Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensatoren an OPV platzieren


von Gustl B. (-gb-)


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Hallo,
ich bin gerade an einem Layout und muss natürlich die 
Abblockkondensatoren platzieren. Dazu habe ich mir das Layout von der 
EB-O8RE-1Z Platine angeguckt. Die stammt von AD und ist dazu da 
verschiedene OPVs zu testen. Es sind verschiedene Kondensatoren 
vorgesehen:
Keramik 0402, Keramik 0508 und Elektrolyt 2917/D (7,3 mm × 4,3 mm ).

Hier der Userguide mit Bildern:
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/user-guides/UG-135.pdf 
Ich habe auch eines der Bilder hier in den Anhang getan.

Man sieht schön C8 und C9 sind die 0402, C6 und C5 die 0508 und C3 und 
C4 die 2917 Kondensatoren.
Der OPV hat die Versorgungspins 4 (unten links) und 7 (der zweite von 
oben rechts).

Wieso wurde dieses Layout so gewählt? Das sieht zwar schick symmetrisch 
aus, aber C6 und C9 hätte man deutlich näher am Pin 4 platzieren können.

Oder sind diese Abstände egal?

Danke!

Edit:
Wenn man sich die Vias anguckt, dass sind sowohl +VS als auch -VS mit 
vielen Vias an die Versorgungslage angebunden. Wenn ich mir da einen 
Strompfad denke, dann geht der bei -VS kaum über die Kondensatoren, da 
Vias deutlich näher am OPV Anschluss sitzen.

Ich hätte ja auch eine solche Fläche mit Kondensatoren nach Masse 
gemacht, aber ich hätte diese Fläche über einen Ferrit an die Versorgung 
angeschlossen, und zwar so, dass der Strom an möglichst allen 
Kondensatoren vorbeikommt. Auch davon ist ein Bild im Anhang. Statt der 
großen Elkos hätte ich Tantal in 0805 verwendet. Ist das OK oder sollte 
ich Elko nehmen?

Edit2:
Was ich mal sehr cool fände wäre Folgendes:
Einer oder mehrere alten Hasen/Profis bauen etwas, von Schaltplan bis 
zum Produkt. Und dabei erklären und begründen sie jede Entscheidung. Ich 
vermute, dass da sehr viel Erfahrungswissen dabei ist und aber auch, 
dass viele Dinge egal sind. Wie hier vielleicht wo die Kondensatoren 
genau sitzen.
Aber diesen Entscheidungsprozess kann ich in vielen Appnotes nicht 
sehen. Da ist wie hier eben eine Platine, AD wird sich schon etwas bei 
gedacht haben, aber was genau bleibt für mich unklar.
Also wenn jemand einen Youtubekanal macht (wobei ich ein Forum noch 
besser fände, ein Unterforum zu jedem Produkt und dann viele Threads in 
denen jeweils eine Designentscheidung diskutiert wird) und da Dinge baut 
und erklärt, dann zahle ich gerne über Patreon.

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Gustl B. schrieb:
> Was ich mal sehr cool fände wäre Folgendes:
> Einer oder mehrere alten Hasen/Profis bauen etwas, von Schaltplan bis
> zum Produkt. Und dabei erklären und begründen sie jede Entscheidung

Na ja, dss endet wie jede Basteleivorstellung hier: dann kommen die 
ewigen Hartzer aus ihren Löchern und kritikeln an jeder Sache rum, die 
die natürlich viel besser gekonnt hätten, aber zur Wahrung ihrer 
Geheimnisse hier nie vorzeigen werden.
Das tut sich keiner an.

von MaWin (Gast)


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von Gustl B. (gustl_b)


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OK, Danke! Ich habe jetzt mehrere OPV Datenblätter durch und habe da 
auch was gefunden.

https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD8045.pdf

Die Cs sollen also möglichst nahe an den Pins des OPV sitzen, aber die 
sollen auch möglichst gleich weit von der Last entfernt sein.
Ja dann passt das Layout von AD.

von Gustl B. (gustl_b)


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Nachfragen:
Sollte der Strom aus der Versorgung über die Kondensatoren zum IC Pin 
fließen?
Es geht jetzt drum wo ich die Vias zur Versorgungslage setze. In dem AD 
Layout sind Vias näher am IC Pin als die Kondensatoren. Ich würde das 
vermeiden nachdem was ich über Abblockkondensatoren bisher gelernt habe.

Und dann ist noch die Frage wie ich das Polygon auf Top mit den 
Kondensatoren an die Versorgungslage anbinde.
Das könnte ich mit vielen Vias machen, also niedrige Impedanz. Aber ich 
könnte auch einen Ferrit dazwischen setzen.
Weil die Versorgung ja möglichst frei von Störungen sein sollte tendiere 
ich zum Ferrit oder einem kleinen Widerstand.

von Gustl B. (-gb-)


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So wie im Anhang würde ich das machen, also Ferrit oder kleiner 
Widerstand zur Versorgung und die Polygone so, dass der Strom 
einigermaßen über die Kondensatoren führt.

