Forum: Offtopic Messgenauigkeit nach Einbau einer Kraftmessdose ermitteln?


von Space W. (space_w)


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Guten Tag liebe Community,

ich bin relativ neu auf dem Gebiet der Messtechnik (noch ohne 
Microcontroller) und stehe vor einem Problem:

In einem Projekt haben wir eine Kraftmessdose (50N Nennkraft, 
Genauigkeitsklasse 1%) in einem Gehäuse verbaut mit einem Lager, einem 
Stößel etc, so dass man das ganze wie einen Stift halten kann. Mit 
diesem "Stift" kann der Anwender auf einen beliebigen Gegenstand drücke, 
z.B. auf die Haut oder auf den Tisch und das ganze soll dann die Kraft 
anzeigen, die über den Stößel auf die Kraftmessdose drückt. Der Sensor 
ist mit dem PC verbunden und ein Programm zeigt sehr viele Werte an, 
allerdings nicht in Newton. Da aufgrund der Reibung im Gehäuse und 
weiteren Einflüssen die Messgenauigkeit garantiert "schlechter" geworden 
ist, wollen wir gerne wissen, um wie viel ungefähr.
Dafür haben wir dieses Gerät unter einer Druck-Maschine platziert und 
Kräfte von 5-45 Newton applitziert (in 5 N-Schritten und für 10 Sekunden 
gehalten)und die Messwerte von der Druckmaschine (in Newton)und von 
unserer Kraftmessdose (Einheit unbekannt vielleicht mV/V? - ist auch 
egal). Nun haben wir für jedes Intervall (5, 10, 15N etc.) den 
Mittelwert der Druckmaschine gebidlet und den Mittelwert unserer 
Messwerte der Kraftmessdose, am Ende haben wir z.B. 4,998N entsprechen 
0,0005 dann 10,001N entsprechen 0,089  usw.
Mithilfe dieser Zuordnung konnten wir dann mit Excel eine 
Regressionsgerade bilde (Trendlinie) und uns die Gleichung anzeigen 
lassen. Wenn wir nun die kompletten (unbekannten) Werte unserer 
Kraftmessdose in diese Gerade einsetzen, erhalten wir entsprechend die 
Kräfte in Newton. Soweit so gut.
Um nun die Messabweichung zu ermittelt haben wir folgendes gemacht:
Wir haben 4 Gewichte genommen, und diese mit einer Präzisionswaage 
gewogen, z.B. 500g, 1300g, 1800g und 3300g. Hierfür haben wir jeweils 
die Gewichtskräfte berechnet. Anschließend haben wir diese Gewichte 
ebenfalls auf unser Gerät platziert und die Messwerte aufgenommen. Für 
jedes Gewicht haben wir die aufgenommenen Messwerte gemittelt, so dass 
wir, wie schon oben beschrieben, für jede Gewichtskraft einen 
entsprechenden Messwert unserer Kraftmessdose erhalten und dadurhc 
wieder eine Trendlinie erstellen können. Dann haben wir z.B. 3,9201 
Newton (also Gewichtskraft) entsprechen 0,0049 usw. Wenn ich aber diesen 
Messwert 0,0049 in meine 1. Trendlinie einsetze, erhalte ich 4,1146 
Newton. Die Prozentuale Abweichung beträgt also 4,96%. Für die 
restlichen Werte ist die Prozentuale Abweichung aber unter einem 
prozent:
1
Gewichtskraft        Kraft aus 1. Trendlinie      Abweichung in [%]
2
3,9201               4,1146                    4,96
3
14,8955               14,8767                    0,13
4
19,6102               19,4346                    0,90
5
32,2504               31,9359                    0,98

Meine Fragen nun:
1. Warum ist die 1. Abweichung so hoch im Vergleich zu den anderen. Hat 
es was mit dem Rauschen zu tun?
2. Wie kriege ich meine Messabweichung, die mein Gehäuse inkl. Lager 
etc. aufgrund von Reibung usw. verursacht haben?
Bei meinem ersten Versuch ist ja die Gesamtabweichung [%] = 
Abweichung_Druckmaschine + Abweichung_kraftmessdose + 
Abweichung_Gehäuseetc.
Bei meinem zweiten Messaufbau arbeite ich mit einer Präzisionswaage 
statt mit einer Druckmaschine, allerdings in die Messgenauigkeit der 
Präzisionswaage vernachlässigbar klein.

