Zwischenkreiskapazität
Dieser Artikel versteht sich als Unterpunkt zum Artikel Leistungselektronik
Zwischenkreiskondensator
Einführung
Die Zwischenkreiskapazität ist der wichtigste Energiespeicher eines leistungselektronischen Systems, der Speicher für schnelle, transiente Vorgänge. In 99% aller Fälle befindet sich die Energiequelle technisch gesehen "weit" von der Last entfernt. Da jede Leitung eine Induktivität darstellt, ist die Quelle nicht direkt, sondern über je eine Induktivität in Hin- und Rückleitung mit der Leistungselektronik verbunden. Die Zwischenkreiskapazität - die stets in geringst möglichen Abstand d.h. niederinduktiv zum Leistungsschalter positioniert werden muss - dient der Kompensation der Leitungsinduktivitäten zwischen Energiequelle und Leistungselektronik.
Im nebenstehenden Bild ist der "Standard-Schaltplan" einer Endstufe mit ohmscher Last zu sehen.
Nehmen wir an, man verwendet eine neue Autobatterie mit 13,5V als Energiequelle, und einen Heizwiderstand (L des Widerstandes hier vernachlässigt) mit 0,1 Ohm. Der FET und die je 1m langen Zuleitungen haben zusammen 4mOhm. Dies ergibt einen Maximalstrom von ca. 130A.
Die Leistung des Heizwiderstandes soll mit einer PWM-Frequenz von 10kHz geregelt werden. In den nachfolgenden Beispielen wird zur Vereinfachung ein Tastverhältnis von 50% fest vorgegeben
Hier der ideale Spannungs- und Stromverlauf zwischen FET und Lastwiderstand.
Jetzt blicken wir der Realität ins Auge, und bauen das sehr rudimentäre Simulationsmodell halbwegs real auf. Dazu fügen wir - bei unveränderter Gateansteuerung, und unverändertem Timing - für die je 1m langen Versorgungsleitungen zwischen Batterie und Leistungsteil eine Induktivität von 1µH in das Simulationsmodell ein. Ohne genaue Kentniss des Lastkreises bzw. der Verdrahtung kann eine parasitäre Induktivität von ca. 10nH/cm angenommen werden.
Deutlich ist zu erkennen, dass der Strom gerade einmal 120A anstatt 130A erreicht. Die Stromform ist absolut nicht vergleichbar. Des Weiteren erreicht die Spannung am Drain des 30V FETs knapp 900V, was das Bauteil beim ersten abschalten sofort zerstören wird.
Ist kein Stützkondensator vorhanden, wird der gesammte AC-Stromrippel direkt aus der Batterie gezogen, was
- einen hohen Überspannungsimpuls erzeugt.
- die Zuleitungen als Sendeantenne missbraucht (EMV).
- nicht den gewünschten Strom und Stromverlauf im Widerstand erzeugt.
- die Batterie selbst mit Mikrozyklen belastet.
- mit höchster Warscheinlichkeit einen hässlichen Ausschwinvorgang erzeugt (EMV).
Hier ein Beispiel mit einem Stützkondensator. Die beim Kondensator vorhandenen, parasitären Einflüsse sind in dieser Simulation nicht berücksichtigt um die Komplexität zu minimieren.
Designkriterien für den Kondensator folgen.
Der Einfluss des Kondensators ist deutlich sichtbar. Der rechteckförmige Stromverlauf ist schon fast wieder erkennbar... genauso wie eine Schwingneigung im entstandenen LC-Kreis ;-(
Design des Stützkondensators
Den im Vergleich zwischen den beiden obigen Simulationen fehlende Strom liefert der Kondensator. Die parasitären Elemente dieses Bauteiles haben je nach Typ mehr oder weniger Einfluss in dieser Anwendung.
Ersatzschaltbild eines Kondensators
Unabhängig vom Kondensatortyp besitzt jeder Kondensator nicht nur die aufgedruckte Kapazität, sondern auch einen internen Widerstand (ESR), und eine interne Induktivität (ESL).
Bei gewickelten Kondenstoren (fast alle Elkos und viele Folienkondensatoren) ist die parasitäre Induktivität aufbaubedingt größer, als bei geschichteten Folienkondensatoren. Für die meisten Anwendungen genügen jedoch Elektrolytkondensatoren, die bezahlbar und mit fast beliebigen Werten verfügbar sind.
Häufig ist es einfacher und preiswerter, mehrere Elkos parallel zu schalten, als auf Folienkondensatoren umzusteigen.
Achtung: Unbedingt auf die möglichst symmetrische Anbindung der parallelgeschalteten Bauteile zum Leistungsschalter achten. Die Leitungslänge zwischen dem einzelnem Kondensator und der Endstufe muß möglichst identisch sein.
Es gibt jedoch einige Anwendungen – meist mit höherer Frequenz oder sehr kurzer Impulszeit (Induktionsheizung [Resonanz-C], elektromagnetische Beschleuniger, Coin-Schrinker, ... ) die die Verwendung von impulsfesten Folienkondensatoren (z. B. MKP10, FKP1,... ) erforderlich machen.
Kondensatorauswahl
Die Bestimmung der benötigten Kapazität und Anzahl der Kondensatoren hängt ab von...
