Forum: HF, Funk und Felder Frage zu Antennen-Design


von Tobias Z. (tobias09)


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Hallo,
Auf der "Electronica" hatte ich Kontakt mit einer finnischen Firma, 
welche Antennen für Kunden designet.
Mein aktuelles PCB sieht so aus, siehe Bild. Blau ist der Teil mit 
Kupferbahnen und der Schaltung - mit einem 434 MHz OOK receiver, gelb 
eine "433MHZ" Helix-Antenne. Auf dem schwarzen Bereich befindet sich 
kein Kupfer, PCB-Breite: 70mm.
Das PCB wird in eine Kunstoff-Schale geschraubt und hinten vergossen. 
Weil sich links des Antennen-Pads ein Taster befindet, kann die Antenne 
nicht weiter nach links geschoben werden.

Die Firma bot mir an, das schlechte Antennen-Design (erstmal) auf Basis 
der Gerber-Daten zu verbessern.
Für 1900 EUR habe ich nun einen PDF-Dokument erhalten, da ein 
verbessertes (PCB-) Antennendesign zeigen soll, diesen habe ich 1:1 aus 
dem PDF rauskopiert (ja, ich erhielt einzig diese Perspektive), dazu 
zwei Graphen, welche den Antennengain vorher und nachher zeigen; ich 
habe diese so gut es geht überienandergelegt, der Gain erhöht sich um 
ca. 4dB.

Ich habe folgende Bedenken:
- Die Antenne enthält 90°-Knicke, darf das sein?
- Die Antenne würde auf den Säulen der Schrauben sowie auf dem Rahmen 
der Schale aufliegen.

Natürlich habe ich zurückgefragt, doch der Ingenieur teilte mir mit, 
dass das vorgesehene Budget aufgebraucht ist und er die Situation erst 
mit dem Marketingchef besprechen muss, Nachhaken brachte auch nichts, 
ich warte nun schon seit dem 24.2.'23 auf eine Antwort.

Was meint ihr, sind die Knicke und der auf der Antenne Kunstoff kein 
Problem, soll ich neue PCBs so bestellen?

Insgesamt fühle mich etwas betrogen - oder habe ich etwa zu viel 
erwartet?
Falls das für die Tonne war.., gibt es andere Dienstleister, welche 
Antennen-Design anbieten?

Vielen herzlichen Dank für eure Hilfe!
Tobias

von Motopick (motopick)


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Ich habe auch mal Printantennen gemacht und natuerlich auch vermessen.

Wenn die Antenne im Gehaeuse ist, wird sie einige % nach unten 
verstimmt.
Wurde das nicht beruecksichtigt, kannst du alle Designs so wie sie sind,
in die Rundablage befoerdern.

Das "gekaufte" vermutlich auch.

von Tobias Z. (tobias09)


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Danke!
Hmm.., ich habe denen die Sache genau erklärt und eine Dokumentation 
geschickt. Sie sagten in einem Online-Meeting auch, dass sie dies 
berücksichtigen werden - aber wie kann ich nun rausfinden, ob das auch 
geschehen ist?
Ausserdem, ist der aufliegende Kunstoff kein Problem? - Und der Knick?

von Motopick (motopick)


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> dass sie dies berücksichtigen werden

Das ganze ist konstruktions- und materialabhaengig.
Also wohl eher nicht.

Man braucht einen Prototypen der Antenne und des Gehaeuses.
Beides muss nicht schoen sein, sollte aber dem spaeteren Geraet
nach Material, Abstaenden und Wandstaerken entsprechen.
Dann kann man iterieren bis es passt. Normalerweise reicht
eine Iteration.
Die Antenne sollte man vorher im Freifeld vermessen, um zu
sehen ob sie zumindest im Freifeld die Parameter einhaelt.

> Ausserdem, ist der aufliegende Kunstoff kein Problem? - Und der Knick?

Dazu muesste ich es erst selbst simulieren und die verwendeten
Materialien kennen. Dann koennte man entstehende Verluste auch
einigermassen exakt beziffern.
Solche Simulationen sind aber etwas aufwendig, als das man
sowas "nebenbei" mal machen koennte.
Ein Knick ist wohl dabei das was am wenigsten stoert :).

von Tobias Z. (tobias09)


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Motopick schrieb:
> Solche Simulationen sind aber etwas aufwendig, als das man
> sowas "nebenbei" mal machen koennte.

