Moin, ich habe gerade einen Kunden, der kein Gefühl für korrektes Handling von elektronischen Baugruppen hat. Das Biegen und Verwinden bei der Montage müssen sowohl Leiterplatte als auch Bauteule ohne Schaden überstehen können. Nun stellt sich mir die Frage: Was ist korrektes Handling? Ich meine mich erinnern zu können, vor langer Zeit eine Ausarbeitung, Norm, ... gesehen zu haben, die genau das thematisiert. Da wurden die Klassiker wie Anheben an Elkos, das falsche Tragen bei großen und schweren Baugruppen, Tragen von Handschuhen, ESD-Schutzmaßnahmen usw. beschrieben. Weder beim FED noch bei der IPC konnte ich jetzt eine entsprechende Norm finden. Kennt jemand etwas passendes und kann mir einen Tipp geben? Vielen Dank für jede ernstgemeinte Hilfe
https://piektraining.com/de/schulungen/handling-logistik-von-bauteile-pcb-und-pcba-schulung/ Vielleicht?
Hier ein Link zu einem PCB Hersteller. Die Grafik zeigt eine gute Übersicht. https://www.pcbelec.com/ipc-standards-for-pcb-manufacturing-and-assembly.html
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Vielen Dank für die Links. Beide verweisen auf Normen, die das Handling während der Fertigung definieren. Mich interessiert aber eine Definition, wie mit einer vollständig gefertigten Baugruppe umgegangen werden darf.
Lass micht raten -> nicht im LH definiert nun suchen beide Seiten nach dem AadWP :) Entweder gibt es im LH einen Passus zur Montage oder der Käufer muss die Dinger so einbauen, dass diese nicht beschädigt werden. Habe hier noch nie erlebt, dass Montageschäden auf wirksam auf Lieferanten abgewälzt werden konnten, wenn es nicht vorher beschrieben war.
Maik S. schrieb: > nicht im LH definiert nun suchen beide Seiten nach > dem AadWP :) In der Tat weder im Lasten- noch Pflichtenheft definert. Aber wie kann die Definition aussehen, wenn es keine Norm dazu gibt? Einfach nur auf einen sorgsamen Umgang hinweisen, reicht nicht aus und ist relativ.
ja - ich schreibe in solchen Fällen einen "Analysebericht" mit deutlichen Fotos von Beschädigungen, deklariere alles was offensichtlich nachträglich passiert ist als "Kundenverschulden" :) Danach gebe ich Hinweise, wie mit den Produkten unserer (meiner) Meinung nach umzugehen ist um die Schäden zu verhindern oder biete an Produktänderungen zu prüfen, wenn der Kunde gewisse Punkte nicht sicherstellen kann. Je nach Kunde wird sowas angenommen oder auch nicht... Keine Ahnung, wie die Belastbarkeit von elektrischen Lötverbindungen definiert ist. Aber sowas führt mMn nie zu einer Lösung, weil man am Ende über Versuchsaufbauten / Meinungen diskutiert, aber selten einen realen Nachweis führen kann. Wenn die Belastung beim Verbau "ausgehalten" werden muss, gibt es eine Simulation, habt ihr die Möglichkeit zur Prüfung eingefordert (Demonstrator) und sind die Arbeitsprozesse soweit beschrieben, dass eine Beschädigung ausgeschlossen wird ?
Maik S. schrieb: > Danach gebe ich Hinweise, wie mit den Produkten unserer (meiner) Meinung > nach umzugehen ist um die Schäden zu verhindern oder biete an > Produktänderungen zu prüfen, wenn der Kunde gewisse Punkte nicht > sicherstellen kann. Gefällt mir! Wird bei uns auch gemacht und führt sehr oft zum Ziel. Aktuell haben wir gar kein ernsthaftes Problem mit dem Kunden. Bei einem Prototypen ist ihm ein kleiner 0603 Kerko abgerissen. Da die Kappen noch im Lot stecken und der Kondensator fest unter der benachbarten Buchse steckte, gehen wir von einer gewissen Krafteinwirkung aus. Das ansich ist gar kein Drama, kann passieren... Blöd ist nur, dass in unmittelbarer Nähe einige Dioden im SOD-323 Gehäuse mit abgefallen sind. Überrascht war der Kunde, wie gering der Kraftaufwand zum Abreißen der Dioden ist. Da reicht ein wenig Druck mit dem Fingernagel und die Biester springen über die Leiterplatte. Die Lötung ist korrekt und die Bauteile haben bei uns auf anderen Baugruppen auch schon die Rüttel-/Schütteltests für automotive Anfordeurng überstanden (und lassen sich ebenfalls leicht mit dem Fingernagel entfernen). Ich hatte in einem Meeting fallen gelassen, dass bei der Montage der Baugruppe eine gewisse Vorsicht vonnöten ist und z.B. ein Biegen und Verwinden der Baugruppe schädlich sein kann. An dieser Stelle wäre ein Norm sehr hilfreich.
