Forum: Offtopic Wie oft kann ein Transistor schalten?


von Axel R. (Gast)


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Wir hatten letztens erst beim Mittagstisch die abwegige Idee, darüber zu 
philosofieren, wie oft ein Transistor wohl schalten könne, bevor er 
kaputt ginge...
Er würde dann bei hohen Frequenzen eher ausfallen, als bei tiefen, weil 
er ja nicht so oft schalten müsste :)

"LEDs würden im Lauf der Zeit auch dunkler werden", fiel am 
Nachbartisch.

Axelr.
DG1RTO

: Verschoben durch User
von Falk B. (falk)


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Bei richtiger Dimensionierung und Kühlung schalten Transistoren 
praktisch unendlich oft ohne Verschleiß und Alterung. Bei hohen 
Temperaturen und Strömen sowie bei häufigen und starken 
Temperaturwechseln gehen sie irgendwann mal kaputt.

Über viele Jahrzehnte und mehr kommt je nach Belastung und Halbleitertyp 
noch eine Langzeitalterung hinzu, Elektromigration etc. Dabei 
"entmischen" sich die dotierten Bereiche.

von Keiner N. (nichtgast)


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Oh je,

wenn die eine halbwertszeit beim Schalten hätten, dann wäre die wohl 
ziemlich groß.

Stell dir mal einen i7 vor, wie schnell der kaputt gehen würde wenn der 
bei über 3 GHz rennt.

von Bitwurschtler (Gast)


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Axel R. schrieb:
> Wir hatten letztens erst beim Mittagstisch die abwegige Idee, darüber zu
> philosofieren, wie oft ein Transistor wohl schalten könne, bevor er
> kaputt ginge...

Die gehen auch ohne schalten kaputt bspw. durch ESD.

von 6a66 (Gast)


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Axel R. schrieb:
> "LEDs würden im Lauf der Zeit auch dunkler werden", fiel am
> Nachbartisch.

Stammtischdiskussion?
Transistoren KÖNNEN sich verändern je mehr sie an den Grenzen ihrer 
Parameter betrieben werden (z.B. Leistung, Temperatur, Strom, Spannung).
Deswegen hält man davon auch immer Abstand, sprich dimensioniert mit 
etwas Spielraum schon wegen der Toleranzen der Schaltung. Auch die 
Dichtigkeit der Gehäuse und andere Alterungsfaktoren sowie das Thema 
Elektromigration schränken die Lebensdauer ein. Ansonsten hat das 
Silizium ein praktisch unbegrenztes Schaltzyklenvermögen.

rgds

von M.N. (Gast)


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Naja, vielleicht ist irgendwann der ganze Saft aus den Exzitronen 
ausgepresst und sie haben keinen bock mehr, zu rekombinieren.

von Anti-Heiner (Gast)


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Axel R. schrieb:

> "LEDs würden im Lauf der Zeit auch dunkler werden", fiel am
> Nachbartisch.

Stimmt auch. Sehe ich an den Maschinen im Dauerlauflabor.

von (prx) A. K. (prx)


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Anti-Heiner schrieb:
>> "LEDs würden im Lauf der Zeit auch dunkler werden", fiel am
>> Nachbartisch.
>
> Stimmt auch. Sehe ich an den Maschinen im Dauerlauflabor.

Auf Helligkeit dimensionierte LEDs werden dauerhaft in der Nähe ihrer 
Leistungsgrenze betrieben. Das bleibt nicht ohne Auswirkung auf die 
Lebensdauer.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Axel R. schrieb:
> "LEDs würden im Lauf der Zeit auch dunkler werden", fiel am
> Nachbartisch.

nun kann ich mich nicht mehr daran erinnern,
wie hell die LED-Anzeige in meinem Radiowecker vor 30 Jahren noch war,
aber bei den Ultrahellen LED für moderne Beleuchtungszwecke stimme ich 
zu.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Der LO im LNB meiner Satellitenantenne läuft jetzt schon seit einigen 
Jahren (und ich habe auch 20 Jahre alte LNB, die noch funktionieren). 
Der Oszillator läuft mit etwa 10GHz und wäre, wenn Schaltvorgänge den 
Transistor kaputtmachen, schon längst hinüber.
Ich habe auch von den 3cm (10GHz) Funkamateuren noch nicht gehört, das 
10GHz Sender schneller kaputtgehen als solche für 144MHz.

: Bearbeitet durch User
von K. L. (trollen) Benutzerseite


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Ganz genau 3.735.928.559! Danach ist er 0xDEADBEEF. :(

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


Angehängte Dateien:

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Die Frage stellt sich jeder Hersteller schon allein aus kaufmännischen 
Gründen, denn sein Gerät soll schließlich erst 1 Sekunde nach Ablauf der 
Garantiezeit sterben. (Es gibt noch edlere Gründe, aber das ist wohl der 
kleinste gemeinsame Nenner.)

