Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Umrechnung Zählrate in Dosisleistung [Geigerzähler/Dosimeter]


von Ludwig B. (ludwig_b90)


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Hallo zusammen,
hoffe das wurde hier noch nicht angesprochen...

Ich baue mir gerade ein Strahlungsmessgerät bzw. Geigerzähler bzw. 
Dosimeter.
Die Schaltung besteht aus Sperrwandler mit Trafo aus einem 
Lichtbogen-Feuerzeug, angesteuert mittels Arduino / ATMega. Auslesen per 
simplem Transistor und Interrupt am selben uC. Röhre ist die Z1A/J302. 
Schaltung etwa so: https://www.elektronik-labor.de/Projekte/Gamma9.html

Soweit so gut, daraus bekomm ich eine Tickrate, die auch mächtig abgeht 
wenn man etwas ThO2 daneben legt.
Nun würde ich gerne die Tickrate in Dosisleistung und Gesamtdosis 
umrechnen.
Ich nehme an, dazu benötige ich eine Formel? Oder könnte das Diagramm im 
Datenblatt oben rechts bereits diese Beziehung abbilden?
Ich finde leider nicht viel Infos zur Z1A/J302 Röhre. 
https://asset.conrad.com/media10/add/160267/c1/-/de/000678782DS01/datasheet-678782-voltcraft-z1aj302ssy-geiger-mueller-counter-radiation-beta-gamma.pdf

Noch zwei verwandte Fragen:
1.1: Wie misst man hochimpedant die Spannung der Röhre / am Speicher-C? 
Mit dem Multimeter und Oszi ziehe ich die Spannung sofort runter, da der 
Sperrwandler ja nicht viel Strom liefern kann/muss/soll. Aktuell berühre 
ich mit dem Tastkopf des Oszi ganz schnell den Messpunkt und triggere 
auf die steigende Flanke.
1.2: Wie genau schätzt ihr, sollte die Spannung an der Röhre wirklich 
gehalten werden? Was passiert wenn ich die 390+-10V verlasse, z.B. bei 
420V messe?
Danke euch für die Antworten.

: Bearbeitet durch User
von A. S. (Gast)


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Ludwig B. schrieb:
> Ich nehme an, dazu benötige ich eine Formel? Oder könnte das Diagramm im
> Datenblatt oben rechts bereits diese Beziehung abbilden?
> Ich finde leider nicht viel Infos zur Z1A/J302 Röhre.
Ja. Vielleicht Impulse pro Minute pro µSv. Für Röntgen (=10mSv) oder mSv 
wären es zu wenig Impulse pro Sekunde.

Die Hintergrundstrahlung ist so etwa 0,05 ... 0,2µSv, so dass Du einfach 
mal die Impulse ohne Strahler in der Nähe angeben solltest (für die 
Größenordnung)

> Noch zwei verwandte Fragen:
> 1.1: Wie misst man hochimpedant die Spannung der Röhre / am Speicher-C?
Spannungsteiler aus 1GOhm + den X Meg Deines Oszis/Multimeters

> 1.2: Wie genau schätzt ihr, sollte die Spannung an der Röhre wirklich
> gehalten werden? Was passiert wenn ich die 390+-10V verlasse, z.B. bei
> 420V messe?

Dann bekommst Du mehr oder weniger (Eigen-)Impulse. Beim Arbeitspunkt 
ist halt eine günstige Sattelstrecke

Die Umrechnung in Sv oder sonstwas bedingt eigentlich, dass man noch 
komische Filter drumherum hat und das ganze nachher mit bekannter Quelle 
kalibriert. Es ist ja irgendwas mit ionisierender Energie pro kg 
Körpergewebe. Nichts irgendwie direktes von 1 Impuls = x nSv unabhängig 
davon, wer den Impuls ausgelöst hat.

Alles unterhalb von etwa 20 Impulse pro Minute ist für die 
Echtzeit-Anzeige Voodoo. Mach Dir einen einfachen Emulator von 
Poison-Verteilter Strahlung, wo Du den Sollwert vorgeben kannst und 
versuche das akustisch oder mit einer Auswertung sinnvoll zu glätten.

von Ludwig B. (ludwig_b90)


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Wow, das ging schnell, vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Ich komm so auf 0,08 bis 0,11 Impulse Pro Sekunde, also im Schnitt 6 
CPM, auf dem Schreibtisch ohne was Strahlendes drum herum.

: Bearbeitet durch User
von A. S. (Gast)


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Ludwig B. schrieb:
> Wow, das ging schnell,

ja, viel zu schnell: Fast results, fast richtig.

Das Datenblatt gibt den Wert in µA an. 5 Röntgen, also 50mSv liefern 
etwa 20mA.

Keine Umrechnung in Pulse.

