Forum: Platinen Leiterplatten selbst gefräst


von __Son´s B. (bersison)


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Hallo!
Das bisherige Verfahren Leiterplatten zu bestellen ist mir aufgrund von 
zu langen Verwaltungs-/Bestellwegen zu langsam - zu mal es sich bei 
meinen Projekten lediglich um Prototypen bis Mindesstückzahlen handelt.
Aus dem Grund möchte ich Leiterplatten via Gerber-Daten (aus 
Target3001!) selber fräsen - wenn nicht zu viele Argumente dagegen 
sprechen...

Es handelt sich ausschließlich um Euro-LP-Größen, meist einseitig, inkl. 
Bohrungen. Voraussichtlich 1-5 LP´en/Woche.

Bezeichnet man diese Geräte auch als CNC-Oberflächenfräsen?
Welche Maschinen könnt ihr mir empfehlen, welche nicht - und warum?
Macht Gebrauchtkauf Sinn?

: Bearbeitet durch User
von Georg (Gast)


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__Son´s B. schrieb:
> Voraussichtlich 1-5 LP´en/Woche.

Wenn du so 500 EUR pro Woche sparen kannst, dann sollte man auch in eine 
professionelle Ausrüstung investieren können und nicht in was 
Gebasteltes. In Frage kommt da hauptsächlich LPKF, die machen sowas seit 
Jahrzehnten und immer noch, heute auch wahlweise mit Laser.

Aber du solltest bedenken, dass dir auch die teuerste Fräse keine 
durchkontaktierten Leiterplatten herstellen kann, das schränkt die 
Verwendbarkeit doch erheblich ein.

Georg

von Cyborg (Gast)


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__Son´s B. schrieb:
> Bezeichnet man diese Geräte auch als CNC-Oberflächenfräsen?

Man nennt die Technik Outline- oder Isolierfräsen.
(es gibt noch Konturfräsen, aber das war wohl nicht gemeint).

> Welche Maschinen könnt ihr mir empfehlen, welche nicht - und warum?

Jede, die einen Niederhalter, auch Tiefensteller genannt, hat, oder
man das Teil nachrüsten kann. Bisher ist damit aber noch kein Hersteller
mal in Erscheinung getreten. Wenn mal so was aufgetaucht ist, waren das 
vielleicht Eigen- oder Sonderkonstruktionen oder so.
Manche kleben das Basismaterial mit Teppichklebeband auf dem Tisch
fest und verzichten so auf die Maschinenmodifikation, aber das ist 
grenzwertig.
Die Gravierstichel sollten aus VHM sein und halten trotzdem nicht
länger als für ein Europakarte mittlerer Dichte. Hängt auch vom
Basismaterial ab.

> Macht Gebrauchtkauf Sinn?

Wenn man dabei billiger weg kommt? Man hat dann aber keine Garantie,
mitunter keine Ersatzteile, usw. usf.
Da kann der Spareffekt schon mal nach hinten los gehen.

Ob das ganze eine Alternative zum Ätzen ist, da ist sich die
Community uneins, wie bei vielen anderen Dingen auch.
Manche lieben es, manche hassen es.

von __Son´s B. (bersison)


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Danke erst einmal!

Cyborg schrieb:
> Ob das ganze eine Alternative zum Ätzen ist, da ist sich die
> Community uneins, wie bei vielen anderen Dingen auch.
> Manche lieben es, manche hassen es.

Geätzt habe ich in den 80/90er Jahren - hier kann ich mich noch gut an 
die Chemie-Sauerei und die schlechten Fotobelichtungen mit 
ausgefranzten/unsauberen Leiterbahnen erinnern.

Was wie eine kostengünstige Variante aussieht;
PROXXON MICRO-Fräse MF 70/CNC-ready.
Hier muss "nur" die Ansteuerung auf Gerber-Daten geklärt werden.

Mit händischen Bohrungen möchte ich mich eigentlich nicht anfreunden - 
fehlende Durchkontaktierung schon.

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Schau mal ins Markt-Forum, da verkauft gerade jemand ein Teil,
offenbar inklusive Ansteuersoftware.

Neben dem von Georg schon genannten offensichtlichen Nachteil, dass
man damit keine Durchkontaktierungen bekommt, fiele mir noch ein,
dass in der Regel die damit erreichbaren minimalen Strukturgrößen
doch deutlich über der üblichen Fotolithografie liegen.  Zu Hause
im Keller bin ich bei sicher beherrschbaren 200 µm Strukturgrößen
(minimale Leiterbreite und -abstand), kommerziell bekommt man
mittlerweile 125 µm oft bereits ohne Aufpreis.

