Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Korrektes Ladeverfahren für AGM-Akku, einige Fragen


von Paul H. (powl)


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Da es da für mich immer noch Unsicherheiten gibt und viele 
Informationsquellen entweder unpräzise oder widersprüchlich sind und ich 
meinen neuen 120Ah AGM-Akku gerne so laden würde, damit er die maximale 
Lebensdauer erzielt frage ich hier noch mal nach.

Wie läd man das Teil richtig?

Wenn ich den allgemeinen Konsens über das Korrekte Ladeverfahren nun 
richtig verstanden habe sollte man zunächst mit Konstantstrom auf 
irgendetwas zwischen 14,4V und 14,7V (2,4V-2,45V pro Zelle bei 25°) 
laden und sobald diese (Ladeschluss-)Spannung erreicht ist sofort auf 
Erhaltungsladung von 13,6V-13,8V umschalten.

Hierzu nun ein paar konkrete Fragen:
1) 14,4V oder 14,7V? Was denn nun? Was hat die höhere bzw. niedrigere 
Spannung für Vor- bzw. Nachteile? Im Datenblatt (siehe Anhang) ist die 
Ladespannung für "Equalization and Cycle Service" mit 14,6V bis 14,8V 
bei 25° angegeben. Da ich es nicht besser weiß würde ich einfach mal die 
Mitte, also 14,7V als Ladeschlussspannung wählen. Aber warum?

2) Was passiert, wenn ich den Akku noch eine Weile weiter mit 14,7V 
lade? Klar, der Ladestrom wird sich immer weiter verringern. Und sonst? 
Wird der Akku dann überladen? Ist die Ladeschlussspannung nicht auch 
gleichzeitig die Gasungsspannung? D.h. der Akku gast nun also. Aber sind 
wartungsfreie Gel und AGM-Akkus nicht sowieso so gebaut, dass die Gase 
katatlytisch wieder zurückgebildet werden? Oder gast der Akku bei dieser 
Spannung schon zu heftig? Oder ist es sogar völlig legitim, den Akku mit 
dieser Spannung noch eine Weile weiterzuladen um ihn möglichst schnell 
voll zu kriegen?

Aussage des Herstellers hierzu übrigens:
> Die Ladespannung sollte unbedingt zwischen diesen Werte 14,4V - 15,0V
> liegen. Wichtig ist nur das nicht darüber oder darunter geladen wird.
> Des Weiteren muss nicht unbedingt auf die Erhaltungsladung umgeschalten
> werden aber meist geschieht dies automatisch nach Vollladung.

3) Was passiert genau, wenn ich den Akku bei erreichen der 
Ladeschlussspannung auf Erhaltungsladung umschalte? Hier gast der Akku 
ja nicht, ist aber unmittelbar nach Umschaltung auch noch nicht voll 
geladen (eher so zu 80%, habe ich mal irgendwo gelesen). Funktioniert 
dann die Equalisation der einzelnen Zellen überhaupt noch?

4) Was passiert, wenn ich den Akku niemals auf über 13,7V bringe sondern 
ihn auch nach tiefen Ladezyklen einfach eine ganze Weile strombegrenzt 
mit der Konstantspannung 13,7V lade? Was für Vor- und was für 
(gravierende) Nachteile hat das? Abgesehen davon, dass es länger dauert. 
Wird der Akku somit jemals überhaupt richtig voll? Geht er eventuell 
sogar mit jedem weiteren Lade-/entladezyklus ein bisschen kaputt? Seit 4 
Jahren wende ich genau dieses Ladeverfahren in meiner mobilen Musikbox 
an und die Akkus haben nach 1 Jahr Nutzung (das entspricht vielleicht 30 
halb-Zyklen und 10 voll-Zyklen) deutliche Kapazitätsverluste.

5) Wie ist die korrekte Spannung für die Erhaltungsladung? Ist es 13,6V 
oder 13,8V oder 13,7V? Das Datenblatt des Akkus sagt 13,6V bis 13,8V als 
"Float charing Voltage" bei 25°. Was denn nun? Oder ist das völlig 
schnurz egal?

6) Sollte man nach Umschalten auf Erhalungsladung irgendwann anfangen, 
die Ladespannung zu pulsen? D.h. immer mal wieder abzuschalten und dann 
nur kurz anzuschalten? Angeblich soll das die Selbstentladung des Akkus 
verringern. Wie lang sollen hier die Puls-Zyklen sein? Reden wir hier 
von Millisekunden, Sekunden, Minuten, Stunden oder Tagen? Wie sollte das 
Verhältnis zwischen Aus/An sein?

Es wäre super, wenn der ein oder andere Akku-Guru die Fragen einfach mal 
der Reihe nach beantwortet und somit ein für alle Mal Klarheit über die 
Sachverhalte schafft. Danke schon mal!

