Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik LTspice: simple Schaltung überraschendes Ergebn


von Jochen B. (jochen_b)


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Im Prinzip geht es mir darum, den Strom in einem geregelten Netzteil auf 
der "high side" zu messen. Im Datenblatt des LT1636 findet sich dazu ein 
Schaltungsvorschlag, der eine massebezogene Spannung proportional zum 
Strom liefert.
Im angehängtem "ohne_R.jpg" findet sich ein LTspice Umsetzung dieser 
trivialen Schaltung, die prima funktioniert! Wenn ich nun aber in den 
Stromkreis einen Widerstand (anstelle des Kängsregeltransistors aus dem 
Netzteil) einfüge, dann springt die Spannung nur noch zwischen 0 und 
max.V. Dazu der screenshot "mit_R".
Ich kann mir das nicht erklären. Was mache ich falsch, hat Jemand einen 
Vorschlag?

von Helmut S. (helmuts)


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Hänge mal die Schaltung an. Das ist der File mit .asc.

von Jochen B. (jochen_b)


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Helmut,
hier sind beide. Um den (meinen?) Fehler einzugrenzen ist die Schaltung 
aus einer größeren (=regelbares Netzteil) heraus genommen. Im Prinzip 
genau das, was im Datenblatt veröffentlicht ist.
Wäre Prima wenn Du helfen könntest!

von Stefan Z. (wooschder)


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Wenn R10 kleiner ist, z.B. nur 220R, dann gehts.

von Jochen B. (jochen_b)


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Hallo Steffan,
danke für den Tip, es funktioniert. Ich hatte R10 so gewählt, dass ich 
mit dem uP-internen ADC (AVR Mega) 'ne möglichst gute Auflösung 
hinbekomme, also 5V beim maximalen Strom von 2A.
Was bei höreren R-Werten passiert verstehe ich nicht aber LTspice wird 
wohl schon recht haben. Kann's einer erklären?

Danke!

von HildeK (Gast)


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Jochen B. schrieb:
> Kann's einer erklären?

Leider auch nicht.
Aber, warum schließt du die VCC des LT1636 nicht nach deinem Regler 
an? Dann hättest du die Verhältnisse wie im Bild ohne R.

von Jochen B. (jochen_b)


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Nun weil ich die Spannung des Netzteils bis auf nahezu 0V runter regeln 
können möchte. Da macht dann der Op schlapp.
Wie gesagt sind die beiden Schaltungen aus der Gesamtschaltung des 
Netzteils raus operiert - der Übersichtlichkeit wegen.

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Anton,
Das Verhalten ist in der Tat sehr seltsam. Ich habe immer ein mulmiges 
Gefühl, wenn am Ausgang des Opamp noch ein invertierender Verstärker in 
der Regelschleife ist. Allerdings liegt das Problem in deiner Schaltung 
am SPICE-Modell. Da ist irgend eine "Schwäche" drin. Die Simulation 
läuft, wenn man den Opamp am Sensewiderstand versorgt. Habe jetzt 
gelesen, dass du das aber keine Lösung für deine Schaltung ist.

Ich empfehle dir die Schaltung mit einem PNP-Transistor. Siehe Bild. Die 
funktioniert auch in der Simulation.

Gruß
Helmut

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Die LTspice-Simulation einschließlich Opamp-Modell arbeiten korrekt. Das
Problem liegt in der simulierten Last, die in der Realität selten so
aussieht.

Die Inverterstufe aus R8, Q3 und R10 invertiert nur, solange Q3 nicht in
Sättigung geht. Überschreitet die Ausgangsspannung des Opamp einen
gewissen Wert, wird aus der Gegenkopplung deswegen eine Mitkopplung,
wodurch die Schaltung zwei stabile Zustände hat:

1. den erwünschten, in dem der Opamp im linearen Bereich arbeitet

2. den unerwünschten, in dem der Opamp übersteuert

Die anfängliche Arbeitspunktberechnung von LTspice hat in der Simulation
unglücklicherweise den zweiten Zustand erwischt. Aber auch wenn man die
Arbeitspunktberechnung mit UIC unterbindet, tritt das Problem auf. Das
liegt daran, dass durch die unglückliche Konfiguration von I2 der Last-
strom sofort fließt, währed die Versorgungsspannung wegen Rser und C1
erst langsam ansteigt.

