Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Wie Lochrasterplatine ent-oxidieren, lötfit machen und nach dem Löten mit Schutzschicht versehen?


von Manuel W. (multisync)


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Hallo zusammen,

ich werde bald meine erste komplexere Lochrasterplatine fertigen. Schon 
klar, aus Fehlern lernt man am besten, jedoch möchte ich mir sie 
trotzdem lieber sparen und gleich "alles richtig" machen.

Für euch Profis ist das wohl ein alter Hut, aber für mich stellt das 
alles gerade Neuland dar.


Also: Ich habe die Platine bereits vor einer Woche bestückt, und es 
könnte sein, dass sich, wenn ich zu Löten beginne, bereits eine leichte 
Oxidschicht gebildet hat. Wie entferne ich sie?

Beim recherchieren habe ich herausgefunden, dass das im Lotzinn 
enthaltene Flussmittel ja genau zum Entfernen dieser Oxidschicht da ist. 
Ist es ausreichend, oder soll ich zusätzliche Mittel anwenden? Ich 
könnte die Platine zB komplett mit einem Flussmittelstift einpinseln.

Über die Suchfunktion habe ich jedoch Beiträge gefunden, in denen 
Alkohol und/oder frischgepresster Zitronensaft empfohlen wird. 
Funktioniert das tatsächlich?

Alkohol klingt für mich sehr interessant, da ich zB noch etwas 
"verdünnter Ethylalkohol 70%" aus der Apotheke daheim habe. Dann muss 
ich nicht erst wieder zum Conrad fahren.


Meine nächste Frage wäre: Wie "finalisiere" ich die Platine, wenn ich 
mit dem Löten fertig bin? Ich will, dass sie auch in Jahren noch 
funktioniert und schön aussieht. Da es wohl nur um den Luftabschluss 
geht, könnte ich wohl mit jedem beliebigen Lack drüberlackieren. Ich 
frage mich allerdings: Was ist, wenn ich nach dem finalisieren der 
Platine doch noch draufkomme, dass ich doch noch was ändern will? 
(Murphy schläft nicht.) Gibt es Lack, der sich im Bedarfsfall zum 
Weiterlöten einfach wieder entfernen lässt? Wenn ich dem Lack mechanisch 
zu Leibe rücke, gibt es wohl Kollateralschäden in Form von Lötpunkten 
und Leiterbahnen...


Vielen Dank für eure Hilfe!
Manuel

von Klaus R. (klaus2)


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...mit SEHR feinem Schleifpapier abschmirgeln, DANN bestücken & löten 
(nicht zu lange dazwischen warten, eine Woche müsste aber iO sein). Nach 
der ausgiebigen Prüfung dann mit Plastik 70 einsprühen, fertig.

Klaus.

von Noch einer (Gast)


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> mit SEHR feinem Schleifpapier

Bereits bestückte Platine ändern? Da geht ein Glasfaserradierer besser 
als Schleifpapier.

Ich gehe immer kurz mit dem Glasfaserstift drüber. Aber nach ein paar 
Wochen muss das nicht wirklich sein.

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Aus ganz alten Zeiten und mit Hausmitteln: Küchenstahlschwämme, die 
feine Ausführung, geht super schnell damit. Danach mit 
Kolophonium-Lösung eingepinselt.

Heute gibts für alles Spezialmittel. Zum Schutz würde ich den Lötlack 
SK10 empfehlen.

von Supa (Gast)


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Die 200% Lösung:

Lösungsmittel wie Alkohol oder Aceton zum entfetten.
Leichte Säuren wie Zitronensäure (z.b. Entkalker) oder Essig um die 
Oxidschicht zu entfernen, danach gründlich spülen und trocknen.
Danach kann man Lötlack aufsprühen.
Nach dem Löten Flussmittelreste mit in Alkohol getunkter Zahnbürsten 
entfernen, dann mit Lötlack oder Plastik einsprühen.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Manuel W. schrieb:
> Also: Ich habe die Platine bereits vor einer Woche bestückt, und es
> könnte sein, dass sich, wenn ich zu Löten beginne, bereits eine leichte
> Oxidschicht gebildet hat. Wie entferne ich sie?

