Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Erfahrungen an der TU Chemnitz


von Fragender (Gast)


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Hallo liebe Forengemeinde,

normalerweise bin ich eher in den Fachforen aktiv. Da sich mein Studium 
dem Ende neigt, bin ich auf der Suche nach einem passenden Job. Da ich 
promovieren will, würde ich gerne an einer Uni anfangen. Folgendes 
Jobangebot habe ich gefunden, welches gut zu meinem Profil passt: 
https://www.tu-chemnitz.de/verwaltung/personal/stellen/243033_9_Le.php

Kann mir bitte jemand aus Erfahrung sagen, ob die TU Chemnitz gut ist? 
Gut wäre auch eine Aussage zu der speziellen Professur. Vielleicht hat 
ja der ein oder andere schon Erfahrungen gemacht.

Vielen Dank an alle Beiträge :)

von Schiller72 (Gast)


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"... befristet bis 31.08.2018" halte ich für sehr gewagt, wenn man eine 
Promotion anstrebt.
Ich habe schon oft erlebt, dass sich im Anschluss doch kein Folgeprojekt 
fand und dann war es Ebbe mit der Promotion.

von Zeno (Gast)


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Schiller72 schrieb:
> "... befristet bis 31.08.2018" halte ich für sehr gewagt, wenn man eine
> Promotion anstrebt.
> Ich habe schon oft erlebt, dass sich im Anschluss doch kein Folgeprojekt
> fand und dann war es Ebbe mit der Promotion.

Wie oft hast Du schon promoviert, daß Du Dich da so auskennst??

In der Stellenausschreibung steht erst mal nichts von einer Promotion. 
Man sucht lediglich einen wissenschaftlichen Mitarbeiter für ein 
spezifiziertes Projekt. Der Threaderöffner müßte vor klären ob im Rahmen 
der wissenschaftlichen Arbeit eine Promotion möglich ist, denn dazu 
braucht er ein ausgeschriebenes Promotionsthema und einen Doktorvater 
früher hieß der zumindest so). Der Threaderöffner wird wahrscheinlich im 
Frühjahr fertig und dann könnte er die ausgeschriebene Stelle für 2 
Jahre besetzen. In dieser Zeit kann/sollte man schon eine Promotion 
schaffen, aber es braucht halt ein Thema und einen Betreuer 
(Doktorvater).
Früher konnte man so was auch mal als sogenanntes Forschungsstudium 
machen. Das ging 2 Jahre und wurde mit der Promotion abgeschlossen.

Die TU Chemnitz ist schon eine gute Uni mit Tradition. War vor dem 
Mauerfall die Technische Hochschule Karl-Marx-Stadt. Ich habe dort 
selbst vor 38 Jahren studiert (Physik/Elektronische Bauelemente) und 
eine sehr gute Ausbildung genossen. Neben dieser Fachrichtung gab es 
noch Informationstechnik und Automatisierungstechnik als elektronische 
Fachrichtungen. Man kann also sagen das die seit mindestens 38 Jahren 
Elektronikingenieure ausbilden.

Ich kann die TU nur empfehlen. Du mußt nun selbst entscheiden ob das 
Angebot zu Dir paßt.


Zeno

von Schiller72 (Gast)


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@Zeno: In weniger als 4 Jahren eine Promotion abzuschließen halte ich im 
Ingenieur-wisschenschaftlichen Bereich für ausgeschlossen. In 2 Jahren - 
never ever. Das geht höchstens bei Medizinern, dort teilweise auch noch 
schneller.
Gerade an Universitäten hat mal als wiss. Mitarbeiter eine ganze Reihe 
anderer Dinge zu tun, außer an der Dissertation zu schreiben und am 
Thema selbiger zu arbeiten. Da gilt es zunächst das eigentlich Projekt 
zu bearbeiten, dann allerlei "Drumherum", was für die Promotion nichts 
bis wenig bringt bis hin zu Lehraufgaben an der Uni. Bei 
Industriepromotionen z.B. ist das etwas anders, diese haben meist eine 
Laufzeit von 3 Jahren, weisen von Fall zu Fall aber auch ihre Tücken 
auf. Auch da haben Leute oft noch 1 Jahr hinzugefügt, finanziert auf 
eigene Kosten oder vom Amt, um abzuschließen. Auch Stipendium, z.B. von 
der DBU (die es auch im Ingenieurwissenschaftlichen Bereich gibt), 
werden üblicherweise für 3 Jahre vergeben. Hier ist es allerdings so, 
dass man volle 3 Jahre Zeit hat und sich ausschließlich im seine 
Promotion kümmern kann.
Die meisten Dr.-Ing.'s, die ich kenne, haben auf DfG-Projekten 
promoviert mit einer Laufzeit (ab Beginn) von 3 Jahren (dann verlängert 
um weitere 2 Jahre).

