Forum: Platinen Layout differenzieller Signale


von die perfekte welle (Gast)


Lesenswert?

Hallo zusammen,

mal so ein Spätabendgedanke: was ist für die Signalausbreitung am 
Besten?

1) Leitungspaar auf einem Layer ein paar mm von einander entfernt 
verlegen oder
2) Leitungspaar ganz nahe beinander (8mil oder was halt geht) verlegen 
oder
3) Leitungspaar übereinander auf 2 Layern verlegen
4) was ganz anderes

Denkanstoß ist die kapazitive Kopplung zwischen den Leitungen und die 
Auswirkung auf die Übertragung (Geschwindigkeit, Wellenwiderstand, 
Robustheit gegen Störung en etc)

lg

: Verschoben durch Moderator
von Der perfekte Tag (Gast)


Lesenswert?

Bei differentiellen Signalen, sofern sie eine nennenswerte Frequenz 
haben, gibt es einen differentiellen Wellenwiderstand (i.d.R. 100 Ohm), 
der die Kopplung in gewissem Maß bescheibt. Damit ist ähnlich analog der 
Abstand / die Leiterbahnbreiten festgelegt. Natürlich gibt es 
verschiedene Varianten, die Üblichste ist eine Mischung aus 1 und 2, 
aber auch 3 gibt es.

Ähnlich wie bei "einfachen" Signalen kann man z.B. differentielle 
Striplines, Koplanare Waveguides etc. designen, mit den üblichen Vor- 
und Nachteilen was Abstrahlung / Einstrahlung, Verlusten etc. angeht.

von Mani W. (e-doc)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:
> Denkanstoß ist die kapazitive Kopplung zwischen den Leitungen und die
> Auswirkung auf die Übertragung (Geschwindigkeit, Wellenwiderstand,
> Robustheit gegen Störung en etc)

Als Denkanstoß würde ich denken, dass kapazitive Kopplung zwischen
zwei Leitern schlechter ist als mit einer umzufallen:-)

...

von die perfekte frage (Gast)


Lesenswert?

Der perfekte Tag schrieb:
> Bei differentiellen Signalen, sofern sie eine nennenswerte Frequenz
> haben, gibt es einen differentiellen Wellenwiderstand (i.d.R. 100 Ohm),
> der die Kopplung in gewissem Maß bescheibt.

So weit, so klar. Aber ich glaub die Frage beginnt dabei, wie sich der 
größere/kleinere Wellenwiderstand auf die Signalübertragung auswirkt.

Ich bin ja der Meinung, dass mehr immer besser ist.

von Georg (Gast)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:
> 2) Leitungspaar ganz nahe beinander (8mil oder was halt geht) verlegen
> oder

Das wird zwar oft so empfohlen, ist aber falsch, jedenfalls was das "was 
halt geht" angeht. Wichtig ist vor allem, dass der Abstand konstant ist, 
aber man muss nicht die Möglichkeiten des Herstellers bis an die Grenze 
ausreizen, ein zu kleiner Abstand hat auch physikalische Nachteile. Man 
kann ein diff pair auch gut mit 10..20 mil Abstand verlegen. Man muss es 
halt richtig berechnen.

die perfekte frage schrieb:
> Ich bin ja der Meinung, dass mehr immer besser ist

Dass mehr Widerstand besser ist kann man sicher nicht verallgemeinern. 
Es geht auch garnicht, versuch mal eine differentielle Leitung mit 1 
kOhm zu konstruieren. Dass da alles im Bereich 50..120 Ohm liegt ist 
keine dunkle Verschwörung, sondern liegt an der Physik (Ok, für manche 
ist das eine Verschwörung, wahrscheinlich haben sich das die Chinesen 
ausgedacht).

Georg

von China-ist-schlau (Gast)


Lesenswert?

Georg schrieb:
> Ok, für manche ist das eine Verschwörung, wahrscheinlich
> haben sich das die Chinesen ausgedacht

Diejenigen, die das für eine V. halten, sind zum Teil die gleichen, wie 
diejenigen, die Chinesen (auch in 1000 Jahren noch) schlechtes Kopieren 
als einzige Fähigkeit zutrauen (werden).

Und halten Deine Behauptung wohl für e. Teil (D)einer Verschwörung.

von Andi (Gast)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:

> mal so ein Spätabendgedanke:

Die Physik ist unabhängig von der Tageszeit an der sie betrachtet 
wird...

