingenieure oder ist vielleicht auch die heutige Zeit die beste > Zeit? Die heutige Zeit ist die beste. Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird, und was vorbei ist, ist vorbei. Das Gedächtnis verdrängt gerne Schlechtes. Es mag sein, das man in den 70ern schnell einen neuen Job bekommen hat, aber ich kann mich erinnern, dass man teils mehr als 40h und auch Samstags gearbeitet hat.
Sohn schrieb: > Zum Job muss ich was sagen: Gegend Süddeutschland, erst Elektriker, > anschließend Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker, in beiden > Jobs hat er die oben beschrieben Erfahrungen gemacht. Mit 35 hatte er > einen Abteilungsleiter Posten wo sich heute viele Master oder Dipl > Ingenieure sich die Finger nach lecken würden. Mit dem richtigen Fachwissen als Jungspund Abteilungsleiter oder gar Firmengründer werden ging auch in den Achtzigern - Stichwort Computerisierung. Beispiel: Andreas von Bechtolsheim In den Neunzigern war es dann Internet, so hat halt jedes Jahrzehnt seine Gewinner und Verlierer. Und meistens ist das Jahrzehnt das Beste in dem man den 35 Geburtstag feiert. Vorher ist man zu jung und dumm für den Erfolg, nachher zu alt und weise für die Tretmühle ;-) MfG,
glaubt mir eh keiner aber ist so: er ist heute in Altersteilzeit und hat dennoch seine 90k Brutto im Jahr. Mit MS Office tut er sich schwer, Outlook bedienen kann er nur sehr knapp, da braucht er oft hilfe und fragt oft wie er einen "Schrank" in Windows öffnet und sowas. Er sagt selber das er es krass findet wie die Situation heute ist für Leute die noch weiter qualifiziert sind als er. Er sagt er kennt es gar nicht, das man überhaupt ein Bewerbungsanschreiben braucht und Lebenslauf. Er sagte damals hat man sich halt bei einer Firma gemeldet und bisschen geredet, fertig und eingestellt.
Es ist allgemein bekannt, dass man im Alter, diejenige Zeit nachträglich als besonders toll empfindet, wo man selber zwischen 20 und 30 Jahre alt war. Ausnahmen bestätigen die Regel. Jesus schrieb: > Heute ist von Anfang an alles dermaßen komplex, dass es > für eine einzelne Person fast nicht mehr möglich ist, ein neues Produkt > zu entwickeln. Beispiel: Das erinnert irgendwie an folgendes Zitat "Es gibt nichts Neues mehr. Alles, was man erfinden kann, ist schon erfunden worden." (Charles H. Duell, US-Patentamt, 1899) Von Napoleon gibt es auch eine ähnliche Aussage.
Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen ;-)
Man findet immer das Jahrzehnt am Besten, in dem man aufgewachsen ist, es sei denn man hatte eine schlimme Kindheit.
Sohn schrieb: > mein Vater, Anfang 60, schwärmt immer davon, wie toll die 70er Jahre > waren, wie da super Geld verdient worden ist, wie damals Leute einfach > zu einer Firma gingen, von wegen "ich suche arbeit" und die Antwort war > "kein Problem, kannst Montag Anfangen?" teils bevor großartig Papiere > gecheckt wurden. > > Ich will nur mal wissen ob das eine Vergangenheitsverkärung ist oder ob > es früher wirklich besser war? Es ist sicherlich auch etwas Vergangenheitsverkärung, aber trotzdem war es in den 70ern viel leichter Arbeit zu bekommen, auch bei geringerer Qualifikation und dennoch mit rel. guter Bezahlung. Die Stimmung war gut. Die Industrie beschäftigte damals 8 Millionen Menschen mehr als heute. Die gute Lage am Arbeitsmarkt führte aber dazu, daß die Leute keine Notwendigkeit von Weiterbildung verspürten. Es gab nur einen geringen Anteil von hochqualifizierten Positionen. Ein Ingenieur war damals eine Respektperson. Es herrschten aber auch strenge Regeln: In technischen Büros trugen alle gebleichte und gestärkte weiße Hemden und Krawatten. ;) Die gute Zeit endete zunehmend ab 1979 - 2. Ölpreisschock (zur Stabilisierung des US Dollars). Danach wurde massiv rationalisiert und Personal entlassen. Die Stimmung in der Bevölkerung wurde depressiv. Für junge Ingenieure war es schwer, eine Anstellung zu finden. Erst ab dem Staatsbesuch Honeckers in Bonn 1987 wurde die Wirtschaft wieder massiv angekurbelt. Ich vermute, daß damals die Übernahme der bankrotten DDR vereinbart wurde und dazu die Westwirtschaft in Schwung gebracht werden mußte. Von 1992 bis 1997 war die Arbeitsmarktlage für Ing. wieder schlecht - ähnlich der Situation in den 80ern. Vergleich 1975 - 2015: In 40 Jahren hat sich das Realeinkommen der Beschäftigten nicht erhöht, aber der Industrieumsatz ist pro MA um das 9-fache gestiegen. :) Wünsche nachdenkliche Feiertage!
