Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik MOSFET Drain Strom - Nur eine Richtung möglich?


von John (Gast)


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Hallo ,

ich schaue mir gerade die MOSFET Kennlinien an. Dabei fällt mir auf, 
dass z.B. beim
- n-Kanal MOSFET (selbstsperrend) ein positiver Drainstrom Id fließt bei 
positiver Spannung UDS

und beim
- p-Kanal MOSFET (selbstsperrend) ein negativer Drainstrom fließt bei 
negativer Spannung UDS.

Wenn ich einen Kanal habe, ist es doch eigentlich egal, in welche 
Richtung der Strom fließt? Kann ich nicht beim n-Kanal Typ UDS negativ 
wählen mit der Folge eines negativen Id und umgekehrt beim p-Kanal-typ ?

Vielen Dank schon mal ...

: Verschoben durch Admin
von Franko P. (sgssn)


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Theoretisch tatsächlich ja, wenn da nicht noch die "Body-Diode" wäre.
siehe z.B.:
https://www.vishay.com/docs/91139/sihfd912.pdf

Die schränkt die Nutzbarkeit ein.
Gruß

: Bearbeitet durch User
von Gerald B. (gerald_b)


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Guck dir nochmal ganz genau das Piktogramm vom Mosfet an und ein 
Datenblatt. Im Piktogramm ist so ein kleiner Pfeil. Der symbolisiert die 
Body-Diode, Kanal gegen Substrat. Und die ist in Gegenrichtung 
durchlässig, da kannst du steuern, soviel du willst.
Im Extremfall bekommst du einen Mosfet sogar so kaputtmacht.
Wenn du z.b. einen Logiclevel Fet mit sehr geringen Kanalwiderstand 
hast, der mit einem hohen Strom beaufschlagt wird, hat der kaum 
Spannungsabfall am Kanal. Bei Uf der Substratdiode sieht das anders aus. 
Wenn in diese Richtung der Spannungsabfall 3x so groß ist, setzt er auch 
3x soviel Leistung um, was im worstcase schon zuviel sein kann.

von Teo (Gast)


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Deswegen werden sie ja auch als unipolaren bezeichnet.


Franko P. schrieb:
> Theoretisch tatsächlich ja, wenn da nicht noch die "Body-Diode" wäre.
> siehe z.B.:
> https://www.vishay.com/docs/91139/sihfd912.pdf
>
> Die schränkt die Nutzbarkeit ein.

Dann nimm halt zwei in reihe....

von Wolfgang (Gast)


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Gerald B. schrieb:
> Guck dir nochmal ganz genau das Piktogramm vom Mosfet an und ein
> Datenblatt. Im Piktogramm ist so ein kleiner Pfeil. Der symbolisiert die
> Body-Diode, Kanal gegen Substrat.

Das Schaltsymbol kann sonstwas zeigen und der Pfeil alles mögliche 
bedeuten. Entscheidend ist der Halbleiteraufbau. Und dort sieht man z.B. 
für einen N-Kanal MOSFET die im Bild dargestellt Dotierungen: Source und 
Substrat mehr oder weniger stark p-dotiert, Kanal n-dotiert und der sich 
daraus ergebende pn-Übergang.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/23/MOSFET_Modes_of_operation_-_DE.svg/550px-MOSFET_Modes_of_operation_-_DE.svg.png

von Wolfgang (Gast)


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Sorry, muss natürlich heißen: Sourceanschluß am Substrat und Substrat 
selbst sind  mehr oder weniger stark p-dotiert, Drain und Source selbst 
sind natürlich n-dotiert.

von Falk B. (falk)


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John schrieb:
> Wenn ich einen Kanal habe, ist es doch eigentlich egal, in welche
> Richtung der Strom fließt?

Richtig.

> Kann ich nicht beim n-Kanal Typ UDS negativ
> wählen mit der Folge eines negativen Id und umgekehrt beim p-Kanal-typ ?

Kann man, macht man auch. Nennt sich Inversbetrieb. Dabei fließt der 
Strom wirklich durch den Kanal und nicht die parasitäre Bodydiode. 
Allerding ist der MOSFET eben wegen dieser nur in einer Polarität 
sperrfähig. Will man beide Polaritäten sperren, muss man zwei MOSFETs in 
Reihe schalten, mit gemeinsamen Gate und Source.

von Franko P. (sgssn)


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Meines Wissens gabs mal einen ohne Body-Diode. Den konnt man dann auch 
"andersrum" betreiben. Weiss aber die Type nicht mehr. Ging mit BS an, 
nicht BSS, und war nur ein kleiner im TO92 Gehäuse. Vielleicht kann sich 
einer erinnern. :-(

Gruß

von Dieter (Gast)


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JFET gehen in beide Richtungen.

Das war uebrigens ein JFET mit eingebrachter Vorladung im Kanal.

von MOSFET (Gast)


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John schrieb:
> Wenn ich einen Kanal habe, ist es doch eigentlich egal, in welche
> Richtung der Strom fließt? Kann ich nicht beim n-Kanal Typ UDS negativ
> wählen mit der Folge eines negativen Id und umgekehrt beim p-Kanal-typ ?

Wie Falk schrieb fließt kann der Strom in beide Richtungen fließen, 
sobald ein leitfähiger Kanal zwischen Drain und Source besteht (Gate 
Source Spannung größer als Schwellspannung). Falls der Spannungsabfall 
über den Kanal gering ist, dann findet nur ein unipolarer Stromfluss in 
diesem Fall statt. Ansonsten kann es (je nach Aufbau) zudem zum 
Stromfluss über den "parasitären" PN Übergang der Body bzw. Inversdiode 
kommen.