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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Um die 7000€ Nettopreis für den kleinsten LPKF-Fräsbohrplotter mit 
Absauger zusammenzubekommen muss schon einiges an Fremdbestellkosten 
(minus Material+Lohn für das Selbstmachen und anteilig Wartung) 
zusammenkommen.

Wenn genug Platz da ist vielleicht doch Belichter, Schaumätzgerät, 
Standbohrmaschine und Durchkontaktiernieter? Das ergibt wenn man es ein 
paar mal probiert hat sehr gute Ergebnisse und das auch zuverlässig 
immer wieder und Du kannst superschnell viele unterschiedliche 
Prototypen auf einmal herstellen.

Die Proxxonfräse MF70 für 220€ ist auch mit ein paar Elektromotoren und 
einer Nachrüst/Selbstbau-CNC kein Gerät mit dem ich beruflich 
rumfrickeln wollte um damit wöchtentlich 5 unterschiedliche Platinen zu 
fräsen.
Bei der LPKF ist direkt eine erprobte Software dabei und 
Herstellersupport verfügbar (...)

von VIA (Gast)


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Georg schrieb:
> Aber du solltest bedenken, dass dir auch die teuerste Fräse keine
> durchkontaktierten Leiterplatten herstellen kann, das schränkt die
> Verwendbarkeit doch erheblich ein.


In meinem Ausbildungsbetrieb stand damals auch ein LPKF Protomat.

Damit konnten sehr wohl Durchkontaktierungen realisiert werden.
Allerdings musste dabei von Hand nachgearbeitet und die Bohrungen mit 
einem, an beiden Seiten angelötetem Draht durchkontaktiert werden.

von FlorenzW (Gast)


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Proxxon MF70 Verfahrwege:
X (quer) 134 mm, Y (längs) 46 mm, Z (hoch) 80 mm
Da gehen keine Euro-Platinen mit 160x100mm.

von Thomas (Gast)


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Die MF70 macht ohne Umbau <50 mm Verfahrweg in y-Richtung.

von Nase (Gast)


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Platinen fräsen ist Schwachsinn, das wird auch mit professionellen Tools 
wie LPKF nicht besser.

Investier in ne gescheite Ätzanlage und einen ordentlichen Belichter und 
gut ist.



Mal so als Richtgröße: Doppelseitige Eurokarte in THT (also eher grob 
strukturiert) macht so etwa 4-5 Stunden Fräszeit. Dazu halt noch viermal 
Gravurstichel austauschen und während der ganzen Fräszeit das Gekreische 
von Spindel und Staubsauber. Ergebnis ist eine Leiterplatte mit 
variierender Strukturgenauigkeit (Stichel nutzt sich ab), mäßiger 
Planheit (Stichel taucht bei Werksvorgabe von LPKF etwas ins FR4 ein) 
und oxidiertem Kupfer (unbehandelt nur schlecht lötbar).

Die gleiche Karte im Ätzbad dauert etwa 5 Minuten, wenn das Bad in 
Ordnung und schon temperiert ist. Aufheizen tut das Bad aber geräuschlos 
und unbeaufsichtigt... Außerdem schützt der verbliebene Photolack die 
Platine vor Oxidation und kann ggf. mit zweitem Belichtungsvorgang 
gleich als einigermaßen haltbarer Lötstopp herhalten.

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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VIA schrieb:
> [..] ein LPKF Protomat.
> Damit konnten sehr wohl Durchkontaktierungen [..]

Wir waren hier gerade noch bei einem "Fräsbohrplottertischchen".

Protomat mit Sauger und zusätzlichem Zubehör für Durchkontaktierung geht 
in eine andere Richtung wenn der TE fragt ob er nicht lieber eine 
Proxxonfräse umbauen sollte.

von Cyborg (Gast)


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VIA schrieb:
> In meinem Ausbildungsbetrieb stand damals auch ein LPKF Protomat.
>
> Damit konnten sehr wohl Durchkontaktierungen realisiert werden.
> Allerdings musste dabei von Hand nachgearbeitet und die Bohrungen mit
> einem, an beiden Seiten angelötetem Draht durchkontaktiert werden.

Das geht mit Drähten auch bei händisch gebohrten Leiterplatten.
Dafür braucht man keinen Protomat o.ä.. So was hat man nur, wenn
man zu faul ist, von Hand zu bohren oder wenn die Genauigkeit
sonst einem nicht reicht.

von Cyborg (Gast)


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__Son´s B. schrieb:
> Was wie eine kostengünstige Variante aussieht;
> PROXXON MICRO-Fräse MF 70/CNC-ready.
> Hier muss "nur" die Ansteuerung auf Gerber-Daten geklärt werden.

