Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Warum wir man "praktischer" Ingenieur / Informatiker wenn man wahrscheinlich nicht tatsächlich im en


von Worker (Gast)


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Hallo

im Thread "Es gibt noch immer Entwickler-Jobs in Hochlohnländern. 
Wieso?"

hat Bernd Wiebus unter anderen geschrieben:

"4) Die Definition von Entwicklung hat sich verschoben. Oft ist dass, 
was
hier "Entwicklung" genannt wird, das Erforschen von Marktchancen und das
Erstellen von Pflichtenheften. Die konkrete technische Umsetzung wird
dann schon ausgelagert. Wenn der Kram dann fertig ist, wird hier
wiederum das Ergebniss geprüft. Entsprechend hat sich das Gewicht vom
eher technisch-naturwissenschaftlichen Ingenieur zum
Wirtschaftsingenieur verschoben."

Das hört sich für mich Fachfremden und "nur" einfachen Facharbeiter 
durchaus realistisch an.

Aus verschiedensten Gegebenheiten (vor allem mangelnden Talent in der 
Mathematik) habe ich nie Studiert und somit natürlich keinen 
Ingenieurstitel.

Aber vor allem die E-Technik empfinde ich als unglaublich faszinierend, 
aber sicherlich auch der Maschinenbau-, der Architekturbereich (aber 
hier mehr Sachen wie Statik usw.) oder die Entwicklung von Firmware und 
so weiter sind bestimmt sehr interessante Gebiete.
Mir ist bekannt das vor allem das Studium der E-Technik eine harte 
Plackerei ist bei dem, wenn man es "richtig durchziehen" will, von den 
besonderen "Freiheiten" des Studentenlebens gar nichts übrig bleibt.
Und es ist wohl leider kein reines Vorurteil das solche Studienbereiche 
von Frauen als nicht besonders attraktiv empfunden werden - sowohl was 
eigene Interessen an diesen Gebieten entspricht, als auch das Interesse 
an den Männern die sich solche Bereiche ausgesucht haben.

Also muss meiner Meinung nach doch ein wirklich starkes Interesse oder 
sogar eine "Berufung" bei den Leuten vorhanden sein die solche 
Studiengänge wählen und erfolgreich bestehen. (Wirklich auswählen, und 
nicht weil es gerade "In" ist, viele Stellen am Arbeitsmarkt vorhanden 
sind, der Freund es gemacht hat, die Firma von "Papa und Mama" 
irgendwann mal übernommen werden soll...)

Und jetzt kommen dann viele im echten Berufsleben an und können nicht 
ihre eigentlichen Interessen, und wofür sie sehr hart gelernt und auf 
vieles verzichtet haben ausleben bzw. einfach "machen".
Ist es nicht unglaublich frustrierend nicht den Teil in seinen erlernten 
Beruf ausleben zu können (Technik und oder Software von Grund auf zu 
entwickeln, technische Probleme und Ideen durch Berechnungen zu lösen. 
"Dinge" und nach seinen Vorgaben zu konstruieren....) die die 
eigentliche Faszination und die elementare, ganz persönliche, 
Begeisterung für ein bestimmtes Gebiet ausmachen?

"Nur" ein technisch hochgebildeter Aktenhengst zu sein, bzw. das gut 
bezahlte Ars..ch das seinen Kopf hinhalten darf (Fehlplanung, falsche 
Auslegungen von Normen...) kann doch für einen "echten" technischen 
Ingenieur (der Informatiker) den sein erlerntes Fachgebiet in tiefsten 
inneren Fasziniert und der wirklich "machen will" nicht befriedigend 
sein.

Auch ich, und viele andere gelernte Facharbeiter machen im praktischen 
Arbeitsleben nicht nur das was mal erlernt wurde - aber letztendlich 
entspricht aber ein Großteil den irgendwann mal erlernten Berufs 
fachlichen Inhalten und hoffentlich vorhandenen Interessen.

von Oli (Gast)


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Es kommt wohl auf den Job an. Für viele Ingenieure ist Bernds Aussage 
sicher zutreffend, in meinem Fall – kleiner Mittelständler – besteht der 
Job aber schon zum nicht unerheblichen Teil noch aus dem klassischen 
Entwickeln. Ich denke auch, dass dies für nicht wenige in Firmen 
ähnlicher Größe auch so läuft.

Fairerweise muss man aber sagen: Mit dem Erlernten im Sinne der 
Studieninhalte hat die Arbeit dann doch so direkt nicht zu tun – gefühlt 
habe ich im Studium eigentlich nur endlose Rechnungen aufgestellt für 
Ergebnisse, die ich heute entweder "über den Daumen peile", durch 
Versuch ermittle oder durch Software lösen lasse ;-)

von klausi (Gast)


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Worker schrieb:
> "Nur" ein technisch hochgebildeter Aktenhengst zu sein, bzw. das gut
> bezahlte Ars..ch das seinen Kopf hinhalten darf (Fehlplanung, falsche
> Auslegungen von Normen...) kann doch für einen "echten" technischen
> Ingenieur (der Informatiker) den sein erlerntes Fachgebiet in tiefsten
> inneren Fasziniert und der wirklich "machen will" nicht befriedigend
> sein.

Das ist wahr.. Ich, habe technische Informatik studiert, und das letzte 
wirklich faszinierende Projekt, das ich ganz alleine machen durfte, was 
auch das interessanteste bis jetzt war, war meine Diplomarbeit.

Ich durfte darin einen kompletten Prototypen von der grünen Wiese 
aufziehen und programmieren, war eine Schnittstellensoftware für Robotik 
in der Automobilindustrie.. sowas faszinierendes und interessantes gab 
es dann nicht mehr für mich..