Praktische Anwendung: Jeder DC/DC Wandler mit "Synchrongleichrichter", 
dort arbeitet der MOSFET, welcher die Diode ersetzt genau in diesem 
Betriebsmodus. D.h. bei N-Kanal FET mit negativem Strom Drainstrom.

von H. H. (Gast)


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Franko P. schrieb:
> Meines Wissens gabs mal einen ohne Body-Diode. Den konnt man dann
> auch
> "andersrum" betreiben. Weiss aber die Type nicht mehr. Ging mit BS an,
> nicht BSS, und war nur ein kleiner im TO92 Gehäuse. Vielleicht kann sich
> einer erinnern. :-(

Das waren HF-MOSFETs mit separatem Substratanschluss, und die hießen 
BF...

von Murmeltier (Gast)


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Beim Transmission-gate kann man den Strom in beide Richtungen steuern.

Übrigens: Maßgeblich ist die Gate-Bulk-Spannung. Nur weil bei 99,99% 
aller diskreten MOSFETs der Bulk mit der Source verbunden ist, sprechen 
alle von U_GS.
Bei integrierten Bausteinen, wie dem o.g. Transmission-gate siehts eben 
anders aus.

von Franko P. (sgssn)


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H. H. schrieb:
> Franko P. schrieb:
>> Meines Wissens gabs mal einen ohne Body-Diode. Den konnt man dann
>> auch
>> "andersrum" betreiben. Weiss aber die Type nicht mehr. Ging mit BS an,
>> nicht BSS, und war nur ein kleiner im TO92 Gehäuse. Vielleicht kann sich
>> einer erinnern. :-(
>
> Das waren HF-MOSFETs mit separatem Substratanschluss, und die hießen
> BF...

Ne,BF waren J-FETS (z.B. BF245). Ich hab schon so nen MOSFET der frühen 
stunde im gedächtnis. Ob die Dinger so ne Body-Diode haben oder nicht, 
ist ja auch eine Frage des Herstellungsprozesses. Es kann also auch 
sein, dass es Dinger so nicht mehr gibt. Hab jetzt mal Kugeln versucht 
aber nix gefunden. MWar vielleicht ein BS170 oder sowas. Aber aktuell 
haben die auch die Diode drin...naja, egal

von Günni (Gast)


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Franko P. schrieb:
> Meines Wissens gabs mal einen ohne Body-Diode. Den konnt man dann auch
> "andersrum" betreiben.
Das stimmt. Den gab es um 1970 und der wurde genutzt, um Schaltungen vor 
der Integration in ICs diskret aufzubauen und die Funktion der Logik zu 
testen. Da bei N-Channel das Substrat auf dem tiefsten Potential 
gehalten werden musste, war der Substratanschluss bei diesen 
Transistoren gesondert herausgeführt. Gesteuert wurde der Kanal durch 
die Gate-Substrat-Spannung. Solange die Spannungen an Source und Drain 
nicht unter die Substratvorspannung sanken, verhielt sich der Kanal 
(ähnlich wie beim J-FET)wie ein Widerstand.
In der Anwendung hat es sich bewährt, das Substrat intern mit dem 
Source-Anschluss zu verbinden - genauer, den Aufbau so zu gestalten, 
dass das durch die Struktur gegeben ist. Dann darf die Spannung am 
Drain-Anschluss aber nicht tiefer als die Substratspannung sein, da 
sonst die interne Sperrschichtdiode leitend wird. Bei vielen modernen 
Designs nutzt man das aus und darf dann diese "Body-Diode" nutzen.

von Jens G. (jensig)


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Franko P. schrieb:
>> Das waren HF-MOSFETs mit separatem Substratanschluss, und die hießen
>> BF...
>
> Ne,BF waren J-FETS (z.B. BF245). Ich hab schon so nen MOSFET der frühen

Das waren nicht nur JFets, sondern auch Mosfets (z.B. die gern genutzten 
Dual-Gate-Mosfets), und natürlich auch bipolare (sind dann natürlich 
keine Fets ...).

von Jens G. (jensig)


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GaN-Mosfets haben übrigens keine Body-Diode. Allerdings bewirkt bei 
denen dann die negative Uds auch einen negativen Kanal gegenüber Gate, 
so daß bei ein paar negativen Volts an Uds die (innere) Ugs positiv 
wird, und das Ding dann doch wieder mit leiten anfängt, hat also dann 
doch eine "Flußspannung" von paar Volts (läßt sich mit negativer Ugs 
aber in gewissem Maße um paar Volt erhöhen).

von John (Gast)


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Wow vielen Dank für die Antworten! Die Body Diode, ok klar, die besteht 
zwischen Körper und eindotierter Zone zum Drain. Aber habe ich nicht 
genau so eine Body-Diode zur Source ? Das ist doch auch nichts anderes 
als ein pc-Übergang.

Hier ist zB nur eine eingezeichnet:
https://qastack.com.de/electronics/389406/how-should-i-understand-the-intrinsic-body-diode-inside-a-mosfet

von (prx) A. K. (prx)


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Franko P. schrieb:
> Meines Wissens gabs mal einen ohne Body-Diode. Den konnt man dann auch
> "andersrum" betreiben. Weiss aber die Type nicht mehr. Ging mit BS an,
> nicht BSS, und war nur ein kleiner im TO92 Gehäuse. Vielleicht kann sich
> einer erinnern. :-(

BS stimmt fast, BSS stimmt besser: BSS83 von NXP. Perfekt wirds mit 
SOT-Gehäuse, nicht TO92, zumal man dann 4 Pins braucht, weil natürlich 
trotzdem eine Body-Diode drin, aber das Substrat separat rausgeführt 
ist.

Netterweise hat der nichts mit dem BSS83P von Infineon zu tun.

: Bearbeitet durch User
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