Forum: Offtopic Physik: Lagerreibung, Trägheitsmoment, Geschwindigkeit


von Joe F. (easylife)


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Angenommen eine Scheibe mit bekannter Masse dreht sich mit einer 
bekannten Geschwindigkeit. Jetzt wird der Antrieb abgeschaltet 
(weggenommen) und die Scheibe wird durch die Lagerreibung abgebremst.
Wie verhält sich dann die Drehgeschwindigkeit über die Zeit?
Ich würde spontan annehmen, dass die Lagerreibung ein konstantes der 
Drehbewegung entgegengesetztes Drehmoment darstellt, damit würde die 
Drehgeschwindigkeit über die Zeit linear bis auf 0 abnehmen.
Stutzig macht mich allerdings, dass dann die Energie am Anfang schneller 
"vernichtet" würde, als am Ende. Klingt spontan also nicht plausibel.
Wie könnte man das realistisch modellieren?
Umgekehrter Fall: Motor beschleunigt eine Scheibe mit konstantem 
Drehmoment. Auch hier würde die Drehgeschwindigkeit mit der Zeit linear 
zunehmen, die in der Scheibe gespeicherte Energie aber quadratisch.
Wo ist mein Denkfehler?

: Bearbeitet durch User
von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


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Joe F. schrieb:
> hier würde die Drehgeschwindigkeit mit der Zeit linear
> zunehmen, die in der Scheibe gespeicherte Energie aber quadratisch.
> Wo ist mein Denkfehler?

Eine linear steigende Drehzahl ist eine Beschleunigung und die ist 
wiederum quadratisch. Das erkennt man auch an den Einheiten (m/s²).

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Joe F. schrieb:
> Wo ist mein Denkfehler?

Nirgends.

von Joe F. (easylife)


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OK, das mit dem Beschleunigen ist mir nun klar. Der Motor (E-Motor) 
liefert das konstante Drehmoment nur bis zu einer gewissen Drehzahl, und 
ab dem Punkt an dem die Maximmalleistung erreicht ist bleibt die 
Leistung konstant und das Drehmoment nimmt entsprechend ab.

Aber nochmal zum ersten Fall: Die Lagerreibung bremst die Scheibe.
Was wird da linear abgebaut, Drehzahl oder Energie?

Update: sorry, Nachdenken hilft.
Die Brems-*Kraft* des Lagers ist ja konstant. Also verrichtet die Bremse 
eine konstante Arbeit -> die Energie nimmt linear ab.
Deckt sich auch mit der Erfahrung im Auto -> gleiche Bremskraft hat auf 
der Autobahn eine wesentlich geringere "Wirkung" in Bezug auf 
Geschwindigkeitsabbau als bei 30 km/h...

Schönen Abend noch.

: Bearbeitet durch User
von Jonny O. (-geo-)


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Die Rotationsenergie der rotierenden Scheibe ist proportional zum 
Quadrat der Winkelgeschwindigkeit. Wenn die Winkelgeschwindigkeit 
halbiert wird, so wird die Rotationsenergie um den Faktor 4 kleiner.

Rotationsenergie = 1/2  J  Omega²

J = Trägheitsmoment
Omega = Winkelgeschwindigkeit

Die Rotationsenergie wird nicht linear abnehmen. Stell dir vor du bremst 
ein langsames Rad und dann ein ganz schnelles. Das schnelle wird die 
Bremse schnell zum Glühen bringen --> Hohe Bremsleistung --> schnelle 
Energieabnahme.

