Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OPV Verständnisfrage


von Stefan G. (ceqe)


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Hallo zusammen,

ich habe eine Verständnisfrage zu den Ursachen und Wirkungen in Bezug 
auf OPV Beschaltungen:


Warum führt die Rückkopplung über einen Widerstand auf den 
invertierenden Eingang zu einer definierten Verstärkung?


Die erste Stufe in einem OPV ist ein Differenzenverstärker. Angenommen 
die Spannung am invertierenden Eingang ist 1V und am nichtinvertierenden 
beträgt sie 0V.

Diese Spannungsdifferenz wurde von 1V auf -10V verstärkt. Wenn ich diese 
verstärkte Differenz nun zurückführe an den Eingang, dann entsteht doch 
eine neue Spannungsdifferenz (die dann wieder in die andere Richtung 
verstärkt wird)?!?!

Ich bin mir sicher das ich irgendwo ein Denkfehler habe und hoffe, dass 
mir jemand meine Frage beantworten kann.

Mit freundlichen Grüßen

ceqe

von Harald W. (wilhelms)


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Stefan G. schrieb:

> Angenommen
> die Spannung am invertierenden Eingang ist 1V und am nichtinvertierenden
> beträgt sie 0V.

Dann ist Dein OPV bereits am Anschlag und er arbeitet als Komparator.

von abc.def (Gast)


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Der OPV möchte an seinen Eingängen die gleiche Spannung haben ( 
Differenz=0). Im ersten Moment hättest Du vielleicht recht, aber wenn 
der OPV seine Ausgangsspannung ändert, dann kommt der Eingang (der über 
Gegenkopplung (- Eingang!!) daran angeschlossen ist, an dem Punkt der 
0-Differenz vorbei und der Ausgang ist damit zufrieden. Wo die 
Ausgangsspannung stehen bleibt, kommt nur darauf an, daß die Eingänge 
eine 0-Differenz haben.
Voraussetzung ist natürlich, daß die Eingangsspannung innerhalb der 
Betriebsspannung V+ und V- sind (Sicherheitsabstand beachten). Der 
Ausgang kann ebenfalls nur den Bereich V- ... V+ einnehmen, auch wenn 
rechnerisch die Ausgangsspannung 1000000V herauskommen müßte.
Grundsätzlich: Ausgang nach -Eingang ist Gegenkopplung, so kannst Du 
einen Verstärker bauen. Ausgang nach +Eingang ist Mitkopplung, das 
ergibt einen Oszillator. Dein Begriff der Rückkopplung ist zu allgemein, 
denn er sagt beides aus.

von Stefan G. (ceqe)


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Hey Danke für die Antwort.


Ok ich verstehe deine Argumentation.

Ein weitere Frage wäre:

Warum ist der Ausgang "zufrieden"? Gibt es dafür eine physikalische 
Erklärung warum der OPV "versucht" die Differenz auf 0V zu setzen.

Ich habe mir schon Erklärungen zu der Funkstionsweise von 
Differenzenverstärkern angeschaut und erkenne noch immer nicht die 
Ursache dafür, dass die Differenz bei 0V bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

ceqe

von Pandur S. (jetztnicht)


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Die Openloop Verstaerkung des OpAmps geht gegeb Unendlich, naja 
zumindest 100'000 oder so. Dh eine Eingangsspannungsdifferenz wird in 
einem P-Regler auf 1/100'000 abgeschwaecht.

von Joe F. (easylife)


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Stefan G. schrieb:
> Warum ist der Ausgang "zufrieden"? Gibt es dafür eine physikalische
> Erklärung warum der OPV "versucht" die Differenz auf 0V zu setzen.

Weil er genau dafür konstruiert wurde.

von Stefan G. (ceqe)


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Hey Danke für die Antworten.

Eben auf dem Nachhauseweg fiel mir genau das ein Joe F..

Er heißt natürlich so weil er eben Differenzen verstärkt und wenn keine 
Differenz vorhanden ist, gibt es auch nichts zu verstärken.

Mit freundlichen Grüßen

ceqe

von Murmelchen (Gast)


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Hallo,

würde der OPV ohne den Spannungsteiler, der die Rückkopplung bewirkt, 
betrieben, dann würde der Ausgang wegen der hohen Verstärkung schon bei 
kleinen Potenzialunterschieden an den Eingängen des OPVs gegen seine 
negative Aussteuergrenze fahren. Negative Grenze, weil am negativen 
Eingang bei deinem Beispiel ein höheres Potenzial anliegt.

