Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Dilemma: Große Kondensatoren beinhalten große Zerstörungskraft


von Newby (Gast)


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Hallo Leute,

Ich habe ein mittelgroßes/großes Problem bei folgender Fragestellung und 
suche einen "Mittelweg".

Wenn man "Leistungselektronik" (DC: Netzteile, Motorregler, ...) 
einsetzt, die potentiell kabelgebundene Störungen in das Speisnetz 
rückspeist (durch pulsförmige Entnahme), wird oft die Kapazität vor der 
Baugruppe erhöht. Hierbei wird eine Kapazität (in Form eines 
Kondensators oder LC/CLC-Filter) so dicht und niederimpedant wie möglich 
vor die Baugruppe gesetzt.

Wenn ich jetzt eine Sicherung vor solch einer Baugruppe vorsehe, dann 
schützt diese zwar das Netz, aus dem meine Baugruppe gespeist wird, 
nicht aber die Baugruppe selber, denn bei Beispielhaften 24Vdc und 
1000µF Kapazität stecken ja fast 0,3 Joule Energie (=1/2*C*U²) im 
Kondensator. - Wenn die Kapazität und ihre Anbindung an die Baugruppe 
eine Impedanz von ~50mOhm hat (also ESR + Zuleitung), wären bis zu 0,5kA 
im Peak möglich.

Hat man überhaupt reale Chancen, eine "Baugruppe" zu schützen?

von Peter D. (peda)


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Sicherungen haben eine thermische Trägheit.
1mF/24V sind Pillepalle.
NF-Endstufen sieben oft mit 22..100mF bei 50..80V.

von Peter R. (pnu)


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Nur in Ausnahmefällen.

Sicherungen schützen  nur die Zuleitungen oder das Gesamtgerät. Da sie 
meist thermisch arbeiten, sind sie für Halbleiter usw. viel zu langsam. 
spezielle schnelle Versionen sind sehr teuer.

 Nur eine elektronische Einrichtung, die direkt in  der Baugruppe 
überwacht, kann die Baugruppe selbst schützen- Beispiele: 
Stromüberwachung in NF-Endstufen, PC- oder andren Schaltnetzteilen. 
Strombegrenzung in Labornetzteilen.

von Corona Officer (Gast)


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Newby schrieb:
> Wenn ich jetzt eine Sicherung vor solch einer Baugruppe vorsehe, dann
> schützt diese zwar das Netz, aus dem meine Baugruppe gespeist wird,
> nicht aber die Baugruppe selber, denn bei Beispielhaften 24Vdc und
> 1000µF Kapazität stecken ja fast 0,3 Joule Energie (=1/2*C*U²) im
> Kondensator. - Wenn die Kapazität und ihre Anbindung an die Baugruppe
> eine Impedanz von ~50mOhm hat (also ESR + Zuleitung), wären bis zu 0,5kA
> im Peak möglich.
>
> Hat man überhaupt reale Chancen, eine "Baugruppe" zu schützen?

Ja

Deine Berechnung ist falsch.

von Newby (Gast)


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Nicht falsch verstehen,

ich will die Baugruppe schützen und habe "Angst" vor der Energie im 
Kondensator, welche ja locker ausreicht um Meine Baugruppe zu töten.

von Tim (Gast)


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Am Eingang sollte noch ein L hängen, dann gehen solche Peaks auch nicht 
rein.

von Newby (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Nur eine elektronische Einrichtung, die direkt in  der Baugruppe
> überwacht, kann die Baugruppe selbst schützen- Beispiele:
> Stromüberwachung in NF-Endstufen, PC- oder andren Schaltnetzteilen.
> Strombegrenzung in Labornetzteilen.

Ah okay. Das heißt, das man dies aber bei gekauften Baugruppen keinen 
Einfluss drauf nehmen kann.

Corona Officer schrieb:
> Deine Berechnung ist falsch.

Dann korrigiere mich bitte :)

von rabe (Gast)


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Corona Officer schrieb:
> Deine Berechnung ist falsch.

0,024 J
?

von Peter R. (pnu)


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Nur in Ausnahmefällen.

Sicherungen schützen  nur die Zuleitungen oder das Gesamtgerät. Da sie 
meist thermisch arbeiten, sind sie für Halbleiter usw. viel zu langsam. 
spezielle schnelle Versionen sind sehr teuer.

 Nur eine elektronische Einrichtung, die direkt in  der Baugruppe 
überwacht, kann die Baugruppe selbst schützen- Beispiele: 
Stromüberwachung in NF-Endstufen, PC- oder andren Schaltnetzteilen. 
Strombegrenzung in Labornetzteilen.

Newby schrieb:
> vor der Energie im
> Kondensator, welche ja locker ausreicht um Meine Baugruppe zu töten.

Mit dem Knall und evtl. Gestank muss man halt leben. Jedes Teil einer 
Baugruppe abzusichern wird viel zu aufwändig. Schließlich sicherst Du am 
Frühstückstisch auch nicht jede Tasse mit einem Schaumstoffpolster. So 
etwas muss man höchstens auf einem Schiff bei hohem Seegang machen.

von Stefan F. (Gast)


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Newby schrieb:
> Hat man überhaupt reale Chancen, eine "Baugruppe" zu schützen?

