Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik EMV Vorbereitungen


von Harmonisierter Norman (Gast)


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Liebe Experten,

ich habe ein elektronisches Gerät für Forschungseinrichtungen (also 
Gewerbe) entwickelt, welches ich gerne verkaufen möchte. Dafür benötige 
ich ja neben WEEE (die Halsabschneider) und RoHS noch CE, welches sich 
in meinem Fall auf EMV beschränkt, da ich das externe Netzteil nicht 
mitverkaufen werde. Da ich vor dem ersten verkauften Gerät die Prüfungen 
sozusagen privat bezahlen muss, würde ich gerne die Kosten dafür gering 
halten. Daher würde mich dahingehend über ein paar Tips freuen, was ich 
alles schon im Vorfeld erledigen/beachten sollte, um alles möglichst 
reibungsfrei über die Bühne zu bekommen.

Bei der Entwicklung habe ich jedenfalls schon sehr viel Zeit in die 
Beseitigung potentieller EMV-Probleme gesteckt, d.h. bei der Platine, 
Alu-Gehäuse usw. Getestet habe ich mangels Equipment leider bisher 
nichts, es ist also nicht auszuschließen, dass es bei der Prüfung böse 
Überraschungen gibt. Kann man mit einfachen Methoden schonmal ein paar 
potentielle Probleme ausschließen? Ich habe jedenfalls außer einem 
Oszilloskop bisher keine Messgeräte.

Da das Netzteil nicht mitgeprüft wird, habe ich gelesen, sollte man ein 
möglichst störfreies anschließen. In meinem Fall müsste das das ein 
gebräuchliches 12VDC 1A Netzteil. Kann man davon ausgehen, dass die 
stinknormalen ~20€ Schaltnetzteile von Conrad o.Ä. dafür gut genug sind, 
oder sollte man höherwertige nehmen? Hat jemand eine konkrete 
Empfehlung?

Mein Gerät hat mehrere 50 Ohm BNC-Ausgänge, müssen/sollten die beim Test 
offen, direkt terminiert, oder irgendwo angeschlossen sein? Es ist auch 
ein Ethernet-Anschluss vorhanden, muss der betrieben werden?

Sollte man zu so einem Test außer dem Gerät noch irgendwas mitbringen, 
also Ersatzgeräte, Lötequipment, Ferrite o.Ä., um eventuell kurzfristig 
noch irgendwas beheben zu können? Das wird mir das Labor sicher dann 
auch sagen, aber vor allem Ersatzgeräte würden ziemlichen Vorlauf 
benötigen.

Ist es notwendig selber alle Richtlinien, nach denen geprüft wird, 
herauszusuchen, oder können einem die Labore das für einen geringen 
Preisaufschlag sagen? Ich vermute mal, dass sie sich gut damit 
auskennen, und die ganzen Dokumente dazu eh schon haben. Ich hatte mal 
angefangen mich in die EMV-Richtlinien einzulesen, was mich ziemlich an 
die Grenzen des Wahnsinns getrieben hat. Daher wäre mir das tatsächlich 
einen Aufpreis wert. Der Psychologe wäre andernfalls wahrscheinlich auch 
nicht billiger.

Gibt es sonst noch etwas, das ich beachten sollte?

von Michael B. (laberkopp)


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Harmonisierter Norman schrieb:
> Kann man davon ausgehen, dass die
> stinknormalen ~20€ Schaltnetzteile von Conrad o.Ä. dafür gut genug sind,
> oder sollte man höherwertige nehmen?

Du solltest eines nehmen, das es länger gibt und das einen Markennamen 
hat, z.B. Meanwell.
Gegen Störungen natürlich am besten ein konventionelles Trafonetzteil 
von Friwo.

Harmonisierter Norman schrieb:
> Ist es notwendig selber alle Richtlinien, nach denen geprüft wird,
> herauszusuchen, oder können einem die Labore das für einen geringen
> Preisaufschlag sagen?

Natürlich sagen das einem die Labore, aber ob der Preisaufschlag gering 
ist...
Schlau wäre es natürlich, vorher zu wissen, was man messen muss, und 
sich ein Labor auszusuchen, daß auch nicht so viel mehr messen kann, 
weil die dann eher biliger sein müssen, um überhaupt Kunden zu haben.

https://ce-lab.de/
http://www.reichl-emv.de/
https://nerdtronix.de/emv-pre-compliance
https://www.emtest.com/de/home.php
http://www.emc-test.de/
https://www.steep.de/portfolio/emv-service/
https://www.slg.de.com/home.html

von Harmonisierter Norman (Gast)


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Super, danke, das macht Sinn. Ich hatte gehofft, dass es für die ein 
Aufwand von 10 Minuten wäre die Normen zusammenzustellen. Aber 
vermutlich gibt es dafür einfach zu viele...

von ths (Gast)


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Alle Ein- und Ausgänge, die nicht gebraucht werden, so herrichten, dass 
nix kaputt gehen kann. Abdeckkappen aus Kunststoff, wo es nur geht.

Die Ausrüstung des Labors musst du erfragen, viele sind für Elektronik 
ungenügend eingerichtet.

Ohne Equipment kannst du nicht viel selbst testen. Evtl. sendendes 
Mobiltelefon in die Nähe halten, darf das Gerät nicht stören.