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Paul H. schrieb:
> Im Datenblatt (siehe Anhang) ist die
> Ladespannung für "Equalization and Cycle Service" mit 14,6V bis 14,8V
> bei 25° angegeben. Da ich es nicht besser weiß würde ich einfach mal die
> Mitte, also 14,7V als Ladeschlussspannung wählen. Aber warum?

Man kann so einen BleiGel Akku bei häufiger Benutzung (also im Cycle 
Betrieb) auf 14,8V laden - unter der Voraussetzung, das er eben sofort 
wieder benutzt aka entladen wird. Häufiges Auf- und Entladen wird als 
'Cycle Betrieb' bezeichnet. Das ist z.B. bei Traktionsbatterien der 
Normalfall, man lädt über Nacht und macht die Batterie am nächsten 
Arbeitstag wieder leer. Solche Akkus sind z.B. als 'Deep Cycle' oder 
Traktionsbatterien bezeichnet.

Paul H. schrieb:
> 2) Was passiert, wenn ich den Akku noch eine Weile weiter mit 14,7V
> lade? Klar, der Ladestrom wird sich immer weiter verringern.

Das bezeichnet man als die sogen. 'Absorptionsphase'. Wenn man mit 
veringertem Ladestrom weiter auf der max. Zellenschlussspannung lädt, 
wird der Akku randvoll. Das sollte aber zeitlich begrenzt sein und kein 
Dauerzustand. Versiegelte Akkus wie AGM oder Gel würden bei diesem 
'Obergrenze-Erhaltungs-Laden' anfangen zu gasen, und dafür sind sie 
nicht gedacht.

Paul H. schrieb:
> 4) Was passiert, wenn ich den Akku niemals auf über 13,7V bringe sondern
> ihn auch nach tiefen Ladezyklen einfach eine ganze Weile strombegrenzt
> mit der Konstantspannung 13,7V lade?

Das wäre die typische Ladung für einen Stand-By Akku, also einen, der 
praktisch nie entladen wird und für z.B. Notstromversorgung benutzt 
wird. Solche Akkus sollten in diesem Betrieb aber dafür auch ausgelegt 
sein. Zyklen- oder Starterakkus mögen das auf Dauer nicht.

Die lädt man mit 'Bulk' (also volle Kanne auf 14,6-14,8V), dann 
'Absorption' (einige Zeit auf voller Spannung aber reduziertem Strom) 
und dann zurück auf Erhaltung bei 13,6-13,8V.

Weitergehende Infos dazu findest du in den Manuals der besseren 
Hersteller von Ladegeräten. Gut sind die Anleitungen von z.B. Victron 
Energy, aber auch LEAB ist evtl. lesenswert.

Paul H. schrieb:
> 6) Sollte man nach Umschalten auf Erhalungsladung irgendwann anfangen,
> die Ladespannung zu pulsen?

Kann man machen, vor allem, wenn doch eine kleine Last immer am Akku 
hängt. Das Ladegerät würde dann bei z.B. 13,2V anfangen, zu pulsen und 
die Spannung wieder auf 13,6V oder so bringen.

: Bearbeitet durch User
von Paul H. (powl)


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Matthias S. schrieb:
> Paul H. schrieb:
>> 2) Was passiert, wenn ich den Akku noch eine Weile weiter mit 14,7V
>> lade? Klar, der Ladestrom wird sich immer weiter verringern.
>
> Das bezeichnet man als die sogen. 'Absorptionsphase'. Wenn man mit
> veringertem Ladestrom weiter auf der max. Zellenschlussspannung lädt,
> wird der Akku randvoll. Das sollte aber zeitlich begrenzt sein und kein
> Dauerzustand.

OK, also die 14,7V Konstantspannung werden erreicht, der Ladestrom sinkt 
automatisch. Wie lange sollte man dann noch auf diesem Spannungsniveau 
weiterladen bevor der Akku so viel gast, dass der Überdruck durch die 
Ventile entweicht und der Akku somit irreparabel beschädigt wird? Kann 
man sich hier am Ladestrom orientieren und auf Erhaltungsladung 
umschalten, sobald der Ladestrom z.B. auf 1/100C abgefallen ist?

Laut Manuals der Akkuladegeräthersteller orientieren sich die 
professionellen Ladegeräte an der Gesamtdauer des Ladevorgangs, bis die 
14,7V erstmals erreicht werden. Aber auch hier habe ich keine 
Erfahrungswerte und ich möchte mir während meiner Experimente meine 
guten Akkus nicht zerschießen.

Woran kann ich eigentlich erkennen, dass das Ventil ausgelöst hat? Hört 
man das?


