Forum: FPGA, VHDL & Co. FPGA Automotive


von AutomotiveGuy (Gast)


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Hallo zusammen,

in der Ankündigung des Cyclone 10 steht unter anderem, dass sich Intel 
"vor allem nach den Anforderungen im industriellen Umfeld sowie den 
Bedürfnissen in der Automobilindustrie" richtet.

Mich würde nun interessieren wo denn im Automotive Bereich FPGAs 
eingesetzt werden?

ASICs ist klar, aber ein FPGA ist doch viel zu teuer und die Stückzahlen 
würden doch dann eher wieder für ein ASIC sprechen?

Schöne Grüße.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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AutomotiveGuy schrieb:
> aber ein FPGA ist doch viel zu teuer
Wofür?
"Automotive" bedeutet ja nicht automatisch auch gleich "Dacia Sandero"

> die Stückzahlen würden doch dann eher wieder für ein ASIC sprechen?
Nicht, wenn du die Hardware mal wieder rekonfigurieren willst (oder frag 
VW: rekonfigurieren musst). Die Autoindustrie ist zwischenzeitlich ja 
auch von ROM-µC auf Flash-µC umgestiegen...

: Bearbeitet durch Moderator
von Karl (Gast)


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Ein anderer Aspekt ist, dass im Automotive-Umfeld Validierung und 
Zertifizierung ein großes Thema ist. Wir hätten an mancher Stelle gern 
einen CPLD oder FPGA eingesetzt, konnten aber mangels Erfahrung, Tools 
und entsprechender Vorberietung der Hersteller nicht. Vielleicht geht es 
ja auch in die Richtung.

von AutomotiveGuy (Gast)


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Ich frage mich eben nach den UseCases. Security seh ich ebenfalls, wenn 
sogar schon im iPhone ein FPGA eingebaut wird.

Aber im Netz findet man auch immer wieder ADAS angeführt bzw. Safety 
Aspekte.

von Zoltan (Gast)


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AutomotiveGuy schrieb:
> wenn
> sogar schon im iPhone ein FPGA eingebaut wird.


Naja das ist ein winzig kleines Teil, das wird eher für irgendwelche 
Interfacing Geschichten genutzt werden denke ich mal.
(jaja die wilden Spekulationen von Journalisten(!) zu KI, 
Bildverarbeitung und Verschlüsselung habe ich auch gesehen - mit 
lächerlichen 3500 LEs ;-) )



Im Automotive Bereich sehe ich primär Anwendungen bei ADAS.

von Cle (Gast)


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Neben den klassischen Vorteilen von einem FPGA (flexibel 
rekonfigurierbar) gibt es viele Spezialfälle.

Imageprocessing für Assistenzsysteme fahren ist gut im FPGA zu lösen 
(außer die VW Jungs mit Nvidia) und ein paar Algorithmen(-teile) für 
Autonomes fahren lassen sich gut im FPGA beschleunigen (auslagern).

Dazu hab ich von Highend Audioverarbeitung gehört bei der sehr 
aufwendige Manipulation in Richtung Noisecancelling und die Verarbeitung 
vieler Kanäle auch im FPGA gemacht werden soll.

Das nur als Beispiele, es gibt bestimmt noch viele andere Protokoll und 
Signalverarbeitung bei der es Sinn macht.

Es sind aber schon lange FPGAs im Auto. Spezial ASICs lohnen sich bei 
den Stückzahlen vieler Modelle noch nicht wirklich (von Standardmodellen 
die eine viel weitere Verbreitung haben mal abgesehen).

von mh (Gast)


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AutomotiveGuy schrieb:
> aber ein FPGA ist doch viel zu teuer

Woher weißt Du das?
Du darfst nicht von den Katalogpreisen ausgehen. "Wir" bekommen manche 
Altera FPGAs in moderaten Stückzahlen (vierstellig oder knapp darüber) 
zu etwa einem Zehntel des Preises bei Digikey/Mouser/.
Wenn man jetzt an sechsstellige Stückzahlen und fähige Einkäufer denkt, 
dürfte da noch einiges drin sein.

ASICs bekommt man auch nicht umsonst und die Entwicklung ist etwas 
aufwändiger als beim FPGA.

von Jürgen S. (engineer) Benutzerseite


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Bei Autos lohnt ein ASIC allemal. Der Aufwand ist nicht wirklich größer, 
weil die FPGAs nur Digital können und der Digitalanteil in einem ASIC 
eben genau so entwickelt wird, wie auf FPGAs. Er wird ja auch so 
"geprototyped". Ob man sich dann einen FPGA liefern lässt oder einen 
ASIC macht bei 50k Stückzahlen aufwärts keinen Unterschied mehr. Man 
darf nicht vergessen, dass FPGAs von der Flächennutzung und dem 
Strombedarf ziemlich ineffizient sind, oder sagen wir "sein können". 
Dazu gibt es auch sehr schnell ein Wärmeproblem, sobald der FPGA was 
ordnentlichs tun soll!