Ich möchte einfach nur gucken, ob durch den Einbau meiner Kraftmessdose 
die Messabweichung noch immer inerhalb der Genauigkeitsklasse der 
Kraftmessdose lieg (in %) oder eben nicht und wenn nicht, woran es 
liegen kann.
Ist dazu meine Vorgehensweise überhaupt richtig?
Ein anderer Kumple meinte mir, dass ich vielleicht Fehlerfortpflanzung 
anwendne könnte, ich sehe aber nicht, wie ich das da einbinden kann.

Sorry für den riesen Text und danke schon mal, falls jemand helfen kann.

PS: Das hier ist meine Kraftmessdose:
 https://www.me-systeme.de/shop/de/sensoren/kraftsensoren/km/km107

von Jens M. (schuchkleisser)


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Absoluter und Relativer Fehler des Messwandlers.

Der erste Wert ist sogar besser dran als der letzte.

von Space W. (space_w)


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Habe ich jetzt nicht ganz verstanden um ehrlich zu sein. Kannst du mir 
das genauer erklären bzw bzgl dem was ich geschrieben habe?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Fuer einen Messwert gegen Null geht der relative Fehler gegen Unendlich.

von Space W. (space_w)


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Joggel E. schrieb:
> Fuer einen Messwert gegen Null geht der relative Fehler gegen
> Unendlich.

Und?

von Jens M. (schuchkleisser)


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Wennd ein AD-Wandler 0,2 daneben liegt, ist das bei kleinen Werten viel, 
bei großen wenig.
Dein kleinstes Messergebnis ist näher am Sollwert als das größte, 
trotzdem hast du massiv hohe "falschprozente".
Dein Messergebnis ist also wie jedes andere Messgerät auch x % & +-y 
digits daneben, und du machst dir Sorgen um x, dabei ist y schon 
scheiße.
Das ist für Menschen intuitiv nicht zu erfassen, und du bist auch drauf 
reingefallen.

von Werner H. (werner45)


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Was ist eine Druckmaschine, und wenn ja, war die kalibriert?

Ich würde anders vorgehen: Gewichtsatz einer Analysenwaage und einer 
Balkenwaage, evtl. mit Präzisionswaage nachkontrollieren.
Auf die Dose alleine beispielsweise 10 g auflegen, messen, 20 mg dazu, 
messen, weitere 20 mg dazu, messen. Dann die Zusatzgewichte einzeln 
entfernen und jeweils messen. Die ersten Meßwerte sollten wieder 
erreicht werden.
Das Ganze in anderem Bereich um 100 g, 1kg oder so wiederholen.

Nun die Dose in die Mimik einbauen und die Prozedur wiederholen.

So kann man Lagerungsfehler, Hysterese, Slipstick usw. der 
Meßeinrichtung anhand weniger Meßwerte schnell ermitteln und die 
Lagerung optimieren.

von Space W. (space_w)


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Space W. schrieb:
> in einem Gehäuse verbaut mit einem Lager, einem
> Stößel etc, so dass man das ganze wie einen Stift halten kann. Mit
> diesem "Stift" kann der Anwender auf einen beliebigen Gegenstand drücke,
> z.B. auf die Haut oder auf den Tisch und das ganze soll dann die Kraft
> anzeigen, die über den Stößel auf die Kraftmessdose drückt.