Frage 1) und 5) weiterhin ungeklärt, welches sind hier die korrekten 
Spannungen und an welchen Kriterien macht man das fest?

lg, Paul

von batman (Gast)


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Man müßte diese Spannungswerte schon mindestens auf 2 Nachkommastellen 
genau angeben, sonst könnte man ganze Mikrosekunden von der Lebensdauer 
des Bleiakkus einbüßen.

von Paul H. (powl)


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Ich hab das Gefühl, das lange Eingangsposting schreckt die meisten Leute 
ab. Vielleicht sollte ich eher mal versuchen, sowas mit einer kurzen, 
diffus formuliertet Frage zu beginnen, das spornt offenbar viel mehr 
Menschen zum Antworten an. Alles klar durchstrukturiert aufzuschreiben 
ist wohl einfach zu langweilig. :-(

batman schrieb:
> Man müßte diese Spannungswerte schon mindestens auf 2 Nachkommastellen
> genau angeben, sonst könnte man ganze Mikrosekunden von der Lebensdauer
> des Bleiakkus einbüßen.

Na anhand irgendwelcher Kriterien wird sich ja fest machen lassen, 
welche Spannung man bevorzugt einstellen sollte und wann und warum. Oder 
es ist tatsächlich einfach piep egal und man nimmt einfach die Mitte.

: Bearbeitet durch User
von batman (Gast)


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Wenn man eine Anwendung und ein Ladeverfahren hat, mit entsprechend 
genau definierten Parametern, ist es natürlich nicht egal, sondern es 
gibt irgendwo auch ein exaktes Optimum für Spannungswerte. Ansonsten ist 
es halt sowas wie die Frage nach der besten Temperatur, Farbe etc. Wenns 
die gäbe, hätten wir die ja auch alle, nech.

von MaWin (Gast)


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Paul H. schrieb:
> Es wäre super, wenn der ein oder andere Akku-Guru die Fragen einfach mal
> der Reihe nach beantwortet und somit ein für alle Mal Klarheit über die
> Sachverhalte schafft. Danke schon mal!

Och, das ein für alle Mal war schon vor über 10 Jahren, aber was nützt 
es wenn niemad sich die Mühe macht es zu lesen ?

https://na.industrial.panasonic.com/sites/default/pidsa/files/downloads/files/panasonic_vrla_chargingmethods.pdf

von Paul H. (powl)


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Danke! In diesem Paper heißt es, ich soll auf 14,7V Konstantspannung 
laden und dann "charging is complete when the charge current continues 
to be stable for three hours". D.h. meine Batterie wird weder überladen 
noch lösen die Überdruckventile aus. Aber warum nicht? Die 
Gasungsspanung liegt (Q: Wikipedia) bei ca. 14,4V. Wenn ich bis 14,7V 
lade, gast der Akku dann nicht? Oder doch? AGM- und Gel-Akkus können das 
durch Gasung verlorene Wasser ja katalytisch wieder zurückgewinnen. Aber 
bis zu welchem Ladestrom funktioniert das noch? Was kann man tun um den 
Akku schnell voll zu kriegen und ihn trotzdem vor Überdruck zu bewahren?

Dieses PDF sagt z.B. was anderes:

https://www.victronenergy.de/upload/documents/Datasheet-GEL-and-AGM-Batteries-DE.pdf

"Während der Konstantstrom-Phase wird der Strom häufig auf einem hohen 
Wert gehalten, auch wenn die Gasungsspannung (14,34 V für eine 12 V Bat
terie) überschritten ist. Dies führt zu überhöhtem Gasdruck in der 
Batterie. Über das Sicherheitsventil wird Gas entweichen, was jedoch zur 
Verkürzung der Lebensdauer beiträgt."

D.h. mit diesem Ladeverfahren mach ich mir prinzipiell meinen Akku auf 
Dauer kaputt. Das will ich ja nicht.

von batman (Gast)


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Quatsch, wo steht denn das. Gasen ist für so einen Akku ein normaler 
Vorgang (sonst bräuchte man keinen VRLA). Die paar Gramm Knallgas sind 
eingeplant und werden nicht vermißt. Ein 6s-Pack muß ja irgendwie 
balanciert werden, sonst wäre es noch viel schneller hin und ein 
Balanceranschluß ist nicht dran, also was bleibt da übrig.

von Klaus R. (klara)


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Hallo,
ich habe dieses Ladegerät. Zwei Ladeprogramme sind auch für 
AGM-Batterien. Die Ladeprogramme werden in der PDF im Detail 
beschrieben.

http://www.produktinfo.conrad.com/datenblaetter/625000-649999/630860-an-01-de-AUTOMATIK_LADEGERAET_MXS_5_0.pdf
mfg klaus

: Bearbeitet durch User
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