von Fragender (Gast)


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Danke für das bisherige Feedback.

Die 2,5 Jahre werden wahrscheinlich nicht ganz reichen, aber es kann ja 
weiter über ein anderes Projekt gehen. Aber soweit ich von Bekannten aus 
Unis gehört habe, sind 2,5 Jahre nicht schlecht. Viele haben nur Jahres- 
oder Halbjahresverträge.

Das entscheidende ist, glaube ich (so gehört), ob die Chemie zum 
jeweiligen Professor stimmt. Ich werde mich dort mal bewerben und 
schauen, ob ich eingeladen werde. In einem Bewerbungsgespräch sollten 
sich die meisten Punkte klären lassen.

von Zeno (Gast)


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Schiller72 schrieb:
> @Zeno: In weniger als 4 Jahren eine Promotion abzuschließen halte ich im
> Ingenieur-wisschenschaftlichen Bereich für ausgeschlossen. In 2 Jahren -
> never ever. Das geht höchstens bei Medizinern, dort teilweise auch noch
> schneller.

Sorry jetzt muß ich mal etwas sarkastisch werden. Im Westen dauert halt 
alles ein bischen länger. Da braucht es auch für's Abi 13 Jahre.

Bitte nicht persönlich auffassen.

Aber du sprichst es ja selber schon an und nennst auch den Grund warum 
es in unserem Bildungssystem länger dauert.
>Gerade an Universitäten hat mal als wiss. Mitarbeiter eine ganze Reihe
>anderer Dinge zu tun, außer an der Dissertation zu schreiben und am
>Thema selbiger zu arbeiten.
Es wird nicht mehr konzentriert und kontinuierlich an einer Aufgabe 
gearbeitet sondern man verzettelt sich. Das ist das woran unser ganzes 
Bildungssystem krankt, sowohl die Schule als auch das universitäre 
Umfeld.
Das ist natürlich nicht Schuld der jungen Leute, sondern ein Missstand 
im gesamten Bildungssystem. Aber wir werden's nicht ändern

>Das geht höchstens bei Medizinern ...
Wo hast Du das her? Mein Vater war über 20Jahre ordentlicher Professor 
an einer Universität. Ein Medizinstudium ging über 12 Semester = 
6Jahre.Man schloß dann als Diplommediziner ab. Dann kam die 
Assistenzzeit wo die Ausbildung zum Facharzt erfolgte. In dieser Zeit 
wurde auch die Promotion durchgezogen, wenn man das wollte diesbezüglich 
gab es keinen Zwang. Die Assistenzzeit ging über 4 maximal 5 Jahre (5 
eher die Ausnahme). Die Dissertation wurde nach dem meist 10-12 
stündigen Dienst also außerhalb der Arbeitszeit verfasst.

Junge Leute sind heutzutage oftmals auch nicht mehr gewillt sich dieses 
immense Arbeitspensum aufzubürden. Und auch dies bewirkt letztendlich 
das es dann etwas länger dauert.

Auch bei dem von mir genannten Forschungsstudium wurde die Dissertation 
zu großen Teilen in den Abend und Nachtstunden also auch nach 
Labordienst verfasst. Allerdings muß ich zu gestehen das im Labordienst 
dann schon vorrangig am dem Dissertationsthema (Forschungsthema) 
gearbeitet wurde.

