Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Dynamo Taschenlampe -> Energy Harvesting -> Kondensator -> MSP430


von Marvin (Gast)


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Hallo liebes Forum,

ich bin ein (leider noch nicht so erfahrener) Elektrotechnik-Student. 
Zur Zeit mache ich ein Praktikum und meine Aufgabe ist die Entwicklung 
eines Prototypen. Hier eine kurze Beschreibung:

Ein Hebel, der mit der Hand bedient wird, soll elektrische Energie 
erzeugen, die dann im Anschluss einen MCU betreiben soll. In einem 
weiteren Schritt soll dieser dann Signale an ein in der Nähe 
befindliches anderes Gerät senden. Dazu ist das Speichern der Energie 
nötig, damit die Übertragung abgeschlossen werden kann.
Die Komponenten sollten nicht zu teuer sein (10-50€).

Als Vorbild habe ich die Dynamo-Taschenlampe, die bereits in 
Beitrag "Dynamo Taschenlampe" besprochen wurde, gewählt.

Mein Ansatz:
Ich nehme einen Hebel und verbinde ihn über eine Zahnstange und 
Zahnräder mit einem kleinen DC-Motor. Den Motor verbinde ich über einen 
Gleichrichter (4 Dioden) mit einem Kondensator, um die Energie zu 
speichern.
Mit dem günstigsten MSP430-LaunchPad, das ich mithilfe der Energie aus 
dem Kondensator betreibe, sende ich ein Signal mit dem "Bluetooth Low 
Energy Booster Pack"

Für einen ersten Test, habe ich einfach das Innenleben der Lampe 
verwendet. Das funktioniert auch, jedoch ist die erzeugte Energie mit 
60mJ (mit einem 22mF ElKo) bei 20 Sekunden pumpen zu gering, um den MCU 
zu betreiben. Verwende ich stattdessen meinen DC-Motor ohne Schwungrad 
erhalte ich lediglich 0,5mJ.
Berechnet habe ich das nach der Formel W=0,5*C*V² mit V der Spannung, 
die nach dem Aufladen des Kondensators zur Verfügung steht.

Meine Fragen:
Hat jemand Erfahrung mit solchen selbst gebauten Getrieben für 
Stromerzeugung? Wo bekomme ich solche kleinen Zahnräder und -stangen 
her? Wie befestige ich sie am besten?

Ist ein DC-Motor für unter 10€ von Farnell besser als der rotierende 
Magnet über einer Spule in der Taschenlampe? Gibt es Generatoren mit 
einem besseren Wirkungsgrad (mit Neodym-Magneten?)?

Ist ein Superkondensator für diese Aufgabe geeignet? Ich habe 
verschiedene Experimente (0,22F, 0,33F, 1F) durchgeführt, war aber ein 
wenig verwirrt aufgrund der anderen Lade- und Entladecharakteristik. 
Außerdem war die gespeicherte Gesamtenergie geringer, dafür das Bauteil 
aber wesentlich kleiner.

Was ist der effizienteste Weg, die Spannung von derzeit 0,5-2V in eine 
annehmbare Betriebsspannung für den MSP430 zu wandeln?



Vielen Dank schon jetzt für Eure Hilfe!

von Schreiber (Gast)


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Marvin schrieb:
> Für einen ersten Test, habe ich einfach das Innenleben der Lampe
> verwendet. Das funktioniert auch, jedoch ist die erzeugte Energie mit
> 60mJ (mit einem 22mF ElKo) bei 20 Sekunden pumpen zu gering, um den MCU
> zu betreiben. Verwende ich stattdessen meinen DC-Motor ohne Schwungrad
> erhalte ich lediglich 0,5mJ.

größeren Elko verwenden!
Das Teil sollte weit mehr wie 60mJ liefern können. Bei 20s Pumpen wären 
das ja nur 3mW Generatorleistung!

von Falk B. (falk)


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@  Marvin (Gast)

>Ich nehme einen Hebel und verbinde ihn über eine Zahnstange und
>Zahnräder mit einem kleinen DC-Motor. Den Motor verbinde ich über einen
>Gleichrichter (4 Dioden) mit einem Kondensator, um die Energie zu
>speichern.

So in etwa.

>Für einen ersten Test, habe ich einfach das Innenleben der Lampe
>verwendet. Das funktioniert auch, jedoch ist die erzeugte Energie mit
>60mJ (mit einem 22mF ElKo) bei 20 Sekunden pumpen zu gering, um den MCU
>zu betreiben.