Hallo, ich meinte damit eine Prüfmaschine für Werkstoffprüfungen (wie 
diese hier 
https://www.zwickroell.com/de-de/universalpruefmaschinen/proline) und 
ja, diese ist kalibriert.
Meine Frage: Mein Sensor weist eine Genauigkeitsklasse von 1% auf, der 
1. Messwert oben zeigt aber eine Abweichung von fast 5 % an. Kann ich 
diese Abwiechung mit der Genauigkeitsklasse vergleichen? Ich verstehe 
auch nicht wieso diese am Anfang so hoch ist und dann sehr niedrig wird.

von Harald W. (wilhelms)


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Space W. schrieb:

> Mein Sensor weist eine Genauigkeitsklasse von 1% auf, der
> 1. Messwert oben zeigt aber eine Abweichung von fast 5 % an. Kann ich
> diese Abwiechung mit der Genauigkeitsklasse vergleichen? Ich verstehe
> auch nicht wieso diese am Anfang so hoch ist und dann sehr niedrig wird.

Wie bereits gesagt: Beziehen sich diese 1% auf den Meßwert oder
auf den Endwert des gesamten Meßbereichs? Ausserdem könnte Dein
Meßaufbau, z.B. bei Kraftumlenkung durch Hebel oder schräge Ein-
leitung der Kraft zusätzliche Fehler bewirken.

von Space W. (space_w)


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Harald W. schrieb:
> Space W. schrieb:
>
>> Mein Sensor weist eine Genauigkeitsklasse von 1% auf, der
>> 1. Messwert oben zeigt aber eine Abweichung von fast 5 % an. Kann ich
>> diese Abwiechung mit der Genauigkeitsklasse vergleichen? Ich verstehe
>> auch nicht wieso diese am Anfang so hoch ist und dann sehr niedrig wird.
>
> Wie bereits gesagt: Beziehen sich diese 1% auf den Meßwert oder
> auf den Endwert des gesamten Meßbereichs? Ausserdem könnte Dein
> Meßaufbau, z.B. bei Kraftumlenkung durch Hebel oder schräge Ein-
> leitung der Kraft zusätzliche Fehler bewirken.

Hallo, ich weiß nicht worauf sich diese beziehen, das steht so im 
Datenblatt bzw. hier auf der Seite: 
https://www.me-systeme.de/shop/de/sensoren/kraftsensoren/km/km107

Wir haben das ganze so eingespannt, dass die Krafteinleitung exakt axial 
erfolgt, d.h. kein Hebel, keine Schräglage etc. Einfluss auf die 
Genauigkeit hat nur die Reibung im Gehäuse.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Space W. schrieb:
> Habe ich jetzt nicht ganz verstanden um ehrlich zu sein. Kannst du mir
> das genauer erklären bzw bzgl dem was ich geschrieben habe?
Du hast das Vorzeichen des Fehlers ignoriert. Und wenn du ihn nicht 
prozentual zum Sollwert, sondern absolut aufträgst, dann siehst du, dass 
du sowohl ein Offset- wie auch ein Verstärkungsproblem hast:
1
Gewichtskraft        Kraft aus 1. Trendlinie    Abweichung
2
 3,9201               4,1146                    +0,1945
3
14,8955              14,8767                    -0,0188
4
19,6102              19,4346                    -0,1756
5
32,2504              31,9359                    -0,3145
Bei 15 N wurde das Ding offenbar kalibriert und so der Offset 
herausgenommen. Oder es ist zufällig gerade dort genau...

Space W. schrieb:
> Ich verstehe auch nicht wieso diese am Anfang so hoch ist und dann sehr
> niedrig wird.
Ist ja gar nicht so: die Abweichung ist bei 32N am größten.

> der 1. Messwert oben zeigt aber eine Abweichung von fast 5 % an.
Wenn man Zahlen lang genug herumjongliert, dann kommt irgendwann schon 
das raus, was man haben will.