Deswegen:

> 1) Leitungspaar auf einem Layer ein paar mm von einander entfernt
> verlegen oder
> 2) Leitungspaar ganz nahe beinander (8mil oder was halt geht) verlegen
> oder
> 3) Leitungspaar übereinander auf 2 Layern verlegen

Falsch.

> 4) was ganz anderes

Ja: wie wäre es mit: 'richtig machen'?

Es gibt diesbezüglich genügend Literatur im Netz...

lg,
Andi

von die perfekte welle (Gast)


Lesenswert?

Hey, danke für eure Antworten.

Außer die von Andi, die hätt er sich sparen können.

Mal ehrlich, wieso gibt wer eine Antwort, wo nur aufgezeigt wird, dass 
der Fragesteller die Antwort auf die Frage nicht weiß? 
Selbstbeweihräucherung der eigenen Geilheit?

Liebe Grüße

von Dussel (Gast)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:
> Mal ehrlich, wieso gibt wer eine Antwort, wo nur aufgezeigt wird, dass
> der Fragesteller die Antwort auf die Frage nicht weiß?
> Selbstbeweihräucherung der eigenen Geilheit?
Schlau sein und dumm tun ist (relativ) einfach, dumm sein und schlau tun 
dagegen schwer. Deshalb bleibt nur 'Ich weiß es, aber sage nichts'.

von Andi (Gast)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:

> Außer die von Andi, die hätt er sich sparen können.
>
> Mal ehrlich, wieso gibt wer eine Antwort, wo nur aufgezeigt wird, dass
> der Fragesteller die Antwort auf die Frage nicht weiß?
> Selbstbeweihräucherung der eigenen Geilheit?

Sorry, war vielleicht etwas scharf formuliert.
Aber ich frage mich wie man - wenn man sich wirklich einmal auch nur 
kurz mit dem Thema differentielle Leitungen beschäftigt hat (warum es 
sie überhaupt gibt, was die Hintergründe sind - dafür reicht auch der 
Wikipedia-Artikel) - auch nur auf die Idee kommen kann 1) bis 3) 
ernsthaft in Erwägung zu ziehen?

Wie gesagt: die Physik ist da und hat ihre Regeln und Gesetze.
Entweder man hält sich daran, oder man kriegt Probleme (funktional 
und/oder im EMV-Prüflabor)...

Ich habe einfach schon zu viele Designs erlebt, die genau deswegen, weil 
jemand meinte schlauer als die Physik sein zu können, gescheitert sind.

Und sorry, es gibt wirklich unendlich viele Artikel und Forenbeiträge 
(nicht nur hier) die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen...


lg,
Andi

von die perfekte welle (Gast)


Lesenswert?

Also nachdem ich einiges gelesen habe und (auf der Uni) auch zumindest 
die einige Beispiele zu Wellenausbreitung gerechnet habe (so richig mit 
Maxwell und so ;) ) bin ich immer noch nicht gescheiter. Vor allem weil 
diese Beispiele ja nix mit der Realität zu tun haben.

Im Forum gibt es ja auch wenig endgültigen Antworten. Den Satz, den man 
meistens liest ist: "es kommt drauf an". Und ich glaub auch sofort das 
es so ist, aber auf was kommt es denn an?

z.B.:

Beitrag "Re: hi-speed USB Impedanzkontrolle"

schaut nach irgendwas zwischen 1) und 2) aus und funktioniert 
anscheinend, obs gut ist war man sich nicht einig.

Beitrag "Routing differentiell High-Speed Versatz"
War auch von einer Conclusio weit entfernt.

Was macht man, wenn man in diesem Gebiet gescheiter werden will? Gibts 
Literatur die auf Layoutdesign eingeht?

Danke! (dieses Mal besonders dir, Andi ;)

von Clemens L. (c_l)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:
> Gibts Literatur die auf Layoutdesign eingeht?

Die High-Speed-Bücher von Howard Johnson:
https://www.amazon.de/Black-Magic/dp/0133957241
https://www.amazon.de/Advanced-Black-Magic/dp/013084408X

von Georg (Gast)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:
> funktioniert
> anscheinend, obs gut ist war man sich nicht einig.

Das wird in diesem Forum auch NIEMALS passieren. Mir hängt es inzwischen 
auch zum Hals raus immer wieder das gleiche dazu zu sagen und dafür auch 
noch Beschimpfungen zu kassieren. Ich habe schon unzählige diff pairs 
geroutet und alle haben einwandfrei funktioniert, aber im Detail äussere 
ich mich nicht mehr dazu.