In der regel brennen Halbleiter schneller durch, als Schmelzsicherungen. 
Deswegen taugen diese eigentlich nur dazu, Brände zu verhindern*.

Schutz gegen Kurzschluss erreichst du nur durch aktive Strom-Messung und 
Abschaltung, wie es z.B. Motortreiber machen.

Schutz gegen überlast wird in der Regel mit Temperatur-Sensoren gemacht, 
weil die beteiligten Bauteile kurzzeitig sehr viel mehr Belastung 
vertragen, als dauerhaft und das wird auch ausgenutzt.

*) Eine Ausnahme dazu wäre die berühmte Crowbar-Schaltung mit Thyristor. 
Kalte Thyristoren vertragen kurzzeitig ziemlich viel Strom, so dass 
alleine der Innenwiderstand einer Schmelzsicherung genügt, den Thyristor 
nicht zu zerstören. Es kommt natürlich auf passende Größenverhältnisse 
an.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Newby schrieb:
> Hat man überhaupt reale Chancen, eine "Baugruppe" zu schützen?
Wovor?

> Wenn ich jetzt eine Sicherung vor solch einer Baugruppe vorsehe, dann
> schützt diese zwar das Netz, aus dem meine Baugruppe gespeist wird,
> nicht aber die Baugruppe selber
Zweck üblicher Sicherungen (und im Besonderen der von 
Schmelzsicherungen) ist nicht der Schutz eines Gerätes vor Defekten, 
sondern der Schutz des Hauses vor Abbrand.

Newby schrieb:
> Das heißt, das man dies aber bei gekauften Baugruppen keinen Einfluss
> drauf nehmen kann.
Man kann sich welche aussuchen, die mit Fehlern besser zurecht kommen.

: Bearbeitet durch Moderator
von MaWin (Gast)


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Newby schrieb:
> Hat man überhaupt reale Chancen, eine "Baugruppe" zu schützen?

Sicherungen schützen keine Baugruppen.

Sicherungen schützen, nach einem Defekt der Baugruppe, dein Haus vor 
einem Brand.

Sicherungen kann man problemlos auch für 0.3J Elkos auslegen, in dem sie 
auf den maximalen Dauerstrom ausgelegt werden, und der Strom im 
Einschaltmoment durch eine Einschaltstrombegrenzung reduziert wird.

Da Geräte mit 0.3J Elkos am Netz sowieso über eine PFC verfügen müssen, 
ist die Einschaltstrombegrenzung deren Sache und meist mit einem NTC 
geregelt.

von Rainer D. (rainer4x4)


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Newby schrieb:
> habe "Angst"
Angst ist immer ein schlechter Begleiter, egal was man gerade tut.

von Elektrofan (Gast)


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> denn bei Beispielhaften 24Vdc und
> 1000µF Kapazität stecken ja fast 0,3 Joule Energie (=1/2*C*U²)
> im Kondensator. - Wenn die Kapazität und ihre Anbindung an die Baugruppe
> eine Impedanz von ~50mOhm hat

0,3 J = 0,3 Ws = 1 Watt während 0,3 s    >> Boahhh²

Sooo und nur so entstehen die Brände im Regenwald!        ;-)

von Elektrofan (Gast)


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> Da Geräte mit 0.3J Elkos ...

Was sind denn  "0.3J Elkos"?

Und wieviel cm (bzw. km) haben denn die ?
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrische_Kapazit%C3%A4t#Veraltete_Einheit

von Mike (Gast)


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>Corona Officer schrieb:
>> Deine Berechnung ist falsch.
>0,024 J

Hahahahah.... Dein Hirn hat glaub einen Corona-Schaden

von Jan W. (gnarflord)


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Also im Falle von den 24Vdc bietet sich auch an High-Side-Current 
Sensing zu implementieren. Zum Bleistift einen LTC6101, den man so 
anschließt, dass er bei einem (einstellbaren) Überstrom das System 
abschaltet. Vl stattdessen einen Entladewiderstand anschließen, wenn du 
den Kondensator leeren willst.

Wenn du Angst vor Schäden durch Netz-Transients hast kannst du auch 
gleich noch vor Überspannung schützen. Je nach Einsatz bieten sich TVS 
Zenerdioden + Widerstand, weil sie mit den Fehlerfällen nicht 
"ausleiern", dann Varistoren für Überspannung extrem hoher Energie die 
seltener auftreten und eine GDT (Gas Discharge Tube) mit einem 
Leistungswiderstand, sollte mal ein Blitzeinschlag irgendwie 10kV-Spikes 
in deine Richtung schicken.

Zum guten Ton gehört dann nach der Schutzschaltung ein Filter aus 
Gleichtaktdrossel und Kondensatoren.

Sowas sieht man auch manchmal in teureren Mehrfachsteckern. Im Labor 
haben wir welche mit träger 15A rücksetzbarer Sicherung, dann noch eine 
5A schnelle Sicherung, dannach besagte Überspannungs-Protection und den 
Netzfilter. Gibt sogar einen Piep-Ton ab, wenn die Sicherung ausgelöst 
hat.