Kannste knicken, weil dafür die Maschine gar nicht konstruiert ist.
Die wird auch nicht besser, wenn man die mit Steppern nach rüstet.
Einige User mögen da erfolgreich einen Umbau erreicht haben, aber die
hatten dann auch eine Drehbank, Erfahrung und dann keine Probleme
die Motore an die Maschine anzukoppeln. Ob das dann auf
Dauer problemlos auch so genutzt werden kann, wird sicher nicht
laufend informell aktualisiert.
Wer da sich blauäugig ohne Kenntnisse/Erfahrung im Maschinenbau
ran wagt, bei dem wird das nicht klappen und kostets Lehrgeld.
Wer das nämlich schon fragen muss, der kann das auch nicht, bis
er das Gegenteil (sich selbst) bewiesen hat. Könner machens halt
und fertig.
Das ist eben nicht mit Gerber getan, denn das ist ein Datenformat
für Fotoplotter. Ansonsten kommt zum Fräsen G-Code oder Excellon
zum Einsatz.

von __Son´s B. (bersison)


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Dank Euch erste einmal, für die konstruktiven Antworten :-)

1| LPKF Protomat E-Serie, 6000-7000€ ist ausserhalb meines Budgets.
2| Gebraucht für 1500€ (aus dem Markt-Forum) wird noch geprüft.
3| PROXXON währe eine kostengünstige, plausieble Lösung - Maschinenbau 
und langwierige Anpassungen ist nicht mein Ding - daher warte ich auf Rü 
von PROXXON ob diese eine Komplettlösung anbieten können. Auf div. 
YT-Filmen sah es für Prototypen schon passabel aus.

von MiWi (Gast)


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Georg schrieb:
> __Son´s B. schrieb:
>> Voraussichtlich 1-5 LP´en/Woche.

Dann LPKF

>
> Aber du solltest bedenken, dass dir auch die teuerste Fräse keine
> durchkontaktierten Leiterplatten herstellen kann, das schränkt die
> Verwendbarkeit doch erheblich ein.

Nein. LPKF hat ein System das auch DK herstellen kann.

Ich habe es hier in Verwendung....

MiWi

von Georg (Gast)


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MiWi schrieb:
> Nein. LPKF hat ein System das auch DK herstellen kann.
>
> Ich habe es hier in Verwendung....

Kostet?

Im übrigen kann das jeder halten wie er will, aber ich persönlich habe 
wenig Lust, in eine Leiterplatte mit 800 Vias manuell Drähte einzulöten, 
wie cyborg das meint. 1600 Lötstellen haben nur einen geringen 
Spassfaktor.

Georg

von C yborg (Gast)


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Georg schrieb:
> Im übrigen kann das jeder halten wie er will, aber ich persönlich habe
> wenig Lust, in eine Leiterplatte mit 800 Vias manuell Drähte einzulöten,
> wie cyborg das meint. 1600 Lötstellen haben nur einen geringen
> Spassfaktor.

800 Vias sind ja schon eine Vergewaltigung. Bei der heutigen
Integrationdichte würde ich so designen, dass höchstens eine
zweistellige Anzahl nötig würde. Wer mehr braucht, verschwendet
nur Resourcen oder arbeitet nicht optimal.
Bei mehr als 100 Lötstellen, lohnt sich schon eine Lötwelle,
Reflow oder Vapour. Isel hatte ja mal so ein Lötgerät, dass
eigentlich recht simpel war. Nachbau sollte da eigentlich
schaffbar sein.

von Georg (Gast)


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C yborg schrieb:
> dass höchstens eine
> zweistellige Anzahl nötig würde. Wer mehr braucht, verschwendet
> nur Resourcen oder arbeitet nicht optimal

Keine Ahnung von komplexen Layouts, aber Regeln dafür aufstellen. 
Glaubst du, ich baue Vias zum Spass ein? Ich würde eine Wette eingehen, 
dass zu bei einem Layout von mir auch bei grösster Anstrengung nicht 
mehr als 20% der Vias einsparen kannst, aber vermutlich kannst du mit 
einem Layout mit mehr als 1000 Bauteilpads und 8 Lagen überhaupt nichts 
anfangen.

Ich würde dir wirklich sehr gern die Möglichkeit geben, dein volles 
Mundwerk auch zu beweisen, aber leider haben die Kunden was gegen die 
Veröffentlichnung ihrer Daten.