Du kannst direkt ein analoges VM anhängen (hier bzw. ein Strommeter ;-)

Einen ungefähren Wert erhälst Du, wenn Du das Ding im Flugzeug laufen 
lässt, da hast Du etwa 4µSv/h.

a) stundenlang laufen lassen und das als 60nSv/h setzen (6Ip/min bei 
Dir)
b) im Flugzeug mitlaufen lassen und das als 4,06µSv/h setzen (z.B. 
60Ip/min)

--> 4µSv/h <-> (60-6) = 54 Ip/min also etwa 13 Ip/(min*µSv/h)
--> Nulleffekt <-> 6Ip/min - 0,06*13 --> 5 Ip/min

von Ludwig B. (ludwig_b90)


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A. S. schrieb:
> Das Datenblatt gibt den Wert in µA an.

Ah, dann macht ja auch die Schaltung Sinn, die da abgebildet ist... :p

A. S. schrieb:
> a) stundenlang laufen lassen

Ja, ich denke das werde ich dann machen. Ich bin mal gespannt, wann ich 
das nächste mal (freiwillig) in einem Flugzeug sitze...

Danke nochmal :)

: Bearbeitet durch User
von Dieter (Gast)


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Für die sogenannte Nullzählrate von den Zählrohren ZP1 bis 3 solltest Du 
die Angaben im Datenblaat vor 1986 mit den späteren Angaben vergleichen.

Die Nullzählrate kann aber auch merklich abweichen in einigen Gegenden, 
weil dort besonders viel Radon aus dem Boden kommt oder das Gestein von 
natur aus mehr strahlt.

von A. S. (Gast)


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A. S. schrieb:
> stundenlang laufen lassen

Das bedeutet: du brauchst immer eine Möglichkeit, lange Zeit Impulse zu 
zählen. So dass etwa 1000 zusammen kommen, bei Dir so 1h für Hintergrund 
oder 30 min im Flugzeug.

von Elektrofan (Gast)


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Das Geiger-Müller-Zählrohr zählt halt einzelne Teilchen (bzw. Quanten),
die eine Stossionisation auslösen.

Ist die Energie dieser Teilchen größer als die zur Auslösung nötige,
ändert sich die Zählrate nicht.

von Wolfgang (Gast)


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A. S. schrieb:
> a) stundenlang laufen lassen und das als 60nSv/h setzen (6Ip/min bei
> Dir)

Die Ortsdosisleistung hängt vom Wohnort ab.
Woher weißt du, wo der TO wohnt?

von Wolfgang (Gast)


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von A. S. (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> Die Ortsdosisleistung hängt vom Wohnort ab.
> Woher weißt du, wo der TO wohnt?

Das ist einfach eine gängige Konvention. Da unten kannst Du sowieso 
nichts messen. Bei 6 Impulsen pro Minute sind vermutlich 3 oder mehr 
davon "Eigenimpulse", also eine Art Grundrauschen.

Wenn man da wirklich etwas nutze/erkennen will, dann nur über die Dosis. 
Also bei der Messung über eine Stunde oder mehr, wo quasi nur Stumpf die 
Impulse summiert werden und die entsprechenden Eigenimpulse abgezogen 
werden. Und da sieht man dann beim Kacheltisch nicht, ob der 200 statt 
100nSv hat, sondern einfach nur, dass der Messwert signifikant höher 
ist.

Aber klar, wenn Du begründete Annahmen für einen genaueren Wert hast, 
dann kann man den nehmen. Die meisten professionellen, geeichte 
Messgeräte zeigen da aber nur Hausnummern (und das erstaunlich stabil:-)

von Mikrowilli (Gast)


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Wer die Hintergrundstrahlung in seiner Nähe genau wissen will, schaut 
sich die aktuellen Daten der nächstgelegenen Messstelle des 
ODL-Messnetzes des Bundesamtes für Strahlenschutz an, und zwar hier: 
https://odlinfo.bfs.de/ODL/DE/themen/wo-stehen-die-sonden/karte/karte_node.html

Kalibrierung auf Dosisleistung kann je nach verwendetem Zählrohr 
schwierig sein: Bei Geiger-Müller-Zählrohren liefert der Ausgangsimpuls 
keine Information über die Energie des auslösenden Teilchens. Deshalb 
findet man in den Datenblättern oft nur Angaben, die sich auf ein 
bestimmtes radioaktives Element beziehen. Für die Ermittlung der 
Dosisleistung ausgelegte Zählrohre verfügen z.B. über Mantelrohre mit 
bestimmten "Transmissionseigenschaften" für verschieden energetische 
Gammaquanten.

von Ludwig B. (ludwig_b90)


Angehängte Dateien:

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Danke euch allen für die Infos!
Ich habe mittlerweile aufgrund eines Bekannten diese Tabelle gefunden 
(Anhang)
Darin steht was von "Co-60: 1.1cps/(μGy/h)" und somit für meine Zwecke 
auch 1.1cps/(μSv/h), oder?
Für manche Rohre ist sogar das Hintergrundrauschen angegeben, wenn ich 
das richtig sehe?

von A. S. (Gast)


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Ludwig B. schrieb:
> Darin steht was von "Co-60: 1.1cps/(μGy/h)" und somit für meine Zwecke
> auch 1.1cps/(μSv/h), oder?
Wie mehrfach geschrieben hier, das gilt quasi nur für eine "Frequenz". 
Wenn mehrere "Frequenzen" gemessen werden sollen, werden entsprechende 
Filter (Metall-Lagen) drumherum gelegt, quasi ein EQualizer. Da es am 
Ende nur um die Energie im Gewebe geht, hängt die "wirkliche" Dosis 
stark von der Art der Strahlung ab. Und Alpha/Beta ist nochmal eine ganz 
andere Kategorie.