Was ich dir empfehlen kann: besorg dir eine Berechnungssoftware dafür, 
wenn du noch keine hast, und spiel einfach erst mal damit herum - soll 
heissen, mach Reihen von Berechnungen mit geänderten Parametern, da 
bekommt man ein Gefühl dafür wie sich die Eigenschaften ändern, wenn man 
den Abstand verändert oder die Dicke der Prepregs usw., und was man in 
einem Layout auch realisieren kann.

Pauschale Empfehlungen wie "möglichst weit auseinander" oder "so eng wie 
möglich" sind im konkreten Fall fast immer falsch und können nur von 
Leuten kommen, die von Hispeed-Technik keine Ahnung haben. Leider ist 
das die überwältigende Mehrheit.

Georg

von Detlev T. (detlevt)


Lesenswert?

Georg schrieb:
> Pauschale Empfehlungen wie "möglichst weit auseinander" oder "so eng wie
> möglich" sind im konkreten Fall fast immer falsch und können nur von
> Leuten kommen, die von Hispeed-Technik keine Ahnung haben.

Da ich zur o.g. Gruppe gehöre :-) empfehle ich pauschal "so eng wie 
möglich". "Größerer Abstand" bedeutet nämlich mehr Fläche für die 
induktive Einkopplung von Störungen.

von Mike (Gast)


Lesenswert?

Hallo

Ein differenzielles Paar besteht aus 2 Leiterbahnen welche immer
im gleichen Abstand voneinander verlegt sind und welche über oder unter 
ein Referenz-Plane(meist GND) verlaufen.  Es gibt auch andere 
Möglichkeiten, aber diese ist am einfachsten. Der Wellenwiderstand 
bildet sich mit der Leiterbahnbreite, dem Abstand, der Höhe der 
Kupferbahnen, dem Abstand zum Referenz-Plane und dem Epsilon R vom 
Prepreg-Material.

Am geschicktesten für das PCB-Design ist folgendes:
1. Man sucht auf der Webseite des Leiterplattenherstellers die billigste 
Leiterplatte. Man erhält dadurch: Lagenaufbau, Kupferstärke, Clearance, 
ect.
2. Man sucht sich heraus welchen Wellenwiderstand für dieses 
Leitungspaar notwendig ist. z.B. LVDS=100R
3. Man nimmt die Daten vom Punkt 1 und füttert das Program "Saturn PCB 
Design" und erhält damit die Leiterbahnbreite und den Abstand

Diese Methode ist nicht genau. Genauer geht es nur wenn man den 
LP-Hersteller mitteilt, wo (mit einem Bild) die differenziellen Paare 
verlaufen und welche Impedanzen gewünscht sind und dass man vom 
LP-Hersteller eine Impedanzkontrolle verlangt wird.
Der LP-H. rechnet mit seinem Prog. und findet den passenden 
Layer-Stackup.
Und der LP-H. kopiert die betreffenden Paare auf einen freien Bereich 
auf der gleichen! LP und baut somit einen Testcoupon, welcher nachher 
elekt. vermessen wird.


Zusatz: Wenn ein differentielles Paar verlegt wird, dann muss man auch 
ein Längenmatching durchführen. D.h. beide Leitungen von der Quelle bis 
zur Senke müssen gleich lang sein. Längentoleranz kann +/-0.1mm sein.


mfg
Mike

von Georg (Gast)


Lesenswert?

Mike schrieb:
> Der LP-H. rechnet mit seinem Prog. und findet den passenden
> Layer-Stackup.
> Und der LP-H. kopiert die betreffenden Paare auf einen freien Bereich
> auf der gleichen! LP und baut somit einen Testcoupon, welcher nachher
> elekt. vermessen wird.

Was da vergessen wurde zu erwähnen: das nennt sich LP mit kontrollierter 
Impedanz und verursacht erhebliche Mehrkosten. Es ist aber die einzige 
Möglichkeit, SICHER die korrekte Impedanz zu bekommen. Übrigens muss der 
Hersteller dazu die Möglichkeit haben, speziell die Daten dieser 
Leitungen nach dem Ergebnis seiner eigenen Berechnung zu modifizieren, 
sie müssen also als solche erkennbar sein (z.B. spezieller GCode). Das 
ist übrigens auch ein Grund, warum es blödsinnig ist, den Abstand so 
gering zu wählen wie der Hersteller zulässt - dann kann er ja nichts 
mehr korrigieren.