Georg

von Cyborg (Gast)


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Georg schrieb:
> Ich würde dir wirklich sehr gern die Möglichkeit geben, dein volles
> Mundwerk auch zu beweisen, aber leider haben die Kunden was gegen die
> Veröffentlichnung ihrer Daten.

Es wird wohl eher so sein, dass du Angst hast, dass ich dich Lügen
strafe, oder? Dann bleibe doch mal auf dem Teppich.

von Gästle (Gast)


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Georg schrieb:
> aber vermutlich kannst du mit
> einem Layout mit mehr als 1000 Bauteilpads und 8 Lagen überhaupt nichts
> anfangen.

Genau solche Layouts hatte der TO bestimmt im Sinn, als sich sich 
Gedanken darüber gamcht hat, ob Prototypenfertigung mit einer Fräse für 
ihn sinnvoll ist.

von Georg (Gast)


Angehängte Dateien:

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Cyborg schrieb:
> Es wird wohl eher so sein, dass du Angst hast, dass ich dich Lügen
> strafe, oder?

Ok, anbei ein eigenes Layout, an dem ich alle Rechte habe. Das hat nur 
370 Vias, und ich erwarte gerne deine Vorschläge, wie man davon 
mindestens 270 einsparen kann. Ergebnisse sind natürlich hier öffentlich 
zu machen.

Das Layout ist ziemlich alt und ziemlich einfach, es gibt auch welche 
mit 15000 Bohrungen.

Georg

von MiWi (Gast)


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Georg schrieb:
> MiWi schrieb:
>> Nein. LPKF hat ein System das auch DK herstellen kann.
>>
>> Ich habe es hier in Verwendung....
>
> Kostet?
>
Keine Ahnung, damals (1995) war es nicht billig. Schau halt auf deren 
Website, da ist das IIRC noch beschrieben.

Wenn Du pro Woche 1-5 LPs machst - schau Dir an ob Du nicht mit einem 
LP-Hersteller zusammenarbeiten kannst. Denn auch eine LPKF braucht 
Wartung, Werkzeuge und vor allem Zeit bis eine LP fertig ist. Trau Dich 
über die Sprachbarriere des Ostens. Sowohl in Cz, Pl, H oder SLO gibt es 
gute und preiswerte Lieferanten.

MiWi

von Cyborg (Gast)


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Georg schrieb:
> Ok, anbei ein eigenes Layout, an dem ich alle Rechte habe. Das hat nur
> 370 Vias, und ich erwarte gerne deine Vorschläge, wie man davon
> mindestens 270 einsparen kann. Ergebnisse sind natürlich hier öffentlich
> zu machen.

Nur 370? Auch wenn mit 800 ein anderes Board gemeint war, ist dies
PCB ja nun mit den heute üblichen PCB-CAD keine allzu große 
Herausforderung mehr. 50 Vias (unter Vorbehalt) würde ich da
als Maximum in den Fokus nehmen.
Du weißt doch ganz genau, dass Bauteilplatzierungen schon durch den
Schaltplan vorgeben werden. Oft kann man da schon optimieren.
So grob über dem Daumen würde ich prüfen, welche Bauteile
zwingend fix zu platzieren sind und dann schauen, ob es bei Bussen
durch Gruppierung von ICs eine Möglichkeit der Optimierung gibt.
Wenn im rechten oberen Drittel Treiber 74xx240-245 sitzen und IC7
ein Prozessor ist, vermute ich in den ICs 3-5 Speicher- oder 
Interfacebausteine die vermutlich näher am Prozessor bus-optimiert
besser platziert wären. SMD-Einsatz statt THT würde auf dem ersten
Blick eher eine Erhöhung an Vias nach sich ziehen, aber das muss
nicht so sein, wenn man beidseitig bestückt. Eine Umorientierung
könnte auch eine einfachere Entflechtung zulassen.
Also z.B. die Bauteile links unten mit dem Kleinkram oben links
tauschen oder ganze Gruppen drehen.
Da lassen sich vermutlich schon 50% an Vias einsparen. Wenn schon
mit dem Einsatz von FPGAs (IC2,10,21)? optimiert wurde, bleibt
als letzte Optimierungsoption nur noch Multilayer wo man multibel
die Pads als Duko nutzen kann. Da werden dann nicht mehr viele
Vias nötig sein.
Das ist natürlich nur eine grobe vage Einschätzung und in der
Ermangelung einer Schaltplaneinsicht neben den vorhandenen Layouts
nicht sehr objektiv.

Welche Ergebnisse willst du denn veröffentlichen?