Das wird aber in der Realität normalerweise nicht passieren, da der
Laststrom von der Versorgungsspannung abhängig ist und selbst bei
kapazitiver Last wegen R2 und R7 eine begrenzte Anstiegsgeschwindigkeit
hat. Ersetzt man die Stromquelle durch ein realitätsnäheres Gebilde aus
Widerständen, Kondensatoren und Spulen, funktioniert die Schaltung auch
in der Simulation bestens.

Schließt man hingegen in der Realität eine Stromquelle als Last an und
schaltet diese gleichzeitig mit der Versorgungsspannung (oder schon
etwas davor) ein, wird das genannte Problem tatsächlich auftreten.

Die Simulation tut also genau das, was man von ihr erwartet, und die
Schaltung ist auch in Ordnung.

von Jochen B. (jochen_b)


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Hallo yalu,
vielen Dank für die sorgfältige Analyse und Diagnose! Der erste Schritt 
ist damit getan. Nun zum zweiten: hättest Du (oder wer auch immer) auch 
einen Vorschlag, wie man die Last einigermassen realitätsnah in LTspice 
simulieren kann? Das würde nicht nur mir als Einsteiger sonder 
möglicherweise auch anderen Nutzern sehr helfen.
Gibt es vielleicht 'ne Möglichkeit die Last, die jetzt mit SINE(1.01 1 
10) spezifiziert ist, phasenversetzt starten zu lassen - also nicht mit 
1A sondern mit 0A? Das würde m.E. das Problem lösen wenn die Frequenz 
gleichzeitig niedrig genug gewählt wird. Wahrscheinlich existieren viele 
praktikable spice Lösungen, mir als newbee sind sie unbekannt :-(

Gruß&Dank Jochen

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Jochen B. schrieb:
> hättest Du (oder wer auch immer) auch einen Vorschlag, wie man die
> Last einigermassen realitätsnah in LTspice simulieren kann?

Wenn du es mit ohmschen, aber veränderlichen Lasten zu tun hast, kannst
du R1 und die Stromquelle durch einen zeitabhängigen Widerstand
ersetzen. Du schreibst dazu einfach in das "Resistance"-Feld des
Widerstands
1
  R = <Funktion von TIME>

also z.B.
1
  R = 32 / (SIN(20*PI*TIME) + 1.01)

> Gibt es vielleicht 'ne Möglichkeit die Last, die jetzt mit SINE(1.01 1
> 10) spezifiziert ist, phasenversetzt starten zu lassen

Natürlich: Du brauchst nur im Dialog für die Stromquelle den Parameter
"Phi(deg)" auf -90 zu setzen.

Auf jeden Fall solltest du aber im Transient-Dialog das Häkchen für
"Skip Initial operating point solution" setzen.

von Jochen B. (jochen_b)


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Hi Yalu,
großartig, danke für den Tip.  Wenn ich die Stromsenke mit -90 Grad 
starten lasse, dann kommt Q3 nicht mehr in die Sättigung. Ich kann 
also R10 auf 2.2k erhöhen und habe dann damit 1V pro Ampere Lasstrom. 
Das ist genau der Wert, den ich meinem ADC im µP (AVR Mega) zumuten 
kann.

Nun bin ich mit meinem Schaltungsentwurf zwar noch nicht ganz durch, 
aber ein ganzes Stück weiter gekommen.

Schönen Sonntag noch und Gruß

Jochen

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Auch wenn die Sache jetzt soweit funktioniert, würde ich trotzdem
überlegen, ob nicht Helmuts Schaltung mit dem PNP-Transistor die bessere
Lösung ist. Zwar kann auch bei ihr der Transistor unter extremen
Bedingungen in die Sättigung gelangen, im Gegensatz zur ursprünglichen
Schaltung entsteht dabei aber kein "Einrast"-Effekt.

Den einzigen Vorteil der NPN-Schaltung sehe ich darin, dass der Opamp
mit einer niedrigeren Versorgungsspannung als der Verbraucher betrieben
werden kann (vermutlich deswegen ist auch der INA138 von BB/TI so
aufgebaut). Da du von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch machst,
bringt dir der Vorteil nichts.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Yalu X. schrieb:

> Auch wenn die Sache jetzt soweit funktioniert, würde ich trotzdem
> überlegen, ob nicht Helmuts Schaltung mit dem PNP-Transistor die bessere
> Lösung ist.