Was früher "besser" war? Nicole hat den Grand Prix Eurovision de la Chanson noch mit ner Schnulze gewinnen können. "Ein bisschen Frieden, ein bisschen ..". Mal ehrlich, sooo schlecht war doch der deutsche Beitrag von Ann Sophie ("Black Smoke") nicht oder?! Germany: 0 Punkte !! Wer kennt noch von den Song von Ideal: "Hundsgemein" "Das ist gemein .. sau gemein .. hundsgemein" Ich glaub wir ham's bei all unseren Nachbarn verschissen seit wir Weltmeister geworden sind. ;-)
lazarus schrieb: > Ich glaub wir ham's bei all unseren Nachbarn verschissen seit wir > Weltmeister geworden sind. Und was haben die Ösis verbrochen? ;-)
Jesus schrieb: > Die "Guten alten Zeiten" beruhen meistens auf einem ziemlich schlechten > Gedächtnis! Nicht unbedingt. An gutes erinnert man sich einfacher, während schlechtes aus der Vergangenheit verdrängt wird.
Chris M. schrieb: > aber ich kann mich erinnern, > dass man teils mehr als 40h und auch Samstags gearbeitet hat. Dafür ist heute die Arbeitsintensität viel höher. Alles wurde viel stressiger als zu der genannten Zeit.
Jo S. schrieb: > Ich vermute, daß damals die Übernahme der > bankrotten DDR vereinbart wurde fast richtig, nur wer hat denn nun wen übernommen? Wer ist heute an der Spitze?
Thomas1 schrieb: > Dafür ist heute die Arbeitsintensität viel höher. Die Arbeits- Agenturen sind auch viel höher als früher, als noch ein Flachbau ausreichte, um die paar Leute zu verwalten. :-( MfG Paul
Jo S. schrieb: > Vergleich 1975 - 2015: In 40 Jahren hat sich das Realeinkommen der > Beschäftigten nicht erhöht, aber der Industrieumsatz ist pro MA um das > 9-fache gestiegen. :) Jetzt müsstest du noch beim Industrieumsatz die Inflation berücksichtigen, dann könnte man diese Zahlen auch sinnvoll vergleichen.
Joachim B. schrieb: > fast richtig, nur wer hat denn nun wen übernommen? Das kommt stark drauf an, ob du gerade die Wirtschaft oder die Sicherheitsorgane im Fokus hast. ;-)
Sohn schrieb: > Hallo zusammen, > > mein Vater, Anfang 60, schwärmt immer davon, wie toll die 70er Jahre > waren, wie da super Geld verdient worden ist, wie damals Leute einfach > zu einer Firma gingen, von wegen "ich suche arbeit" und die Antwort war > "kein Problem, kannst Montag Anfangen?" teils bevor großartig Papiere > gecheckt wurden. > > Ich will nur mal wissen ob das eine Vergangenheitsverkärung ist oder ob > es früher wirklich besser war? und wenn ja, was denkt ihr war die beste > Zeit für Ingenieure oder ist vielleicht auch die heutige Zeit die beste > Zeit? auch unter Berücksichtigung des kaufkraft bereinigten Lohns > > Grüsse Habe auch Nachbarn die davon schwärmen. Wenn man gekündigt wurde bzw. was neues gesucht hatte konnte man am Tag drauf überall anfagen. Ich glaube es war aufjedenfall leichter, auch für ungelernte, anständig entlohnt zu werden. Heute ist irgendwie der Wurm drin und selbst arbeiten die damals problemlos von gelernten erledigt werden konnten sind heute häufig Akademikern vorbehalten. Auch Ausbildungsstellen haben Ihre Anforderungen an den Schulabschluss immer weiter hoch gezogen.