Ich hoffe, du suchst jetzt nicht jemanden der den Job für dich
übernimmt? Meine Meinung kannst du bekommen, meine Arbeitskraft
leider nicht.

von Georg (Gast)


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Cyborg schrieb:
> Meine Meinung kannst du bekommen, meine Arbeitskraft
> leider nicht.

Da kann ich nach dem inhaltslosen Geschwafel auch gut drauf verzichten.

Georg

von Gerhard O. (gerhard_)


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Jetzt muß ich hier doch meinen Senf dazu beitragen:

Eine gute Eigenbau CNC Maschine für Gravur und PCB Herstellung ist oft 
auch im Eigenbau nicht gerade billig. Meine Maschine die ich zwischen 
1996-1997 baute (ein freier Boardmaker IBC912 Nachbau) kostete mich mit 
Teilen, notwendigen Werkzeugen wie Fräser, spezielle Bohrer und Riemer 
und Software an die $4K. Auch hatte ich damals bequemen Zugang zu einer 
genügend grossen Drehbank und vertikalen Fräsmaschine.

Hat es sich gelohnt? Ja! Es machte mir sehr viel Freude das Projekt 
durchzuziehen. Sie funktioniert auch heute noch einwandfrei und habe in 
den ersten Jahren viele PCBs damit hergestellt und würde sie auch nicht 
mehr missen wollen.

Aber, die Prozedur ist zeitraubend, das Isolierfräsen ist langwierig, 
und die Standzeit der Bohrer und Fräser ist auch nicht stellar weil sie 
relativ schnell verschleissen und sind nicht gerade billig.

Die Eigenbau Herstellung einer ruhig, zentrisch laufenden 
Werkzeugspindel mit Drehzahlen bis zu 60KRpm ist auch nicht trivial und 
verschlang einige Wochen an Zeit und Arbeit. Erst nach dem 5. Versuch 
und viel Drehbank Lernen war ich imstande eine Spindel zu schaffen die 
meinen Anforderungen genügte. Auch die Spindellager sind eine hohe 
Herausforderung die bei mir aus Kostengründen nur gewisse keramische 
Typen erfüllten. Die Metall Kugellager zeigten bei stroboskopischer 
Untersuchung schwerwiegende Mängel. Die BLDC Motoren entsprechender 
Leistungsfähigkeit und Lager sind auch sehr spezielle Einzelteile. Auch 
braucht man für die Drehzahlreglung einen sehr robusten Motorkontroller.

Für neuzeitliche SMD Projekte bestelle ich mir dann doch lieber die 
durchkontaktierten und Lötstopplack überzogenen Bords. Für THT Bords 
liebe ich es alledings immer noch meine meist einseitig bedruckten Bords 
selber herzustellen.

Heutzutage verwende ich die Maschine meist oft nur zum Frontplatten 
gravieren, zur Herstellung mechanischer Teile, und Bohren und Fräsen von 
selbst geätzten PCBs. Auch Lautsprechergrills machte ich mir schon 
damit. Zahnräder ab gewisser Größe sind auch kein Problem.

Ich würde die CNC Maschine auf keinen Fall vermissen wollen und sie hat 
seinen Ehrenplatz im Labor. Nur muß man mit sich ehrlich sein. Es ist 
nicht das Panacea wie einem oft von der Werbung vorgemacht wird. Für 
gewisse Sachen ist es aber ein vorzügliches Werkzeug.

Ich kann mir nur schwer vorstellen wie man (teure) Maschinen und Zubehör 
bekannter neuzeitlicher (Deutscher und USA) Hersteller anschaffungweise 
noch finanziell verteidigen kann. Heutzutage bekommt man für relativ 
wenig Geld vorzüglich hergestellte Platinen die für 99.9% aller normalen 
Projekte vollkommen ausreichen. Von den multilagigen BGA bestückten 
Bords will ich hier gar nicht reden.

In den 80er bis 90er Jahren konnte man das Konzept und 
Daseinsberechtigung solcher Maschinen noch besser versehen. Da waren 
billige Bord Hersteller fast unbekannt. Auch war die Technik damals noch 
nicht so extrem in SMD verknallt.

Ist nur meine Meinung von einem der sich schon viele Jahre mit 
Elektronik abgegeben hat. 99% meiner Arbeitsprojekte wären mit einer 
Bord CNC Maschine überhaupt nicht machbar.

Mfg,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
von Ich nicht (Gast)


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Wir haben in der Firma eine Lpkf Protomat. Für schnelle 2-lagige 
Prototypen ist das Gerät eine feine Sache. Auch relativ feine Strukturen 
(SMD-finepitch oder 10mil Leiterbahnen)gehen damit relativ problemlos. 
Es gibt da aber natürlich Grenzen.