Jetzt kommt aber der Spannungsteiler ins Spiel. An diesen beiden 
Widerständen fällt jeweils und im Verhältnis der Widerstände ein Teil 
der Eingangsspannung ab. Unmittelbar nach dem Einschalten beträgt die 
Ausgangsspannung des OPVs noch 0V. Die Spannung zwischen den beiden 
Eingängen des OPVs beträgt damit die der Eingangsspannung minus der 
Spannung, die am Widerstand R1 abfällt. Diese positive Spannung führt 
dazu, dass der Ausgang gegen die negative Aussteuergrenze strebt. 
Dadurch erhöht sich aber auch die Spannung zwischen Eingang und Ausgang 
und damit auch die Spannung, welche an den beiden Widerständen abfällt. 
Es fällt also auch mehr Spannung an R1 ab und damit wird auch die 
Differenzspannung an den Eingängen des OPV kleiner. Irgendwann wird dann 
der Zustand erreicht, wo die negative Ausgangsspannung nahezu genau der 
Spannung entspricht, welche an R2 abfällt. Damit fällt dann auch die 
gesamte Eingangsspannung an R1 ab und die Differenzspannung wird nahezu 
Null. Es stellt sich ein stabiler Zustand ein, wobei die negative 
Verstärkung am Ausgang dem Verhältnis der Widerstände des 
Spannungsteilers entspricht.

Die obige Betrachtung gilt unter der Voraussetzung, dass die Eingänge 
des OPVs so hochohmig sind, dass die Eingangsströme vernachlässigbar 
sind und dass das Verhältnis der Widerstände viel kleiner ist als die 
Verstärkung des OPVs.


Oft wird in dem Zusammenhang von einer virtuellen Masse gesprochen, 
welche sich im Knotenpunkt des Spannungsteilers einstellt. Aber 
besonders anschaulich finde ich diese Beschreibung auch nicht. 
Vielleicht hilft Dir ja meine schrittweise Beschreibung bis hin zum 
stabilen Zustand, der sich einstellt, eher, ein besseres Verständnis von 
dem Vorgang zu erhalten.


Mit besten Grüßen

Murmelchen

von Peter R. (pnu)


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Beim OPamp findet ein Soll-Ist-Wertvergleich statt. Aus dem wird mit 
extrem hoher Verstärkung ein Korrektursignal erzeugt.

Wenn also der Sollwert (am plus-Eingang) Null ist, und am Minuseingang 
eine positive Spannung anliegt. wird diese Differenz verstärkt (extrem 
hoch). Weil die pos. Spannung am Minuseingang anliegt entsteht am 
OPausgang eine hohe negative Spannung. Die verwendet man dann, um über 
einen Widerstand die Spannung am Minuseingang kleiner zu machen. Das 
endet dann, wenn diese Differenzeingangspannung fast Null ist, dann wird 
nicht mehr vom Ausgang her korrigiert. Der Restfehler bei einem Opamp 
mit 100000 Verstärkung ist dann 100µV

Es gilt aber auch eine andre Überlegung: Der OPamp habe eine Verstärkung 
von hunderttausend. Um eine Ausgangsspannung von 10V 
(Aussteuerungsgrenze) zu erzeugen muss man 10 hunderttausendstel V 
Eingangsspannung haben, also 100uV.
Das ist der sogenannte Restfehler.
Zu seinem Aussteuerbereich von plusminus 10V gehört eine 
Eingangsspannungsdifferenz von maximal 100mV.

Die meisten Opampschaltungen kann man mit der Annahme einfach berechnen 
dass die Eingangsspannungsdifferenz Null ist.

Bei schlecht aufgebauten Opamps kann es sogar passieren, dass er sich 
bei einem Eingangsspannungssprung "einpendelt" also seine Korrektur 
nicht gleich perfekt hinbekommt, sondern auch mal in die falsche 
Richtung hin korrigiert. Das sieht man manchmal als ein paar abklingende 
Halbschwingungen.
Ein normal aufgebauter Opamp "schleicht " sich an den korrekten Wert 
hin:
Wenn die Abweichung am Ausgang kleiner wird, fließt auch weniger Strom 
zum Eingang hin und die Korrektur erfolgt langsamer. Das gibt dann  eine 
e-Funktion, mit der sich der Opamp an den "richtigen" Wert 
heranschleicht (innerhalb einiger hundert nsec)

von Christian L. (cyan)


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abc.def schrieb:
> Grundsätzlich: Ausgang nach -Eingang ist Gegenkopplung, so kannst Du
> einen Verstärker bauen.