Ein erster Schritt wäre es, überhaupt ein vernünftiges Labor zu finden, 
das auch Beratungsleistungen anbietet und nicht nur stur nach Norm 
abprüft - das gibt es leider auch.

von Harmonisierter Norman (Gast)


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ths schrieb:
> Alle Ein- und Ausgänge, die nicht gebraucht werden, so herrichten, dass
> nix kaputt gehen kann. Abdeckkappen aus Kunststoff, wo es nur geht.

Wegen Surges, nehme ich an, oder? Müssen die Kappen dann später Teil des 
Geräts sein, also beiliegen?

von S. K. (hauspapa)


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Die fehlt offenbar Wissen und Erfahrung, das ist kein Problem kostet 
aber Geld. EMV Labore sind meist recht praktisch veranlagt. Die haben 
Normen, Lötstationen, Klappferrite, Nahfeldsonden usw. alles da. Wenn Du 
das brauchst, klingelt halt deren Kasse weil deine Belegung des 
Messplatzes + Messknecht lange dauert. Ist Lehrgeld, musst du durch. 
Stell dich darauf ein, geht nicht zu vermeiden. Vorher sprechen hilft 
wenigstens grobe Fehler zu vermeiden.

Harmonisierter Norman schrieb:
> Da das Netzteil nicht mitgeprüft wird, habe ich gelesen, sollte man ein
> möglichst störfreies anschließen.

Für alle Anschlüsse des Gerätes gilt: Sie müssen so geprüft werden 
müssen, das es der ungünstigsten Betriebsform entspricht. Sprich die 
erwarteten Störaussendungen auch wirklich vorhanden sind, Störfestigkeit 
auch wirklich geprüft wird.

Das schliesst auch das Netzteil ein, gilt aber für alle gleich. Da dein 
Gerät anzunehmenderweise an allen Netzteiltypen gleichviel Störungen 
produziert nimmst Du selbstverständlich ein linear geregeltes 
Labornetzteil für den Test, gerne auch hinter einem Trenntrafo und 
nichts was irgendwie taktet.

Einschränkend: Nicht jeder Betriebsfall ist sinnvoll prüfbar. Wenn ein 
Motor nur 1/10s zum hochlaufen braucht, ist die Beschleunigungsrampe 
hinsichtlich ihrer Aussendungen nicht kontrollierbar, dafür dauert ein 
Messzyklus viel zu lange. Eine Lampe die dauernd AN-Dimmer-AUS kann wird 
man aber immer im Dimmer Modus testen.

Ersatzmaterial: Kommt drauf an was Du vor hast. Messung der 
Störaussendungen muss dein Gerät so können, da geht nichts kaputt. Burst 
und Surge bleibt Dir mit externem Netzteil wohl erspart. ESD könnte noch 
was kaputt gehen, ist aber wenn du deine Hausaufgaben gemacht hast eher 
selten. Displays können da heikel sein. Immunität führt meist "nur" zu 
Fehlfunktionen wobei das natürlich sehr davon abhängt was genau dein 
Produkt ist.

viel Erfolg
hauspapa

von S. K. (hauspapa)


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Eine Anmeldung hier im Forum sei dir geraten.

von ths (Gast)


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Die Kappen müssen mitgeliefert werden. Ohne Kappen werden die KOntakte 
mit der Entladepistole gequält.

Lass dich beraten.

von H. N. (harmonisierternorman)


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ths schrieb:
> Die Kappen müssen mitgeliefert werden. Ohne Kappen werden die
> KOntakte
> mit der Entladepistole gequält.
>
> Lass dich beraten.

Ah, okay, dann kann ich ja mal vorsorglich welche mitnehmen und als 
Bestandteil deklarieren, wenn es mit ESD an den Anschlüssen Probleme 
geben sollte.

: Bearbeitet durch User
von H. N. (harmonisierternorman)


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S. K. schrieb:
> Ersatzmaterial: Kommt drauf an was Du vor hast. Messung der
> Störaussendungen muss dein Gerät so können, da geht nichts kaputt. Burst
> und Surge bleibt Dir mit externem Netzteil wohl erspart. ESD könnte noch
> was kaputt gehen, ist aber wenn du deine Hausaufgaben gemacht hast eher
> selten. Displays können da heikel sein. Immunität führt meist "nur" zu
> Fehlfunktionen wobei das natürlich sehr davon abhängt was genau dein
> Produkt ist.

Ein Display mit kapazitivem Touchscreen ist tatsächlich vorhanden.
Sollten die nicht wegen des Glases bzw. der Kunststoffabdeckung
geschützt sein? Die Ein- und Ausgänge sind jedenfalls alle zusätzlich
mit Überspannungsschutzdioden bestückt, ESD wird dann hoffentlich kein
Problem werden.

Vielen Dank schonmal für die ganzen Hinweise, das weiß ich sehr zu
schätzen. Es ist alles relativ unübersichtlich (und wird schnell teuer),
wenn man nicht aus dem Feld kommt.

: Bearbeitet durch User
von Zero V. (Firma: Freelancer) (gnd)


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Wenn du mehr Infos zu deinem Gerät lieferst, könnten wir dir besser 
helfen.

1) Mach dich vertraut welche Produktnormen, Grenzwerte anzuwenden sind.

2) Mach dich schlau wie man die Messung durchführt. Auch die Profis 
machen mal was falsch (hatte ich schon bei 2 EMV Laboren)

3) Analysiere mögliche Problemquellen und sei vorbereitet dort geeignete 
Maßnahmen anzuwenden.Z.B. bei einer 2lagigen Platine würde ich auch eine 
mit 4 Lagen erstellen und mitnehmen. Eine zweite Platine mit anderer 
Bestückung vorbereiten, etc.