Hoffe ich habe keinen Fehler in meinem Gedankengang. Ansonsten bitte 
melden.

von Jonny O. (-geo-)


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Nachtrag:

Arbeit = Kraft * Weg.
Leistung = Kraft * Weg/Zeit = Kraft * Geschwindigkeit

Die Leistung beschreibt die Geschwindigkeit mit der Energie umgesetzt 
wird. In diesem Fall also die Geschwindigkeit mit der Rotationsenergie 
abgebaut wird. Je höher die Drehzahl ist, desto schneller wird auch 
Rotationsenergie abgebaut (bei konstanter Reibungskraft).

von Joe F. (easylife)


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Jonny O. schrieb:
> Das schnelle wird die
> Bremse schnell zum Glühen bringen

Hm, richtig, denn die Arbeit ist Kraft*Weg, und der Weg (pro 
Zeiteinheit)  proportional zur Drehzahl.
Also nimmt doch die Drehzahl linear ab...?

: Bearbeitet durch User
von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Joe F. schrieb:
> Wie könnte man das realistisch modellieren?

Indem man die zugehörige Dgl. richtig formuliert und dann löst ;-)

von Jonny O. (-geo-)


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Du könntest ja mal die Formel der Drehzahl in Abhängigkeit der Zeit 
hinschreiben (bei angenommener konstanter Kraft).

Edit: Ok für den nicht ganz so versierten Mathematiker ist das ev. nicht 
so easy, aber es ist sicher auch kein Hexenwerk...

: Bearbeitet durch User
von Joe F. (easylife)


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Jonny O. schrieb:
> Ok für den nicht ganz so versierten Mathematiker ist das ev. nicht
> so easy. :-)

Naja, es gab mal eine Zeit, da habe ich unbestimmte Gleichungssysteme 
mit Infinitesimalrechnung auf dem Papier gelöst. Ist aber saumäßig lange 
her, und mein Denkapparat hat sich in der Zwischenzeit auf ganz andere 
Dinge umprogrammiert, so dass mir heute schon bei wesentlich einfacheren 
mathematischen Problemchen den Kopf raucht, während Schüler in der 10. 
Klasse nur müde lächeln. Tja, so ist das Leben.

: Bearbeitet durch User
von Joe F. (easylife)


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Manchmal muss man aber auch gar keine Differenzialgleichungen 
aufstellen, wenn nur der Knoten im Hirn platzt.
Da die Bremskraft konstant ist, ist das eigentlich genau der umgekehrte 
Fall wie eine konstante Beschleunigungskraft. Und damit ist klar, dass 
die Geschwindigkeit linear abnimmt, da v = a * t + v0, und a ist hier 
einfach nur negativ. Bei Geschwindigkeit 0 gibt's im Falle einer Bremse 
natürlich keine (negative) Beschleunigung mehr.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Joe F. schrieb:
> Da die Bremskraft konstant ist, ist das eigentlich genau der umgekehrte
> Fall wie eine konstante Beschleunigungskraft. Und damit ist klar, dass
> die Geschwindigkeit linear abnimmt, da v = a * t + v0,

Na ja... Zunächst haben wir Momente und Winkelgeschwindigkeiten bzw. 
Winkelbeschleunigungen. Korrekt sieht es so aus wie im Anhang.

von Jens G. (jensig)


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>Stutzig macht mich allerdings, dass dann die Energie am Anfang schneller
>"vernichtet" würde, als am Ende. Klingt spontan also nicht plausibel.
>Wie könnte man das realistisch modellieren?

Doch - ist plausibel.
Ganz einfach: bei höherer Drehzahl wird die Energie viel schneller 
"verrieben" (weil höhere Umfangsgeschwindigkeit im Lager bei 
gleichbleibendem Reibmoment). Also höhere Verlustleistung, bzw. 
verlustig gegangene Energie pro Zeit.
Ist wie Händereiben: nur wenn Du das schnell genug machst, wird es auch 
recht warm (also hohe Wärmeleistung)

>Umgekehrter Fall: Motor beschleunigt eine Scheibe mit konstantem
>Drehmoment. Auch hier würde die Drehgeschwindigkeit mit der Zeit linear
>zunehmen, die in der Scheibe gespeicherte Energie aber quadratisch.
>Wo ist mein Denkfehler?