Mit solchen Pauschalaussagen sollte man vorsichtig sein - sie stimmen 
nämlich häufig nicht. Ein Gegenbeispiel sind z.B. Shunt-Monitore, wie 
der INA139. Da geht die Rückkopplung auf den +-Eingang zurück und 
trotzdem ist es eine Gegenkopplung. Und nein, die Eingänge sind nicht 
vertauscht im Datenblatt. Man muss sich immer die gesamte Schaltung 
anschauen, um eine verlässliche Aussage treffen zu können.


> Ausgang nach +Eingang ist Mitkopplung, das
> ergibt einen Oszillator.

Es könnte auch nur ein Komparator sein. Für eine Oszillation müssen noch 
weitere Bedingungen erfüllt sein.

von M. K. (sylaina)


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Christian L. schrieb:
> Ein Gegenbeispiel sind z.B. Shunt-Monitore, wie
> der INA139.

Der INA139 ist auch kein OPV und das + und das - am INA139 haben auch 
etwas andere Bedeutungen als das + und das - bei einem OPV.

von Christian L. (cyan) (Gast)


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Michael K. schrieb:
> Der INA139 ist auch kein OPV und das + und das - am INA139 haben auch
> etwas andere Bedeutungen als das + und das - bei einem OPV.

Ich habe auch nie behauptet, dass der Shunt Monitor ein OPV wäre. Er 
wird aber mit einem realisiert und um diese Beschaltung ging es mir. Die 
kann man nämlich exakt so aufbauen. Dann geht die Rückkopplung auf den 
+-Eingang des OPV zurück und bildet eine Gegenkopplung.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Ich bezweifle, dass im INA139 wirklich ein 741-artiger Op drinsteckt. 
Solche vereinfachten Schaltpläne in Datenblättern dienen nur dazu dem 
Schaltungsentwickler klar zu machen, welche Charakteristiken Ein- und 
Ausgänge haben. Beim '139 z.B. ein Stromausgang.

Das die Rückkopplung im Schaltplan an + geht, liegt ausschließlich an 
der Invertierung durch den gezeigten Transistor - ob das im Chip so 
gemacht wird... wie gesagt, hier wird eher ein richtiger 
Differenzverstärker vorliegen...

---

Wenn ich so drüber nachdenke, könnte der 139 auch eine geschickte 
Anwendung eines Stromspiegels sein ; andere Shunt-Monitor-ICs machen das 
so (etwa ZDS1009).

: Bearbeitet durch User
von Christian L. (cyan)


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Marian B. schrieb:
> Solche vereinfachten Schaltpläne in Datenblättern dienen nur dazu dem
> Schaltungsentwickler klar zu machen, welche Charakteristiken Ein- und
> Ausgänge haben.

In dem Fall kann man die Schaltung aber trotzdem so realisieren und sie 
wird funktionieren. Selbst LT empfiehlt auf z.B. Seite 3 die Schaltung:
http://cds.linear.com/docs/en/application-note/an105fa.pdf
Natürlich nicht mit jedem OPV. Aber du wirst ja auch keinen 10MHz 
Verstärker mit einem LM741 bauen wollen, oder? Den LM741 als Maß dafür 
zu nehmen, was machbar ist und was nicht ist ohnehin ein schlechter 
Scherz.

Der Shunt Monitor war auch nur ein Beispiel. Die Spannungsreglung im 
HP3631 wird ebenfalls über eine Rückkopplung auf den +-Eingang 
realisiert. Auch im Keithley 617 wird die Endstufe so geregelt.

Den Shunt Monitor habe ich deshalb gewählt, weil er ein Bauteil ist, mit 
dem viele sicherlich schon gearbeitet haben. Auch wird er sehr häufig 
eingesetzt, sodass eine weit verbreitete Schaltung als Gegenbeispiel 
dienen sollte.

> Das die Rückkopplung im Schaltplan an + geht, liegt ausschließlich an
> der Invertierung durch den gezeigten Transistor

Eben. Und sobald eine zusätzliche Invertierung vorliegt, kann man die 
Regel mit "Ausgang nach -Eingang ist Gegenkopplung" vergessen. Und genau 
das war mein Einwand. Es zählt immer die gesamte Schaltung.

: Bearbeitet durch User
von M. K. (sylaina)


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Christian L. (cyan) schrieb:
> Dann geht die Rückkopplung auf den
> +-Eingang des OPV zurück und bildet eine Gegenkopplung.

Das ist keine Rückkopplung sondern die Versorgung des Transistors! ;)

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