: Bearbeitet durch Moderator
von Space W. (space_w)


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Lothar M. schrieb:
> Space W. schrieb:
>> Habe ich jetzt nicht ganz verstanden um ehrlich zu sein. Kannst du mir
>> das genauer erklären bzw bzgl dem was ich geschrieben habe?
> Du hast das Vorzeichen des Fehlers ignoriert. Und wenn du ihn nicht
> prozentual zum Sollwert, sondern absolut aufträgst, dann siehst du, dass
> du sowohl ein Offset- wie auch ein Verstärkungsproblem
> hast:Gewichtskraft        Kraft aus 1. Trendlinie    Abweichung
>  3,9201               4,1146                    +0,1945
> 14,8955              14,8767                    -0,0188
> 19,6102              19,4346                    -0,1756
> 32,2504              31,9359                    -0,3145
> Bei 15 N wurde das Ding offenbar kalibriert und so der Offset
> herausgenommen. Oder es ist zufällig gerade dort genau...

Die Kalibrierung habe ich, wie oben beschrieben, mithilfe von mehreren 
Kräften durchgeführt. Also 5, 10, 15....45N. Aus diesen Kräften und den 
dazugehörigen Ausgangssignalen habe ich dann die Kalibrierungskurve 
gebildet. Dann habe ich bekannte Gewichte genommen, dafür auch die 
Ausgangssignale genommen (siehe Tabelle) und somit bin ich auf die 
Abweichungen gekommen. Wieso das jetzt genau bei 15N so ist, weiß ich 
nicht..

Sagen wir, meine Prüfmaschine weist ebenfalls eine Genauigkeit von 1% 
auf (wie mein Sensor). Müsste dann die zul. Gesamtabweichung 1% + 1% = 
2% sein?

von Harald W. (wilhelms)


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Space W. schrieb:

> Hallo, ich weiß nicht worauf sich diese beziehen, das steht so im
> Datenblatt bzw. hier auf der Seite:
> https://www.me-systeme.de/shop/de/sensoren/kraftsensoren/km/km107

Nun, im Datenblatt stehen ja auch einige Einflüsse, die die Meß-
genauigkeit zusätzlich beeinflussen. Ausserdem gibts ja auch eine
Telfonnummer, wo man noch mal nachfragen kann.

von Ansgar K. (malefiz)


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Wieviel Bit hat den dein Eingangssignal? Nicht das du durch Unwissenheit 
mit zu viel Kommastellen rechnest.

von Uwe W. (Firma: Bastelbär) (catweazle121)


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1) Solange du mit geführten „Stößelstangen“ arbeitest, wirst du immer 
entsprechende Abweichungen erhalten. Besser ist es, den Sensor direkt 
auf dem Messpunkt zu positionieren.
2) Die Sensoren haben fast generell einen Offset, welcher vor einer 
Messung zu relativieren (Tara/Nullpunkt) ist.
3) Das Gewicht des Stößels hast du berücksichtigt?
4) So ein Sensor fließt über die Zeit unter Last etwas. Das müsstest du 
sehen können.
5) Bei der Kalibrierung sind Vorlasten zu fahren, bevor es zur 
Kalibrierungsmessung geht.
6) Hast du die Hysterese, die aus der Belastungsrichtung resultiert 
beachtet? Es ist ein Unterschied, ob du zu oder abnehmende Kräfte 
applizierst.
7) Eine 1%-Kraftmessdose kannst du nicht mit einer anderen 1%-Dose 
kalibrieren.
8) Das 1ne % bezieht sich auf die Dose, nicht auf die Messkette!
9) Die Ankoppelung Stößel zu Kraftmessdose ist lose, zentriert und 
ballig ausgeführt?
10) Gleiches wie 9) gilt natürlich auch für die Ankoppelung des Stößels 
an dein Testobjekt oder die Kraftmessmaschine.
11) Selbst mit aufgestellten Gewichten wirst du Abweichungen erzielen, 
hier der Tip, die Gewichte so zu designen, daß sie sich selber 
auspendeln. Gerade bei kleinen Kräften ist das essentiell!

Du siehst, es gibt sehr viele Dinge, die man bei Kraftmessungen falsch 
machen kann. Versuche mal eine Messmittelfähigkeitsanalyse anzustellen, 
oder dich zumindest damit ansatzweise mal beschäftigen. Anschließend 
überdenke dein Anforderungsprofil an die Messung.

Viele Grüße

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