4) Nehme alles mit.

: Bearbeitet durch User
von Nop (Gast)


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Harmonisierter Norman schrieb:

> Gibt es sonst noch etwas, das ich beachten sollte?

Falls dabei Software ist, die IOs schaltet: bei manchen Mikrocontrollern 
kann man die Flankensteilheit der Ausgänge per Software konfigurieren. 
Da ist es im Hinblick auf EMV manchmal ganz dankbar, wenn man die 
Flanken nur so steil einstellt wie wirklich nötig.

Eingebaute Funktionen zur Selbstdiagnose sind nicht nur bei EMV-Tests 
hilfreich.

von Bernd (Gast)


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Bei den EMV-Geschichten werden vier Aspekte betrachtet:
- leitungsgebundene Störaussendungen
- feldgebundene Störaussendungen
- leitungsgebundene Störimmunität
- feldgebundene Störimmunität

Die Störaussendungen sind aus meiner Sicht die wichtigeren, da dort 
Ärger von oben droht.

Harmonisierter Norman schrieb:
> ich habe ein elektronisches Gerät für Forschungseinrichtungen (also
> Gewerbe) entwickelt, welches ich gerne verkaufen möchte.
Das spräche für CISPR11/EN55011: Industrielle, wissenschaftliche und 
medizinische Geräte - Funkstörungen - Grenzwerte und Messverfahren

Ansonsten schau mal hier, welcher Standard sonst für dein Gerät 
zutreffen könnte:
https://www.tekbox.com/product/Which_standard_has_to_be_applied_for_my_product.pdf


> da ich das externe Netzteil nicht mitverkaufen werde.
Macht zwar keinen guten Eindruck, würde aber die Messung der 
leitungsgebundenen Störausstrahlung (150 kHz bis 30 MHz) ersparen, da 
dein Gerät nur indirekt an das Niederspannungs-Versorgungsnetz 
angeschlossen wird.

> Bei der Entwicklung habe ich jedenfalls schon sehr viel Zeit in die
> Beseitigung potentieller EMV-Probleme gesteckt, d.h. bei der Platine,
> Alu-Gehäuse usw.
Mit welchen Frequenzen wird denn intern gearbeitet?
Gehäuse sind tückisch, vor allem wenn Schlitze vorhanden sind.
Kommen Schaltregler zum Einsatz?
Wenn ja, sollten möglicherweise Ferrite/Filter eingesetzt werden, um die 
dort entstehenden HF-Störungen zu reduzieren.

> Kann man mit einfachen Methoden schonmal ein paar
> potentielle Probleme ausschließen? Ich habe jedenfalls außer einem
> Oszilloskop bisher keine Messgeräte.
Man kann sich z.B. mit einem kleinen Kondensator am Tastkopf eine 
Schnüffelsonde bauen. Damit kann man direkt über der Leiterplatte nach 
Störfrequenzen suchen. Es erlaubt aber m.E. keine genaue Pegelbewertung.
Genauer geht es mit spezifizierten Nahfeldsonden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nahfeldsonde

Tekbox hat (etwas versteckt) recht anschauliche Application Notes zum 
Thema:
https://www.tekbox.com/product/EMC_pre_compliance_testing.pdf


Manchmal werden Pakete angeboten, die einen Spektrumanalysator, 
Nahfeldsonden und die Freischaltung der speziellen EMI-Filter enthalten.
(Suchbegriffe: EMC set, EMI bundle, EMC bundle)

Wenn man häufiger vorhat Geräte für den freien Markt zu entwickeln, kann 
sich das aufgrund der reduzierten Besuche im EMV-Labor relativ schnell 
armotisieren.

von Mark S. (voltwide)


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Bernd schrieb:
> Wenn man häufiger vorhat Geräte für den freien Markt zu entwickeln, kann
> sich das aufgrund der reduzierten Besuche im EMV-Labor relativ schnell
> armotisieren.

Bei im Hause durchgeführten pre-compliance-Messungen ist zu 
unterscheiden zwischen den leitungsgebunden (<30Mhz) und den 
Feld-Störungen. HF-Schnüffelsonden mögen zwar zur Lokalisierung von 
Störquellen taugen, aber inwieweit deren Betrag für das Gesamtfeld 
relevant ist, zeigt sich doch erst bei der normgerechten Messung im 
Feld. Im Verlaufe meiner 20-jährigen EMV-Praxis ist es mir nie gelungen 
mit E- oder H-Feld SchnüffelSonden eine brauchbare Aussage über die 
tatsächliche EM-compliance im Frequenzbereich oberhalb 30MHz zu treffen. 
Und die Anschaffungskosten für konforme Feldmessungen 
(Absorptionskammper, Antennen, Sender und Empfänger) sprengen rasch den 
Rahmen des budgets.
Bei leitungsgebunden Störungen hat man durchaus eine Chance schon im 
Hause nahe der Norm zu messen. Eine normgerechte Netznachbildung, ein 
Spektrumanalyser und eine ESD Pistole als minimal-Ausstattung haben in 
meiner Praxis schon etliche Tage im Labor eingespart. Störfestigkeit war 
neben der Störaussendung eben auch immer ein Thema.