Nach dem Bestücken? Gar nicht mehr.

Vorher kann man die Oxidschicht mechanisch entfernen. Feines 
Schleifpapier (Körnung 400 oder höher). Alternativ ein Küchenschwamm 
(scharfe Seite) oder Edelstahl-Topfkratzer. Das dann in Verbindung mit 
warmem Wasser und ein paar Tropfen Spülmittel. Danach gut abspülen und 
trocknen.

Auch gut ist der Seno Polybloc (eine Art Radiergummi mit eingearbeiteten 
Schleifpartikeln). Chemisch geht auch. Ich nehme dafür gern Ammonium- 
persulfat Ätzlösung in geringer Konzentration. Vorher aber gut entfetten 
(Waschbenzin oder Aceton).

Nach dem Entoxidieren muß die Oberfäche zeitnah geschützt werden. Für 
kurze Zeit (wenige Wochen) reicht dazu in Spititus oder Isopropanol 
aufgelöstes Kolophonium. Für längere Zeit besser ein Lötlack wie SK10. 
Zum dauerhaften Versiegeln einer Platine eignet sich Plastik 70.

von Flip B. (frickelfreak)


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das wichtigste für löten und haltbarkeit ist ein gutes Basismaterial. 
Verzinnte/vergoldete, durchkontaktierte Fr4 platte, darunter geht nichts 
auch nur annähernd haltbares. Eine Ordentliche lötung geht auch ohne 
vorbehandlung und brauch unter nornalbedumingungen nicht nachbehandelt 
oder geschützt werden. Also nicht so viel hokuspokus, sondern solide 
materialien und verarbeitung. Ich vermute du hast so eine Ausgestanzte 
hartpapierplatte mit blankem Kupfer. Schmeiß die weg, wenn es nächstes 
jahr noch gehen soll.

: Bearbeitet durch User
von Noch einer (Gast)


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Also Leute, nun übertreibt mal nicht. So ein Hobbybastler-Projekt muss 
nicht ganz so Perfekt sein wie eine Voyager Sonde.

von MaWin (Gast)


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Manuel W. schrieb:
> Also: Ich habe die Platine bereits vor einer Woche bestückt, und es
> könnte sein, dass sich, wenn ich zu Löten beginne, bereits eine leichte
> Oxidschicht gebildet hat. Wie entferne ich sie?

Gar nicht.

> Beim recherchieren habe ich herausgefunden, dass das im Lotzinn
> enthaltene Flussmittel ja genau zum Entfernen dieser Oxidschicht da ist.
> Ist es ausreichend

Ja.

Wenn deine Platine mal 5 Jahre in schlechter Atmosphäre rumliegt, kannst 
du über schrubben nachdenken, dann aber BEVOR du die Bauteile 
einsteckst.

> Alkohol klingt für mich sehr interessant, da ich zB noch etwas
> "verdünnter Ethylalkohol 70%" aus der Apotheke daheim habe. Dann muss
> ich nicht erst wieder zum Conrad fahren.

Alkohol alleine bringt gar nichts. Alkohol mit darin aufgelöstem 
Kolophonium ist ein guter Lötpack.

> Meine nächste Frage wäre: Wie "finalisiere" ich die Platine, wenn ich
> mit dem Löten fertig bin?

Gar nicht.

> Ich will, dass sie auch in Jahren noch funktioniert und schön aussieht.