Die Berechnungsgrundlagen zu dem Thema finden sich in einschlägigen 
Normen.
Zum Beginn der Suche: "FIT" "MTBF" "MTFF"

In die Berechnung, wie lange ein Bauteil funktioniert, gehen Betriebsart 
(z.B. Strom, Spannung) und auch Umweltbedingungen (z.B. Temperatur, 
Feuchtigkeit, mechanischer Stress) ein.

Zum Rechnen gibt es fertige Software, oder wahlweise kann man sich die 
Informationen auch selber zusammenbauen. Ich habe zufällig die Tage mal 
wieder ein Angebot in die Richtung geschrieben, deswegen liegt hier ein 
Screenshot rum - siehe Anhang.

Verschiedene Bauteile reagieren unterschiedlich auf die genannten 
Parameter, deswegen wechseln die ausgefüllten Zellen.

Vom Hersteller gibt es idealerweise Datenmodelle. Wenn ich weiß, dass 
ein Auftraggeber auf das Thema Wert legt, nehme ich z.B. eher 
Rüstungs-/Automotive-Hersteller - die kennen Ihre Kunden und liefern die 
Daten unaufgefordert.

   *

Dem Bastler helfen Daumenregeln, die aber rechnerisch gut zu überprüfen 
sind:
- Kappa nur mit halber Nennspannung betreiben
- Halbleiter  Widerstände  Kappas Strom / -verlustleistung nicht 
ausreizen
- 32bit-ARM-Controller mit 16bit-Thumb-Befehlsatz betreiben*

  *

*Scherzle gmacht

von Tobias P. (hubertus)


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@Marcus
kannst du noch etwas näher darauf eingehen, wie du das rechnest bzw. 
hast du einen Link wo das mit der FIT-Rate und der 
Ausfallwahrscheinlichkeit verständlich erklärt wird? ich würde sowas 
auch sehr gerne rechnen, habe das aber noch nie gemacht.

von (prx) A. K. (prx)


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Matthias S. schrieb:
> Der Oszillator läuft mit etwa 10GHz und wäre, wenn Schaltvorgänge den
> Transistor kaputtmachen, schon längst hinüber.

Nö, das ist nur die richtige Auswahl der Komponenten. Wenn ein 
Hersteller tatsächlich langlebige Technik bauen wollte, dann müsste er 
an Stelle kurzlebige Dinger wie dem BC847 nur langlebigere Typen wie dem 
BFP843 einsetzen. Allerdings kann man damit halt nicht die hippen blauen 
LEDs schalten.

: Bearbeitet durch User
von Sven D. (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Der Oszillator läuft mit etwa 10GHz und wäre, wenn Schaltvorgänge den
> Transistor kaputtmachen, schon längst hinüber.

Ein Transistor in einem Oszillator wird gewöhnlich als Verstärker 
betrieben und nicht als Schalter.

von (prx) A. K. (prx)


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Sven D. schrieb:
> Ein Transistor in einem Oszillator wird gewöhnlich als Verstärker
> betrieben und nicht als Schalter.

Und das macht in diesem Zusammenhang den Unterschied aus?

von Sven D. (Gast)


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A. K. schrieb:
> Sven D. schrieb:
>> Ein Transistor in einem Oszillator wird gewöhnlich als Verstärker
>> betrieben und nicht als Schalter.
>
> Und das macht in diesem Zusammenhang den Unterschied aus?

Ja, denn die Frage war wie oft ein Transistor schalten kann. Du 
schreibst ja selbst von Schaltvorgängen. Die finden in einem Oszillator 
in einem LNB nicht statt.

von (prx) A. K. (prx)


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Demzufolge ist die Lebensdauer von Analogrechnern also höher als die von 
Digitalrechnern?

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Wie wichtig ist die Frage, wenn andere Bauteile viel eher aufgeben?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Sven D. schrieb:
> Ja, denn die Frage war wie oft ein Transistor schalten kann. Du
> schreibst ja selbst von Schaltvorgängen. Die finden in einem Oszillator
> in einem LNB nicht statt.

Aber z.B. in einem FM Sender für 10GHz, bei dem die Endstufe im 
C-Betrieb läuft. Aber gut, wir brauchen gar nicht so weit zu gehen - 
nimm die 2,4GHz CPU, die in deinem Rechner steckt. Es ist viel 
wahrscheinlicher, das ein 36kHz Schaltnetzteil kaputt geht, als die CPU, 
obwohl diese viel öfter schaltet und auch ähnlich viel Leistung als 
Verlustleistung abgibt.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Tobias P. schrieb:
> @Marcus
> kannst du noch etwas näher darauf eingehen, wie du das rechnest bzw.
> hast du einen Link wo das mit der FIT-Rate und der
> Ausfallwahrscheinlichkeit verständlich erklärt wird? ich würde sowas
> auch sehr gerne rechnen, habe das aber noch nie gemacht.
Du hast eine PM. Suchansätze habe ich bereits in meinem Post 
geschrieben.