Ist eigentlich genau so wie bei einem el. Kondensator.
Die Energie ist Leistung mal Zeit.
Zeit erhöht sich linear.
Bei gleichbleibendem Drehmoment (Strom) erhöht sich die Drehzal 
(Spannung). Und bei steigender Drehzal (Spannung), zusammen mit 
konstantem Drehmoment (Strom) haben wir steigende Leistung. D.h., die 
Zeit erhöht sich, und die Leistung erhöht sich. Zweimal linear ist 
nunmal quadratisch (dummerweise läßt sich die Zeit nicht wegoptimieren 
...)

Der Motor, der die Scheibe antreiben soll, muß darunter leiden.
Ein E-Motor bei n=0 braucht eigentlich keine Spannung, nur Strom 
(theoretisch), weil Strom macht Drehmoment. Wird die Drehzahl > 0, wird 
auch die nötige Spannung > 0. Strom ist wie das Drehmoment konstant. Wir 
haben hier also wieder die linear steigende el. Leistung, und zusammen 
mit der steigenden Zeit einen quadr. steigenden Energie"verbrauch".

von Joe F. (easylife)


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Joe G. schrieb:
> Korrekt sieht es so aus wie im Anhang.

Wow!
Also im Prinzip "gleiches" Ergebnis: Drehzahl nimmt linear ab.
Die Grafik ist aber mit 1000 U/min Anfangsgeschwindigkeit gezeichnet, 
oder?
Mit meiner Vereinfachung wäre v dann die Winkelgeschwindigkeit, und a 
ist Reibmoment/Massenträgheitsmoment. Da kommt dann das gleiche heraus.

von Purzel H. (hacky)


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Und die konstante Bremskraft kaeme von ? Nicht von Reibung, denn die 
Reibung waere geschwindigkeits proportional. Dh der Reibungs Koeffizient 
ist konstant. Auslaufenlassen mit Reibung ergibt eine 
Exponentialfunktion

von Joe F. (easylife)


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Zwölf M. schrieb:
> Nicht von Reibung, denn die
> Reibung waere geschwindigkeits proportional

Hm, also ich gehe davon aus, Bremskraft = Anpresskraft * 
Reibungskoeffizient.
Und die Anpresskraft habe ich im Falle eines Lagers mal als konstant 
angenommen.

von Jens G. (jensig)


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@Zwölf Mal Acht (hacky)

>Und die konstante Bremskraft kaeme von ? Nicht von Reibung, denn die
>Reibung waere geschwindigkeits proportional. Dh der Reibungs Koeffizient
>ist konstant. Auslaufenlassen mit Reibung ergibt eine
>Exponentialfunktion

Wo hast Du denn das gelernt?

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Man kann das auch in LTspice simulieren, wenn man die mechanischen
Objekte und Größen geeignet durch elektrische ersetzt:

1
mechanisch              elektrisch
2
————————————————————————————————————
3
Schwungscheibe          Spule
4
Trägheitsmoment         Induktivität
5
Winkelgeschwindigkeit   Strom
6
Drehmoment              Spannung
7
Schmierfilm             Widerstand
8
————————————————————————————————————

Im Diagramm ist der zeitliche Verlauf der Winkelgeschwindigkeit der
auslaufenden Schwungscheibe für ein trockenes (easylife) und ein
perfekt geschmiertes Lager (hacky)dargestellt.

: Bearbeitet durch Moderator
von Joe F. (easylife)


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Yalu X. schrieb:
> Man kann das auch in LTspice simulieren, wenn man die mechanischen
> Objekte und Größen geeignet durch elektrische ersetzt

:-) :-) :-)

Yalu, the brain. Ich frage mich ja immer, wo du dieses unendliche Wissen 
her hast. Chapeau.
Mein Problem wäre jetzt natürlich die Algorithmen von Spice in meiner 
Simulation nachzuimplementieren, um auf die Kurven zu kommen... aber 
darum geht es nicht.
Danke an alle, ich habe wieder mal viel gelernt!