: Bearbeitet durch User
von AufArbeit (Gast)


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H. N. schrieb:
> ths schrieb:
>> Die Kappen müssen mitgeliefert werden. Ohne Kappen werden die
>> KOntakte
>> mit der Entladepistole gequält.
>>
>> Lass dich beraten.
>
> Ah, okay, dann kann ich ja mal vorsorglich welche mitnehmen und als
> Bestandteil deklarieren, wenn es mit ESD an den Anschlüssen Probleme
> geben sollte.

Wenn ein Anschluß außenrum aus Metall ist, das mit dem Gehäuse direkt 
verbunden ist, wird keine ESD Enladung gemacht, weil davon ausgegangen 
wird, dass erst der Metallkragen berührt wird.
Surge vermeidet man einfach, in dem man in die Doku reinschreibt, dass 
die Leitungen kürzer als 10m sein müssen. Geschirmte und und direkt mit 
dem (geerdeten) Gehäuse verbundene Leitungen (BNC, Ethernet) machen 
allerdings selten Ärger bei Surge.

von H. N. (harmonisierternorman)


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Nop schrieb:
> Falls dabei Software ist, die IOs schaltet: bei manchen Mikrocontrollern
> kann man die Flankensteilheit der Ausgänge per Software konfigurieren.
> Da ist es im Hinblick auf EMV manchmal ganz dankbar, wenn man die
> Flanken nur so steil einstellt wie wirklich nötig.

Das ist ein guter Tip, das werde ich machen. Hatte erstmal alles auf 
möglichst hohe Geschwindigkeit eingestellt, aber das werde ich mal nach 
und nach herunterstellen.

Bernd schrieb:
> Harmonisierter Norman schrieb:
>> ich habe ein elektronisches Gerät für Forschungseinrichtungen (also
>> Gewerbe) entwickelt, welches ich gerne verkaufen möchte.
> Das spräche für CISPR11/EN55011: Industrielle, wissenschaftliche und
> medizinische Geräte - Funkstörungen - Grenzwerte und Messverfahren
>
> Ansonsten schau mal hier, welcher Standard sonst für dein Gerät
> zutreffen könnte:
> 
https://www.tekbox.com/product/Which_standard_has_to_be_applied_for_my_product.pdf

Ah, super, das ist eine sehr schöne Übersicht!

Bernd schrieb:
>> da ich das externe Netzteil nicht mitverkaufen werde.
> Macht zwar keinen guten Eindruck, würde aber die Messung der
> leitungsgebundenen Störausstrahlung (150 kHz bis 30 MHz) ersparen, da
> dein Gerät nur indirekt an das Niederspannungs-Versorgungsnetz
> angeschlossen wird.

Das stimmt schon, aber bevor ich noch auf Niederspannungsrichtlinie 
prüfen muss...

Bernd schrieb:
>> Bei der Entwicklung habe ich jedenfalls schon sehr viel Zeit in die
>> Beseitigung potentieller EMV-Probleme gesteckt, d.h. bei der Platine,
>> Alu-Gehäuse usw.
> Mit welchen Frequenzen wird denn intern gearbeitet?
> Gehäuse sind tückisch, vor allem wenn Schlitze vorhanden sind.
> Kommen Schaltregler zum Einsatz?
> Wenn ja, sollten möglicherweise Ferrite/Filter eingesetzt werden, um die
> dort entstehenden HF-Störungen zu reduzieren.

Es sind Oszillatoren mit 25MHz eingebaut, die PLLs der Chips liegen bei 
50MHz, 200MHz und 400MHz. Außerdem gibt es noch einen Boost-Converter 
für ein Display bei 1MHz, der wahrscheinlich alles andere in den 
Schatten stellt. Er ist immerhin genau nach dem Layout im Datenblatt 
aufgebaut. Schlitze sind eigentlich nur minimal vorhanden, allerdings 
bietet das Display wahrscheinlich eine großes Leck, auch wenn die 
Rückseite aus einem Blech besteht. Ferrite (SMD) sind bisher nur an den 
analogen Spannungsversorgungen der Chips, falls vorhanden, sonst aber 
keine.

AufArbeit schrieb:
> Wenn ein Anschluß außenrum aus Metall ist, das mit dem Gehäuse direkt
> verbunden ist, wird keine ESD Enladung gemacht, weil davon ausgegangen
> wird, dass erst der Metallkragen berührt wird.

Das wäre natürlich toll, da dann quasi alle Anschlüsse wegfallen würden. 
Muss dann überhaupt noch ESD getestet werden, oder kann man den Test 
dann komplett wegargumentieren?

D. C. schrieb:
> 1) Mach dich vertraut welche Produktnormen, Grenzwerte anzuwenden sind.
>
> 2) Mach dich schlau wie man die Messung durchführt. Auch die Profis
> machen mal was falsch (hatte ich schon bei 2 EMV Laboren)

Wäre wohl besser. Dann muss ich mich wohl doch mal für ein Wochenende am 
Beuth-Infopoint festketten lassen.

von AufArbeit (Gast)


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H. N. schrieb:
> Das wäre natürlich toll, da dann quasi alle Anschlüsse wegfallen würden.
> Muss dann überhaupt noch ESD getestet werden, oder kann man den Test
> dann komplett wegargumentieren?

Natürlich muss direkte und indirekte Entladung auf Gehäuse und sonstige 
Teile am Gerät getestet werden. Mit Displays habe ich allerdings keine 
Erfahrung (gerade wenn die Touch-Dinge unterstützen). Könnte 
Fehlbdienungen auslösen, die nicht zum Absturz des Geräts führen dürfen 
(je nach Störkategorie).

von tnzs (Gast)


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Nach über 15 Jahren EMV kann ich sagen, dass man da schon viel Aspekte 
im Entwicklungsprozess berücksichtigt, entwicklungsbegleitend testet und 
trotzdem finden sich im Labor noch Probleme.. Wenn man meint mit einem 
"fertig entwickelten" Produkt nur noch "eben" die EMV Prüfung machen zu 
wollen - das wird meistens nix bzw. teuer.