Von der Seite her sind ASIC-Schaltungen stark bevorzugt. Selbst 
Musikinstrumentehersteller bauen oft schon mit ASICs und das in 
Stückzahlen von 20.000!

Der gewaltige Vorteil der FPGAs ist halt "time to market": Du kriegst 
auf der Basis einer Standardplattform in Windeseile ohne große Vortests 
und Validierung ein Gerät, dass sofort definiert und in die 
Produktionsplanung mit eingegliedert werden kann und die ist bei Autos 
gewaltig!  Bevor es dann in die Testphase geht, hat man noch Monate 
Zeit, die finale Funktion festzulegen oder eben zu ändern. Wenn dann 
z.B. irgend ein Bauteil ausfällt, weil ein Zulieferer geschlampt hat, 
kann man das leicht  austauschen und die eigene Hardware per 
Softwareupdate anpassen. Ansonsten muss bei Austausch eines Teils z.B. 
ein anderes Protokoll implementiert werden und man kann eine mit einem 
ASIC bestückte Platine komplett wegschmeißen. Das kostet jetzt ja nicht 
viel Geld, würde aber die Produktion lahm legen!

FPGA im Bereich Automotive einzusetzen, ist damit auch eine strategische 
Entscheidung, primär eine Frage der Kosten, der Entwicklungszeiten, 
solange es kein Wärmeproblem gibt. Im Auto läuft es damit auf kleine, 
billige Applikationen hinaus, die irgendwie mit HW zu tun haben.

Leistungsapplikationen hingegen sind auf DSP-Plattformen 10x besser 
aufgehoben. Solche Sachen wie Noise Cancelling lassen sich da besser 
machen. Ich sage das, obwohl ich das im FPGA schon gemacht habe. Da ging 
es aber auch um wirkliche Performance und die Daten lagen im FPGA schon 
vor, weil der noch ganz andere Dinge mit den Daten veranstaltet. 
Trotzdem schlägt das Pendel - gerade bei der Frage "updatebarkeit" rasch 
in Richtung DSP-Plattform.

Allerdings:

Automotive ist nicht nur "Auto". Es gibt auch eine Reihe von 
Applikationen für z.B. Großbagger, Gabelstapler und andere 
Transportsysteme, wo Strom nicht so ein großes Thema ist, aber nur 
geringe Stückzahlen vorliegen. Wenn von einem System nur 5000 und 
weniger gebaut werden, ist es absolut angezeigt, darüber nachzudenken, 
ob man nicht auf eine Plattform geht und eine Universalplatine baut, die 
mit FPGAs so hingetrimmt werden kann, dass man weitere Produkte abdeckt. 
Ausserdem verkaufen viele Hersteller ihre Systeme 10 Jahre lang 
unverändert und dann ist die Gefahr von Abkündigungen
groß!

Die Lösung ist also ein kleiner FPGA als Frontend für die Hardware, um 
Protokolle einzubauen, etwas Vorverarbeitung zu machen und hintendran 
ein performanter DSP mit Standardarchitektur.

Ich gehe davon aus, dass Intel langfristig genau da hin will. Im Prinzip 
das Gegenstück zum Zynq. Und das macht auch Sinn: Man braucht halt 
Systeme, mit unterschiedlich stark ausgebauten FPGA-Anteilen, je nach 
Anwendungsfall kann man die dann vielleicht sogar noch austauschen, weil 
Pin-kompatibel.

Wenn man sich mal einen 16-Kernel Intel in einem definierten Sockel 
vorstellt, der einen fetten FPGA drin hat, ließe der sich bei geänderten 
Anforderungen einfach austauschen und upgraden. Das schafft schon einen 
Vorteil, wenn es darum geht, um ein Kunde sich für eine bestimmtes 
System entscheidet, wenn er noch nicht genau weiß, was er in 5 Jahren 
damit tun muss.

von Insider (Gast)


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FPGAs mit und ohne integrierten Prozessoren werden bereits im 
Automotiveumfeld für Videodatenverarbeitung eingesetzt, auch bei relativ 
hohen Stückzahlen.

Natürlich werden diese im Rahmen der Kostenoptimierung in Generation 2 
oder 3 durch ASICs ersetzt, sobald es sich wirtschaftlich lohnt und die 
Algorithmen und Anforderungen an das Produkt sich nicht mehr groß 
ändern.

von Jürgen S. (engineer) Benutzerseite


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Insider schrieb:
> FPGAs mit und ohne integrierten Prozessoren werden bereits im
> Automotiveumfeld für Videodatenverarbeitung eingesetzt, auch bei relativ
> hohen Stückzahlen.

Also die meisten Projekte, die Ich da angetragen bekomme, sind eher 
C/C++ Themen.

von Insider (Gast)


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Jürgen S. schrieb:
> Also die meisten Projekte, die Ich da angetragen bekomme, sind eher
> C/C++ Themen.

Habe auch nicht gesagt, dass das für die meisten Projekte gilt ;).

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