M. S. schrieb: > Ich glaube es war aufjedenfall leichter, auch für ungelernte, anständig > entlohnt zu werden. Heute ist irgendwie der Wurm drin und selbst > arbeiten die damals problemlos von gelernten erledigt werden konnten > sind heute häufig Akademikern vorbehalten. Auch Ausbildungsstellen haben > Ihre Anforderungen an den Schulabschluss immer weiter hoch gezogen. Die Anforderungen sind natürlich schon gestiegen. Wer verkrampft, sobald er vor einem Bildschirm landet auf dem kein Fussball läuft, der hat heute mehr Probleme als früher. Früher hat ein Busfahrer einfach nur einen Bus gefahren und mit simplen mechanische Kassen geklimpert. Heute kämpft er nicht nur mit Lenkung und Pedalen, sondern zusätzlich mit spinnenden komplexen Touchscreen-Kassensystemen und verzweifelt an unlesbaren Kundenkarten und immer mal ausfallenden Online-Anzeigen. Und zwischendurch darf er in der Zentrale am PC mit dem Einsatzplan kämpfen.
M. S. schrieb: > Ich glaube es war aufjedenfall leichter, auch für ungelernte, anständig > entlohnt zu werden. Es gab praktisch keine Arbeitslosigkeit - da mussten sich die Arbeitgeber ihren Leuten gegenüber anständig und fair verhalten, wenn sie sie nicht verlieren wollten und so viele Ungelernte, Minderqualifizierte etc., wie heute gab es nicht. Einen Job als Hilfsarbeiter auf dem Bau hat jeder gefunden, der halbwegs zupacken konnte und von Baumaschinen, wie wir sie heute kennen, träumte man noch nichteinmal. Das waren natürlich zu einem guten Teil noch Kriegsfolgen: vieles war zerstört, viele junge vor allem Männer waren umgekommen - es gab mehr Arbeit, als Leute, die sie machen konnten. Zudem benötigte die Landwirtschaft noch ein Vielfaches der Arbeitskräfte, die heute dort benötigt werden. Mitte der 50er holte man wieder "Gastarbeiter" ins Land -- ganz zu Beginn sprach man noch im alten Nazi-Jargon von "Fremdarbeitern" -- um das Selbstbewusstsein der einfachen Malocher nicht zu groß werden zu lassen. Das ist natürlich alles Schnee von gestern. Der Wert der Arbeitskraft war zunächst langsamer, nach der Eingemeindung der DDR beschleunigter Inflation unterworfen. Dass unter solchen Bedinungen die Zeiten rauer werden, kann nicht ausbleiben und trotz möglicher Verklärung der eigenen Jugendzeit herrscht eine klare Tendenz in Richtung sehr deutlicher Verschlechterung der Lebensverhältnisse und vor allem der Zukunftssicherheit für die, denen nicht ein halbwegs ansehnliches Erbe in den Schoß fällt. Für die in den 1930ern geborenen sah es umgekehrt aus: die 1960er und 70er waren viel besser, als die vom Krieg geprägte Jugendzeit und folglich kam auch -- außer denen, deren Familien sich gar zu sehr mit der Hitlerei verbrüdert und es damit zu Wohlstand gebracht hatten -- kaum einer auf die Idee, von der "guten alten Zeit" zu schwärmen. Wer die Verhältnisse in der BRD kritisierte, bekam auf der Stelle ein "Geh doch in die Ostzone!" an den Kopf geworfen...