Die Nachteile aus meiner Sicht sind:
- Zeitaufwand zum Fräsen
- Fräserverschleiß

Ansonsten: Es gibt sehr flotte Leiterplattenhersteller, die auf 2 Tage 
liefern. An die kommt mann qualitativ weder mit fräsen noch mit ätzen 
ran. Sind aber nicht ganz billig.

von Richard B. (r71)


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Ich nicht schrieb:
> Ansonsten: Es gibt sehr flotte Leiterplattenhersteller, die auf 2 Tage
> liefern. An die kommt mann qualitativ weder mit fräsen noch mit ätzen
> ran. Sind aber nicht ganz billig.

Wie viel kostet so eine Leiterplatte?

Für "problematische" 0402 Boards ist die Methode von Werner IMHO die 
beste.
Das wäre eine Mischung aus CNC (Bohren) und Belichten PLUS sehr viel 
Chemie.

Für alle andere Leiterplatten mit 0603 oder 0805 BE würde ich NUR noch 
belichten.
Am besten mit Laser wenn es schnell gemacht werden kann.

IMHO sind DuKos mit Draht nur bis max. 30-40 VIAs pro Board machbar.
Das habe ich mit 0,3mm Bohrung und 0,25 Draht gemacht!
Da diese Draht nicht beidseitig sauber getrennt werden kann,
ist es sehr schwierig zum löten. Diese Lötstellen gehen dann
meistens beim REFLOW wieder auf... Viel Spass beim Suchen.

__Son´s B. schrieb:
> Es handelt sich ausschließlich um Euro-LP-Größen, meist einseitig, inkl.
> Bohrungen. Voraussichtlich 1-5 LP´en/Woche.

So eine Platine ist mit der Belichter-Methode in 15 Minuten fertig.
Diese muss du nur noch mit Dynamask schützen.
Das dauert leider nochmal ~2 Stunden (inkl. 2*50 min Wartezeit).

Freundliche Grüße,
Richard

von Nase (Gast)


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Richard B. schrieb:
> IMHO sind DuKos mit Draht nur bis max. 30-40 VIAs pro Board machbar.
> Das habe ich mit 0,3mm Bohrung und 0,25 Draht gemacht!
> Da diese Draht nicht beidseitig sauber getrennt werden kann,
> ist es sehr schwierig zum löten. Diese Lötstellen gehen dann
> meistens beim REFLOW wieder auf... Viel Spass beim Suchen.

Also ich empfinde es als äußerst nervig, wenn ich mein Layout an den 
Fräsplotter anpassen muss... Wirklich seriennah sind die Prototypen dann 
ja doch wieder nicht.

So von wegen Vias unter Bauteilen, Thermal-Vias und sowas.

von Ich nicht (Gast)


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Wir verwenden für Durchkontaktierungen Nieten. Allerdings geht das erst 
ab einer gewissen Bohrungsgröße (z.B. 0.8 mm)

Was schnelle Leiterplatten angeht, schau dir mal z.B. Eurocircuits an. 
Da erfährst du auch die Preise.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Richard B. schrieb:
> Diese Lötstellen gehen dann
> meistens beim REFLOW wieder auf.

Naja, dass man so eine Platine nicht Reflow-Löten kann, sollte wohl
sonnenklar sein.

von Gerhard O. (gerhard_)


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Für SMD Projekte ist das Löten von Bords ohne Lötstoplack eher nervig. 
Auch sehen solche handgelöteten Bords oft nicht gerade sehr vorführbar 
aus. Zu leicht gibt es unbeabsichtigte Lötbrücken die nach Entfernung 
danach aussehen. Sicher sie funktionieren als Prototyp oder Einzelgerät, 
aber für die Dauer?

Heutzutage lasse ich mir die Bords für komplexe SMD Projekt immer 
machen. Die sind zuverläßiger und ästethisch ansprechender. Auch sind 
die Kosten kein Thema mehr. Auch aus China bestellt, kann man die Bords 
innerhalb einer Woche am Tisch stehen sehen. Kostet halt ein paar Euro 
mehr.

Abgesehen davon ist das Einsetzen von Via Nieten oder Drähten recht 
langweilig. Da bestelle ich mir lieber eine Bord und verbringe meine 
Zeit mit dem Testen der Schaltung. Zusammenlöten auch solcher PCBs macht 
genug Arbeit.