Was mir beim beim Lesen des Threads so dazu einfällt:
- Netzteil hat CE. Alles toll. Sobald ein Produkt angeschlossen ist, 
überschreitet man Du die leitungsgeführten Grenzwerte....ja kommt auch 
bei Markennetzteilen vor.
- Display.. Oh, je nach Pixeltakt/Flakensteilheit und Art der Leitungen 
kann das prima vorn aus dem Display rauspfeifen. Ein Metalgehäuse ist da 
kein Garant für niedrige Abstrahlwerte.
- Quarze und Oszilatoren? Kann bei der Abstrahlung auch Probleme machen. 
Schmalbandig ist eh Mist und der Avg Wert sinkt nicht :-(
- Schonmal die Kiste an einen Burst Simulator angeschlossen?
- Touch und ESD?
- Die Empfehlungen in den Datenblättern sind nicht immer das ideale was 
EMV angeht.

Ich habe hier mittlerweile Equipment wie 
Burst-/Surgegenerator/Messempfänger/Netznachbildung/Verstärker/CDNs etc. 
stehen und kann da recht ruhig zum Test fahren. Da kann ich 
entwicklungsbegleitend viel machen und habe schon viele Laborstunden 
eingespart. Gerade wenn es um Abstrahlung  geht. Vieles ist da auch 
ausprobieren, jedes Gerät ist anders.
Mit Nahfeldsonden bin ich auch selten weitergekommen. Als erster Test 
nutze ich nur Burst. Wenn das EUT da vernümpftig arbeitet, kann man sich 
mit anderen Tests beschäftigen...

von H. N. (harmonisierternorman)


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tnzs schrieb:
> Was mir beim beim Lesen des Threads so dazu einfällt:

Ohje, das klingt ja alles etwas deprimierend. Dann wird es wohl doch 
noch deutlich komplizierter und teurer werden. :-(

tnzs schrieb:
> - Display.. Oh, je nach Pixeltakt/Flakensteilheit und Art der Leitungen
> kann das prima vorn aus dem Display rauspfeifen. Ein Metalgehäuse ist da
> kein Garant für niedrige Abstrahlwerte.

Meinst du die internen Leitungen des Displays? Das wäre jedenfalls ein 
ziemliches Problem. Die internen sind vom Prozessor zum Stecker ca. 6cm 
lang, alle direkt über der Massefläche. Das Kabel ist etwa 3cm lang. An 
beiden werde ich nicht viel machen können. Die 24-bit-Leitungen werden 
mit 8MHz betrieben, niedriger würde es flackern, die langsamst möglichen 
Flanken werde ich mal testen müssen.

tnzs schrieb:
> - Quarze und Oszilatoren? Kann bei der Abstrahlung auch Probleme machen.
> Schmalbandig ist eh Mist und der Avg Wert sinkt nicht :-(

Es sind drei 25MHz Oszillatoren (ECS-3225S) vorhanden. Ich habe extra 
für jeden Chip einen eingebaut, damit die Leitungen möglichst kurz 
gehalten werden können (je <5mm). Einen könnte ich davon durch einen 
internen Oszillator des Chips ersetzen.

tnzs schrieb:
> - Touch und ESD?

Ist das so ein Problem? Ich hätte erwartet, dass die Display-Module so 
konstruiert sind, dass sie sowas aushalten. Wäre natürlich seehr 
unschön, wenn sie das nicht tun.
Das Display: https://www.mouser.de/ProductDetail/891-MOPTFT48027243G
Generell bin ich davon schon ziemlich genervt, weil das Datenblatt 
unvollständig ist, für den Touch-Controller gibt es kein offiziell 
herunterladbares Datenblatt, und die Pinbelegung im Datenblatts stimmt 
nicht (!!!). Naja, ich werde es wohl darauf ankommen lassen müssen.

tnzs schrieb:
> - Die Empfehlungen in den Datenblättern sind nicht immer das ideale was
> EMV angeht.

Das ist wahr, ich habe allerdings auch versucht auch etwas mitzudenken. 
Kann natürlich sein, dass das kontraproduktiv war ;-)
Jedenfalls ist die Schaltschleife so klein wie es die Bauteile erlauben, 
und alles über der Massefläche.


Wie bekommen denn überhaupt die großen Unternehmen ihren ganzen Kram 
durch die Prüfungen? Die meisten kommerziellen Geräte haben doch 
nichtmal ein Metallgehäuse und die billigsten, unterdimensionierten 
Komponenten.

von Mark S. (voltwide)


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H. N. schrieb:
> Wie bekommen denn überhaupt die großen Unternehmen ihren ganzen Kram
> durch die Prüfungen? Die meisten kommerziellen Geräte haben doch
> nichtmal ein Metallgehäuse und die billigsten, unterdimensionierten
> Komponenten.

