Forum: HF, Funk und Felder Wie funktioniert ein Hochleistungssender


von Roland P. (pram)


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Hallo,
im Beitrag "Funk für u-boot" wurde ein paar mal 
erwähnt, dass man zum Senden hohe Leistungen braucht.

Daraufhin habe ich mal etwas gegoogled und fest gestellt, dass sich die 
Leistungsklassen gröerer LW/MW Sender durchaus im Megawatt-Bereich 
befinden.

(z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Marinefunkstelle_Harold_E._Holt 1MW
https://de.wikipedia.org/wiki/Sender_Roumoules 3MW)

und habe auch mal ein bisschen nachgerechnet:

- Bei 2MW und einer angenommenen Antennenimpedanz von 50 Ohm liegt die 
Spannung bei ~10KV und der Strom bei rund 200A.
- Die Anschlussleistung entspricht wohl der eines mittleren Ortes
- Die Stromkosten liegen (für Ottonormalverbraucherpreise) bei ~ 500 € / 
Stunde

Mich würde jetzt mal interessieren, wie so ein Sender aufgebaut ist? Ich 
nehme mal an, es kommen in dieser Leistungsklasse ausschließlich Röhren 
zum Einssatz.

Gibt es Sicherheitsabstände die eingehalten werden müssen? Was passiert, 
wenn man so einer Sendeanlage zu nahe kommt?

Und natürlich: Gibt es Schaltpläne, Diagrammer oder Bilder von solchen 
Sendeanlagen?

VG
Roland

von Elektrolurch (Gast)


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Roland P. schrieb:
> Ich nehme mal an, es kommen in dieser Leistungsklasse ausschließlich Röhren
> zum Einssatz.

Das war mal früher so. Der Wirkungsgrad von Röhren ist zu schlecht. 
Heute findet man nur noch Transistorblocks, von denen man viele parallel 
schaltet


Lestroff hierzu in der Senderbroschüre von Transradio Sendesysteme 
(ehemals Telefunken Sendertechnik):
http://www.transradio.de/download/flyer/AM-DRM/0807WM-TRANSRADIO-AM-DRM.pdf

Und als allgemeinen Überblick die hervorragende Webseite von Bernd 
Waniewsky, dem ehamilgen Antennenentwickler von Transradio.

http://www.waniewski.de/

von W.S. (Gast)


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Roland P. schrieb:
> Mich würde jetzt mal interessieren, wie so ein Sender aufgebaut ist?

Dann gönne dir mal nen Berlin-Urlaub und guck dir den Funkerberg in 
Königs Wusterhausen an.

W.S.

von Ham (Gast)


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Hallo

ja solche Sender oder auch die, leider, ehemaligen KW Sendezentren 
hatten schon beträchtliche Anschlussleistungen.
Es wurde aber auch schon damals einiges getan um den Energiebedarf der 
Sender möglichst gering zu halten - was bei Amplitudenmodulation 
allerdings nur begrenzt möglich ist sich aber bei Sendeleistungen von 
100KW, 500kW und teilweise 1MW immer gelohnt hat und es natürlich auch 
bei den wenigen verbleibenden Sendern weiterhin lohnt.

Leider hatte sich die energiesparende Einseitenbandtechnik im AM 
Rundfunk nie durchsetzen können, es blieb bei einigen Versuch, HCJB 
Quito war dabei relativ aktiv - die Empfänger waren zu aufwendig und der 
"Micky Maus" Effekt war nur mit sehr frequenzstabilen Empfängern und 
Sendern beherrschbar.
Als diese Technik für kleines Geld Massen tauglich hätte werden können 
ging es mit den AM Rundfunk, insbesondere im KW Bereich schon steil 
bergab, eben wegen den hohen Kosten, den weltpolitischen Veränderungen, 
anderen Verbreitungswegen und der Konzentration der Auslandssender auf 
den TV und etwas später auch Online Bereich, oder auch viel zu oft der 
kompletten Abschaffung des Auslandsrundfunks, egal über welchen 
Verbreitungsweg.
Wegen den hohen Energiekosten, und weil (angeblich) es keine Hörer mehr 
auf LW und MW gab ist auch der absolute Großteil dieser Sender in Europa 
abgeschaltet und abgerissen - einzig Großbritannien und erstaunlicher 
Weise die Niederland betrieben noch einige wenige Leistungsstarke 
(relativ...) LW (nur GB)und MW Sender.
Wegen diesen Veränderungen ist DRM, eine Digitales Übertragungsverfahren 
für den AM Rundfunkbereich auch nie aus dem Versuchsstadium 
herausgekommen - eventuell wird es aber noch in der VR China und Indien 
eingesetzt werden, persönlich glaube ich allerdings nicht daran, auch 
dort wird den AM Rundfunk der Todesstoß in den nächsten Jahren gegeben 
werden.

Die Röhrentechnik bei Hochleistungssendern ist nebenbei bemerkt gar 
nicht großartig schlechter als bei einen mit Transistor Modulen 
aufgebauten Sender - die zusätzlichen Verluste entstehen eigentlich 
"nur" durch die Röhrenheizung.
Dutzende von Halbleiter Modulen haben auch ihre Verlustleistung und 
benötigen jeweils ihre eigene Spannungsversorgung - der Energiebedarf 
wird sich da bei Hochleistungssendern insgesamt nicht so stark 
unterscheiden.
Vorteil der Module ist das der Sendebetrieb Problemfrei weiter läuft 
wenn ein (oder mehrere) Module ausfallen und das auf eine Technik aus 
laufender Produktion (Halbleiter) zurückgegriffen werden kann.
Wobei das alles zum Großteil leider nur noch theoretisch von Belang ist 
da es halt kaum noch Hochleistungsrundfunksender im AM Bereich gibt, und 
die Utility Station nur in wenigen Fällen diese hohen Leistungen nutzen 
(Längstwellenbereich).