Für die CNC Bord Fräse findet man immer noch genug andere nutzbringende 
Anwendungszwecke im Labor, sei es zur Frontplattengravur oder 
Anfertigung von mechanischen Spezialteilen oder das Bohren und Routen 
von PCBs. Ich habe genug Erfahrung über die Jahre mit dem CNC Bord 
Fräsen, dass ich mir ein Urteil darüber bilden konnte und ist für mich 
ein Bild der Realität.

Eigene PCBs mache ich nur mehr für THT Hobbyprojekte mit 
Nostalgiecharakter und macht auch noch Freude. Mit Ätztechnik geht das 
auch sehr schnell. Vom Drucker bis zur fertig geätzten PCB geht das 
Ruckzuck in weniger als einer Stunde. Oft nehme ich dann die CNC 
Maschine abschließend zum Bohren der Löcher und das Routen der PCB 
Ränder. Das erspart sehr viel Zeit und gebrochene Hartmetallbohrer. Die 
Hartmetallbohrer sind ja sehr empfindlich. Mit der CNC Maschine hat man 
diese Probleme nicht. Das einzige Problem mit diser Hybrid Methode ist 
die Maßhaltigkeit der Druckvorlagen. Laser Drucker sind in der Hinsicht 
meistens problematisch. Mit Tintenstrahldrucker erzielt man wesentlich 
besser Masshaltigkeit und Geometrietreue. Wenn die Vorlage nicht 
maßhaltig ist, dann gibt es natürlich ungenau gebohrte Bohrlöcher.

Mach das mal mit CNC. Zuerst müssen zur Isolierung und Erstellung der 
Maschinen Plot Dateien CAD Gerber CAM Daten mit einer CAM Software zur 
Isolierung und Erzeugung maschinengerechter Bohrdaten aufbereitet 
werden. Dazu vergeht meist 15-30M. Da ist man dann 2 Stunden später 
immer noch nicht fertig mit einer bestückbaren PCB, sogar mit relativ 
einfachen Designs.

Jetzt dürft ihr auf mich loshacken;-)

Mfg,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
von Richard B. (r71)


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Jörg W. schrieb:
> dass man so eine Platine nicht Reflow-Löten kann,
> sollte wohl sonnenklar sein.

Eigentlich nicht. Wie soll ich die Platine sonst löten?
Wenn die nicht dicht bestückt wäre, bräuchte ich diese 0,3mm VIA's 
nicht.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Richard B. schrieb:
> Wie soll ich die Platine sonst löten?

Mit dem Lötkolben oder einem kleinen Heißluftlötgerät.

Meinst du ernsthaft, dass der TE irgendwelche Platinen im Sinn hatte,
die man nur per Reflow löten kann, als er sich Gedanken um solche
Prototypen mit dem Fräser gemacht hat?

Ich bezweifle es.  Das, was du willst, geht halt nur bei einem
Lohnfertiger mit der entsprechenden Chemie, und wenn du das dann von
heute auf morgen haben willst (oder musst), bezahlst du das auch.

von michael_ (Gast)


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Alles hat seine Vorteile.
Es ist sinnlos, ein feines Layout mit fräsen herzustellen.
Aber wenn man wenig Bauelemente auf großer Fläche haben will, macht es 
Sinn.

Beispielweise wenn man einen Christbaum mit LED und 50cm Höhe haben 
will.
Eine entsprechende CNC schafft das locker.
Aber chemisch oder bei einem Platinenfertiger wird da nichts.

von Gerhard O. (gerhard_)


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michael_ schrieb:
> Alles hat seine Vorteile.
> Es ist sinnlos, ein feines Layout mit fräsen herzustellen.
> Aber wenn man wenig Bauelemente auf großer Fläche haben will, macht es
> Sinn.
>
> Beispielweise wenn man einen Christbaum mit LED und 50cm Höhe haben
> will.
> Eine entsprechende CNC schafft das locker.
> Aber chemisch oder bei einem Platinenfertiger wird da nichts.