Multi-layer PCBs mit GND, 3V3, 1V8,1V2 - plane.
SMD Ferrite und Block-Kondensatoren an den richtigen Stellen.
Geschulte Layouter.
Erhoff Dir nicht allzuviel von einem Metallgehäuse - außer es ist 
HF-dicht.

von H. N. (harmonisierternorman)


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Mark S. schrieb:
> Multi-layer PCBs mit GND, 3V3, 1V8,1V2 - plane.
> SMD Ferrite und Block-Kondensatoren an den richtigen Stellen.
> Geschulte Layouter.
> Erhoff Dir nicht allzuviel von einem Metallgehäuse - außer es ist
> HF-dicht.

Layout ist Vierlagig, ich habe mich ziemlich bemüht, dass alle Signale 
sauber über die Ground-Bezugsebene laufen. Kondensatoren habe ich an 
jedem Versorgungspin in <5mm 100nF und 1uF, etwas mehr als von den 
Chipherstellern vorgeschlagen. Das Gehäuse (MultipacPRO von Schroff) 
soll 20dB bei 2GHz abschwächen, da gäbe es allerdings noch einen 
EMV-Dichtsatz. Ich habe leider keine Vorstellung ob das Notwendig ist.

von GEKU (Gast)


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Bei machen Prozessoren und FPGA'S kann die Flankensteilheit der Ausgänge 
reduziert werden. Auch das Spektrum des Systemtaktes kann geformt 
werden.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ein Alugehaeuse ist, naja, ... man muss beachten, dass ein Eloxiertes 
nicht leitet. Es gibt chromatierte, bei welchen die Oberflaeche leitet, 
und dann benoetigt man den HF Dichtsatz, mit Lippen, und Schnueren.
Ein Display ist auch immer ein Problem. Weil die Glasoberflaeche 
durchlaesst. Und zwar rein wie raus. Die HF Richtlinie geht bis 3GHz, 
entsprechend 10cm Wellenlaenge. Bedeutet die Welle kommt sehr gut rein 
und raus.

Also sind 4 Lager nicht - schon auf der guten Seite - sondern erst ein 
Anfang. Ein 3cm langer Draht ist schon eine gute Antenne. Bedeutet die 
displayleitungen muessen abgeblockt und gefiltert werden, bedeutet, man 
nimmt deren Datenrate moeglichst runter. ich empfehle die 0603 Ferrite 
mit 600 Ohm bei 100MHz als ersten Anfang.

Und ja, die EMV Anforderungen sollen ab Beginn der Entwicklung beachtet 
werden, nachher wird nichts mehr.

von H. N. (harmonisierternorman)


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Joggel E. schrieb:
> Also sind 4 Lager nicht - schon auf der guten Seite - sondern erst ein
> Anfang. Ein 3cm langer Draht ist schon eine gute Antenne. Bedeutet die
> displayleitungen muessen abgeblockt und gefiltert werden, bedeutet, man
> nimmt deren Datenrate moeglichst runter. ich empfehle die 0603 Ferrite
> mit 600 Ohm bei 100MHz als ersten Anfang.

Die Ferrite führen doch nur dazu, die Flankensteilheit zu begrenzen umd 
eventuell externe Störungen zu filtern. Ist es da nicht ausreichend im 
Chip (STM32H7) die niedrigstmögliche Flankensteilheit einzustellen? Ich 
habe bisher in keinem Referenzlayout Ferrite an den 24 Leitungen 
gesehen, scheren die sich einfach nur nicht um EMV? Naja, 24 Ferrite 
zusätzlich einzubauen sollte kein Problem sein.

Joggel E. schrieb:
> Und ja, die EMV Anforderungen sollen ab Beginn der Entwicklung beachtet
> werden, nachher wird nichts mehr.

In der Hinsicht habe ich versucht mich in das Thema einzuarbeiten und 
alles nach meinem bestem Wissen zu berücksichtigt. Es gibt aber offenbar 
immer noch Punkte, bei denen mir das Ausmaß an potentiellen Problemen 
noch nicht bewusst war. Das lässt sich aber ja alles im Vorfeld der 
Prüfung noch beheben. Es ist einfach schwierig wenn man unerfahren ist 
und nicht messen kann.

von Mark S. (voltwide)


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Joggel E. schrieb:
> Die HF Richtlinie geht bis 3GHz,

nö, die geht bis 300GHz

von Mark S. (voltwide)


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Joggel E. schrieb:
> Die HF Richtlinie geht bis 3GHz,

nö, die geht bis 300GHz

H. N. schrieb:
> Es ist einfach schwierig wenn man unerfahren ist
> und nicht messen kann.

So ist es. Wirklich lernen wirst Du erst im Labor.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Nein, die Ferrite benoetigst du gegen auch eingekoppelte Stoerungen. 
Wenn der Draht dann eben ploetzlich 600 Ohm hat kommt weniger durch, 
resp der Kondensator with effektiver.

von Macher (Gast)


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Pandur S. schrieb:
> ich empfehle die 0603 Ferrite
> mit 600 Ohm bei 100MHz als ersten Anfang.

Ganz gefährliches Eisen. Geht ganz schnell in Resonanz auf 
Datenleitungen bei falscher Bauteilauswahl ohne Last. Widerstände am 
Treiber sind da die bessere Wahl. Wenn das nicht reicht: Widerstand und 
Ferrit in Reihe. Auf Datenleitungen immer abwechselnd Datenleitung und 
Masse legen bei HF-Signalen, das bringt viel. Grundsätzlich ist 
Masseplane das wichtigste im Design. ESD reicht eine normale 
bidirectionale TVS-Diode. Surge sind da schon unangenehmer. Lange 
Datenleitungen galvanisch trennen. Ferrite sind in Lastleitungen z.B. am 
Oszillator oder Mirkocontroller an der Störquelle auch ein guter Start, 
kann man dann entspannt nullen und so verschiedene Prüflinge aufziehen. 
Mich würde eine anständige, günstige Netznachbildung mit BNC Abgriff 
interessieren für Leitungsgebundene Störaussendungen.

von Sigma (Gast)


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Macher schrieb:
> Grundsätzlich ist
> Masseplane das wichtigste im Design.