Oftmals waren die Dissertationen sowohl im medizinischen als auch 
ingenieurtechnischen Zuarbeiten für den Doktorvater, der meist an seiner 
Promotion B geschrieben hat und der hat schon darauf geachtet, daß man 
nicht zu viel Zeit dafür braucht.
Wenn man als Diplomingenieur in der Industrie gearbeitet hat, dann gab 
es Studienzeiten, die einem die Firma gewähren mußte. Das war aber nicht 
viel. Den Löwenanteil hat man nach Feierabend gemacht. Ist vielleicht 
auch ein Grund warum es bei uns nicht so viele Dr.Ing. in der Industrie 
gab.

Zeno

von oszi40 (Gast)


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Schiller72 schrieb:
> @Zeno: In weniger als 4 Jahren eine Promotion abzuschließen halte ich im
> Ingenieur-wisschenschaftlichen Bereich für ausgeschlossen. In 2 Jahren -

Das war 1840 zu Zeiten der Dampfmaschine sicher richtig. Manche 
Computer-Entwicklung geht heute so schnell, daß ein Thema nach 2 Jahren 
nur noch für den Papierkorb ist.

von Dipl.- G. (hipot)


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Zeno schrieb:

>>Das geht höchstens bei Medizinern ...
> Wo hast Du das her? Mein Vater war über 20 Jahre ordentlicher Professor
> an einer Universität. Ein Medizinstudium ging über 12 Semester =
> 6Jahre. Man schloß als Diplommediziner ab. Dann kam die
> Assistenzzeit, wo die Ausbildung zum Facharzt erfolgte.

Diplom-Medíziner gab es im Westen nicht, sondern nur in der DDR. Dort 
setzte man die gleichen strengen Maßstäbe für Ärzte an, wie für 
Ingenieure oder Naturwissenschaftler, d.h. der Regelabschluß ist der 
Dipl.-Med. oder Dipl.-Stom. (Diplom-Stomatologe; Stomatologe = Zahnarzt) 
gewesen, nicht der Doktorgrad. Für den "Doktor eines 
Wissenschaftszweiges" (Promotion A) mußten die Ärzte wie alle anderen 
eine Aspirantur (Assistenzzeit) absolvieren, in denen der Kandidat eine 
Dissertation anzufertigen hatte. Danach kam das nichtöffentliche 
Rigorosum UND die öffentliche Disputation (Verteidigung).
War man A-promoviert, konnte man später einen noch höheren akademischen 
Grad, den es im Westen ebenfalls nicht gibt, anstreben, die Promotion B, 
die mit dem Grad "Doktor der [blablabla] Wissenschaften" abschloß, für 
technische Fächer bspw. mit dem "Doktor der technischen Wissenschaften", 
Dr. sc. techn.
Vergleichbar wäre hier höchstens die Habilitation im Westen, die aber 
keinen akademischen Grad darstellt, sondern nur eine Zusatzprüfung zum 
Doktor.
Für die Promotion B mußte erneut eine Arbeit geschrieben werden, auf die 
eine Verteidigung folgte. Außerdem mußte der Kandidat eine 
hochschulpädagogische Ausbildung durchlaufen, um zu lernen, wie man 
strukturiert lehrt.

Das alles gab und gibt es im Westen nicht. Schiller72 hat insofern 
recht, daß die Ärzte im Westen, den Doktorgrad für nichts und wieder 
nichts in den Arsch geblasen kriegen, wo Physiker oder Ingenieure oft 
5-6 Jahre Knochenarbeit zu leisten haben.

Ich kann auch nicht behaupten, daß das Ansehen der ostdeutschen Ärzte 
gelitten hätte; meinen Hausarzt, ein Dipl.-Med., sprechen wir immer mit 
Doktor an. Das ist schließlich sein Beruf; er ist Doktor.

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Der Kmackpunkt an der Ausschreibung ist: "vorbehaltlich der 
Bereitstellung und Bewilligung der Drittmittel durch den 
Drittmittelgeber"

Wird also ein Industrieforschungsprojekt sein und du bist neben der 
Uni-Arbeit voll in die Produktentwicklung eingebunden. Ich kenn genau 
eine Firma aus dem Vision-Breich die mal in Karl-Marx-Stadt forschen 
liess (http://www.baumer.com/de-de/startseite/).