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Uhu Uhuhu schrieb: > Dass unter solchen Bedinungen die Zeiten rauer werden, kann nicht > ausbleiben und trotz möglicher Verklärung der eigenen Jugendzeit > herrscht eine klare Tendenz in Richtung sehr deutlicher Verschlechterung > der Lebensverhältnisse und vor allem der Zukunftssicherheit für die, > denen nicht ein halbwegs ansehnliches Erbe in den Schoß fällt. Absolut gesehen ist der Wohlstand doch heute viel grösser als in den 70ern. Das meiste materielle, was für uns heute alltäglich und durchschnittlich ist, war damals High-End oder noch gar nicht denkbar. Ein paar Beispiele: - Ein günstiges Hausfrauen-Auto wartet heute mit Komfort, Ausstattung und Fahrleistungen auf, für die man in den 70ern einen Oberklasse- oder Sportwagen kaufen musste. - In den 70ern flog niemand für weniger als einen Tageslohn quer durch Europa. - Informationsbeschaffung erfolgte händisch aus Büchern und beschränkte sich auf das, was das eigene Archiv und die örtliche Bücherei hergab. - Unterhaltung beschränkte sich auf das, was im Radio/Fernsehen/Kino gerade lief, oder allenfalls auf eine Plattensammlung. - Die schnellste und flexibelste Kommunikationsmethode damals war das Telefon. An Hilferufe von unterwegs, spontane Verabredungen oder kurzfristige Planänderungen war nicht zu denken. - In den 70ern gab es weder Computertomographie noch MRI. Die Rettungsfliegerei steckte in den Kinderschuhen. Viele heute einfach zu behandlenden Krankheiten- und Verletzungen waren damals noch ein echtes Problem. - usw.
P. M. schrieb: > Absolut gesehen ist der Wohlstand doch heute viel grösser als in den > 70ern. Das meiste materielle, was für uns heute alltäglich und > durchschnittlich ist, war damals High-End oder noch gar nicht denkbar. Absoluter Wohlstand ist auch nicht das Kriterium, das die Leute glücklich oder unglücklich macht. Dem Menschen als sozialem Wesen dient relativer Wohlstand zu einem großen Teil als Statussymbol - der Pfau gibt mit seinem Schwanz an, der Homo sapiens - Mann mit dem Plunder, mit dem er seine Gattin behängen kann, den sich andere nicht leisten können. Heute muss das Hausfrauenauto mit allerlei technische Gimmics oder mehr aufwarten - in den 1950ern hatte die Hausfrau schlicht keinen Führerschein und träumte - wenn sie ganz verwegen war - von einer Waschmaschine und wenn sie beides hatte, war sie schon sehr privilegiert. Die Gimmics der 1950er waren zwar nicht besser, als die heutigen, aber langlebiger, was das Leben deutlich geruhsamer machte...
Aus meiner Sicht waren die 90-er das beste Jahrzehnt. Anständige elektronische Mukke mit 180 Bpm und praktisch alle digitalen Spielzeuge zumindest technisch vorhanden, wenn auch unerreichbar! Discmen gab es schon für 150 bis 300 DM mitte der Neunziger. Wer nen Mini-Disc hatte, war der King auf dem Schulhof, ein DAT-Recorder war bekannt aus den Katalogen aber unbezahlbar. An sonsten würde ich sagen, dass jede Gernation das Jahrzehnt als das Beste bezeichnet, in dem sie ihre Jugend/Pubertät verlebt hat. Da gibts auch irgendwo ein Video von Vsauce zu. Übrigens habe ich die Erfahrung gemach, dass man sich eher an die schlechten Sachen erinnernt, als an die guten.
Uhu Uhuhu schrieb: > Absoluter Wohlstand ist auch nicht das Kriterium, das die Leute > glücklich oder unglücklich macht. Genau. Was ich sagen will: Es geht nicht etwas bergab und die früheren Zeiten waren eigentlich nicht besser. Es ist eher so, dass es immer schwieriger wird, den Wohlstand noch zu steigern. Denn viele der heutigen wirtschaftlichen Probleme basieren auf den genau gleichen Fortschritten, die uns auch den hohen heutigen materiellen Wohlstand bringen. Das wichtigste Stichwort ist hier die Automatisierung. Was früher ein Arbeiter in tagleanger Handarbeit gefertigt hat, schafft eine grosse Fabrik in Minuten. Das Produkt wird somit günstig, aber es entfallen auch Arbeitsplätze.