Da muss man aber auch gründlich aufpassen dass man sich keine 
Erdschleife einbaut.

von Macher (Gast)


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Sigma schrieb:
> Da muss man aber auch gründlich aufpassen dass man sich keine
> Erdschleife einbaut.

Nenn mal ein Beispiel wie man das auf einem PCB hinbekommt.

von Max M. (Gast)


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Macher schrieb:
> Grundsätzlich ist
> Masseplane das wichtigste im Design.

Grundsätzlich ist es für EMV das Wichtigste seine Störer zu kennen, 
Signale nicht schneller zu machen als sie sein müssen, Störungen dort zu 
bekämpfen wo sie entstehen, sie an der Ausbreitung zu hindern und 
Maßnahmen entsprechend des Störspektrums zu verwenden.

Eine Massefläche falsch eingesetzt kann alles schlimmer machen.
Richtig verwendet vieles besser.
Ohne zu verstehen wie welche Störungsart entsteht und wie EMV gerechtes 
Layout aussieht, gibt es keine richtige Antwort.
Eine schlechte Schaltung kann auch das beste Layout nicht gesundbeten.
Ein DCDC Wandler hat andere Probleme als ein high speed Bus.
Pauschale Antworten sind zuverlässig pauschal falsch.

Aber der TO hat sein Problem wohl schon vor Jahren gelöst.

von Manuel H. (manu77)


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Max M. schrieb:
> Grundsätzlich ist es für EMV das Wichtigste seine Störer zu kennen,
> Signale nicht schneller zu machen als sie sein müssen, Störungen dort zu
> bekämpfen wo sie entstehen, sie an der Ausbreitung zu hindern und
> Maßnahmen entsprechend des Störspektrums zu verwenden.
>
> Eine Massefläche falsch eingesetzt kann alles schlimmer machen.
> Richtig verwendet vieles besser.
> Ohne zu verstehen wie welche Störungsart entsteht und wie EMV gerechtes
> Layout aussieht, gibt es keine richtige Antwort.
> Eine schlechte Schaltung kann auch das beste Layout nicht gesundbeten.
> Ein DCDC Wandler hat andere Probleme als ein high speed Bus.
> Pauschale Antworten sind zuverlässig pauschal falsch.

Da geb ich dir grundsätzlich Recht. Rein physikalisch gilt, dass eine 
Leiterbahn, die nicht vom Bezugspotential umgeben ist immer mehr 
strahlt, als eine die eingekesselt liegt. Erdschleifen kenne ich nur von 
nicht galvanisch getrennten BUS-Systemen über längere Strecken oder 
Analogtechnik auf dem Kopf. Nicht aber auf einer Leiterplatte.

von Christian M. (likeme)


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@T0:
Ein wenig aus der Praxis: Wenn einem ein Steuergerät zum "EMV Testen" 
ohne weitere technische Unterstützung auf den Tisch gelegt wird dauert 
es erst mal ziemlich lange bis man das und dessen Funktionsumfang 
durchschaut hat (kostet Halsabschneiderzeit)... Gibt es bei dir 
verschiedene Testmodes zu testen oder säuselt das Gerät immer gleich vor 
sich hin?

: Bearbeitet durch User
von Walter T. (nicolas)


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Sollte alles glattgelaufen sein, hat der TO sein Gerät vor 3 Jahren 
erfolgreich getestet.

von Jan (Gast)


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Oh oh oh, oh - Das wird teuer

Solange dein Gerät nicht Funkt werden die schon erwähnten Punkte 
abgetestet

- leitungsgebundene Störaussendungen
- feldgebundene Störaussendungen
- leitungsgebundene Störimmunität
- feldgebundene Störimmunität
- ESD

feldgebundene Störaussendungen

Dein Gerät muss so tun, als würde es arbeiten. Möglichst alle 
Schnittstellen bediene und irgendwelche Pseudodaten aussenden. Display 
gerne zyklisch beschreieben. Einfach möglichst viel Stress machen, so 
wie es nachher auch im Feld vorkommen würde. Dann kommt dein Gerät in 
eine Messkammer und wir per Drehteller bewegt. Gemessen wir zum Beispiel 
von 30 MHz bis 6 GHz. Dauert pro Test so ungefähr 6 Stunden. Mit Aufbau 
und Auswertung ist da schnell der erste Tag rum, wenn alles auf Anhieb 
klappt. Die BNC Buchen würde ich direkt Terminieren. Netzwerkkabel kurz 
und abschließen. Ordentlich geschirmtes Verwenden. Netzteil kommt 
außerhalb der Kammer und kann ein Labornetzteil sein.

leitungsgebundene Störaussendungen

Gleiches Spiel bezüglich Betriebmodi. Andere Messmethode. Braucht gute 4 
Stunden.

