Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Welche Widerholfrequenz bei 7-Segment (LED) Multiplexing?


von Tim 🔆 (solarlicht)


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Gleich vorweg, es geht bei meiner Frage nicht ums flackern. Habe schon 
Google gefragt, aber anscheinend habe nur ich die blöde Frage...

Aus alten Nordmende Fernbedienungen habe ich mir LED-Bubble-Displays 
ausgebaut, die ich jetzt für eine Uhr nutzen will. Nordmende nahm einst 
6mA Peak bei 25% Duty Cycle und 50Hz Wiederholfrequenz. Habe ich 
nachgemessen und deckt sich mit den Bauteilewerten.

Laut Datenblatt ginge also wesentlich mehr. Abbildung 2 zeigt die 
Abhängigkeit zwischen dem durchschnittlichem Strom, Duty Cycle und 
Intensität. Es sagt mir aber nichts über die Wiederholfrequenz.

Oder anders herum; Das Puls-Pause-Verhältnis sagt mir nichts über die 
zulässige zeitliche Dauer des Peaks, der doch abhängig von der 
Wiederholfrequenz ist.

Würde ich bei jeweils gleichem Peak das Display als Beispiel nur mit 5Hz 
takten würde ich die LEDs doch überlasten und bei 5kHz wären sie dunkel.

Bei den Absolute Maximum Ratings (ja ich weiß was das bedeutet) sind 
200mA bei <35µS angegeben. Da müsste man das Display ja mit >28 kHz 
takten.

Welche Wissenslücke habe ich da?

von Michael B. (laberkopp)


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Tim 🔆 schrieb:
> Bei den Absolute Maximum Ratings (ja ich weiß was das bedeutet) sind
> 200mA bei <35µS angegeben. Da müsste man das Display ja mit >28 kHz
> takten.

Absolute Maximum ist ja nicht Nennbetrieb.

Für 5-stellige schlagen sie 10mA peak bei 1/5 duty vor, also 2mA 
Durchschnitt.

Wenn man jedoch 200mA nur 1% der Zeit durchschickt, ebenso 2mA 
Durchschnitt, verdoppelt sich die Helligkeit.

Sie schlagen NICHT vor 200mA mit 20% duty, weil da die Pause nicht lang 
genug ist, das Display verbrennt.
Nach deinem 35us Impuls muss also eine lange Pause kommen, 3.465ms aka 
285Hz Minimum.

Man kann aber mit dem average auf 7mA hoch gehen, 30mA mit 20% duty ist 
6mA und damit ok und 3 mal so hell wie 2mA Durchschnittsstrom und hat 
noch Toleranzreserve bis 7mA.

: Bearbeitet durch User
von Günter N. (gnatz)


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Bitte das Datenblatt richtig lesen: Der Strom durch die LEDs beträgt 2 
mA. Bei einem Duty-Cycle von 1/15 ist ein Strom von 30 mA (peak) laut 
Datenblatt angemessen. Einen Spitzenstrom von 200 mA kann das Display 
gerade noch (absolute maximum) verkraften, wenn die Dauer kleiner als 35 
Mikrosekunden ist. Davon, dass dieser Spitzenstrom immer wieder 
auftreten darf, ist keine Rede. Außerdem ist es so, dass mit steigendem 
Strom die Helligkeit in eine Sättigung geht. Mehr Strom ist dann nicht 
gleichbedeutend mit mehr Helligkeit.
Beim Multiplexen ist die Wiederholrate wichtig, um Flackern zu 
vermeiden. Tiefer als 50 Hz (20 ms Wiederholdauer) sollte man möglichst 
nicht gehen. Die Dauer der Ansteuerung jeder Stelle berechnet sich aus 
der Wiederholdauer dividiert durch die Zahl der Stellen. Um Strom zu 
sparen und die thermische Belastung der Anzeige zu verringern, kann man 
die Ansteuerdauer auch verkürzen.
Ich habe Programme gesehen, bei denen alle 20 ms jede Stelle für z.B. 1 
ms angesteuert wurde, womit bei 4 Stellen nach 4 ms das Display für 14 
ms dunkel bleibt und das Programm in der Zeit andere Aufgaben bearbeitet 
hat, die keine Unterbrechung erlaubten. Empfehlenswert ist ein solcher 
Betrieb aber nicht.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Tim 🔆 schrieb:

> Oder anders herum; Das Puls-Pause-Verhältnis sagt mir nichts über die
> zulässige zeitliche Dauer des Peaks, der doch abhängig von der
> Wiederholfrequenz ist.