Wieviel Strom für welche Zeit braucht dein MSP430 + Außenbeschaltung.

>Hat jemand Erfahrung mit solchen selbst gebauten Getrieben für
>Stromerzeugung?

Ich nicht.

> Wo bekomme ich solche kleinen Zahnräder und -stangen
>her? Wie befestige ich sie am besten?

Ich würde die Taschenlampe so nehmen wie sie ist und das Innenleben 
durch deine Schaltung ersetzen. Billiger ein einfacher bekommst du es 
nicht hin.

>Ist ein DC-Motor für unter 10€ von Farnell* besser als der rotierende
>Magnet über einer Spule in der Taschenlampe?

Das ist im Prinzip das Gleiche, aber je nach Aufbau ist der Wirkungsgrad 
verschieden.

> Gibt es Generatoren mit einem besseren Wirkungsgrad (mit Neodym-
>Magneten?)?

Die gibt es sicher, aber selten zum Nulltarif.

>Ist ein Superkondensator für diese Aufgabe geeignet?

Ja. Aber nimm den richtigen Typen! Die alten Goldcaps haben mehrere 
Dutzend Ohm Innenwiderstand, die sind hier nur sehr bedingt brauchbar. 
Die neueren Typen haben Innenwiderstände unter 1 Ohm, da kann man sowohl 
schnell und stark laden als auch entladen.

>Was ist der effizienteste Weg, die Spannung von derzeit 0,5-2V in eine
>annehmbare Betriebsspannung für den MSP430 zu wandeln?

Mit einem Step-Up Schaltregler. Aber ehe man das angeht, versucht man 
lieber die Generatorspannung so hoch zu kriegen, daß man die nötige 
Spannung direkt erzeugen kann. Als Gleichrichterdioden nutzt man z.B. 
Schottkydioden, die haben weniger Spannungsabfall. GGf. nutz man auch 
keinen Brückengleichrichter sondern eine Verdopplerschaltung, die bringt 
nicht nur die doppelte Spannung sondern auch weniger Spannungsabfall, 
weil immer nur eine Diode in Reihe liegt.





Vielen Dank schon jetzt für Eure Hilfe!

von Marvin (Gast)


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Hey,

vielen Dank für die Informationen!

Ich habe mit einem Multimeter den Strom über die VCC Versorgung zu 
maximal 3,8mA und die Spannung zu 3,55V abgelesen, was dann einer 
Maximalleistung von 13,5mW entspricht. Leider kann ich noch nicht sagen, 
wie lange der MSP im Normalbetrieb laufen wird und wie lange er schlafen 
soll. Daher kann ich noch nicht so viel dazu sagen.

Der Elko ist bei 22mF schon recht groß (von den Ausmaßen), aber wenn du 
meinst, werde ich mal noch einen größeren besorgen :)

Das mit der Verdopplerschaltung werde ich mir mal näher ansehen, vielen 
Dank!

Hat noch jemand einen Tipp, wie ich möglichst viel Energie aus der 
mechnischen "Pumpbewegung" in den Kondensator bekomme? Ich habe schon 
viel im Internet gesucht, aber komme immer nur auf Windkraft-Foren, die 
Bauteile einer anderen größenordnung verwenden oder allgemeine 
Informationen wie den Unterschied zwischen Dynamos und DC-Motoren.

von Boris O. (bohnsorg) Benutzerseite


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Marvin schrieb:
> Energie aus der
> mechnischen "Pumpbewegung"

Darin dreht nichts, sondern der Magnet taucht in die Spule ein, kommt an 
der anderen Seite wieder raus und muss wieder nach oben, zurück durch 
die Spule gebracht werden? Warum nicht eine einfache Kurbel an einen 
Fahrraddynamo schrauben, warum muss es das alte Rein-Raus-Spiel sein?

von Marvin (Gast)


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Die Pumpbewegung resultiert leider aus der Anwendung, die z.B. eine 
einhändige Benutzung fordert. Nichtsdestotrotz wird die Pumpbewegung 
durch Verwendung eines Schwungrades in eine rotatorische Bewegung 
umgewandelt, wie in Beitrag "Dynamo Taschenlampe" zu 
sehen.

Kurbel macht mehr Sinn, ist aber hier nicht gewollt ;)

von Falk B. (falk)


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@  Marvin (Gast)

>Ich habe mit einem Multimeter den Strom über die VCC Versorgung zu
>maximal 3,8mA und die Spannung zu 3,55V abgelesen,

OK, das ist ja relativ moderat. Ist da auch alles mit drin, auch dein 
Funkmodul?