Bietest du das also als Dienstleistung an?

von Stefan M. (derwisch)


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Und eine keramische print Antenne zum auflöten geht nicht?
Zu dick fürs Gehäuse?

von Motopick (motopick)


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> Bietest du das also als Dienstleistung an?

Leider nein.

Ich bin seinerzeit den Weg ueber einen Prototypen gegangen.
Dazu hatte ich den Gehaeusefertiger um Materialproben gebeten.
Damit konnte der Einfluss dann recht einfach bestimmt werden.
Simulation war zu dem Zeitpunkt auch voellig ausserhalb der
Moeglichkeiten.

Der fuer eine vollstaendige Simulation noetige Rechenaufwand
ist derart exorbitant hoch, dass auch mir bekannte sonst gut
ausgestattete Entwicklungsabteilungen darauf verzichten (muessen).
Auch die bauen dann Prototypen um die noetigen Erfahrungen
zu sammeln.

Kleinere Simuationsumgebungen benutzen z.B. 16 Computenodes
die heute natuerlich auch schon jeweils mehrere Cores beinhalten.
Die Software (z.B. Produkte von Ansys) unterstuetzt solche
verteilten Simulationsrechnungen auch direkt.

Edit:
Mir ging es mit meinem Beitrag in erster Linie um den Hinweis
auf eine Beeinflussung der Antenneneigenschaften durch die
Umgebung.

: Bearbeitet durch User
von Tobias Z. (tobias09)


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Stefan M. schrieb:
> Und eine keramische print Antenne zum auflöten geht nicht?
> Zu dick fürs Gehäuse?

Wahrscheinlich nicht zu dick.
Wie finde ich einen geeigneten Typ und wie kann ich das passende Layout 
bestimmen?
Danke vielmal!

von Rainer W. (rawi)


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Tobias Z. schrieb:
> Blau ist der Teil mit Kupferbahnen und der Schaltung - mit einem 434 MHz
> OOK receiver, gelb eine "433MHZ" Helix-Antenne.

Von der Größe sieht das eher wie ein aufgewickelter Draht aus, der 
außerdem noch in ziemlich flachem Winkel zur Massefläche liegt.
Bei einer Helixantenne hätte eine Windung die Länge von einer 
Wellenlänge. Bei 433MHz (λ=70cm) passt so ein Ding bestimmt nicht in 
deinen Deckel.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wendelantenne

von Purzel H. (hacky)


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Antennen zu simulieren sollte nicht allzu schwer sein. Man muss halt 
alles beruecksichtigen. Das Platinenmaterial, Kupferauflage, auch das 
Plastikgehaeuse.
Das Optimieren benoetigt Erfahrung. Nein, ich koennt's nicht, zeitlich. 
Was spricht denn dagegen, die Antenne laufen zu lassen ? Du hast 1900 
fuer das Design ausgegeben, dann mach doch die Leiterplatte. Dort wo die 
Enstufe mit 50 Ohm ist, mit einem Koax ab Network Analyzer einspeisen.

Beitrag #7373255 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Tobias Z. (tobias09)


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Danke für all die Hinweise!
Meine Bedenken bezüglich dem Knick und dem auf der Antenne aufliegenden 
Kunststoff sind also unberechtigt?

> Dort wo die
> Enstufe mit 50 Ohm ist, mit einem Koax ab Network Analyzer einspeisen.
Leider habe ich weder einen Network Analyzer, noch eine Ahnung davon, 
wie ich bei den Messungen und der Optimierung vorgehen soll. Eine 
Impedanztransformation würd' ich wohl noch hinkriegen, mehr aber auch 
nicht. Wenn der Knick und das aufleigende Material zu vernachlässigen 
sind, werde ich wohl mal den Vorschlag als Layout bestellen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Tobias Z. schrieb:
> Leider habe ich weder einen Network Analyzer,

Dann kauf dir einen NanoVNA. Die kosten doch praktisch nichts (wenn man 
das im Vergleich zu "richtigen" VNAs sieht). Dein Projekt scheint ja 
kommerziell zu sein, da sollten die paar Euros keine Rolle spielen, und 
einen VNA kann man bei HF-Arbeiten immer gebrauchen.

> noch eine Ahnung davon,
> wie ich bei den Messungen und der Optimierung vorgehen soll.