Das wesentliche ist doch, daß du den mittleren Strom bzw. die mittlere 
Leistung nicht überschreitest. Für Pulsbetrieb gibt es typischerweise 
noch eine minimale Frequenz (ergo eine maximale Pulslänge). K.A. warum 
das Datenblatt die nicht enthält. Vermutlich weil es beim 
bestimmungsgemäßen Betrieb (flimmerfreies Multiplexing) sowieso erfüllt 
ist.

> Würde ich bei jeweils gleichem Peak das Display als Beispiel nur mit 5Hz
> takten würde ich die LEDs doch überlasten und bei 5kHz wären sie dunkel.

Ersteres ja, aber wieso zweiteres?

> Bei den Absolute Maximum Ratings (ja ich weiß was das bedeutet) sind
> 200mA bei <35µS angegeben. Da müsste man das Display ja mit >28 kHz
> takten.

Nein. Um bei 200mA peak auf 7mA avg zu kommen, darf die LED nur für 
1/28.6 (oder 3.5%) der Periode eingeschaltet sein. Bei 35µs ein muß sie 
danach mindestens 965µs aus sein. Das gibt eine Multiplexfrequenz von 
1kHz.

Allerdings steigt die Verlustleistung mit dem Peakstrom überproportional 
an. Das ist weil an Bahnwiderständen, Bonddrähten etc. ebenfalls 
Verluste entstehen. Vulgo: die von außen meßbare Flußspannung steigt. 
Und Leistung ist nun mal Strom×Spannung. Deswegen ist es sinnvoll, die 
Einhaltung der maximalen Verlustleistung (neben dem maximalen Strom) zu 
beachten.

von Tim 🔆 (solarlicht)


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Michael B. schrieb:
> Absolute Maximum ist ja nicht Nennbetrieb.

Ich weiß, das ist die Todesgrenze.

> Für 5-stellige schlagen sie 10mA peak bei 1/5 duty vor, also 2mA
> Durchschnitt.

Die Angabe habe ich als Testbedingung verstanden bei der die Segmente 
eine möglichst gleichmäßige Helligkeitsverteilung haben. (Seite 71, 
sorry, ich hätte gleich das komplette Datenblatt hochladen sollen).

Nach Abbildung 4 Relative Luminous Efficiency, hätte ich gedacht, dass 
man für maximale Helligkeit locker bis 60mA Peak gehen könnte.

> Wenn man jedoch 200mA nur 1% der Zeit durchschickt, ebenso 2mA
> Durchschnitt, verdoppelt sich die Helligkeit.
>
> Sie schlagen NICHT vor 200mA mit 20% duty, weil da die Pause nicht lang
> genug ist, das Display verbrennt.

> Nach deinem 35us Impuls muss also eine lange Pause kommen, 3.465ms aka
> 285Hz Minimum.

Leuchtet mir jetzt gerade ein, ich hatte mich mit meinen 28khz 
verrechnet. Jetzt stimmt auch die 200mA Markierung bei 1% duty in 
Abbildung 2.

Dennoch ist mir noch nicht klar wie lange duty nun sein darf. Eine 
Zeitangabe gibt es ja nur beim absoluten Grenzwert von 200mA. Die gilt 
doch sicher nicht für kleinere Ströme?

Nehme ich z. B. 20% duty bei 50Hz sind es 4ms, bei 200Hz ist es nur 1ms.

> Man kann aber mit dem average auf 7mA hoch gehen, 30mA mit 20% duty ist
> 6mA und damit ok und 3 mal so hell wie 2mA Durchschnittsstrom und hat
> noch Toleranzreserve bis 7mA.

Den Zusammenhang zwischen Average und Peak habe ich verstanden.

von Günter N. (gnatz)


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Tim 🔆 schrieb:
> Die Angabe habe ich als Testbedingung verstanden bei der die Segmente
> eine möglichst gleichmäßige Helligkeitsverteilung haben.