>Maximalleistung von 13,5mW entspricht. Leider kann ich noch nicht sagen,
>wie lange der MSP im Normalbetrieb laufen wird und wie lange er schlafen
>soll. Daher kann ich noch nicht so viel dazu sagen.

Schlecht. Dann das bestimmt maßgeblich die Größe des Energiespeichers.

>Der Elko ist bei 22mF schon recht groß (von den Ausmaßen), aber wenn du
>meinst, werde ich mal noch einen größeren besorgen :)

Niemand spricht von einem normalen Elko, sondern von einem 
Superkondensdator. Sowas hier!

http://de.rs-online.com/web/p/doppelschicht-kondensatoren/7637839/

>Hat noch jemand einen Tipp, wie ich möglichst viel Energie aus der
>mechnischen "Pumpbewegung" in den Kondensator bekomme?

Miß doch erstmal mit einem normalen Widerstand, wie hoch die 
Ausgangsleistung deines Generators ist. Wenn die wirklich sehr klein 
sein sollte (was ich kaum glaube), DANN kann man weiter nach 
Verbesserungen suchen. Ich tippe mal, daß der Generator mindestens 100mW 
Ladeleistung bringt. Denn in diesen Taschenlampden sind meist 3 weiße 
LEDs mit je 20mA in Parallelschaltung drin, macht ~3,3V*60mA ~ 200mW. 
D.h. die Ladeleistung ist mehr als 10xhöher als der Verbrauch der 
Schaltung.

von Marvin (Gast)


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Ah danke,

ich habe das Bluetooth Modul noch nicht gekauft. Das ist erst mal der 
Verbrauch des IC mit LED-Blinker-Programm. (Ich weiß, nicht die beste 
Referenz aber für den Anfang.

Ich war bisher davon ausgegangen, dass der Energiespeicher nicht die 
limitierende Größe ist, sondern die erzeugte el. Energie.

Ich habe mit 1F Supercaps experimentiert, aber die Spannung war dann nur 
0,33V, was einer Energie von 53mJ Entspricht, also unter den mit dem 
normalen Elko gespeicherten 60mJ.

Aber du hast recht,die Generatorleistung ist sicherlich hilfreich.
Um die beiden Generatoren (DC-Motor und in Lampe eingebauter rotierender 
Magnet über Spule) zu vergleichen habe ich sie an meinen Dremel 
angeschlossen und den Strom durch einen 1,5kOhm Widerstand gemessen. Ich 
war mir nicht sicher ob der DC-Motor AC-Strom erzeugt, darum mal beide 
Messungen (Multimeter)
Hier die Ergebnisse:
DC-Motor: 0,5mA AC, 1mA DC
Spule+Magnet: 4,3mA AC (denke das ist dann RMS auf dem Multimeter?)

Jedenfalls würde das von Hand sicher nicht so schnell drehen wie mit dem 
Dremel auf niedrigster Stufe, dessen Geschwindigkeit ich leider nicht 
kenne.

Die Leistung für die Spule im zweiten Fall ist dann 
P=I*I*R=4,3mA*4,3mA*1,5kOhm= 27,7mW

Die 3 LEDs leuchten nach Herstellerangaben auch nur für eine Minute wenn 
3 Minuten gepumpt wurde, also kommt das in eine öhnliche Größenordnung.

Hat jemand noch eine Idee?

von Peter (Gast)


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Ich werfe für diese Anwendung einfach mal EnOcean in die Runde. Dort 
wird ein µC und Sender mit der Energie eines Tastendrucks (120-210 μJ) 
betrieben.

Übrigens haben normale Doppelschichtkondensatoren einen bescheidenen 
Innenwiderstand. Wahrscheinlich bekommst du diese mit ein paar Sekunden 
Kurbeln einfach nicht geladen. Normale Elkos sind hier deutlich besser.

von Marvin (Gast)


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Ja die Geräte von EnOcean sind schon sehr interessant. Ich habe hier ein 
Energy Harvesting Modul und einen Transmitter. Bei Betätigung wird ein 
kurzer Spannungspuls erzeugt, der ausreicht, ein Signal an einen 
Empfänger zu senden, der 30m entfernt ist. Wenn ich das richtig sehe, 
basiert das ganze auf ZigBee, kann aber auch sein, dass das ein 
"enocean-standard" ist.
Leider kann ich damit aber nur wenige Informationen übertragen, nämlich 
die Geräte-ID, die Schalterstellung und 2 weitere Bits (wenn ich das 
richtig verstanden habe). Leider kostet ein Transmitter so 25€.