P. M. schrieb: > Was ich sagen will: Es geht nicht etwas bergab und die früheren > Zeiten waren eigentlich nicht besser. Wenn man den Wohlstand als Maß dafür nimmt, stimmt das. Nur kommt dem einfach platten materiellen Wohlstand dieses Gewicht zu? Ich glaube nicht. Ein Leben im Stil einer Lotterie - man gewinnt oder verliert nach dem Zufallsprinzip und nicht nach Tüchtigkeit - bietet keine Sicherheit, auf die man ein Familie gründen will. Der Trend geht in diese Richtung. Das war im Krieg ähnlich: dort kam der Zufall in Form von Bomben und Granaten ist Spiel - nichts, was man als Einzelner beeinflussen konnte. In den 50ern bis Mitte 80er herrschte wieder vergleichsweise sehr hohe Sicherheit, es gab viel aufzubauen, die Leute waren optimistisch.
Uhu Uhuhu schrieb: > Nur kommt dem einfach platten materiellen Wohlstand dieses Gewicht zu? Jein. Der materielle Wohlstand ermöglicht uns unser Leben so zu führen dass wir "inneren" Wohlstand erlangen. Das Auto ermöglicht mir schnell und bequem meinen Arbeitsplatz zu erreichen. Das Geld dass ich dort verdiene erlaubt mir ohne Existenzängste zu leben und Geräte oder Handwerker zu bezahlen die mir Arbeit abnehmen so dass ich mehr Freizeit (imho das wichtigste Gut) habe. Die kann ich nutzen um Sport zu treiben, zu Reisen, Musizieren, eine neue Sprache lernen oder einfach nur basteln. Hier kann jeder selbst definieren was ihn glücklich macht. So gesehen bringt materieller Wohlstand schon ein erfülltes Leben, auch wenn er dafür keine zwingende Grundlage ist. Ontopic: ich lebe gern im Jetzt. Die 80er hatten aber die bessere Musik und Comics (Captain Future :-))
Wenn ich die Möglichkeiten bis zum Ende des Studiums vergleiche leben wir heute ziemlich gut. Es kann ja prinzipell jeder Hannes von ner H4 Familie ein Studium erfolgreich abschließen - was auch gut und richtig so ist. In meinem Studiengang war die Hälfte in einem Auslandssemester und hat Auslandserfahrung gesammelt, also auf Erasmuskosten gesoffen was das zeug hält. Es gab auch sehr viele Wochenendheimfahrer, sind mit dem Zug mehrere hundert km heimgefahren und das wirklich jedes Wochenende. Das geht ganz schön ins Geld, gab es diese Möglichkeiten früher auch? Hinzu kommen noch die technischen Hilfsmittel. Heute zu faul zum Aufstehen? Kein Problem, irgend ein Kommilitone wird die Tafel schon abfotografiert haben. Und weil es so einfach ist drücken zu viele Akademiker später in den Arbeitsmarkt. Da könnte ich mir durchaus einige Verbesserungen vorstellen. Was ich als kritisch erachte ist die flexibilisierung des Arbeitsmarktes, speziell was Jobsicherheit anbelangt. Momentan steht bei mir ein Wohnungskauf an und wenn ich mich so umhöre ist Jobverlust bei allen die größte Angst, sogar noch vor der Scheidung.
Uhu Uhuhu schrieb: > In den 50ern bis Mitte 80er herrschte wieder vergleichsweise sehr hohe > Sicherheit, es gab viel aufzubauen, die Leute waren optimistisch. Und heute weiss man, dass man nicht mehr am Aufstieg ist, sondern sich oben befindet. Mit Glück kann man sich dort halten, aber tendenziell geht die Aussicht eher nach unten. Krisen wohin man blickt, Unken aller Art haben Hochkonjunktur. Egal wie es einem objektiv geht, die Stimmung ist miserabel.