Diese SW wurde dann auch erfolgreich produktiv eingesetzt und angeblich 
durch den Konzern auch weiterverkauft. Was sah ich davon als Diplomand? 
Nix! einen kargen Diplomandenlohn bekam ich. Wohlwissend, dass ich 
damals die Unterschrift bei dem Vertrag gaben muss, alles was hier 
entwickelt wird, bleibt auch zusammen mit den Rechten bei uns! (c) 
Blutsauger-Konzern.

eher in den Abteilungen den Ing. spielen, der für alles schuld ist wenns 
nicht funktioniert, mich mit idiotischen Chefs und Teamleitern 
rumschlagen, Kollegen die keine Lust haben, oder mit denen es einfach 
nicht klappt, das waren nachher meine Aufgaben als Ing. oder Senior-Ing.

Ob heutzutage sozial, Teamarbeit oder Agilität zählt, ist mir sowas von 
wurscht.

Am liebsten entwickle ich immer noch alleine ohne Diskussionen an 
meinen eigenen Ideen, an meiner eigenen Software von der grünen Wiese, 
wo ich bestimme, wies läuft. Das war auch bis jetzt immer am 
produktivsten! Alles andere, Scrum.. etc. nö!

Euer klausi, der auch im Jahre 2030 noch so am liebsten entwickeln wird 
;-)

von BastelIng (Gast)


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Die Realität sieht oft besser / anders aus, als von Dir beschrieben.

Es gibt nach wie vor viele kleine und teils hochinnovative Firmen.

Die machen z.B. mit 4 Leuten komplette Produkte incl. Musterbau und FPGA 
und SoC Programmierung. Die Serienfertigung wird dann halt extern 
gemacht.

Dazu wird entgegen vielen Unkenrufen auch in Deutschland vor allem recht 
spezielle Elektronik nach wie vor Entwickelt, Hergestellt und in alle 
Welt exportiert.

Genau - und wer entwickelt die - die Entwickler in den Kleinbetrieben 
und KMUs. Da hilft es dann auch nicht - sich beim Serienanlauf 
telefonisch totzustellen. Die Leute aus vor der Fertigung oder dem 
Prüffeld kommen dann einfach aus 100m Entfernung bei Dir vorbei - und 
holen Dich ;)

Also : als Mittdreißiger kann ich mit gutem Gewissen sagen : Es gibt 
noch echte Entwicklerjobs - und zwar viele. Man muß ja nicht im großen 
Konzern anfangen - sondern im - i.d.R. etwas schlechter bezahlendem KMU. 
Dafür bekomt man dort auch keinen BoreOut, wird i.d.R. für seine Arbeit 
wertgeschätzt - und sieht am Ende des Projektes die Arbeit, die man 
geleistet hat als fertiges Produkt.

soo - und nun bitte die Trolle

von Wühlhase (Gast)


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Es kommt wirklich auf den Job an. Ja, mancher studiert Maschinenbau und 
hat in seiner Arbeit später (nach einigen Beförderungen) nur noch mit 
Personalplanung, Freigaben und Dokumenteunterschreiben zu tun, wird in 
Meetings zwangsbeschäftigt, usw..
Momentan arbeite ich in einer Firma, wo die Ings ziemlich gemischt 
ausgelastet sind. Die eigentliche Entwicklung, aber auch die (teilweise) 
technische praktische Umsetzung (diese Mischung ist prima), aber zu 
einem großen Teil auch mit allem Müll, den die Projektleitungsarbeit 
noch so mit sich bringt.

von Ferkel (Gast)


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Achte nicht auf die ahnungslosen Miesmacher hier. Es gibt in Deutschland 
haufenweise normale Entwickler-Jobs. Kaufmännische

von Qwertz (Gast)


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Ferkel schrieb:
> Achte nicht auf die ahnungslosen Miesmacher hier. Es gibt in
> Deutschland
> haufenweise normale Entwickler-Jobs. Kaufmännische

Ja genau, Kaufmännische Entwickler-Jobs...
Bernd ist sicher kein Miesmacher, er ist nur Realist, wenn er das so 
schrub!

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Als ich das erste mal Mitarbeiter hatte hat sich meine 
Ingenieurs-Produktivität massiv gesteigert. Ich konnte plötzlich Dinge 
bauen, die ich alleine nie in vernünftiger Zeit hätte fertigstellen 
können. Große, komplizierte, aufwendige, teure Dinge.

Der Preis dafür ist seitdem, dass ich viel Zeit damit verbringe so etwas 
wie virtuelle Maschinen (Teams) zusammenzusetzten und am Laufen zu 
halten, die wiederum große reale Systeme bauen.

Ich finde das gar nicht frustrierend, sondern Ingenieursarbeit auf 
höherem Niveau. Wir verwenden als Ingenieure überall Werkzeuge. 
Vereinfacht gesagt ist das Führen eines Entwicklungsteams auch nur das 
Verwenden eines Werkzeuges.

So ein bisschen erinnert die Diskussion und die versteckte Pöbelei 
("Aktenhengst", "Arsch..ch") an Diskussionen ob nur 
Assemblerprogrammierer echte Programmierer sind.

Nach einer fragwürdigen Statistik über Fachkräftemangel arbeiten 70% 
aller Ingenieure fachfremd. Dabei wird nicht definiert, was fachfremd 
bedeutet. Die Fachkräftemangel-Lobby findet dass die 70% natürlich eine 
Katastrophe sind. Ich finde, sollte die Zahl stimmen, dass sie ein 
positives Zeichen ist, dass man eben nicht einseitig festgelegt ist, 
sondern genug gelernt hat um sich "überall" zu behaupten, wenn man das 
denn möchte.

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