Davon sollte man abhängig machen ob man eine Anstellung verfolgt oder 
nicht. Bewerben schadet nicht, man kann sich immer noch um entscheiden.

Skeptisch macht die exponiert Forderung nach "Sehr gute 
Programmierkenntnisse in C++". Programmieren ist das kleinste Problem in 
der Bildverarbeitung und sich gleich auf einen Objektorientierten Ansatz 
mit seiner Resourcenverschleuderei festzusetzen ist dumm. Das klingt 
doch sehr nach "der Professor braucht ein Codierschwein" als nach eine 
Promotion im Bereich machine vision.

MfG,

von Kolophonium (Gast)


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>Das ist schließlich sein Beruf; er ist Doktor.

Dir als Linguist sollte doch bekannt sein, daß Doktor nur die 
umgangssprachliche Bezeichnung für Arzt ist. Die korrekte 
Berufsbezeichnung ist eben Arzt.

Ich dachte, du lebst in den USA. Kommst du dann für jeden "Doktor"besuch 
nach DE?

Wie alt bist du eigentlich, daß du es offenbar immer noch nötig hast, 
über die angeblich überlegenen Ost-Ausbildung zu lamentieren bzw. 
nachzutrauern?

von Zeno (Gast)


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Dipl.- G. schrieb:
> Diplom-Medíziner gab es im Westen nicht
Das habe ich auch nicht behauptet.

>Für den "Doktor eines
>Wissenschaftszweiges" (Promotion A) mußten die Ärzte wie alle anderen
>eine Aspirantur (Assistenzzeit) absolvieren
Genau das habe ich gesagt. Diese Assistenzzeit gab es aber bei z.B. 
Ingenieuren so nicht. Dort konnte man nach der Regelstudienzeit ein 
Forschungsstudium machen, wenn man den entspechenden Notendurchschnitt 
hatte. Ansonsten konnte man dies auch später tun, war aber meist 
schwierig, da man eine Hochschule/Uni brauchte die einem ein Doktorthema 
und einen Doktorvater gegeben hat.
>War man A-promoviert, konnte man später einen noch höheren akademischen
>Grad, den es im Westen ebenfalls nicht gibt, anstreben, die Promotion B,
>die mit dem Grad "Doktor der [blablabla] Wissenschaften" abschloß, für
>technische Fächer bspw. mit dem "Doktor der technischen Wissenschaften",
>Dr. sc. techn.
>Vergleichbar wäre hier höchstens die Habilitation im Westen, die aber
>keinen akademischen Grad darstellt, sondern nur eine Zusatzprüfung zum
>Doktor.
Nein das stimmt so nicht! Mein Vater hat Ender 50'ziger promoviert (A) 
und nannte sich dann Dr.med. . 1965 hat er dann seine Promotion B 
abgeschlossen und nannte sich dann Dr.habil.med. . Mein Vater hat auch 
immer von Habilitation gesprochen. Den Begriff Promotion B gab es 
eigentlich nur in der DDR. Er wurde dort Ende der 60'ziger Jahre 
eingeführt. In diesem Zusammenhang wurde auch das sc-Kürzel eingeführt 
(hieß wohl so ähnlich wie secundar - weis es aber nicht mehr so genau). 
Mein Vater mußte dann die Bezeichnung Dr.sc.med. führen, habil war nicht 
mehr erlaubt. Man wollte sich damit vom Westen abgrenzen. Nach der Wende 
erfolgte erneut ein Wechsel und es hieß nun wieder Prof.Dr.habil.med. - 
mein Vater war nunmehr seit 15 Jahren zum Professor berufen.
Also Habilitation und Promotion B sind das selbe - da bin ich mir 100% 
sicher, da ich auch einen Patenonkel im Westen hatte der den gleichen 
beruflichen / akademischen Weg genommen hatte.