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Joe F. schrieb:
> Die Brems-Kraft des Lagers ist ja konstant.
Nur, wenn du sie so annimmst. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das 
Lager bei höherer Drehzahl mehr bremst. Denn da sind offenbar bestimmte 
Komponenten abhängig von der Drehzahl:
http://medias.schaeffler.de/medias/de!hp.tg.cat/tg_hr*ST4_102160011
http://www.boie.de/ftp/pub/skf/6000_I_DE/6000-I_DE_00_04_Friction.pdf

: Bearbeitet durch Moderator
von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Yalu X. schrieb:
> Man kann das auch in LTspice simulieren, wenn man die mechanischen
> Objekte und Größen geeignet durch elektrische ersetzt:

Die Analogie ergibt zweifelsohne das richtige Ergebnis, ist jedoch aus 
unterschiedlichen Gründen unweckmäßig.
Die Winkelgeschwindigkeit ist eine Differenzgröße, d.h. sie wird immer 
zwischen zwei Punkten oder zu einem Bezugspunkt gemessen.  Der Strom ist 
jedoch eine Flussgröße welcher genau in einem Punkt gemessen wird. Beim 
Drehmoment ist es genau umgekehrt. Das Drehmoment ist gerade keine 
Differenzgröße (Spannung) da es die Ableitung des Drehimpulses ist und 
damit eine Flussgröße. Also günstiger:

mechanisch              elektrisch
________________________________
Drehmoment              Strom
Winkelgeschwindigkeit   Spannung
Trägkeitsmoment         Kapazität
Reibung                 Leitwert
________________________________

Die richtige Zuordnung ist in sofern von Bedeutung wenn ich zwei 
unterschiedliche Systeme miteinander kopple. Also z.B. einen 
Gleichstrommotor mit einem elektrischen System. Im Falle der ersten 
Analogie  Drehmoment/Spannung würde sich eine gyratorische Kopplung 
einstellen. Die Art der Kopplung (tatsächlich eine transformatorische 
Kopplung) wird jedoch durch die Onsager-Relation bestimmt. Die erste 
Analogie würde also der Onsager-Relation widersprechen.

: Bearbeitet durch User
von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Joe F. schrieb:
> Yalu X. schrieb:
>> Man kann das auch in LTspice simulieren, wenn man die mechanischen
>> Objekte und Größen geeignet durch elektrische ersetzt
>
> :-) :-) :-)
>
> Yalu, the brain. Ich frage mich ja immer, wo du dieses unendliche Wissen
> her hast. Chapeau.

Danke für die Blumen :)

Aber viel Wissen braucht des dazu nicht: Um mir die Funktionsweise von
einigen elektrischen/elektronischen Bauteilen bildlich besser vorstellen
zu können (Ströme, Spannungen, Felder und dergleichen kann man leider
nicht sehen), denke ich oft an bewegliche Elemente aus der Mechanik.

Ein gutes Abbild einer Spule ist für mich eben ein Schwungrad. Genauso
wie das rotierende Rad seine aktuelle Drehzahl nur ungern ändert,
widersetzt sich eine Spule Stromänderungen. Wenn man den Strom in einer
großen Spule plötzlich unterbricht, gibt's einen lauten Knall und/oder
Zerstörung. Dasselbe geschieht, wenn man eine Eisenstange in die
Speichen eines schnell rotierenden massiven Schwungrads steckt ;-)

Spice eignet sich übrigens auch sehr gut für thermische Simulationen.
Wie hier an einem Beispiel demonstriert, kann man auch dort die
thermischen Größen leicht durch elektrische ersetzen:

  Beitrag "Re: Warum werden Dinge nachgekuehlt?"