> Für manche Rohre ist sogar das Hintergrundrauschen angegeben, wenn ich
> das richtig sehe?

Und wie Du siehst ist das etwa 10x mehr als die Impulse bei 1µSv. Darum 
ist es so wichtig, einen guten Nullpunkt zu haben. Und sich mit 
Poison-Verteilung zu befassen, sonst hast Du alle paar Minuten eine 
"offensichtlich eindeutig erhöhte" Strahlung.

von Geert (Gast)


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Ludwig B. schrieb:
> Die Schaltung besteht aus Sperrwandler mit Trafo aus einem
> Lichtbogen-Feuerzeug, angesteuert mittels Arduino / ATMega. Auslesen per
> simplem Transistor und Interrupt am selben uC. Röhre ist die Z1A/J302.
> Schaltung etwa so: https://www.elektronik-labor.de/Projekte/Gamma9.html

Da wird ein Übertrager angesprochen, nur: wo bekommt man die, die müsste 
man sich doch auch selbst wickeln können, hat jemand evt. Vorschläge 
dafür?

Der übliche "Trick" einen kleinen Trafo zu nehmen, dürfte hier nicht 
zielführend sein, da zu gross und auch falsches 
Transformationsverhältnis, wir brauchen ja ca. 400 V

von oszi40 (Gast)


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Geert schrieb:
> wir brauchen ja ca. 400 V

Kleinen Printtrafo umdrehen? Im letzten Jahrtausend ging das. 
Interessant ist eher das richtige kalibrieren und die Fragen inwiefern 
Halbleiter von der möglichen Strahlung beeinflusst werden.

von Geert (Gast)


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oszi40 schrieb:
> Kleinen Printtrafo umdrehen?

Geert schrieb:
> Der übliche "Trick" einen kleinen Trafo zu nehmen, dürfte hier nicht
> zielführend sein, da zu gross und auch falsches
> Transformationsverhältnis, wir brauchen ja ca. 400 V

von Ludwig B. (ludwig_b90)


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Geert schrieb:
> wo bekommt man die, die müsste
> man sich doch auch selbst wickeln können, hat jemand evt. Vorschläge

Ich hab meinen aus so einem Set (davon hatte ich mir mal ne Hand voll 
bestellt)
https://de.aliexpress.com/item/32981452371.html

Parallel habe ich es auch mit einem Flyback-Trafo aus einem CCFL-Treiber 
probiert, tut auch. Ebenso soll es mit den Ladespulen für Foto-Blitze 
gehen (z.B. aus einer Einmal-Kamera)

von Geert (Gast)


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Könnte man einen solchen kleinen Ferritkern nehmen und selber wickeln 
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferrite#/media/Datei:Ringkerne1.jpg bei 
3-4 Volt Versorgung wäre das aber ein Verhältnis >1:100

von A. S. (Gast)


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Geert schrieb:
> Könnte man einen solchen kleinen Ferritkern nehmen und selber
> wickeln
> https://de.wikipedia.org/wiki/Ferrite#/media/Datei:Ringkerne1.jpg bei
> 3-4 Volt Versorgung wäre das aber ein Verhältnis >1:100

Man verbindet quasi Spule und Spartrafo, indem man z.b. bei 1/5 der 
Wicklungen einen Abgriff macht und nur den bestromt. Der Transistor 
braucht dann auch nur 1/5 der spg.

von Frankie (Gast)


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Ludwig B. schrieb:
> Ich baue mir gerade ein Strahlungsmessgerät bzw. Geigerzähler bzw.
> Dosimeter.
> Die Schaltung besteht aus Sperrwandler mit Trafo aus einem
> Lichtbogen-Feuerzeug, angesteuert mittels Arduino / ATMega. Auslesen per
> simplem Transistor und Interrupt am selben uC. Röhre ist die Z1A/J302.
> Schaltung etwa so: https://www.elektronik-labor.de/Projekte/Gamma9.html

Das Vorgehen mit einem µC finde ich sehr clever.
Zur Schaltung hätte ich zwei Fragen:

1. Welchen Typ nimmt man für den C 100n/1000V: MKP oder FKP?

2. Wozu dient der R 1k zwischen den Dioden und dem o.g. C, wohl nicht 
zur Strombegrenzung, bei einer Spannung von 400V würde der ja auf 400mA 
begrenzen

von A. S. (Gast)


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Frankie schrieb:
> Das Vorgehen mit einem µC finde ich sehr clever.
Der Aufbau ist ungeregelt. Mit dem µC könnte man Versorgungsspannung und 
Impulsrate in Einschaltdauer umrechnen, ist aber unzuverlässig (und wird 
dort nicht gemacht).

> 2. Wozu dient der R 1k zwischen den Dioden und dem o.g. C

Vermutlich hat er den aus der Originalschaltung (Tesla-Generator) 
übernommen, wo er Strombegrenzung war.

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