Das ist keine Testbedingung sondern ein Beispiel für eine mögliche 
Betriebsauslegung. Die "absolute maximum"-Bedingungen sind dagegen keine 
Bedingungen, die im Betrieb dauerhaft ausgenutzt werden dürfen. Die 
Werte halten die Bauelemente aus, wenn sie sehr selten erreicht werden. 
Für Bausteine werden oft auch Fallhöhen definiert, die ein Bauelement 
aushält, wenn es mal aus dieser Höhe auf einen Betonboden fällt. Wenn 
man das aber immer wieder macht, ist das Bauelement durch 
Materialermüdung bald hinüber. So ähnlich verhält es sich auch bei den 
LEDs. Bei hohen Spitzenströmen treten lokale Hitzespots auf. Diese 
führen bei häufigem Auftreten des Ereignisses beispielsweise dazu, dass 
Kristallstörstellen (Microcracks) sich ausdehnen und der Kristall 
springt.

von Tim 🔆 (solarlicht)


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Ich hatte bei meinem vorherigen Beitrag vergessen das Datenblatt 
anzuhängen.

von Michi S. (mista_s)


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Tim 🔆 schrieb:
> Nehme ich z. B. 20% duty bei 50Hz sind es 4ms,
> bei 200Hz ist es nur 1ms.

Klar, und bei 1kHz nur mehr 200µs usw.
Aber mit höheren Frequenzen kanns eh nie Probleme geben, weil dann der 
Strom auch nur für immer kürzere Zeiten fließt.

Andersrum wärens bei 10Hz dann 20ms die der Strom fließt; solange Du 
dabei unter den 7mA im Durchschnitt bleibst und die Umgebungstemperatur 
nie (auch nicht am Ende der 20ms wenn alle Segmente leuchten) über 25° 
steigen läßt, wäre das vmtl. auch noch im erlaubten Rahmen. - Große 
Freude wird Dir aber die dann ständig blinkende Anzeige wohl auf Dauer 
wohl trotzdem nicht bescheren.


Tim 🔆 schrieb:
> es geht bei meiner Frage nicht ums flackern.

Aber möglicherweise bei der Antwort auf Deine Frage. ;)

Denn solange Du mit der Frequenz nicht unter 50Hz gehst, fließt der 
Strom eh nie länger als 4ms.


Eine andere Frage wäre aber, was passiert wenn man das Display (bei 
ausreichender Kühlung) mit 0,7ms Pulsen (und 70ms Pausen) mit 190mA 
bestromen würde? Das würde ja letztlich alle abs.max. Werte problemlos 
einhalten, andererseits scheints mir doch recht unwahrscheinlich, das 
190mA zwanzigmal so lang fließen dürften wie 200mA?

von Thomas (kosmos)


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um wieviele 7-Segment Anzeigen geht es den. Bei einer Uhr ss:mm verwende 
ich 4 Latches (74HC573), die Eingänge kann man alle parallel klemmen und 
braucht dann noch 4 Steuerleitungen, dann gibt es überhaupt kein 
Geflacker. Gibt genug Videos auf denen man so nen Multiplexanzeige 
überhaupt nicht ablesen kann.

von Tim 🔆 (solarlicht)


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Also gut, dann mal zum Hintergrund:

Ich will endlich mein Projekt vollenden, das ich schon in den frühen 
1990ern angefangen hatte. Damals wollte ich mir mit dieser LED-Anzeige 
und einem MM5313 eine Schreibtischuhr in ein sehr flaches Gehäuse bauen. 
Den Probeaufbau habe ich sogar noch, siehe Foto. Leider konnte RS einen 
besonders flachen Trafo nicht mehr liefern und meine Alternative in Form 
eines selbst entworfenen steckerlosen Netzteils flog mir samt 6DM teurem 
Thyristor um die Ohren, da hatte ich damals die Lust verloren.

Aber zum Glück braucht man das heutzutage ja alles nicht mehr, es gibt 
tolle Anleitungen zu NTP-Uhren und getacktete Steckernetzteile, bei 
denen sich kein Trafo mehr in der Steckdose totbrutzelt. Nur die 
LED-Anzeige möchte ich beibehalten, damit es optisch so aussieht wie ich 
es mir damals ausgedacht habe. Meine Anzeige hat im Gegensatz zu den 
Bauanleitungen gemeinsame Kathode, aber das ist ja kein unlösbares 
Problem. Das Ganze kommt schließlich in ein sehr schönes flaches 
Metallgehäuse.