Lasst mich Arzt schrieb: > Was ich als kritisch erachte ist die flexibilisierung des > Arbeitsmarktes, speziell was Jobsicherheit anbelangt. Momentan steht bei > mir ein Wohnungskauf an und wenn ich mich so umhöre ist Jobverlust bei > allen die größte Angst, sogar noch vor der Scheidung. Yep. Scheidungsrate/-Verfahren plus Zeitverträge/-Arbeit sind optimale psychologische Voraussetzungen für eine konventionelle Familiengründung. Da helfen keine Sonntagsreden oder Kindergelder, das hat nachvollziehbar Konsequenzen.
Lasst mich Arzt schrieb: > Es kann ja prinzipell jeder Hannes von ner H4 > Familie ein Studium erfolgreich abschließen - was auch gut und richtig > so ist. Warum tun es dann so furchtbar wenige?
Lasst mich Arzt schrieb: > Es gab auch sehr viele Wochenendheimfahrer, sind mit dem > Zug mehrere hundert km heimgefahren und das wirklich jedes Wochenende. > Das geht ganz schön ins Geld, gab es diese Möglichkeiten früher auch? Ich bin ganz froh, noch in der DDR studiert zu haben. Das Studententicket war 75% ermäßigt (12,60M von Ilmenau nach Leipzig und zurück). 200,-M Grundstip für jeden, abzüglich 10,-M Miete fürs Wohnheim, den Rest konnte man in die Kneipe (0,40M das Glas Bier) bringen. Ich hab keinen Studenten nebenbei jobben sehen.
Im Westen wars in den 70ern auch nicht schlecht: vom Bafög konnte man problemlos das Studium bestreiten. Es wurden dann zwar auch schon Teile als Darlehen gezahlt, ich habe nach Ablauf der tilgungsfreien Zeit nach Abschluss des Studiums ganze 5.000 DM zurückgezahlt. Davon können die Jungen heute nur träumen...
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Uhu Uhuhu schrieb: > Im Westen wars in den 70ern auch nicht schlecht: vom Bafög konnte man > problemlos das Studium bestreiten. Auch heute kann man problemlos ein Studium finanzieren. Die Mehrheit der Studenten kümmert sich jedoch kaum noch um ein Stipendium, obwohl es nie einfacher war eins zu finden und zu bekommen. http://www.welt.de/politik/bildung/article4018127/Von-der-Renitenz-der-deutschen-Studenten.html
Chris M. schrieb: > Die Mehrheit der > Studenten kümmert sich jedoch kaum noch um ein Stipendium, obwohl es nie > einfacher war eins zu finden und zu bekommen. Wenn sich mehr darum kümmerten, wären die Aussichten, eins zu bekommen um so schlechter...
Uhu Uhuhu schrieb: > Wenn sich mehr darum kümmerten, wären die Aussichten, eins zu bekommen > um so schlechter... :-)) Einfach, aber logisch! Da kann man nur Thomas Gottschalk zitieren: "Respekt, Mein Lieber!!" MfG Paul
Von der Musik her mMn immer noch die 80er. Ein Jahrzehnt, in dem so viel gute und auch richtig schlechte Musik gemacht wurde, musste erstmal suchen :-)
Matthias Sch. schrieb: > Von der Musik her mMn immer noch die 80er. Gute 80er Mugge lief allerdings zum größten Teil nur abseits der Hitparaden. Den gewöhnlichen Popschrott mochte ich damals schon nicht. Musiktechnisch waren die 90er eher meins. Celebration Generation, Feiern bis zum Umfallen, nicht selten bis zum nächsten Nachmittag, genial. Aber auch ansonsten hatten die 90er in vielen Lebensbereichen eine Dynamik, die ihresgleichen sucht. Allen voran natürlich der Wechsel des Gesellschaftssystems mit turbulenten, anarchischen Jahren. Rasante technische Entwicklung, Computer eroberten die Haushalte, Mobiltelefone für jedermann, die Gründerjahre des Internets. Motorsport wurde erschwinglich, ich hätte mir noch in den 80ern nie träumen lassen, selbst in einem Rennwagen sitzen zu dürfen. Selbst das TV war nicht so schrottig und politisch korrekt, wenn auch nicht unbedingt anspruchsvoller. "Akte X", legendär. Und am Ende ein Jahrtausendwechsel, das erleben auch nicht viele Generationen. Wenn ich nochmal zurückreisen dürfte, jederzeit. Auch wenn es den Verzicht auf die Annehmlichkeiten aktueller Technik bedeutet.