Wenn ich mir das Bildchen von AD zum OPV angucke, dass sieht das aber so 
aus, als wären die Versorgungen und die Pfade für die Kondensatoren 
getrennte Angelegenheiten. Da sind also keine Abblockkondensatoren 
gezeichnet. Soll ich das auch trennen?
Also die Kondensatoren in Richtung Last und nochmal zusätzlich 
Kondensatoren an den Versorgungspins zum Abblocken?

von Harlekin (Gast)


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Gustl B. schrieb:
> Und dann ist noch die Frage wie ich das Polygon auf Top mit den
> Kondensatoren an die Versorgungslage anbinde.
> Das könnte ich mit vielen Vias machen, also niedrige Impedanz. Aber ich
> könnte auch einen Ferrit dazwischen setzen.

Da würde ich viele Vias einsetzen. Dann helfen die Versorgungslagen als 
Stützkondensatoren.
"The use of vias should be minimized in the direct path to the amplifier 
power supply pins since vias can introduce parasitic inductance, which 
can lead to instability. When required, use multiple large diameter vias 
because this lowers the equivalent parasitic inductance." Seite 22

Anordnung der Stützkondensatoren:
"Starting directly at the power supply pins, the smallest value and 
sized component should be placed on the same side of the board as the 
amplifier, and as close as possible to the amplifier, and connected to 
the ground plane. This process should be repeated for the next larger 
value capacitor." Seite 22

Den Rsnub (hier nächster Widerstand im Signalpfad) möglichst nahe am 
Ausgang platzieren. "DRIVING CAPACITIVE LOADS ... The AD8045 output can 
drive 18 pF ..." Seite 23
"Excessive stray capacitance on the output also forms a pole, which 
degrades phase margin." Seite 22

Zitate von
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD8045.pdf

von Gustl B. (-gb-)


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Ja, da steht aber auch:
"Placement of the capacitor returns (grounds), where the capacitorsenter 
into the ground plane, is also important. Returning the capacitors 
grounds close to the amplifier load is critical for distortion 
performance. Keeping the capacitors distance short, but equal from the 
load, is optimal for performance."

Wenn ich mich an das von dir zitierte halte, dann sitzen die Cs nahe an 
den Pins und deren Masseanbindungen sind unterschiedlich weit von der 
Last entfernt. Wenn ich mich an das halte was ich jetzt zitiert habe, 
dann sitzen die Cs bei der negativen Versorgung etwas weg vom Pin, eben 
so wie in meinem letzten Layout.

Aber gut, ich kann das ja alles ausprobieren. Es kommt also auf die 
Platine einmal mit vielen Vias zur Versorgungslage und einmal mit 
Ferrit. Die Position der Cs werde ich nicht variieren auf der Platine, 
da bräuchte ich sonst mehrere Platinen, das würde aufwändig und auch 
etwas teuer.

Der hier als R_snub bezeichneten Widerstand werde ich noch näher an den 
Pin schieben.

von Bernd (Gast)


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Wie schnell schaltet denn Dein OPV bzw. wie schnell kann oder soll er 
schalten?

Die Schaltleistung holt er sich aus der Versorgung. Und wenn die mau 
ist, wird das Ergebnis entsprechend schlecht ausfallen.

Zum einen spielt die Induktivität eine Rolle (PCB: ca. 1,2 nH/mm 
Leitungslänge) und zum anderen die Impedanz der Kondensatoren.
Die kleineren Kapazitätswerte haben höhere Resonanzfrequenzen und 
sollten daher auch näher am Schalter positioniert werden.

Im Anhang mal eine Grafik zum Thema.

Du kannst ja bei der fertigen Platine die Kondensatoren nur schrittweise 
bestücken und zwischenzeitlich messen. Gut dürfte man den Effekt mit 
einer hochohmigen und niederkapazitiven FET-Probe (active probe) am Oszi 
sehen.

von Helmut S. (helmuts)


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> Im Anhang mal eine Grafik zum Thema.
In der Grafik werden Äpfel mit Birnen verglichen. Dort hat z. B. der 
100nF SMD-Kondensator 10nH Serieninduktivität und der 1nF hat 0.3nH. Es 
sgibt keinen 100nF SMD-Kondnesator mit 10nH Serieninduktivität. In 
0603-Bauform haben die SMD-Kondnesatoren ca. 1nH Serieninduktivität, 
egal ob man da jetzt 100nF oder 1nF nimmt. Deshalb müssten die SMD-Cs in 
dem Plot alle ca. 6Ohm Impedanz bei 1GHz zeigen. Hinzukommt natürlich 
noch die Zuleitungsinduktivität auf der Leiterplatte.