Vor langer Zeit stellte ich auf meiner CNC gefraeste Mikrowellen PCBs 
auf speziellen Mikrowellen Keramik Substraten her im Frequenzbereich um 
7-22GHz. Im Vergleich zu herkoemmlichen PCB Isolieren mussten auch 
groessere Flaechen weggefraest werden. Das verkuerzte wegen der 
Keramiknatur des Substrats die Werkzeugstandzeit betraechtlich. Es 
funktionierte trotzdem recht gut. Der grosse Vorteil vom Fraesen hier 
ist, dass die Leiter "Waende" rechteckig bleiben und nicht wie beim 
Aetzen unteraetzt werden. Die gemessenen Werte waren auf Anhieb nahe der 
aktuellen Simulationswerte. Es handelte sich um GaAsFET LNA, 
Streifenleitung Tiefpassfilter, Image Reject Mischer, DROs, Hybrid 
Koppler und elektronische Phasenschieber Schaltungen. Fuer solche 
Projekte war die CNC Maschine die einzig moegliche Methode um 
zeitgerecht im Labor und relativ schnell solche Schaltungen herstellen 
zu koennen. Solche PCBs lassen sich meist nicht billig kommerziell 
herstellen. Aber fuer normale PCBs lohnt es sich meiner Meinung nach 
nicht so sehr.

von Dieter F. (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Naja, dass man so eine Platine nicht Reflow-Löten kann, sollte wohl
> sonnenklar sein.

Kannst Du das bitte erklären? Wieso ... ?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Dieter F. schrieb:
>> Naja, dass man so eine Platine nicht Reflow-Löten kann, sollte wohl
>> sonnenklar sein.
>
> Kannst Du das bitte erklären?

Wenn du mit Draht gefädelte und vorgelötete Vias benutzt?  Ist doch
logisch, dass die beim Reflow wieder aufschmelzen.

von Hubert G. (hubertg)


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Gerhard O. schrieb:
> Aber fuer normale PCBs lohnt es sich meiner Meinung nach
> nicht so sehr.

Wenn man es rein finanziell betrachtet lohnt es sich nicht.
Ich habe mir vor 16Jahren eine A4 CNC mit Tiefenregler und SM1030 
Steuerung gekauft.
Sicher die Hälfte aller meiner Projekte in diesem Zeitraum hätte ich 
nicht, oder zumindest nicht in der gewünschten Form durchgezogen, hätte 
ich mir die Platinen machen lassen müssen. Auf der Fräse macht man halt 
auch schnell mal ein kleines Platinchen und sagt nicht, dafür patze ich 
mir die Entwicklerei und Ätzanlage nicht an. Nach durchschnittlich einer 
Stunde bin ich schon beim bestücken.
Es kommt nur darauf an was es einem selbst Wert ist, egal was und wie 
man es macht.

von Dieter F. (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Wenn du mit Draht gefädelte und vorgelötete Vias benutzt?

Dann ja - aber grundsätzlich ja wohl nicht.

von Richard B. (r71)


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Richard B. schrieb:
> Diese Lötstellen gehen dann meistens beim REFLOW wieder auf...

Die Lötstellen gehen wieder auf -> Die Lötverbindung löst sich auf.
Ein mehrfaches Reflow ist bei Prototypen nicht unüblich.

Jörg W. schrieb:
> Mit dem Lötkolben oder einem kleinen Heißluftlötgerät.

0402 mit Lötkolben wenn der nächste Bauteil (C/R) gleich daneben sitzt?
Ich habe das versucht und gleich aufgegeben.

Das gleiche gilt für Heißluft.
Ein Profil sogar auf eine kleine Platine einzuhalten ist nicht möglich.

Jörg W. schrieb:
> Meinst du ernsthaft, dass der TE irgendwelche Platinen im Sinn hatte,
> die man nur per Reflow löten kann, als er sich Gedanken um solche
> Prototypen mit dem Fräser gemacht hat?

Nein, er kennt sich nicht aus. Deshalb hat ja hier gefragt.
Er hat gesagt -> 1-5 SS Platinen pro Woche.

Eine billige Fräse verursacht nur Probleme im Betrieb.
Was macht er bei seine SS Platine wenn diese gekrümmt ist?
Eine mögliche Antwort steht eh weiter oben.

Ich bin kein Fan von Nagelhärter Lampen, aber damit produziert er
IMHO seine PCB's wesentlich entspannter als mit einer Fräse.

Freundliche Grüße,
Richard

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Richard B. schrieb:
> 0402 mit Lötkolben wenn der nächste Bauteil (C/R) gleich daneben sitzt?

Habe ich auch schon mit 0201 gemacht (machen müssen, waren nicht
meine Boards).  Das Einzige, was Probleme bereitet hatte sind
Cs, die auf einer Seite an Masse liegen.  Trotz Thermals führen
die so viel Wärme ab, dass das wirklich arg gekleckst aussieht.

Aber nochmal: der TE hatte viel grobschlächtigeres Zeug im Sinn
als solchen Popelkram.  Platinen, die sich ausschließlich per Reflow
löten lassen sind nun wirklich nichts, bei dem man noch über eine
Fräse und manuelle Durchkontaktierungen nachdenken würde.

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