>Dort setzte man die gleichen strengen Maßstäbe ....
In der DDR setzte man im Bildungssystem generell strengere Maßstäbe an. 
Ehrenrunden am Gymnasium (EOS) gab es nicht. Wenn das passierte war man 
weg vom Fenster. Bewegte sich bei einem EOS-SChüler sich der 
Notendurchschnitt in mehreren Fächern Richtung 3 konnten die Eltern mit 
einem Besuch des Klassenlehrers rechnen. Dauerte das Ganze an wurde 
einem die Beendigung der Ausbildung an der EOS nahe gelegt. Ebenso war 
es beim Studium. Wenn man ein Studium angefangen hatte, dann wurde dies 
auch durchgezogen und zwar in der Regelstudienzeit. Ein Wechsel der 
Fachrichtung während des Studiums war undenkkbar.

Zeno

von Zeno (Gast)


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Kolophonium schrieb:
> angeblich überlegenen Ost-Ausbildung zu lamentieren bzw.
> nachzutrauern

Die Ausbildung im Osten war definitiv strukturierter und 
grundlagenbezogener.
Größter Vorteil sie war einheitlich - für Eltern mit Kindern, die 
dennoch beruflich flexibel sein wollen, ei unschätzbarer Vorteil.
Für die jungen Leut war es auch gut, denn ihre Abschlüsse wurden 
landesweit anerkannt.

In dieser Beziehung lebt die BRD noch in der Kleinstaaterei - also im 
Mittelalter.

von Possetitjel (Gast)


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Zeno schrieb:

> Ich habe dort selbst vor 38 Jahren studiert
> (Physik/Elektronische Bauelemente)

Ach du großer Gott. Ein PEB. - Hmm. Gab's den PEB-Club
schon?

"Grundlagen der Elektrotechnik" bei Dr. Hüper? - Muss man
nicht unbedingt haben.

> Man kann also sagen das die seit mindestens 38 Jahren
> Elektronikingenieure ausbilden.

... wobei es vor 20 Jahren (um 1995 herum) eine tiefe
Talsohle gab.

von Thomas1 (Gast)


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Zeno schrieb:
> Den Begriff Promotion B gab es
> eigentlich nur in der DDR. Er wurde dort Ende der 60'ziger Jahre
> eingeführt.


Das war in der UdSSR genauso und wurde von Russland übernommen. Zuerst 
Kandidat Nauk und dann Doktor Nauk, was der Habilitation entspricht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Akademischer_Grad#GUS

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Zeno schrieb:
> Ein Wechsel der Fachrichtung während des Studiums war undenkkbar.

Das ist Quatsch.  Bei uns haben mehrere Leute gewechselt, auch in
was völlig Fachfremdes.

Auch Verlängerungen waren beim Studium durchaus drin, mussten aber
halt wirklich begründet sein.  Ein Freund von mir fiel durch längere
Krankheit aus, er hat dann ein Jahr später weitergemacht.  Frauen,
die während des Studiums Kinder bekommen haben und dadurch ein Jahr
nach hinten rutschten gegenüber der Regelstudienzeit, gab es damals
auch schon (bei uns saß immer eine mit im Russischkurs, die auf diese
Weise außerhalb der normalen Strukturen weitermachte).

> Mein Vater mußte dann die Bezeichnung Dr.sc.med. führen, habil war nicht
> mehr erlaubt.

Musste, oder hat es gemacht?

Bei unseren Lehrkräften gab es mehrere Dr.-Ing. habil. (ältere
Semester, logischerweise), kann also nicht sein, dass man sich
zwangsweise überall „umtaufen“ lassen musste.  Die „Konstruktionsbibel“
von Prof. Krause habe ich noch hier neben mir stehen :), da steht er
mit diesem Titel klar und deutlich gedruckt, in der 1980er Auflage.

BTT: die TU Chemnitz hatte, wie andere schon schrieben, schon immer
einen guten Ruf.