von Harlekin (Gast)


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Zur Reduktion der Streukapazität würde ich unter den blau markierten 
Bereichen den Innenlayer entfernen. Lässt sich die hellblau markierte 
Leiterbahn am Pin 1 verkürzen? Denn deren Streukapazität hängt ebenfalls 
am Ausgang und reduziert die Phasenreserve. Einfluss siehe Seite 12 
"Figure 37. Small Signal Transient Response with Capacitive Load"


Am V+ würde ich die Plätze der beiden C vertauschen. Das kleinere C 
näher am Pin (violett eingezeichnet).

von Gustl B. (-gb-)


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Vielen Dank! Habe die Änderungen teilweise übernommen. Der ADC hat ja 4 
Eingänge, also möchte ich unterschiedliche Beschaltungen und Layouts 
testen. Natürlich würde ich gerne mahr als nur 4 verschiedene Dinge 
testen, aber da ist jetzt eben so.

Ich habe jetzt Ferrit, viele Vias nach Masse, mit LC Filter, ohne LC 
Filter unterschiedliche Reihenfolge der Cs. Und dann natürlich noch den 
schönen Takt. Mit Bestückungsoption für verschiendene Oszillatoren. 
Ausserdem kann ich als Bestückungsoption entweder #CNV_enable und SCK 
auf der Platine erzeugen oder von aussen über den Digitalisolator 
einspeisen.

Jetzt gucke ich noch nach Fehlern und danach wird bestellt.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Helmut S. schrieb:
> In der Grafik werden Äpfel mit Birnen verglichen. Dort hat z. B. der
> 100nF SMD-Kondensator 10nH Serieninduktivität und der 1nF hat 0.3nH. Es
> sgibt keinen 100nF SMD-Kondnesator mit 10nH Serieninduktivität.

Ich glaube, die Kurve die Du meinst, inkludiert die Zuleitungen (in der 
Legende steht "mit 2×12 mm Zuleitungen"). Die Kurve "ohne Zuleitungen" 
kommt aber ungefähr für übliche 100 nF Keramikkondensatoren hin.

Anbei mal eine Messung, die ich gerade schnell an einem 100 nF 
Keramikkondensator in der Bauform 0805 gemacht habe (ich glaube der ist 
von Samsung). Die Bezugsebenen der Messung liegen an den äußeren Rändern 
der SMD-Pads und beinhalten somit keine Zuleitungen. Die Resonanz ist 
bei gut 13 MHz; zu höheren Frequenzen verhält er sich etwas gutmütiger 
als im Bild von Würth. Zum Vergleich auch nochmal eine ideale 
LC-Reihenschaltung mit gleicher Resonanzfrequenz.

von svedisk ficklampa (Gast)


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> Die Resonanz ist bei gut 13 MHz

Hmm, da muss etwas faul sein.

13 MHz erhaelt man, zumindest ungefaehr, wenn man eine ganz
normale keramische Scheibe (47 nF) mit ihren Anschlussdraehten
(ca. 40 mm) zu einem Schwingkreis zusammenloetet und das ganze
dann mal an einen Dipper haelt.

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Mach doch mal ein Foto vom Aufbau.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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svedisk ficklampa schrieb:
> Mach doch mal ein Foto vom Aufbau.

Der Kondensator sitzt auf so einer Test Fixture:

https://www.mariohellmich.de/projects/trl-cal/img/trl-fixture.jpg

Der VNA ist mit TRL und TRM-Extension so kalibriert, dass die 
Bezugsebenen direkt an den SMD Pads liegen.

> Hmm, da muss etwas faul sein.

Um die 10 MHz Eigenresonanzfrequenz und 1 nH Serieninduktivität sind 
aber nicht ungewöhnlich für einen 100 nF-Keramikkondensator in 0805. 
Siehe auch hier, Figure 4 und Table 1:

https://www.avx.com/docs/techinfo/CeramicCapacitors/parasitc.pdf

von svedisk ficklampa (Gast)


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Ich seh gerade, ich meine die Parallelresonanz.

Ich messe immer die Dämpfung vom Bauteil in die Schaltung hinein.
Da wäre dann wohl bei 13 MHz das Maximum.

Bei der Parallelresonanz wäre dort ein Minimum :-).

von Bernd (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Es gibt keinen 100nF SMD-Kondnesator mit 10nH Serieninduktivität.
...
> Hinzukommt natürlich
> noch die Zuleitungsinduktivität auf der Leiterplatte.
Die sind nach meinem Verständnis dort mit dargestellt.

Meine Messungen mit 100 nF (1x THT, 1x SMD) direkt am Ausgang eines VNA 
bringen vergleichbare Ergebnisse.


Mario H. schrieb:
> Der Kondensator sitzt auf so einer Test Fixture:
Danke. Ist gleich auf meine TODO-Liste gewandert...

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