Mit der Digitalisierung des Rundfunks auch auf den UKW (FM) Frequenzen 
werden dort ebenfalls die Hochleistungssender wegfallen und durch ein 
System von vielen "kleinen" Sendern mit HF Leistungen von einigen 
hundert bis so etwa 10kW ersetzt werden.

Ja es gibt Sicherheitsabstände die rechtlich eingehalten werden müssen, 
aber insbesondere im Bereich bis 30MHz passiert da bei einen 
(einigermaßen) Gesunden Menschen und überschaubarer Aufenthaltsdauer 
nichts - "lustig" wird es erst bei deutlich höheren Frequenzen und 
Antennen mit sehr hohen Gewinn - direkt (also tatsächlich wenige Meter) 
vor einer aktiven Primärradrantenne zu stehen kann sehr unangenehm 
werden...

Und auch ja: Die Antennenanpassung, Filter und selbst Antennenleitungen 
sind bei Hochleistungssendern sehr beeindruckend, besonders bei tiefen 
und tiefsten Frequenzen fließen wegen der "immer" zu kleinen Antennen 
sehr hohe Ströme und muss sehr auf auf verlustarme Verbindungen und eine 
gute HF Erdung geachtet werden- das Erdungssystem ist oft deutlich 
umfangreicher als die Antenne selbst.
Auch ist die Antennen und Spenderimpedanz von 50Ohm bei diesen 
Hochleistungssendern bzw. deren  Anpassschaltungen kein "fester" Wert 
mehr, jede Sendeanlage ist (war) letztendlich als Gesamtkunstwerk eine 
Einzelanfertigung wo auf optimalen Wirkungsgrad und beherrschbare Ströme 
und Spannungen geachtet wurde.

Wenn man sich vor Augen führt das selbst bei der Standardleistung von 
100W im Amateurfunk im ungünstigsten Falle schon einige dutzend Ampere 
oder Spannung von mehr als 1kV an den Bauteilen der Antennenanpassung 
bzw. den Antennen selbst auftreten können (KÖNNEN - bitte jetzt nicht 
Paranoid werden und Amateurfunkenden Nachbarn anmachen...) ist klar das 
bei Hochleistungssendern auf jedes kleinste Detail geachtet werden 
muss(te) und es sich gelohnt hat eigene Wege zu gehen.

Ham

von Marc Oni (Gast)


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Ham schrieb:
> Die Röhrentechnik bei Hochleistungssendern ist nebenbei bemerkt gar
> nicht großartig schlechter als bei einen mit Transistor Modulen
> aufgebauten Sender - die zusätzlichen Verluste entstehen eigentlich
> "nur" durch die Röhrenheizung.
> Dutzende von Halbleiter Modulen haben auch ihre Verlustleistung und
> benötigen jeweils ihre eigene Spannungsversorgung - der Energiebedarf
> wird sich da bei Hochleistungssendern insgesamt nicht so stark
> unterscheiden.

Ist das von dir "gefühltes Wissen", das nur so hingeplappert ist, oder 
hast du dafür belastbare Quellen. Datenblätter von Sendern z.B.?

Alle namhaften Groß-Sender Hersteller wie RIZ, Nautel, Thomson, die 
sowohl Röhrensender bauten und nun Halbleitersender bauen etc. rechnen 
nämlich Anderes vor: 70% Wirkungsgrad beim modernen Röhrensender, 90 % 
Wirkungsgrad beim digital modulieren Halbleitersender.

http://www.nautel.com/resources/articles/saving-power-in-am-transmitters/

von Wolfgang (Gast)


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Roland P. schrieb:
> Mich würde jetzt mal interessieren, wie so ein Sender aufgebaut ist? Ich
> nehme mal an, es kommen in dieser Leistungsklasse ausschließlich Röhren
> zum Einssatz.

Nein, Längstwellensender kannst du mit Wechselstromgeneratoren erzeugen. 
Das wurde schon gemacht, deutlich bevor man elektronisch eine 
ungedämpfte Schwingung erzeugen konnte. Röhren gab es erst seit 1920.
https://de.wikipedia.org/wiki/Maschinensender

Einer davon sendet auch öfters.
Beitrag "CQ CQ CQ SAQ SAQ SAQ"

von Roland P. (pram)


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Vielen Dank schon mal für die Links.

Es ist durchaus imposant was man damals (und auch heute) baut. 
(Engineering p0*n ;)
Auch an W. S.s Tipp mit Berlin

VG Roland

von Zo Z. (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> Einer davon sendet auch öfters.


gibt es denn überhaupt noch einen zweiten davon der noch seltener als 
"öfters" sendet oder

was ist "davon"?

von Huh (Gast)


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Zo Z. schrieb:
> Wolfgang schrieb:
>> Einer davon sendet auch öfters.
>
> gibt es denn überhaupt noch einen zweiten davon der noch seltener als
> "öfters" sendet oder
>
> was ist "davon"?

Der SAQ in Grimeton ist der letzte Maschinensender auf der Welt, der 
noch in Betrieb ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Längstwellensender_Grimeton

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