Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik PT100 vs Thermo-IC


von Marten M. (mcgonahy148)


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Hallo zusammen,

im Bereich der Temperaturmessung bin ich nicht so wirklich bewandert. 
PT100, ja...kenn ich und weiß auch, dass das Thema mit den kleinen 
Spannungen etc. wohl Hauptthema ist.

Kurzum - ich möchte von 50-175°C die absolute Temperatur mit 1°C genau 
messen auf einem PCB. Wie anstellen?

PT100 oder gibt es auch ICs, die das gut bewerkstelligen können? Ein 
Thermoelement schließe ich mal aus, scheint mir nicht so geeignet.

Zum PT100: Der PT100 scheint wohl recht genau zu sein und auch 
hinsichtlich Langzeitstabilität. Das ist mir sehr wichtig, dass er min. 
1000h in Umgebungen mit hohen Temperaturen sein soll. Da an dem PT100 
aber auch längere Leitungen hängen, muss da vorher ein Messverstärker 
ran, die Spannungen bei 1mA sind ja dann recht klein. Also braucht das 
hier eine extra Schaltung auf dem PCB oder kurz dannach.

Zum IC: Habe hier was gefunden, z.B. 
http://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD22100.pdf 
aber die Ungenauigkeit ist ja doch sehr hoch. (+/-4°C bei 150°C). Auch 
weiß ich nicht, ob er auf eine absolute Temperatur kalibriert werden 
muss?! Vorteil wäre halt, dass alles im IC ist und man keine extra 
Schaltung für Messverstärker hat etc...

Was meint Ihr, wie komme ich zum Ziel?


Gruß,
MG

von Ich (Gast)


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Für Widerstandsthermometer: MAX31865 
https://www.maximintegrated.com/en/products/analog/sensors-and-sensor-interface/MAX31865.html

Die ganzen Chips funktionieren nicht bis 175 °C (bzw. sind bis dahin 
nicht spezifiziert), die Messschaltung wirst Du also absetzen müssen. 
Mal ganz abgesehen davon, dass Du ja wahrscheinlich nicht die 
Zuverlässigkeit der Messschaltung prüfen willst ;-)

PT100 mit 4 Drähten angeschlossen, dann kannst Du die ganze Elektronik 
in sicherer Entfernung positionieren. Bei 50-175 °C und 1000 h vermute 
ich eine Klimakammer?

Für Thermoelemente gibt es übrigens auch solche ICs, mit eingebauter 
Kaltstellenkompensation:
MAX31855 
https://www.maximintegrated.com/en/products/analog/sensors-and-sensor-interface/MAX31855.html
MAX31856 ... mit 19-bit-ADC 
https://www.maximintegrated.com/en/products/analog/sensors-and-sensor-interface/MAX31856.html

(Ich bin in keinster Weise mit Maxim verbandelt, habe die Teile nur hin 
und wieder verbaut. Wahrscheinlich bieten auch andere Hersteller sowas 
an.)

von Michael B. (laberkopp)


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Marten M. schrieb:
> Kurzum - ich möchte von 50-175°C die absolute Temperatur mit 1°C genau
> messen auf einem PCB. Wie anstellen?

Da bleibt wohl nur ein Klasse A Pt100.

Den muss man auch nicht kalibrieren, sondern er ist absolut so genau.

Man kann also einen beliebigen Pt100 nehmen und weiss, daß dessen 
Widerstandswerte besser als 1 GradC genau ist.

Nun muss man nur noch den Widerstandswert messen. Da er auf der Platine 
sitzt, kann man den Zuleitungswiderstand wohl ignorieren, also reicht 
2-Leiter Messung.

Damit man keine 0.1% genaue Referenzspannungsquelle braucht, misst man 
ratiometrisch zur Referenzspannung des A/D-Konverters, damit fällt diese 
Ungenauigkeit schon mal raus. Man braucht natürlich 0.1% Widerstände.

Hier zur ratiometrischen Temperaturmessung mit 
Platinwiderstandssensoren:
1
            VCC                            VCC
2
             |                     LT1013   |
3
             |                             /+|-----+-- Aref
4
  +------+---(---------------- Vref+ --+--<  |     |
5
  |      |   |                         |   \-|--+  |
6
 R1     R2   |                         |    |   |  |
7
  |      |   |                         +----(---+  |
8
  +------)---)--R5--+                       |      |
9
  |      |   |      |                       |      |
10
  +--R6--)--|+\     |                       |      |
11
  |      |  |  >----+--R7--+-- A/D          |    100nF
12
  |      +--|-/     |      |                |      |
13
  |      |   |      |      |                |      |
14
 RTD     +---)--R4--+      C                |      |
15
  |      |   |             |                |      |
16
  |     R3   |             |                |      |
17
  |      |   |             |                |      |
18
  +------+---+-------------+-- Vref- -------+------+-- AGND
Beispielrechnung:

  VRef = Vref+ - Vref- = 5V-0V = Referenz für den A/D Wandler und damit 
dessen Messbereich, 5V
  RTD der Temperatursensor, Widerstand bei 0 GradC, Pt100
  Tmin = minimale Temperatur, 0 GradC
  Tmax = maximale Temperatur, 100 GradC
  RTDmin = Widerstandswert des RTD bei minimaler Temperatur, 100 Ohm 
(aus Tabelle ablesen)
  RTDmax = Widerstandswert des RTD bei maximaler Temperatur, 138.5 Ohm 
(aus Tabelle ablesen)
  RTD = mittlerer Widerstandswert des RTD = (RTDmin + RTDmax)/2 = 119.25
  Irtd = ungefährer Strom durch den RTD, festlegbar, 1mA (Pt1000 sollte 
0.1 oder 0.25mA verwenden)
  R1 = Vref/Irtd - RTD = 4880.75 Ohm = 4k7
  mit R6 kann man R an die vom OpAmp bevorzugte Eingangsimpedanz 
anpassen, hier 0 Ohm
  R = mittlere Quellimpedanz = R1*RTD/(R1+RTD)+R6 = 116.3, kann man 
durch R6 höher wählen wenn R2/R3/R4 aus Stromspargründen hochohmiger 
sein sollen
  Umin = VRef * RTDmin / (R1+RTDmin) = 5 * 100 / (4k7 + 100) = 0.10417
  Umax = VRef * RTDmax / (R1+RTDmax) = 5 *138.5 / (4k7 + 138.5) = 
0.14312
  U = Eingangsspannungshub = Umax-Umin = 0.03895
  Amin = Ausgangsspannung bei minimaler Temperatur (bei single supply 
oder R2R OpAmp nicht ganz VRef-), 0.1V
  Amax = Ausgangsspannung bei maximaler Temperatur (bei R2R nicht ganz 
Vref+), 4.9V
  A = Ausgangsspannunghub = Amax-Amin = 4.8V
  G = Verstärkungsfaktor = A/U = 4.8/0.03895 = 123.2349
  M = Umin + (Umin-Amin)/G = 0.10417 + (0.10417-0.1)/123.2349 = 0.10420
  c = Vref/M - 1 = 478
  R3 = R*(1+c)/c = 119.25 * (1+478)/478 = 119.5
  R2 = c * R3 = 57120.75
  R4 = (G-1) * R = 14215.92
  mit R5 kann man die Kennlinie um einen quadratischen Faktor 
linearisieren, hier nicht gezeigt
  mit R7 kann man den nachfolgenden A/D Wandler vor Überspannung 
schützen, bei OpAmp mit höherer Versorgung
  mit C kann man das Analogsignal filtern wenn R7 vorhanden ist, vor 
allem wenn R7 über 10k hat, 10nF
  mit dem zweiten OpAmp kann man eine schwache Referenzspannung puffern

Rechenweg mit Linearisierung durch R5, Excel-Spreadsheet:

http://www.ti.com/general/docs/lit/getliterature.tsp?baseLiteratureNumber=slyt442
http://www.ti.com/lit/an/slyt437/slyt437.pdf (Seite 21 mit
RTD_Linearization_v7.xls aus slyt442.zip auch als Dreidrahtanschluss)
http://www.linear.com/docs/1544 (letzte Seite, auf 0.1 GradC einstellbar 
genau)
http://de.wikibooks.org/wiki/Linearisierung_von_resistiven_Sensoren/_Pt100
1
  +------+---+--------- AVCC
2
  |      |   |
3
 20k   19k6  |    TS507
4
  |      |   |
5
  +------)---)-48k3-+
6
  |      |   |      |
7
  +------)--|+\     |
8
  |      |  |  >----+-- 0 bis 100 GradC
9
  |      +--|-/     |
10
  |      |   |      |
11
Pt1000   +---)-582k-+
12
  |      |   |
13
  |     1k   |
14
  |      |   |
15
  +------+---+--------- AGND

von m.n. (Gast)


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Marten M. schrieb:
> Da an dem PT100
> aber auch längere Leitungen hängen, muss da vorher ein Messverstärker
> ran, die Spannungen bei 1mA sind ja dann recht klein. Also braucht das
> hier eine extra Schaltung auf dem PCB oder kurz dannach.

Wie lang sind denn Deine Leitungen und wie willst Du Widerstand bzw. 
Spannung auswerten?
Mit einem PT1000 hat man geringeren Spannungsabfall und eine höhere 
Nutzspannung. Sofern die Zuleitung konstant bleibt, kann man deren 
Widerstand bei der Auswertung auch herausrechnen.

von W.S. (Gast)


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m.n. schrieb:
> kann man deren
> Widerstand bei der Auswertung auch herausrechnen.

und wenn man sich zwei poplige Drähte zusätzlich gönnt, dann braucht man 
nichtmal dieses zu tun.

Michael B. schrieb:
> Hier zur ratiometrischen Temperaturmessung mit
> Platinwiderstandssensoren:

Da hast du dir zwar mächtig Mühe gegeben, aber unverständlich bleibt's 
ja doch. Also für eine ratiometrische Widerstandsmessung braucht man 
keine OpV's, sondern nur einen ordentlichen ADC - den aber mit frei 
verschaltbarem Referenzeingang.

Ich versuch's mal in Wort zu fassen:

Bei der ratiometrischen Widerstandsmessung werden der Prüfling (hier der 
PTxxx) und ein Vergleichswiderstand in Reihe geschaltet und beises 
zusammen an eine Spannung gelegt. Damit fließt exakt der selbe Strom 
durch den Prüfling UND durch den Vergleichswiderstand. Der zum Messen 
verwendete ADC wird nun mit seinen zwei Eingängen E+ und E- an den 
Prüfling geschaltet und mit seinen zwei Referenzeingängen Ref+ und Ref- 
an den Vergleichswiderstand.

Das Spannungsverhältnis Uprüfling/Uvergleichswiderstand ist damit gleich 
dem Verhältnis Ueingang/Ureferenz des ADC und damit ist das numerische 
Ergebnis des ADC ebenso gleich dem zugrundeliegenden 
Widerstandsverhältnis Rprüfling/Rvergleich.

Das ergibt, daß die konkrete Spannung, die zum Erzeugen des Stromes 
durch beide Widerstände gebraucht wird, NICHT MEHR im Ergebnis vorkommt 
und deshalb relativ beliebig gewählt werden kann.

So.

Jetzt bin ich mal gespannt, wieviele "Spezialisten" ab hier den Thread 
weiter füllen werden. (hab MaWin schon vermißt..)

W.S.

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