Hab mal geschaut: EN 62137-2 ? Wäre zumindest eine Prüfung bzgl. der Scherfestigkeit.
Interessante Norm, aber immer noch nicht das was ich mir erhofft hatte. Mir schwebt ja eine Art Leitfaden für den sicheren Umgang mit Baugruppen vor. Ansatzweise behandelt das die IPC-610. Aber das Kapitel 3 ist schon zu Ende bevor es richtig angefangen hat. Und auch hier wieder nur im Rahmen der Fertigung einer Baugruppe.
Ralph T. schrieb: > Ansatzweise behandelt das die IPC-610. Das ist eine reine Abnahmerichtlinie für die Inspektion bereits gefertigter Baugruppen, da wirst du nicht viel dazu finden. Quasi ein Bilderbuch mit Beispielen für "so sieht eine gute Lötstelle aus" und "so nicht". Etwas ausführlicher ist die J-STD-001, aber die ist in dieser Richtung auch sehr allgemein gehalten.
Ich würde Normen für so etwas mehr Richtung branchen- und anwendungsspezifisch verorten und dort suchen. Transport, Lagerung, Inbetriebnahme von Baugruppen für XXX. Luft- und Raumfahrt, Militär, Medizin, Waschmaschinenhersteller, Industrieelektrik, KFZ usw. haben je nach Anwendung sicher ganz unterschiedliche Vorgaben. So gab es von der NASA mal ihre Workmanship Standards. Nur machst du wahrscheinlich nicht in US-Raumfahrt[1] und die meisten Workmanship Standards sind mittlerweile durch Industrienormen ersetzt worden. Da dein Kunde dir sowieso keinen NASA-Standard abkaufen wird, und wenn du nichts findest, schreib notfalls selber eine "Werksnorm" und jubel die deinem Kunden unter. Nachtrag: Wenn ich so drüber nachdenke, ist eine Norm, mit der für Normen häufig typischen Sprache und Struktur, überhaupt das Richtige für Leute die erstaunt darüber sind das Elektronik empfindlich ist? Das Papier mit dem du wedeln willst muss zielgruppengerecht sein. Aus Neugier würde mich mal interessieren was das für Arbeiter waren. Hilfskräfte oder welche mit deutscher Ausbildung (um die uns die ganze Welt beneidet ... </ironie>)? _ [1] Also hoffentlich nicht. Solche Eisenbieger wie deine Kunden wären da irgendwie falsch am Platz.
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"Defekte nach IPC-A-610H insbesondere Kapitel 9 dürfen weder in der Herstellung, noch beim Handling/Versand noch beim Einbau auftreten" würde schon mal einiges abdecken. Maximales Verbiegen müsste IPC-6012 sein, die kann ich leider nicht nachschauen. In der Praxis ist es eben nicht so einfach weil die Baugruppen sehr unterschiedlich sein können. a) Wir haben Leiterplatten da sind nur Elkos, Widerstände, Drosseln und grobmotorische Stecker drauf. Alles bedrahtet und nicht zu schwer. Denen macht weder ESD noch mechanische Gewalt etwas aus solange man sie nicht fallen lässt. b) Wir haben auch Leiterplatten mit sehr grossen SMD Keramikkondensatoren und empfindlicher Messtechnik. Die sterben an ESD und gecrackten Kondensatoren wenn man sie nur schief anschaut. Eine grössere Leiterplattendicke würde wohl helfen, geht aber nicht in das Sensorgehäuse des Kunden. Die passenden Anforderungen muss man aushandeln und ein bisschen aufeinander Rücksicht nehmen. viel Erfolg hauspapa
Hannes J. schrieb: > Aus Neugier würde mich mal interessieren was das für Arbeiter waren. > Hilfskräfte oder welche mit deutscher Ausbildung Das sind schon gut ausgebildete Fachkräfte. Allerdings kommt die Baugruppe in eine Maschine, die aus viel Stahl mit großen Elektromotoren besteht. Enstprechend werden Hinweise wie "vorsichtig, mit Gefühl" unterschiedlich interpretiert. S. K. schrieb: > "Defekte nach IPC-A-610H insbesondere Kapitel 9 dürfen weder in der > Herstellung, noch beim Handling/Versand noch beim Einbau auftreten" Das gefällt mir. Ich denke, dass werde ich zukünftig ins jeweilige Pflichtenheft übernehmen.
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