- Frequenz des Stromes (Schaltfrequenz × 2) ==> wie oft kommt die Flanke , bzw. wie oft wird Energie entnommen/geladen ==> Verlustleistung
- Flankensteilheit (trise, tfall) ==> wie schnell wird die Energie entnommen ==> die parasitäre Induktivität wirkt der Kapazität entgegen
- Tastverhältnis = Effektive Strombelastung (nicht Mittelwert!) ==> ohmsche Verlustleistung
- Kühlmöglichkeiten (Verluste im Kondensator, Temperaturerhöhung, Kühlanbindung) ==> Abfuhr der Verlustleistung ==> höhere zulässige Stombelastbarkeit
- ESR ==> ohmsche Verlustleistung
- Betriebsspannung ==> Lebensdauer
Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten wird ein stark vereinfachter Ansatz verfolgt, der für den nicht professionellen Anwendungsfall als ausreichend erscheint. (Verbesserungsvorschläge sind jederzeit erwünscht! bitte über PN)
- Betriebsspannung definieren. Diese Spannung nur zu ca. 80% ausnutzen.
- Betriebspunkte festlegen: a) Wie lange dauert die Stromentnahme (dt in s), b) wie hoch ist der Peakstrom (I in A) und c) um welchen Wert darf die Spannung dadurch einbrechen (dU in V)?
- Über die Näherung C = I·dt/dU die dafür benötige Kapazität in Farad berechnen.
Den nächsten, größeren Wert als minimum Wert wählen. - Effektivwert der Strombelastung berechnen – siehe die nebenstehende Übersicht – Wenn die Stromform im Augenblick unbekannt ist wäre der Versuch angebracht die ungefähre Stromform und damit die Belastung durch eine Simulation zu ermitteln. Ansonsten bleibt nur der Ansatz die Kondensatoren zuerst auf den Peakstrom auszulegen, was bei entsprechendem Geldbeutel der sichere Ansatz ist, und dann Stück für Stück die Anzahl der Kondensatoren zu reduzieren (siehe Punkt 8).
- Maximalstrom des Kondensators (bei Elkos bei 100Hz) aus dem Datenblatt auslesen. (Bei Folienkondensatoren den nächsten Punkt überspringen)
- Umrechnen des Datenblattwertes auf die Schaltfrequenz der eigenen Applikation (Umrechnungsbeispiel gilt nur für Elkos!): (von 100Hz auf 10Hz: I[10Hz] = I[100Hz]·0,8; von 100Hz auf 1kHz: I[1kHz] = I[100Hz]·1,3. Eine weitere Vergrößerung für höhere Frequenzen >1kHz ist so nicht zulässig, der 1kHz Wert bleibt bestehen.
- Wenn die Strombelastung größer als die im Datenblatt angegebene ist, mehrere Kondensatoren parallel schalten oder anderen Kondensatortyp wählen.
- Kondensator im Betrieb testen.
Dazu wird der Kondensator in der Schaltung betrieben und dabei die Minimalspannung, die Maximalspannung und die Temperatur gemessen. Der Spannungseinbruch muss im selbst gewählten Rahmen bleiben, die Maximalspannung darf nie erreicht werden (Sicherheitsabstand!) und die maximal zulässige Betriebstemperatur des Bauteiles darf nicht erreicht werden (Messungen Anfangs in kurzen, dann je nach Änderungsgeschwindigkeit der Temperatur in längeren Abständen aufnehmen, bis sich die Temperatur auch nach einigen Minuten nicht mehr erhöht, sofortiger Abbruch bei erreichen der Maximaltemperatur!).
Als Daumenregel gilt: Bei allen Kondensatoren 15..20K unter dem spezifizieten Maximalwert bleiben. Da jedes halbwegs gute Multimeter Heute die Möglichkeit einer Temperaturmessung bietet, sollte dies für jeden machbar sein. - Den Test unter Punkt 8. an mehreren Betriebspunkten wiederholen.
Auslegungskriterium bei Elkos ist die max. Rippelstrombelastbarkeit, bei Folienkondensatoren der erlaubte Spannungsrippel bzw. -einbruch. Nur in den seltensten Fällen wird die Verwendung von einem einzelnen Kondensator alle Probleme lösen. Die Parallelschaltung von mehreren Kondensatoren des gleichen Typs ist daher grundsätzlich zu empfehlen (Achtung: Leitungslänge von Zuleitung+Ableitung muss möglichst gleich sein, sonst werden die Bauteile nicht gleichmäßig belastet). Lieber mehrere Elko mit dem besten Preis-Leistungs Verhältnis, als ein Spezialtyp.
Anbindung des Stützkondensators an das Leistungsteil
Im Bild ist der Leistungspfad – bestehend aus Zuleitungen, Kondensator und Endstufe – mit den wirksamen parasitären Einflüssen dargestellt. Die dort gezeigten parasitären Elemente zwischen Kondensator und Leistungsschalter stellen den kompletten Leistungszweig dar, der im Schaltvorgang belastet wird.
Die Optimierung der im Bild gezeigte Schleife – d.h. kürzest mögliche Verbindung mit minimierter Induktivität – muss beim Design oberste Priorität besitzen.