Ist gehupft wie gesprungen. Weil:

>>> ... ich die Spannung des Netzteils bis auf nahezu 0V runter regeln
können möchte

In diesem Fall kann die Schaltung nicht funktionieren. Hinter R7 
(=U_aus) muß mindestens die Summe aus U_result und der 
Sättigungsspannung des Transistors anliegen.

Schließlich beruht das Schaltungsprinzip darauf, daß der Kollektorstrom 
des Transistors an 220R genausoviel Spannungsabfall verursacht wie 
I_last an 0.2R. Diesen Strom muß der Transisor aber irgendwohin ableiten 
können.

Retten könnte man die ganze Sache, indem man die Spannung an R10 nicht 
gegenüber GND, sondern einer negativen Spannung abfallen läßt. Z.B. -5V 
und den AVR dann aus GND/-5V versorgen.

Alternativ den Meßwiderstand vor dem Regeltransistor anbringen. Das 
setzt natürlich voraus, daß die Regelung keinen Strom nach GND ableitet 
oder am Meßwiderstand vorbei in den Ausgang.

Die Schaltung hat übrigens einen systematischen Meßfehler, weil Emitter- 
und Kollektorstrom eines Transistors nicht genau gleich sind - am 
Emitter fließt zusätzlich der Basisstrom. Ernst gemeinte Schaltungen 
dieser Art verwenden deswegen einen FET.


XL

von Jochen B. (jochen_b)


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Ich bin nun wirklich nicht der Fachmann - was man ja wohl dem 
Schaltungsentwurf direkt entnehmen kann. Aber bei der hohen 
Stromverstärkung des Darlingtons frage ich mich, wie groß denn der 
Meßfehler sein wird? Kann das mal Jemand über den Daumen peilen und hier 
posten?

Alex, wenn Du 'nen professionellere Entwurf für ein Netzteil (ca. 0 bis 
30V, ca 2A) zur Hand hast und hier posten könntest, nicht nur ich würde 
mich darüber freuen.

Beste Grüße
 Jochen

von Helmut S. (helmuts)


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Vergiss das mit dem Darlington. Nimm einen BCxxxC. Da hast du mindestens 
eine Stromverstärkung von größer 400. Damit wird dein Fehler wegen 
Basisstrom kleiner als 0,2%.

von Jochen B. (jochen_b)


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Danke Helmut für die klare Aussage. Die 0,2% Fehler wegen des nicht 
berücksichtigten Basisstroms kann wohl jeder, der nicht gerade ein 
ultrapräzises Laborerät für die PTT bauen will, verkraften. Problemlos 
wohl auch etwas mehr. Was ich und die meisten, wie ich glaube, so zur 
Verfügung haben liegt bei 3% +- 1 Digit.

Aber wie steht es nun mit einem Schaltungsvorschlag für 'nen 
nachbausicheres Gerät, dessen Teile einfach zu beschaffen sind und das 
den preislichen Rahmen für so'nen Bastler wie mich nicht sprengen.

Bin gespannt!

Gruß Jochen

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Jochen B. schrieb:

> Ich bin nun wirklich nicht der Fachmann - was man ja wohl dem
> Schaltungsentwurf direkt entnehmen kann. Aber bei der hohen
> Stromverstärkung des Darlingtons frage ich mich, wie groß denn der
> Meßfehler sein wird?

Welcher Darlington? Ich sehe da mit Q3 einen einzelnen Transistor.

> Kann das mal Jemand über den Daumen peilen und hier posten?

Ohne Abgleich ist der Fehler ca. 1/h_fe. Also für gängige Transistoren 
ca. 1% und damit in der Größenordnung der Toleranzen der Widerstände 
auch. Wenn du einen der Widerstände einstellbar machst (z.B. R10), dann 
kannst du alle diese Toleranzen auf einmal ausgleichen.

Das Problem ist eher, daß h_fe nicht konstant ist. Es variiert mit dem 
Kollektorstrom und natürlich mit der Temperatur. Aber größer als 1% wird 
der Fehler dadurch sicher nicht. Wie gesagt: ein MOSFET wie BS170 statt 
des Transistors tuts auch. Oder in der pnp-Variante ein BS250.