Aber zurück zur Reibung: Hier sind die verschiedenen Reibungszustände
beschrieben

  https://de.wikipedia.org/wiki/Reibung#Reibungszust.C3.A4nde_in_der_Schmierungstechnik

und als Diagramm dargestellt:

  https://de.wikipedia.org/wiki/Stribeck-Kurve

Ein (näherungsweise) drehzahlunabhängiges Reibmoment tritt nur bei der
Festkörperreibung auf, also bei einem un- oder trockengeschmierten
Lager. In meinem letzten Beitrag habe ich der Einfachheit halber nur die
Festkörper- (linkes Bild) und die Fluidreibung (rechtes Bild) simuliert,
wobei ich bei letzterer von einem drehzahlproportionalen Reibmoment
ausgegangen bin.

Bei einem geschmierten Lager müsste man auch die Mischreibung und die
Übergänge zwischen den drei Zuständen berücksichtigen. Außerdem ist nach
dem von Lothar verlinkten SKF-Dokument die Reibmoment(Drehzahl)-Kurve
bei der Fluidreibung nicht ganz linear, sondern flacht bei höheren
Drehzahlen etwas ab. Das macht die ganze Sache zwar genauer, aber auch
wesentlich komplizierter.

Vielleicht liest ja jemand das SKF-Dokument komplett durch und erstellt
nach den dort angegebenen Formeln ein parametrierbares Spice-Modell für
beliebige (nicht nur idealisierte) Lager :)


Joe G. schrieb:
> Yalu X. schrieb:
>> Man kann das auch in LTspice simulieren, wenn man die mechanischen
>> Objekte und Größen geeignet durch elektrische ersetzt:
>
> Die Analogie ergibt zweifelsohne das richtige Ergebnis, ist jedoch aus
> unterschiedlichen Gründen unweckmäßig.
> Die Winkelgeschwindigkeit ist eine Differenzgröße, d.h. sie wird immer
> zwischen zwei Punkten oder zu einem Bezugspunkt gemessen.  Der Strom ist
> jedoch eine Flussgröße welcher genau in einem Punkt gemessen wird. Beim
> Drehmoment ist es genau umgekehrt. Das Drehmoment ist gerade keine
> Differenzgröße (Spannung) da es die Ableitung des Drehimpulses ist und
> damit eine Flussgröße. Also günstiger:

Klar man kann die Ersetzung auch so herum machen. Du hast praktisch
Spannung und Strom vertauscht und die restlichen Größen entsprechend
angepasst. Mir persönlich fällt es aber leichter, die Flussgröße Strom
einer Bewegung (also Geschwindigkeit, Drehzahl o.ä.) und die Spannung
einer Kraft, einem Moment oder einem Druck gleichzusetzen. Da muss aber
jeder für sich selber die für ihn intuitivste Zuordnung finden.

> Die richtige Zuordnung ist in sofern von Bedeutung wenn ich zwei
> unterschiedliche Systeme miteinander kopple. Also z.B. einen
> Gleichstrommotor mit einem elektrischen System.

Ja, bei einem Elektromotor passt natürlich Spannung besser zur Drehzahl
und Strom besser zum Drehmoment. Das ist aber nur deswegen so, weil ein
gewöhnlicher Elektromotor Magnetfelder zur Bewegungsgenerierung nutzt.
Bei einem Motor, der auf elektrischen Feldern basiert, wäre es
umgekehrt.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Joe G. schrieb:
> Yalu X. schrieb:
>> Man kann das auch in LTspice simulieren, wenn man die mechanischen
>> Objekte und Größen geeignet durch elektrische ersetzt:
>
> Die Analogie ergibt zweifelsohne das richtige Ergebnis, ist jedoch aus
> unterschiedlichen Gründen unweckmäßig.
> Die Winkelgeschwindigkeit ist eine Differenzgröße, d.h. sie wird immer
> zwischen zwei Punkten oder zu einem Bezugspunkt gemessen.

Dann assoziiere Winkelgeschwindigkeit mit Spannung, welche ja eine 
Potentialdifferent ist.