Heute habe ich den Eindruck, dass der Wahnsinn sich gut getarnt hat, und von der Masse der Leute als "normal" akzeptiert wird. Eine Gesellschaft, die nach Entschleunigung schreit, gleichzeitig aber jede noch so bekloppte Nachicht auf Facebook und Co. sofort mit dem Smartphone konsumieren muss. Burnout hieß in den 70ern und 80ern noch Nervenzusammenbruch, und wurde als seltene Überlastung von Müttern mit 5 Kindern angetroffen. Arbeitgeber pressen das Letzte aus Arbeitnehmern raus, um selbst mit viiieeel Kohle solange Urlaub machen zu können wie es ihnen passt. Kinder werden von "der Gesellschaft" und somit von den eigenen Eltern gezwungen jede Minute von Freizeit in Sportvereinen, Musikschulen etc. zu verbringen. Wenn die Kinder dabei wuschig im Kopf werden nennt man es ADHS und gibt ihnen Ritalin ( oder wie das Zeug heißt... ). Eine Zeit, in der Werbeplakate einen QR Code zeigen statt Klartext, lässt mich schon frösteln. Ich hoffe, dass meine noch kleine Tochter mal einen Sinneswechsel miterlebt, wo mit alten Smartphones höchstens noch der Grill angefächelt wird. Ich jedenfalls lese ihr Die Geschichten aus Bullerbü aus einem echten Buch vor. Derzeit finde ich leider nur den Fortschritt in der Medizin / Lebensrettung besser als früher. Ansonsten empfinde ich ein gruseliges Gefühl, wenn ich sehe mit wieviel vollkommen sinnlosem Zeug sich viele beschäftigen, und dann dabei ernshaft glauben, sie seien die Helden der Neuzeit.
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Wenn ich die Wurzelbehandlung von letzter Woche mit der von 1990 vergleiche, scheint die Gegenwart viel besser zu sein. Und das meine Kinder nicht zur Bundeswehr müssen, finde ich auch nicht besonders beklagenswert. Und wenn ich mir ansehe, welche Massen sich einen Flugurlaub in den Sommer leisten können, kann es mit der Armut auch nicht so weit her sein. Wobei natürlich die Urlaub im Käfer in Italien 1975 schon auch nett war, man kannte ja sowas nicht. Aber absolut gesehen fliegen wohl heute doch erheblich mehr Leute in den Urlaub als 1975 überhaupt in den Süden gefahren sind. Gruss Axel
Axel Laufenberg schrieb: > Und das meine Kinder nicht zur Bundeswehr müssen, finde ich auch nicht > besonders beklagenswert. Und mein Alter war noch stinksauer, als er erfuhr, dass ich mich erfolgreich um die Scheiße gedrückt hatte. Er hatte gehofft, beim Bund würden sie mir "die Hammelbeine langziehen"...
Uhu Uhuhu schrieb: > Er hatte gehofft, beim Bund > würden sie mir "die Hammelbeine langziehen"... Die Uhu-Beine.... ...und die Flügel stutzen MfG Paul
Das beste Jahrzehnt ist immer das nächste. Wenn sich dann zeigt, dass das auch nicht so toll ist, schwelgt man wieder in Erinnerungen an vergangene Dekaden. Wenn man diese Frage allerdings vor ein paar Jahrzehnten gestellt hätte, hätte keiner derjenigen, die jetzt von einem bestimmten Jahrzehnt schwärmen, das auch in genau jenem getan. mfg.
Thomas Eckmann schrieb: > Das beste Jahrzehnt ist immer das nächste. ne danke, je näher an dem Erdmöbel desto mieser :-)
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