> Alex, wenn Du 'nen professionellere Entwurf für ein Netzteil (ca. 0 bis
> 30V, ca 2A) zur Hand hast und hier posten könntest, nicht nur ich würde
> mich darüber freuen.

Also Netzteil-Schaltungen gibts nun wirklich Tausende im Netz. Mehr als 
10 sicherlich allein hier im Forum. Welche genau man nimmt, hängt davon 
ab, welche Teile (Trafo, Gehäuse, Kühlkörper) man hat. Und anscheinend 
hast du ja auch eigene Vorstellungen, wenn du den Strom mit einem AVR 
messen willst.

Das "Problem" der High-Side Strommessung entschärft man i.d.R. dadurch, 
daß man getrennte Panelmeter für Strom und Spannung nimmt und denen 
unabhängige Stromversorgungen spendiert. So ein LCD-Panelmeter braucht 
ja nur wenige mA und man kann einen kleinen DC-DC Wandler nehmen; wie 
hier durchdekliniert:

Beitrag "galvanisch getrennt DC/DC 3V/1mA"


XL

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Jochen B. schrieb:

> Aber wie steht es nun mit einem Schaltungsvorschlag für 'nen
> nachbausicheres Gerät, dessen Teile einfach zu beschaffen sind und das
> den preislichen Rahmen für so'nen Bastler wie mich nicht sprengen.

Ganz am Anfang sollte man sich auch mal Gedanken über die benötigten 
Spannungen und Ströme machen. In der Praxis kommt man mit wesentlich 
weniger aus als den üblichen 2x 30V/3A. Mal ein paar Worte aus meiner 
Praxis:

Mein allererstes Netzteil hat einen Trafo aus einem alten 
Kassettenrecorder, der ca. 16V nach der Gleichrichtung bringt. Dahinter 
ein MAA723, ein SD336 (BD136), ein einfaches Poti und ein kleines 
Drehspulinstrument mit Skale 0-15, per Schalter umschaltbar auf 15V oder 
1.5A. Strombegrenzung fest bei 1A (reicht bis ca. 9V, darüber bringts 
der Trafo nicht mehr). Gebaut vor >25 Jahren, tut immer noch. Reicht für 
50% aller Projekte aus. Weil es klein und leicht ist, steht es manchmal 
auf dem Schreibtisch, wenn ich an einem Controllerprojekt bastele.

Dann vor ca. 20 Jahren habe ich das "dicke" Netzteil gebaut: 
Festspannungen 5V/5A + 7V/3.5A, per Schalter in Reihe oder einzeln. 2x 
1.5-20V/1A. Außerdem ein 12V/4A Netzteil mit Phasenabschnittsteuerung 
für den Lötkolben. 1 (ein!) Panelmeter mit einem C520 (AD2020/CA3162) 
umschaltbar um Strom/Spannung der beiden variablen Quellen und der 
Lötkolbenversorgung anzuzeigen. Steht fest auf der Elektronik-Werkbank.

Die Festspannungsquellen sind Schaltnetzteilmodule von Robotron :)
Die beiden variablen Quellen benutzen wieder einen MAA723 + externen 
Transistor (KU602 WIMRE). Schmankerl ist hier ein Thyristor-Vorregler, 
der die Regler-Eingangsspannung auf ca. U_aus + 6V hält. 
Spannungseinstellung mit Wendelpoti. Strombegrenzung fest auf 1A.

Und das hat bis jetzt für alles gereicht! Für Spezialprojekte wie z.B. 
die Endstufen für das Wohnzimmer wurde das Netzteil halt zuerst gebaut.

Eine separate Stromeinstellung ist zwar sicher praktisch, aber ernsthaft 
vermißt habe ich die nie. Was ich heute definitiv verbauen würde, sind 
viele separate Panelmeter. War damals aber unbezahlbar. Separate 
Grob/Fein Einstellung wirkt zwar nicht so edel wie ein 
10-Gang-Wendelpoti, ist aber billiger und in der Handhabung vielleicht 
sogar besser.

Schlußfolgerung: man kommt auch beim Netzteil mit weniger aus. Was man 
nicht braucht, muß man auch nicht bezahlen. Robustheit ist wichtiger als 
möglichst viel Strom/Spannung.


XL

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