Damals habe ich mir über diese LED-Anzeige keine großen Gedanken 
gemacht. Die wurden schließlich noch nicht in Gold aufgewogen und ich 
hätte dutzende dieser Fernbedienungen für umme bekommen können. In der 
Berufsschule hat uns unser Lehrer den Unsinn eingetrichtert, dass eine 
LED grundsätzlich mit max. 20mA betrieben wird. Als Azubi hab ich's 
geglaubt und bei meinem Versuchsaufbau 17mA durch die LED-Anzeige 
gejagt. Es gab weder Internet noch hatte ich das Datenblatt zu diesem 
Display.

Diesmal will ich es halt besser machen, ohne die Anzeige zu quälen. Und 
da kam bei mir die Frage zur Wiederholfrequenz auf. Dabei ging es mir 
aber nicht ums flackern, sondern ob und wie ich den Strom der Anzeige je 
nach Frequenz anpassen muss. Ich nehme jetzt einfach mal die im 
Datenblatt vorgeschlagenen Betriebswerte und mache mir über die 
Wiederholfrequenz keine Gedanken mehr.

: Bearbeitet durch User
von Thomas (kosmos)


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vergiss was ich geschrieben habe da so einen Anzeige nur die 7 Leitungen 
und 4 zum Auswählen des Elementes hat, kann man die nicht getrennt ohne 
Multiplexing betreiben.

von Günter N. (gnatz)


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Tim 🔆 schrieb:
> In der
> Berufsschule hat uns unser Lehrer den Unsinn eingetrichtert, dass eine
> LED grundsätzlich mit max. 20mA betrieben wird.

Das war früher durchaus richtig. Nur beim Multiplexen konnte man den 
Strom moderat überschreiten, wenn man den Duty-cycle beachtete. 
Inzwischen sind Halbleiter auf dem Markt, die höhere Belastungen 
vertragen und bei denen die Wärme auch besser ans Substrat abgeführt 
wird, wenn dieses mit einem Kühlkörper verbunden ist. Das ist so, wie 
man heute extrem feste Stähle hat, die es früher so nicht gab. Aber auch 
da gibt es Belastungsgrenzen, die man beachten muss. Sonst sind Gebäude 
oder Brücken nach wenigen Jahren abrissbereit, während sorgfältig 
dimensionierten Bauwerke aus der Römerzeit noch immer Bestand haben. 
Manchmal ist Sorgfalt bei der Planung und gutes Fachwissen mehr wert als 
das blinde Vertrauen in die moderne Technik.

von Tim 🔆 (solarlicht)


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Günter N. schrieb:
> Das ist keine Testbedingung sondern ein Beispiel für eine mögliche
> Betriebsauslegung.

Danke dass du das erwähnt hast. Ich habe den Text im Datenblatt nochmal 
gelesen und jetzt richtig verstanden.

von Manfred P. (pruckelfred)


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Günter N. schrieb:
> Das war früher durchaus richtig. Nur beim Multiplexen konnte man den
> Strom moderat überschreiten, wenn man den Duty-cycle beachtete.
> Inzwischen sind Halbleiter auf dem Markt, die höhere Belastungen
> vertragen und bei denen die Wärme auch besser ans Substrat abgeführt
> wird,

Das halte ich für falsch. Früher brauchte man statisch 10..20mA 
Segmentstrom, damit es überhaupt leuchtet und die LEDs steckten 
200mA-Impulse klaglos weg. Heute genügen statisch 2..3mA für die gleiche 
Helligkeit, aber würden bei 200mA-Impulsen direkt abfliegen.

Es ist nicht nur die Wärme, kleinere Kristallstrukturen und Bonddrähte 
müssen den Strom tragen. LEDs und Leistungstransistoren sind 
unterschiedliche Dinge, bei letzteren hast Du recht, die können mehr als 
früher.

Was bleibt: Datenblatt sorgfältig lesen!

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Manfred P. schrieb:

> Früher brauchte man statisch 10..20mA
> Segmentstrom, damit es überhaupt leuchtet und die LEDs steckten
> 200mA-Impulse klaglos weg.

Ähem. Die Bubble-Displays um die es hier geht, sind von früher.
Das Datenblatt ist von 1979!

Diese Displays sind älter als LCD und wurden in frühen Taschenrechnern 
und Digital-Armbanduhren eingesetzt. Erste Bauelemente in dieser 
Technologie sind noch älter, vom Anfang der 70er Jahre. Der Spiegel 
nennt 1972 für die Hamilton Pulsar Armbanduhr.

Die Segmente sind monolithisch auf einem LED-Kristall aufgebracht. 
Deswegen gibt es diese Displays auch nur mit gemeinsamer Kathode.

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