: Bearbeitet durch Moderator
von Kommandozeilenpenner (Gast)


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Vielleicht habe ich das falsch verstanden, aber wollte der TO nicht im 
21. Jahrhundert promovieren? Was sollen ihm dann eigentlich eure uralten 
Stories aus der DDR bringen? Könnt ihr das nicht im Erich-Honecker-
Gedenkclub weiter diskutieren?

von Torsten S. (torstensc)


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Da ich beruflich damit zu tun habe:

Mediziner sind die einzigen, die bereits WÄHREND ihres Studiums 
promovieren dürfen. Es gibt nicht wie in anderen Fächern spezielle 
Promotionsstellen. In aller Regel muss das Physikum abgeschlossen sein 
um ein Thema zu bearbeiten. Die zeitaufwändigen Labor- oder 
Klinikarbeiten werden dann während des Studiums erledigt. Deshalb hat 
man immer den Eindruck, dass die Promotionszeit kurz ist. Der 
Durchschnitt bei uns liegt bei 3-5 Jahren. Die wenigsten beenden die 
Promotion aber erst in der Assistenzzeit. Das liegt zum Einen an dem 
erheblichen Arbeitsaufwand dort, zum Anderen sind die meisten 
Assistenzstellen in der Regel nicht am selben Ort wie die Promotion 
sondern in Kliniken weit weg. Den Titel führen dürfen sie natürlich erst 
nach erfolgreichem Studium.
Danach kann eine Habilitation (die sogenannte Lehrbefugnis) angestrebt 
werden. Das ist aber keine 2. Promotion, sondern eine Habil-Arbeit. Je 
nach Uni müssen dazu bestimmte Mengen an Lehre, Veröffentlichungen und 
selbst betreute und abgeschlossene Promotionen nachgewiesen werden. 
Danach entscheidet die Habil-Kommision über die Annahme oder Ablehnung 
der Arbeit. Es kommt dann nicht zur Verteidigung sondern zum 
Habil-Vortrag. Wenn der i.O. ist darf man sich dann PD Dr. med. habil. 
oder PD Dr. rer. nat. nennen, je nach dem was man vorher war.
Und falls es interessiert: Nein, es schlägt sich nicht im Gehalt nieder.

Torsten

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Zeno schrieb:
> Kolophonium schrieb:
>> angeblich überlegenen Ost-Ausbildung zu lamentieren bzw.
>> nachzutrauern

> Größter Vorteil sie war einheitlich - für Eltern mit Kindern, die
> dennoch beruflich flexibel sein wollen, ei unschätzbarer Vorteil.

Naja Die Felxibilität endet schon mit der Möglichkeit Kinder in die 
Tagesstätten abgeben zu können. Freie Wahl des Arbeitsortes, mal schnell 
eine Mietwohnung näher zum Job beziehen können, eigenes KfZ für den 
Arbeitsweg diese berufliche Flexibilität hatte doch eher 
Seltenheitswert.

> Für die jungen Leut war es auch gut, denn ihre Abschlüsse wurden
> landesweit anerkannt.

Ist heut auch nicht anders; was nicht mehr anerkannt wird ist das 
Parteibuch. Damals unverzichtbar für Jobs mit Verantwortung.

MfG,

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Fpga K. schrieb:
> Freie Wahl des Arbeitsortes

Das war eher unproblematisch.  Leute wurden schließlich damals
überall gesucht. ;-)

>> …, denn ihre Abschlüsse wurden
>> landesweit anerkannt.
>
> Ist heut auch nicht anders; was nicht mehr anerkannt wird ist das
> Parteibuch.

Doch aber nur, wenn du mit einem CDU-Parteibuch in Bayern aufschlägst,
oder?  Alle anderen werden doch das Parteibuch landesweit anerkennen …

von Thomas1 (Gast)


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Fpga K. schrieb:
> Ist heut auch nicht anders; was nicht mehr anerkannt wird ist das
> Parteibuch. Damals unverzichtbar für Jobs mit Verantwortung.


Das ist heute nicht anders. Ohne passendes Parteibuch bekommst du keine 
guten Jobs im ÖD. Hier im Kreis mußt du in der CDU sein, um Karriere zu 
machen.