Du kannst doch erstmal mit trial&error vorgehen. Pack ein paar Versuche 
auf eine Musterplatine, die sägst du dann auseinander und testest sie 
einzeln. Kupfer wegfräsen kannst du mit Dremel/Proxxon, dann siehst du, 
wie sich die Anpassung ändert. Material hinzufügen ist schwieriger :-), 
man kann Kupferfolie dran löten.

Anpassung ist natürlich nicht alles, ein Terminator ist optimal 
angepasst, strahlt trotzdem (idealerweise) nichts ab … gestrahlte 
Messungen sind aber nochmal 'ne andere Nummer.

von Tobias Z. (tobias09)


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Danke, das klingt alles interessant. Ich weiss aber nicht, wie ich die 
Varianten gestalten soll. Ausgehend vom Vorschlag des Dinestleisters, 
soll ich das Antennen-Rechteck in 3mm-Schritten schmaler machen - oder 
den Abstand zur Restlichen Schaltung in 5mm Schritten verkleinern und 
damit die Antennen-Fläche vergrössern?
Ich meine, da gibt es unzählige Möglichkeiten und leider weiss ich da 
grade nicht weiter.
Das Gerät will ich tatsächlich mal verkaufen, ich bin eine Ein-Mann 
Firma.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Probier doch einfach mal, um ein Gefühl zu bekommen.

Mach die Ecken mal rund, um zu sehen, ob das einen Einfluss hat.

Mach mal das ganze "Gezacke" da an der einen Kupferfläche raus, um zu 
sehen, was das bewirkt.

Sieh zu, dass du pro Entwurf immer nur einen Parameter gegenüber dem 
Vorschlag änderst.

Wenn du das dann noch vergießen willst, verstimmt sich aber alles 
nochmal.

Klar kann man das alles versuchen zu simulieren, wenn man die Software 
dafür hat. Aber eine Simulation ist eh immer nur so gut wie das Modell, 
was man ihr zugrunde legt. Daher ist die Realität oft ganz anders – weil 
man Einflussfaktoren vergessen hat, die man hätte modellieren müssen.

Daher kann es durchaus auch zielführend sein, sich von einem vorhandenen 
Entwurf aus experimentell zu nähern.

Für einen gestrahlten Test bräuchtest du allerdings mindestens noch 
einen Generator (das kann eventuell deine zu testende Schaltung in einem 
Testmodus sein) und einen Spektrumanalysator (sinnvollerweise, damit 
kann man auch die Oberwellen abschätzen) sowie einer Messantenne. Am 
Ende musst du eh mit alldem noch in ein Messlabor gehen, um deine 
Konformitätserklärung zu machen, aber es hat natürlich Sinn, sowas auch 
schon vorab zu testen.

von Gustav G. (gustavgggg)


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Wo ist das Problem, wenn sich das leicht nach unten verstimmt? Solange 
man genug Leistung abstrahlen kann sollte das schon passen.

von Rainer W. (rawi)


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Gustav G. schrieb:
> Solange man genug Leistung abstrahlen kann sollte das schon passen.

Wenn Reichweite keine Rolle spielt, kann man das schon so sehen. Auf der 
Empfangsseite fehlt die Leistung dann aber, weil bei SRD die ERP in D 
das Maß der Dinge ist. Auf der Empfangsseite verschenkter Gewinn mindert 
damit das Linkbudget.

von Tobias Z. (tobias09)


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Danke, ja. Es ist hier ja so, dass es sich um einen reinen Empfänger 
handelt - und die Leistung des Senders ist natürlich beschränkt und 
gegeben, das ist eine 0815-Schlüsselanhänger Fernbedienung.

von Motopick (motopick)


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> 0815-Schlüsselanhänger Fernbedienung.

Was ist denn so als "Reichweite" des Ganzen anvisiert?
Freifeld, Wohnraum und/oder Waende zwischen Sender umd Empfaenger?

So eine 0815 Fernbedieunung (433 MHz) fuer Funkschaltsteckdosen
funktionert hier quer durchs ganze Haus. Die Empfaenger sind nur
Pendelaudions. Der Sender wird aber von einer 12 V Batterie gespeist.
Die verwendeten Pendelaudions verbieten allerdings den benachbarten
Betrieb dieser Steckdosen.

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