Danke für den Tip mit den Kondensatoren, das bestätigt/liefert eine 
Erklärung für meine Messung.

Jedenfalls hatte ich mir überlegt, dass aus dieser Pumpbewegung doch 
irgendwie mehr Energie kommen muss, als aus diesem kleinen EnOcean 
Klicker.

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Marvin schrieb:
> Jedenfalls hatte ich mir überlegt, dass aus dieser Pumpbewegung doch
> irgendwie mehr Energie kommen muss

schneller pumpen :)

von Falk B. (falk)


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@ Marvin (Gast)

>ich habe das Bluetooth Modul noch nicht gekauft. Das ist erst mal der
>Verbrauch des IC mit LED-Blinker-Programm. (Ich weiß, nicht die beste
>Referenz aber für den Anfang.

Naja. Das kann und muss man noch viel verbessern, siehe Sleep Mode.

>Ich war bisher davon ausgegangen, dass der Energiespeicher nicht die
>limitierende Größe ist, sondern die erzeugte el. Energie.

Warum? Du kannst doch viel mehr Energie erzeugen, wenn du länger pumpst.

>Ich habe mit 1F Supercaps experimentiert, aber die Spannung war dann nur
>0,33V, was einer Energie von 53mJ Entspricht, also unter den mit dem
>normalen Elko gespeicherten 60mJ.

Dann hast du zu wenig geladen.

>angeschlossen und den Strom durch einen 1,5kOhm Widerstand gemessen. Ich
>war mir nicht sicher ob der DC-Motor AC-Strom erzeugt,

Ein DC-Motor erzeugt pulsierenden Gleichstrom, denn er hat einen 
Kommutator, sprich einen mechanischen Gleichrichter. Aber ohne eine 
Diode wirst du da kaum glücklich werden, denn dann fließt in den 
Pumppausen der Strom aus dem Kondensator wieder in den Generator und 
verschwindet als Wärme ;-)

> darum mal beide
>Messungen (Multimeter)
>Hier die Ergebnisse:
>DC-Motor: 0,5mA AC, 1mA DC
>Spule+Magnet: 4,3mA AC (denke das ist dann RMS auf dem Multimeter?)

Nur bei normalem Sinusstrom.

>Die Leistung für die Spule im zweiten Fall ist dann
>P=I*I*R=4,3mA*4,3mA*1,5kOhm= 27,7mW

Nicht so dolle, aber die Messung ist auch nur eine Schätzung.

>Die 3 LEDs leuchten nach Herstellerangaben auch nur für eine Minute wenn
>3 Minuten gepumpt wurde, also kommt das in eine öhnliche Größenordnung.

Scheint so.

von Falk B. (falk)


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@ Marvin (Gast)

>Jedenfalls hatte ich mir überlegt, dass aus dieser Pumpbewegung doch
>irgendwie mehr Energie kommen muss, als aus diesem kleinen EnOcean
>Klicker.

Richtige Schaltung + richtig messen.

von Falk B. (falk)



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Hier mal schnell ein paar Bilder von meiner Lampe + Messung. Der 
Generator ist ein supereinfacher AC-Generator ohne Schleifkontakte. Beim 
normalen Pumpen mit ca. 1 Hz hat man ca. 2,9V/15mA Ausgangsleistung an 
den LEDs (gemessen in Reihe zum Schalter). Die Ladeleistung ist 
wahrscheinlich höher, hab ich aber jetzt nicht gemessen, müsste man 
sinnvollerweise auch mal mit dem Oszi messen.

: Bearbeitet durch User
von Marvin (Gast)


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Vielen Dank Falk,

leider soll die Ladezeit möglichst 20 Sekunden nicht übersteigen.

Ich habe eine ähnliche Lampe. Die von dir gepostete Schaltung scheint 
eine Greinacher Schaltung, also auch eine Spannungsverdopplung zu sein.

Ich versuche das dann nochmal mit dieser Schaltung am Oszi zu messen :)

von Falk B. (falk)


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@ Marvin (Gast)

>leider soll die Ladezeit möglichst 20 Sekunden nicht übersteigen.

Eben dazu braucht man erstmal eine brauchbare Abschätzung und Festlegung 
der benötigten Energiemenge!

Wenn ich 20s mit vielleicht 20mA lade (20mAs), kann ich ca. 400s lang 
1mA entladen, abzüglich Wirkungsgrad.

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