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Fpga K. schrieb:
>> Freie Wahl des Arbeitsortes
>
> Das war eher unproblematisch.  Leute wurden schließlich damals
> überall gesucht. ;-)

Das möchte ich gern genauer wissen. War es echt unproblematisch wenn man 
bspw. von VEB Steckenpferd in Ottendorf-Okrilla zum Studium delegiert 
wurde sich nach Erhalt des Diploms zum bspw. VEB Fernmeldetechnik in 
Berlin-Treptow wegzubewerben? Mit Zuweisung in eine Warmwasser 
Vollkomfort Plattenwohnung? Wegen der besseren Versorgungslage und dem 
1a Westempfang in Berlin - Haupstadt der DDR??  Ich glaube eher nicht.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Fpga K. schrieb:
> War es echt unproblematisch wenn man bspw. von VEB Steckenpferd in
> Ottendorf-Okrilla zum Studium delegiert wurde sich nach Erhalt des
> Diploms zum bspw. VEB Fernmeldetechnik in Berlin-Treptow wegzubewerben?

Wenn du zum Studium delegiert worden bist, hast du in aller Regel
mit dem Betrieb einen Vertrag gehabt, der dich natürlich an diesen
binden sollte.  Kam man durchaus auch raus (wenn du beispielsweise
jemanden während des Studiums heiratest, der dann selbst auch aus
irgendeinem Grund ortsgebunden war), aber der Sinn der Delegierung
(die ja dann durchaus auch zusätzliche finanzielle Förderung bedeuten
konnte) war es schon, danach auch dort anzufangen.

Aber zum Studium delegiert wurden die wenigsten, und ansonsten war
zumindest die Wahl des Arbeitsplatzes in der Tat eher unproblematisch.

Versorgung mit Wohnraum stand natürlich auf einem anderen Blatt.  Also
irgendwas hat man dir natürlich geben müssen, aber ob's nun unbedingt
der Vollkomfort mit Fernheizung etc. war – naja, da hing dann auch
vieles davon ab, wie wichtig der Laden war, wo du hin bist und wie
wichtig du denen warst.

> dem 1a Westempfang

ARD – Außer Raum Dresden, bei allen anderen war das eh' kein Thema.

von Zeno (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Ach du großer Gott. Ein PEB. - Hmm. Gab's den PEB-Club
> schon?

Ja direkt in meinem Wohnheim (Reichenhainer 51). Konnte mein Bier in 
Filzpantoffellatschen trinken gehen - Montag, Mittwoch, Freitag (da war 
ich aber meist zu Hause).

Ja Dr.Hüper kenne ich auch. War etwas speziell aber hatte was drauf - 
1Hyp=1 3faches Umlaufintegral. Aber wie gesagt toller Dozent und war 
auch für Späßchen zu haben. Zum letzten Studientag hat er immerhin einen 
Fuffi = 50Halbe in unsere Bierkasse getan - damals sehr viel Geld.

Also ich war Matrikel 77, aber PEB gab's auch schon davor.

Gab es bei Euch eigentlich noch Prof.Wagner (Fewa) - der war auch toll, 
Dr.Hecht (Bauelementephysik), Dr.Zscheile(Exp.Physik), Dr.Zweininger. 
Mehr fallen mir momentan nicht mehr ein.

Zeno

von Zeno (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Bei unseren Lehrkräften gab es mehrere Dr.-Ing. habil. (ältere
> Semester, logischerweise), kann also nicht sein, dass man sich
> zwangsweise überall „umtaufen“ lassen musste.  Die „Konstruktionsbibel“
> von Prof. Krause habe ich noch hier neben mir stehen :), da steht er
> mit diesem Titel klar und deutlich gedruckt, in der 1980er Auflage.

Wenn man beruflich weiter kommen wollte war es schon erforderlich. Wer 
nicht zeitlebens Oberarzt und Dozent bleiben wollte mußte sich schon, 
vorsichtig ausgedrückt, etwas fügen. Bei meinem Vater im Umfeld sind 
eigentlich alle nach sc gewechselt. Kann aber sein, daß es im 
medizinischen Bereich eher üblich war. Im ingnieurtechnischen war es 
eher selten, da muß ich Dir recht geben. Allerdings war bei Ingenieuren 
auch habil also Promotion B selten anzutreffen (Unis mal ausgenommen).

Ja Ausnahmen gab es, aber das mußte schon wie Du richtiger Weise 
geschrieben hast begründet sein. Krankheit und Schwangerschaft waren 
definitiv Gründe, das hing aber auch damit zusammen, daß man auf 
möglichst viele Kinder von Seiten des Staates Wert legte - man brauchte 
ja Arbeitskräfte.