> mechanisch              elektrisch
> __________________________________
> Drehmoment              Strom
> Winkelgeschwindigkeit   Spannung
> Trägkeitsmoment         Kapazität
> Reibung                 Leitwert

Ersezte dazu Strom durch Spannung, Spannung durch Strom, Induktivitäten 
durch Kapazitäten, Kapazitäten durch Induktivitäten, und die Schaltung 
durch ihr Dual.

https://en.wikipedia.org/wiki/Dual_graph

Die Schaltugen sind ja einfach genug und daher plättbar. Ob es eine 
entsprechende Dualität für nicht-plättbare Schaltungen gibt, und wie 
diese gegebenenfalls aussieht, weiß ich nicht.  Wär aber interessant, 
mehr darüber zu erfahren.

> ... Flussgröße ...
> ... Differenzgröße ...

Man kann hier doch jede Größe als Differenzial oder Integral einer 
anderen betrachten.  Von daher erscheint mit die Einteilung in 
"Differenz" und "Fluss" ziemlich unnatürlich und technokratisch und 
bestenfalls dazu geeignet, den Weg zu tieferen Zusammenhängen (z.B. wie 
die von Yalu aufgezeigten) zu verstellen.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Johann L. schrieb:
> Von daher erscheint mit die Einteilung in
> "Differenz" und "Fluss" ziemlich unnatürlich und technokratisch und
> bestenfalls dazu geeignet, den Weg zu tieferen Zusammenhängen (z.B. wie
> die von Yalu aufgezeigten) zu verstellen.

Na das erzähl mal den Physikern [1] und [2] ;-)

[1] http://www.springer.com/de/book/9783764325503
[2] https://www.degruyter.com/view/product/434348

von Jens G. (jensig)


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@ Lothar Miller (lkmiller)

>Joe F. schrieb:
>> Die Brems-Kraft des Lagers ist ja konstant.
>Nur, wenn du sie so annimmst. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das
>Lager bei höherer Drehzahl mehr bremst. Denn da sind offenbar bestimmte
>Komponenten abhängig von der Drehzahl:
>http://medias.schaeffler.de/medias/de!hp.tg.cat/tg...
>http://www.boie.de/ftp/pub/skf/6000_I_DE/6000-I_DE...

Nicht, weil man das annimmt. Mag sein, daß da eine kleine 
drehzahlabhängige Komponente gibt, aber die kann man (sofern dies 
überhaupt so wäre) weitgehend vernachlässigen.
Deutlich drehzahlabhängig wird es erst, wenn wir es mit Schmiermitteln 
zu tun haben, wei Deine Links ja zeigen. Davon war aber hier nicht die 
Rede.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Yalu X. schrieb:
> Da muss aber jeder für sich selber die für ihn intuitivste Zuordnung
> finden.

Johann L. schrieb:
> Von daher erscheint mit die Einteilung in
> "Differenz" und "Fluss" ziemlich unnatürlich und technokratisch und
> bestenfalls dazu geeignet, den Weg zu tieferen Zusammenhängen (z.B. wie
> die von Yalu aufgezeigten) zu verstellen.

Bleiben wir zunächst auf dem Wege zu den tieferen Zusammenhängen. Ich 
habe mal ein einfaches Getriebe mit 3 Wellen und zwei 1:1 
Riemenübersetzungen skizziert. Vernachlässigen wir aus Gründen der 
Übersichtlichkeit mal die Massenträgheitsmomente und konzentrieren uns 
nur auf die Verluste im Getriebe durch Schlupf. Der Drehmomentenfluss 
(rote durchgehende Linie) zeigt, dass das Drehmoment an jeder Stelle des 
Getriebes gleich groß ist. Unterschiedlich sind nur die Drehzahlen. 
Ersetze ich die Verluste durch die entsprechenden Widerstände, so ergibt 
sich das darunter skizzierte Ersatzschaltbild. Gern bin ich nun bereit, 
den Verlust dieses tiefen Verständnisses der Dualität M=I und U=omega zu 
diskutieren. Die von Yalu skizierte Dualität würde im Ersatzschaltbild 
beide Widerstände parallel verschalten U=M, I=omega. Damit stellen sich 
die Fragen.
Was ist M0 und M1?
Warum ist die Drehzahl vor dem Getriebe genauso groß wie nach dem 
Getriebe?
Welche Punkt am Getriebe ordne ich den Drehzahlknoten (Stromknoten) zu?