Die wird funktionieren, Kupfer bildet eine passivierende Oxidschicht. 
Kupferdächer halten Jahrhunderte. Schön aussehen ist relativ. Die 
allermeisten Leute finden Kupferdächer hässlich wenn sie kupferrot 
glänzen und schön wenn die dunkelbraun angelaufen sind. Grün wäre nicht 
so gut, Grünspan ist eine schlechte Schicht weil wasserlöslich.

von Etrick (Gast)


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Achte auf dein Lötzinn. Aus Erfahrung: Felder hat bei gleicher 
"Normzahl" des Flussmittels wie einige Konkurrenzfabrikate schlechter 
Netzfähigkeit bei Kupfer, das nicht mehr glänzt.

Für stark oxidiertes Kupfer gibt es Lötzinn, das sich "mittelstark 
aktiviert" nennt. Braucht keine Vorarbeiten...

Nimm nicht "stark aktiviert", die Rückstände davon leiten Strom.

Gruß

Achim

von Mani W. (e-doc)


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Wir haben diese Platinen meist mit Scheuermittel und Küchenschwamm
(rauhe Seite) bzw. mit feinstem Schleifpapier (Wasserschleifpapier)
vor dem Bestücken und Löten blank geputzt, später dann mit
Lötlack überzogen...

Lötlack ist besser, wenn nachträglich gelötet werden muss, es
braucht auch nichts vergoldet oder verzinnt sein, die Platten halten
für die nächsten zig Jahre...


Ah ja, die ersten Leiterplatten in Radios und Fernsehern hatten
auch nur Hartpapier (bricht aber leichter bei mech. Beanspruchung),
und diese funktionieren heute noch...

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Ich benutze seit 30 Jahren zum Korrosionsschutz einen Lack mit Namen 
"Plastik 70". Ich weiss nicht, ob der Lack die beste Wahl ist, aber ich 
bin damit sehr zufrieden.

https://www.reichelt.de/?ARTICLE=9474&PROVID=2788&wt_mc=amc141526782519998&gclid=CNzkrtyes8sCFe8W0wodhgMMNQ

Das schöne an dem Lack ist, dass man später Korrekturarbeiten machen 
kann, ohne dass es eklig schmort. Man lötet einfach durch den Lack 
hindurch. Die Dosen sind nach Gebrauch viele Jahre lange lagerbar, wenn 
man die Düse nach gebrauch durch Kopfüber-Halten frei sprüht (bis nur 
noch nur Gas heraus kommt).

Oxid von neuen Lochraster-Platinen entferne ich mechanisch mit 
Stahlwolle oder einem blauen Radiergummi sowie anschließender Reinigung 
mit Seifenwasser. Dann gut abtrocknen, sonst ocydiert die Platine sofort 
wieder.

Für spätere Korrekturarbeiten nehme ich auch den Glasfaser Pinsel, falls 
nötig. Ist aber nicht nötig, wenn man den Lack verwendet.

Auf jeden Fall ist es sehr hilfreich, Platine und Bauteile vorher sauber 
zu machen. Vor allem, wenn man 10 Jahre alte Teile aus der Bastelkiste 
nimmt. Es lohnt sich wirklich, matte Anschlussdrähte erstmal mit einem 
Baumwolltuch feste abzureiben. Das Löten geht dann viel schneller uns 
sauberer von statten.

Und noch ein Tip: Wenn du nicht täglich lötest, dann nimm bleihaltiges 
Lötzinn. Bleifreies Zinn ist zickig.

Mein Opa war der Ansicht, dass man die Platine vor dem Löten mit einem 
speziellem Fett einreiben soll und nach dem Löten soll man das Fett und 
die Flussmittelrückstände wieder weg putzen. Das habe ich aber beides 
noch nie gemacht und noch nie hat jemand eine meiner Platinen 
reklamiert. 30 Jahre halten sie mit Sicherheit ohne Reinigung nach dem 
Löten. Vielleicht erhöht der Lack auch die Haltbarkeit. Ich setze den 
Lack aber hauptsächlich deswegen ein, weil man eine stark oxydierte 
Platine nur mühsam reparieren kann. Ich glaube, dass das oberflächliche 
Oxyd, das nach dem Löten entsteht, der Funktion nicht schadet.

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