Ein bisserl was passt aber vielleicht noch in diesen Thread:
Das Acronym FIT steht laut
https://de.wikipedia.org/wiki/Failure_In_Time
für "Der Zahlenwert von FIT stellt die gemittelte Anzahl von Bauteilen 
dar, die innerhalb einer Milliarden Stunden ausfallen."
Ein Bipolartransistor wird in diesem Artikel mit 3 FIT angegeben.

Die EN61709 verwendet u.a. folgende Information zur Berechnung von 
Zuverlässigkeitswerten einer Baugruppe:
λ  Ausfallrate unter Betriebsbedingungen
λ_ref  Ausfallrate unter Referenzbedingungen
π_U  Faktor für die Spannungsabhängigkeit
π_I  Faktor für die Stromabhängigkeit
π_T  Faktor für die Temperaturabhängigkeit
π_ES  Faktor für elektrische Beanspruchung
π_S  Faktor für die Schalthäufigkeit
θ_amb  Umgebungstemperatur in Grad Celsius
T_amb  Umgebungstemperatur in Kelvin
θ_amb_ref  Referenz-Umgebungstemperatur in Grad Celsius
T_amb_ref  Referenz-Umgebungstemperatur in Kelvin
θ_ref  Referenztemperatur in Grad Celsius
T_ref  Referenztemperatur in Kelvin
ΔT_ref  Referenzeigenerwärmung in Grad Celsius
ΔT  tatsächliche Eigenerwärmung in Grad Celsius
Ea  Aktivierungsenergie in ElektronenVolt
θ_1  Bauteile-Referenz-temperatur, siehe EN 61709
θ_2  Bauteile-tatsächliche-Temperatur, siehe EN 61709

U  Bauteil Betriebsspannung
U_ref  Bauteil Referenzspannung
U_rat  Bauteil Bemessungsspannung
I  Bauteil Betriebsstrom
I_ref  Bauteil Referenzstrom
P  Bauteil Betriebsverlustleistung
P_ref  Bauteil Referenzverlustleistung
P_rat  Bauteil Bemessungsverlustleistung
R_th  Bauteil Wärmewiderstand
R_th_amb  Bauteil Wärmewiderstand gegen die Umgebung


Ein paar typische FIT Werte (bei artgerechter Haltung) sind 
(Hausnummern, verschiedene Quellen):
Bauelement                  FIT-Wert
Lötstelle                    1
Widerstand                    1,5
Silizium-Diode                    3
Si­lizium-Transistor            5
Keramikkondensator            6
Folienkondensator           10
IC-­Sockel (je Kontakt)           10
Steckkontakt                   10
Tantal-Elektrolytkondensator   40
Si­lizium-Leistungsdiode           50
Silizium-Leistungstransistor   60
Integrierte Schaltung (SSI)  100
Integrierte Schaltung (MSI/LSI)  200
Netztrafo, Relais          200
Potentiometer                  200
Aluminium-Elektrolytkondensator  500
Atmel AVR                       ~10

Deswegen bin ich ja auch Mitglied in der SPCS:
http://www.harerod.de/pics/SPCS.gif  ;)

Die o.g. Hausnummern geben einen Anhalt, welche Bauteile den höchsten 
Einfluss auf die Produktzuverlässigkeit haben.
Beispiel: Wenn das Designziel ein hochwertiges Laborgerät mit 10 Jahren 
Dauerbetriebszeit bei 45°C ist, dann wird man Cercos den Vorzug 
gegenüber Elkos geben.

Dieselben Hausnummern spiegeln auch die Erfahrung mit realen Baugruppen 
wider:
- Elkos trocknen aus
- Potis kratzen
- Steckkontakte werden hochohmig

von Torben K. (tokuhila)


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> Aber gut, wir brauchen gar nicht so weit zu gehen -
> nimm die 2,4GHz CPU, die in deinem Rechner steckt.

Na, vielleicht ist das der Grund warum mit zunehmender Taktfrequenz die 
Prozessoren immer mehr Transistoren enthalten. Moore's Law anders 
gesehen.

von Uhu U. (uhu)


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Marcus H. schrieb:
> Ein Bipolartransistor wird in diesem Artikel mit 3 FIT angegeben.

Das heißt jetzt aber nicht, dass ein Bipolartransistor bei artgerecter 
Haltung im Schnitt 8,76 Millionen Jahre funktioniert...

: Bearbeitet durch User
von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Uhu U. schrieb:
> Marcus H. schrieb:
>> Ein Bipolartransistor wird in diesem Artikel mit 3 FIT angegeben.
>
> Das heißt jetzt aber nicht, dass ein Bipolartransistor bei artgerecter
> Haltung im Schnitt 8,76 Millionen Jahre funktioniert...

Danke für diesen wichtigen Hinweis. Wir haben es mit 
Wahrscheinlichkeiten zu tun.

Wobei, in Salisbury Plain steht ein 5000 Jahre alter 30 Megalith 
Computer, der heute noch recht zuverlässig funktioniert. Allerdings ist 
der Originalhersteller mittlerweile insolvent gegangen, weswegen wir in 
absehbarer Zeit ein Wartungsproblem bekommen werden.

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