Ich wage zu behaupten, das tiefe Verständnis geht mit dieser Dualität 
verloren.


Betrachten wir mal das Problem aus rein physikalischer Sicht. Die 
Verallgemeinerung des thermodynamischen Potentials zum Begriff der 
Massieu-Gibbs-Funktionen sagt aus, dass sich die Energie eines Systems 
immer durch die Funktion seiner unabhängigen extensiven Variablen 
darstellen lässt.  Der zugehörige Proportionalitätsfaktor ist eine 
intensive Größe. Das Paar aus extensiver und intensiver Größe wird auch 
als kanonisch konjugiert bezeichnet. In einem kanonisch konjugierten 
Paar unterscheiden sich beide Größen durch ihre Messbarkeit. Benötige 
ich nur einen Punkt zum Messen dieser Größe (elektrischer Strom, 
Drehmoment, Massestrom, usw.) oder mindestens zwei Punkte (Temperatur, 
Druck, Spannung, Drehzahl, usw.)  (Anmerkung)
Wollen wir nun z.B. die Rotationsenergie berechnen benötigen wir dieses 
kanonisch konjugierte Paar. Eine Größe ist das Massenträgheitsmoment 
(extensiv, messbar in einem Punkt). Nun wird noch die zweite Größe 
benötigt (intensiv, messbar in zwei Punkten). Nehme ich nach der U=M 
Dualität also das Drehmoment, wird keine Energie daraus. Warum nicht? 
Das Drehmoment ist zwar eine intensive Zustandsgröße, jedoch nur in 
einem Punkt messbar (im Gegensatz zur als dual gesetzen Spannung). Also 
muss ich die zweite intensive Zustandsgröße verwenden, die 
Winkelgeschwindigkeit 8intensiv, messbar in zwei Punkten). Somit wird 
aus energetische Sicht nur eine sinnvolle Dualität übrig bleiben 
U=omega).


Anmerkung: Die Intensitätsgrößen mit zwei notwendigen Messpunkten hatte 
ich Differenzgröße und die mit einem Messpunkt Flussgröße genannt.

von Jürgen S. (engineer) Benutzerseite


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Joe F. schrieb:
> Aber nochmal zum ersten Fall: Die Lagerreibung bremst die Scheibe.
> Was wird da linear abgebaut, Drehzahl oder Energie?

Keine von beiden. Die Reibung ist bei hohen Geschwindigkeiten relativ 
geringer. Das hat mit Hafteffekten der Atomschichten, Lufteinschlüssen 
und Schwingungen zu tun. Es wird also zunehmend mehr infolge der 
Gleitreibung abgebaut, vor allem gegen Ende hin. Die Energie verhält 
sich entsprechend.

Allerdings haben solche Aufbauten auch noch andere Widerstände, vor 
allem Luftwirbel und die sind meisten irgendwas zwischen quadratisch und 
kubisch, je nach Verwirbelung, Luftabführung, Vorverwirbelung bei der 
Anströmung und Gestaltung des Umfeldes.

Im mittleren Drehzahlbereich kommen dann die Schwingungen durch 
Resonanzen hinzu, Wellentorsion durch Beschleunigung und Hafteffekt und 
vor allem partielle Schwingungen, die die Lager belasten und zu 
ungleichmäßigem Bremsen führen.

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