leitungsgebundene Störimmunität

Dafür braucht das Labor ein Kriterium, ab wann dein Gerät nicht mehr 
richtig funktioniert. Wir machen sowas über Bit Error Rate Messungen auf 
den Schnittstellen, im Hintergrund laufenden Überwachungsroutinenen, 
etc. Also mittels Spezialsoftware und logging Funktionen, die sonst 
deaktiviert sind. Du musst bedenken, der Betreuer im Labor hat keine 
Ahnung von deiner magischen schwarzen Kiste. Daher muss das System für 
DAUs zu nutzen sein.
Hier kann man auch tricksen. Kabel unter 3 Metern werden nicht 
berücksichtig. Wenn du im Handbuch angibst, dass das Kabel x-y nicht 
länger als 2,99 Meter sein darf, wird die entsprechende Schnittstelle 
nicht getestet. Der Test geht etwas schneller. Meist so um die 2 Stunden 
pro Durchlauf.

eldgebundene Störimmunität
Gleiches Spiel wie bei der Kabelgebundenen Variante, nur wieder in 
Schirmkammer und auf Drehteller. Auch dort brauchst du eine Erkennung 
des Fehlerzustandes. Idealerweise kannst du irgendwie einen Bezug zur 
Sendefrequenz herstellen. Zeitstempel, etc. Je nach Norm wird dein Gerät 
zum Beispiel mit 10 V / m beaufschlagt und wieder der Frequenzbereich 
von 30 MHz bis 6 GHz abgetestet. Das dann in 90° Schritten und für 
Vertikale und Horizontale Polirisation. Dauert dann auch wieder einen 
ganzen Tag.

Somit braucht du mindestens 3 Tage im Labor, wenn alles gut Vorbereitet 
ist und auf anhieb läuft. Da du das zum ersten mal machst, würde ich 
micht auf rege Diskussionen und 5 Tage einstellen. Ich würde sogar etwas 
mehr Geld in die Hand nehmen und sich vorher einmal ordentlich beraten 
lassen. Ist immer noch günstiger, als die Messungen abzubrechen und 
wiederkommen zu müssen.

von Fragender (Gast)


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Mach doch einfach ein Praktikum im EMV Labor dann darfst du das sicher 
auch mal testen und hast Zeit zum optimieren. Günstiger wird es nicht 
gehen.

von Uwe M. (uwe_mettmann)


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@ H. N.

Die offizielle EMV-Normenliste, in der du nachschauen kannst, in welche 
Norm dein Produkt fällt, findest du hier:
https://ec.europa.eu/docsroom/documents/37903

Dein Gerät ist für Labore. Vermutlich ist dein Gerät somit auch ein 
Laborgerät und fällt in dem Fall vermutlich unter die EN 61326-1.

Wichtig, bei Medizingeräte und ebenso bei Produkten mit Funk gelten 
andere Richtlinien.

EMV-Maßnahmen im Gerät (z.B. SMD-Ferrite oder Blockkondensatoren) sollte 
man im Layout vorsehen. Die Bauteile brauchen ja nicht bestückt werden, 
bzw. werden durch 0 Ohm Widerstände ersetzt. Gibt es ein EMV-Problem, 
können ruckzuck EMV-Maßnahmen nachgerüstet werden und es bedarf auch 
keine nachträglichen Änderungen des Platinenlayouts.

Sind alle an das Gerät angeschlossene Leitungen kürzer als 3 m, so 
fallen viele EMV-Prüfungen weg.

Normen sind teuer, dennoch solltest du dir die EMV-Norm für dein Produkt 
anschaffen.

Ich würde als ersten Schritt nur die gestrahlte Emission deines Gerätes 
in einem EMV-Labor prüfen. Wenn die Aussendung zu hoch ist, kannst du 
recht leicht im Labor rausbekommen, ob eine Leitung dies verursacht, 
indem du die entsprechende Leitung abziehst, oder mit einer 
Absorberzange versiehst. Solche Absorberzangen sind im EMV-Labor 
vorhanden (z.B. MDS21).

Bereite EMV-Maßnahmen vor. Alles was du basteln musst, weil es nicht 
vorbereitet ist, kostet im EMV-Labor Zeit und somit richtig Geld. 
Besorge dir also auch einen Gehäusedichtungssatz. Sollte also das 
normale Gehäuse nicht ausreichen, lässt sich der Dichtungssatz im 
EMV-Labor vor Ort nachrüsten.

Vorne wurde dir Reichl-EMV genannt. Ich kenne Günter Reichl. Die 
Erfahrungen liegen aber schon 15 Jahre zurück. Günter Reichl hat damals 
bei mir den Eindruck hinterlassen, dass sein Fokus darauf liegt, mit dem 
Kunden zusammen das Produkt EMV gerecht hinzubekommen, also konnte der 
Kunde von seinem Wissen profitieren. Das ist nicht in allen Laboren so. 
Wenn du also in der Nähe von Berlin ansässig bist und Günter Reichl 
immer noch selbst sich um alles kümmert, kannst du dich ja mal als 
Reichl-EMV wenden. Ich vermute, das Labor ist auch nicht so teuer, eben 
auch, weil das Labor nicht akkreditiert ist. Um aber das Gerät EMV 
gerecht zu bekommen, ist das Labor trotzdem ein guter Ansprechpartner. 
Die endgültigen EMV-Prüfungen lässt du dann eventuell in einem anderen 
akkreditierten Labor durchführen. Da aber keine Probleme zu erwarten 
sind, fallen die teuren Ehrenrunden weg.


Gruß

Uwe

von Walter T. (nicolas)


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Sollte alles glattgelaufen sein, hat der TO sein Gerät vor 3 Jahren
erfolgreich getestet. Sollte alles schiefgelaufen sein, vor 2 Jahren.

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