Bei sowas kann man sich auch schnell verkünsteln, manchmal sieht man 
industrielle Schutzschaltungen, die einen Stapel ungeladene 
Kondensatoren auf Lager haben, um im Fehlerfall die Energie schnell dort 
zu speichern.

Alles ultra abhängig von der Anwendung natürlich

Beitrag #6554938 wurde vom Autor gelöscht.
von Name: (Gast)


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Große Kondensatoren haben generell ein paar Probleme bei 24V:
Beim harten Einschalten fließt ein Batzen Strom: Weil meistens hat das 
Netzteil auch Kondensatoren. Ich habe schon 400A gemessen. Schalter und 
Relais hassen diesen Trick ;-)

Bei 24V 400A steigt das Massepotential durch den Spannungsabfall in der 
GND-Leitung an. Ein Teil der Ströme kann über die GND-Pins von 
Datenleitungen fließen. PCs und USB-Verbindungen können das mit 
magischem Rauch quittieren (BTDT).

Beim Kurzschluss vor dem Gerät fließt ein Batzen Strom vom Gerät zurück 
in die 24V.

Speziell Dünnschichtwiderstände und Chipsicherungen haben ein Problem 
mit Strompeaks. Einige Sicherungen können degradieren, hat einem 
ehemaligen Arbeitgeber hunderttausende Euros gekostet.

Wie löst man das?
Man verwendet so wenige Kondenstoren wie möglich. Was bei 100µ kein 
Problem ist, ist bei einem Motorcontroller mit 3000µF 
Polymerkondensatoren unlustig.
Hartes Schalten und Hot-Pluggen vermeiden, Kurzschlüsse vermeiden.
Wenn das nicht möglich ist, kann man das Einschalten über einen 
Sanftanlauf machen. Was auch zur Not geht sind Intelligente 
High-Side-Switches (BTS...).

von rabe (Gast)


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Mike schrieb:
>>Corona Officer schrieb:
>>> Deine Berechnung ist falsch.
>>0,024 J
>
> Hahahahah.... Dein Hirn hat glaub einen Corona-Schaden

oh ein Feingeist.
na gut, dann halt eben 72 mJ

von Jedzia D. (Firma: Rast und Ruh) (jedzia)


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Zu "sehr teuer":
Die Kosten der Halbleiter-Sicherung im Verhältnis zum Gerät, das 
abgesichert werden soll, finde ich die richtige Betrachtungsweise.

https://de.farnell.com/c/schaltungsschutz/sicherungen-zubehor/sicherungen/halbleitersicherungen

Und das ist ja mal echt relativ.

In den von Stefan erwähnten Motortreibern oder in von der Industrie 
verwendeten Umrichtern/Steuergeräten sind diese Sicherungen ein 
Standard. Ein Thyristor- ,IGBT-Steuersatz, etc. Austausch für so ein 
Gerät kostet um einiges mehr als ein paar Sicherungen.

Natürlich zusätzlich zu den oben genannten Schutzmaßnahmen wie 
Geräteschutzsicherungen, Leitungsschutzsicherungen, die Limitierung des 
Einschaltstromes, korrekte Dimensionierung der Leistungshalbleiter für 
den Fehlerfall, etc. pp

: Bearbeitet durch User
von Wollvieh W. (wollvieh)


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Jedzia D. schrieb:
> Zu "sehr teuer":
> Die Kosten der Halbleiter-Sicherung im Verhältnis zum Gerät, das
> abgesichert werden soll, finde ich die richtige Betrachtungsweise.
>
> 
https://de.farnell.com/c/schaltungsschutz/sicherungen-zubehor/sicherungen/halbleitersicherungen

> In den von Stefan erwähnten Motortreibern oder in von der Industrie
> verwendeten Umrichtern/Steuergeräten sind diese Sicherungen ein
> Standard. Ein Thyristor- ,IGBT-Steuersatz, etc. Austausch für so ein
> Gerät kostet um einiges mehr als ein paar Sicherungen.

Genau daher habe ich auch ein paar solcher Halbleitersicherungen 
geschlachtet. Preis wäre also kein Kriterium mehr. Leider sind die 
Sicherungen dafür so groß wie die abzusichernde Schaltung. :) Und die 
Auslösewerte passen einfach nicht - bei 100A hilft einem auch kein 
superflink. ;) Tatsächlich habe ich nichtmal ein Netzteil, mit dem ich 
sowas zum Durchbrennen bringen könnte.

Wie schnell sind denn die "FF"-Sicherungen im 5x20-Glasrohr? Und kann 
man in der Praxis nicht eine Crowbar mit Sicherung kombinieren? Oder die 
Sicherung mit einer Detektionsschaltung fernauslösen, solche Elemente 
gibt es kostenlos in Laptop-Akkus.

von Stefan F. (Gast)


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Wollvieh W. schrieb:
> Und kann man in der Praxis nicht eine Crowbar mit Sicherung kombinieren?

Crowbars werden immer mit Sicherung kombiniert. Die gehört zum 
Funktionsprinzip dazu.

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