Ich kenne einige die gern die Studienrichtung gewechselt hätten aber es 
nicht geschafft haben. So verschieden ist das halt.

Zeno

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Zeno schrieb:
> Bei meinem Vater im Umfeld sind eigentlich alle nach sc gewechselt.

Vermutlich hat man es auch nicht als negativ vorbelastet empfunden,
sodass die „Umbenennung“ nicht so schwer fiel.

Lang ist's her. ;-)

Dem TE auf jeden Fall viel Erfolg!

von Zeno (Gast)


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Fpga K. schrieb:
> Naja Die Felxibilität endet schon mit der Möglichkeit Kinder in die
> Tagesstätten abgeben zu können.

Mit den Kindertagesstätten gebe ich Dir recht.

> Freie Wahl des Arbeitsortes, mal schnell
> eine Mietwohnung näher zum Job beziehen können, eigenes KfZ für den
> Arbeitsweg diese berufliche Flexibilität hatte doch eher
> Seltenheitswert.
Wo hast Du gelebt?? Also ich hatte immer ein eigenes KFZ mit dem ich 
täglich auf Arbeit gefahren bin. Der Großteil der Angestellten hat schon 
in der Stadt gewohnt wo auch der Arbeitsort war. Gut, wer irgendwo auf 
dem Dorf wohnte mußte schon pendeln.
Und dann gab es Berufe bzw. Jobs, wo der Arbeitgeber  oder die Partei 
gesagt hat wo Du arbeiten mußt.
Ich kenne genug Leute die wegen der Arbeit umziehen mußten.

Zeno

von Zeno (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Aber zum Studium delegiert wurden die wenigsten, und ansonsten war
> zumindest die Wahl des Arbeitsplatzes in der Tat eher unproblematisch.

Jein! Man mußte zum Studienbegin unterschreiben, daß man bereit ist bei 
Bedarf für 3 Jahre dort zu arbeiten, wo man volkswirtschaftlich 
gebraucht wurde.
War zwar nicht ganz angenehm, aber meistens war an Ende des Studiums 
doch ein "Wunschstelle" im Angebot.

Zeno

von Zeno (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> odass die „Umbenennung“ nicht so schwer fiel

Meinem Vater fiel's schon nicht leicht, aber er wollte sich eben auch 
beruflich weiter entwickeln.


Zeno

von Possetitjel (Gast)


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Zeno schrieb:

> Possetitjel schrieb:
>> Ach du großer Gott. Ein PEB. - Hmm. Gab's den PEB-Club
>> schon?
>
> Ja direkt in meinem Wohnheim (Reichenhainer 51).

Lustig.
Ich habe eine zeitlang neben dem WiWi-Club (Vettersstr. 72)
gewohnt. Allerdings war das 12 Jahre später (Matrikel 89).

> Ja Dr.Hüper kenne ich auch. War etwas speziell aber hatte
> was drauf

"Etwas speziell" ist sehr nett ausgedrückt. Ich will ja seine
Kenntnisse nicht in Zweifel ziehen - aber didaktisch war der
Mann eine Katastrophe.
Was ich an Grundlagen der Elektrotechnik weiss und kann, habe
ich in den Übungen gelernt - oder im Selbststudium. Dr. Hüper
hat bei mir verbrannte Erde hinterlassen.

> Gab es bei Euch eigentlich noch Prof.Wagner (Fewa) - der war
> auch toll,

Ja, kenne ich. Guter Mann.

> Dr.Zscheile(Exp.Physik),

Clint Eastwood ;-)
Dr. Zscheile in ExPhysik war klasse.

Prof. Woschni (analoge Systeme), Prof. Bochmann (digitale Systeme)
und Prof. Wohlgemut (el. Messtechnik) fallen mir noch ein. Und Frau
Dr. Handrock (Mathe). Sehr gute Leute alles.

von PiFan (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Dr. Zscheile in ExPhysik war klasse.

Immer super Experimente drauf gehabt.

Zeno

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