Georg

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


Lesenswert?

Hallo perfekte Welle.

die perfekte welle schrieb:

> 4) was ganz anderes

Was "ganz anderes" wäre es, die Leitung nicht auf oder in der Platine zu 
realisieren, sondern über ihr. Das meint den Verzicht auf längere 
Leiterbahnen und die Verbindung je nach geforderter Frequenz und 
Bandbreite als verdrillte 2 Draht Leitung bis zur semirigid Leitung als 
direkte Verbindung zu ziehen.

Für größere Stückzahlen wird das indiskutabel sein, aber für kleinere 
Stückzahlen kann das Vorteile bringen. Und wenn es nur Einsparung von 
Zeit für das Routen ist. ;O)

Auf der anderen Seite: Solche Systeme haben sehr wenig Übersprechen und 
Verkopplung mit dem Rest der Platine. Die Leitungen können oft deutlich 
kürzer sein, weil sie Umwege besser vermeiden können.
Es kann mehr Leistung transportiert werden.

Für Sonderfälle soetwas im Hinterkopf behalten.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Mike schrieb:
> Diese Methode ist nicht genau. Genauer geht es nur wenn man den
> LP-Hersteller mitteilt, wo (mit einem Bild) die differenziellen Paare
> verlaufen und welche Impedanzen gewünscht sind und dass man vom
> LP-Hersteller eine Impedanzkontrolle verlangt wird.
> Der LP-H. rechnet mit seinem Prog. und findet den passenden
> Layer-Stackup.

Am Einfachsten macht man es sich, wenn man die definierten Breiten und 
Abstände nur für die Impedanzgeführten Leitungen verwendet und sonst 
nicht. Dann sieht der CAM Mitarbeiter zum einen schon an der Topologie 
und zum anderen aufgrund der entsprechenden Daten genau, wo 
Impedanzgeführte Leitungen sind. (man muss das dann natürlich im 
Datenblatt zur Leiterplatte auch so mitteilen.

Bernd W. schrieb:
> Was "ganz anderes" wäre es, die Leitung nicht auf oder in der Platine zu
> realisieren, sondern über ihr. Das meint den Verzicht auf längere
> Leiterbahnen und die Verbindung je nach geforderter Frequenz und
> Bandbreite als verdrillte 2 Draht Leitung bis zur semirigid Leitung als
> direkte Verbindung zu ziehen.

Kann gehen, wenn denn die Impedanz dann stimmt. Wenn nicht, hab ich noch 
mehr Reflexionen durch Störstellen als eigentlich nötig wäre. Das sollte 
man natürlich vermeiden. In Ausnahmefällen somit sicherlich realisierbar 
und sinnvoll, für Anfänger würde ich das aber nicht empfehlen. Die 
Gefahr hier was falsch zu machen ist schon recht groß.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


Lesenswert?

Hallo Christian.

Christian B. schrieb:

>> Was "ganz anderes" wäre es, die Leitung nicht auf oder in der Platine zu
>> realisieren, sondern über ihr. Das meint den Verzicht auf längere
>> Leiterbahnen und die Verbindung je nach geforderter Frequenz und
>> Bandbreite als verdrillte 2 Draht Leitung bis zur semirigid Leitung als
>> direkte Verbindung zu ziehen.
>
> Kann gehen, wenn denn die Impedanz dann stimmt. Wenn nicht, hab ich noch
> mehr Reflexionen durch Störstellen als eigentlich nötig wäre. Das sollte
> man natürlich vermeiden.

Ja, aber die Impedanz muss auch bei Leiterbahnlösungen  passen.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Bernd W. schrieb:
> Ja, aber die Impedanz muss auch bei Leiterbahnlösungen  passen.

Natürlich, das setze ich voraus. Dort ist aber eine Auswahl/ anpassung 
ggf. einfacher als bei Draht.

von die perfekte welle (Gast)


Lesenswert?

Sehr interessant, danke für die Einblicke in dieses Gebiet!

lg

von Andi (Gast)


Lesenswert?

die perfekte welle schrieb:
> Was macht man, wenn man in diesem Gebiet gescheiter werden will?
> Gibts Literatur die auf Layoutdesign eingeht?

Howard Johnson wurde schon genannt.
Elektronikpraxis, Würth und die Leiterplattenakademie haben auch ein 
paar lesenswerte Artikel bzw. PDFs.


Detlev T. schrieb:
> Da ich zur o.g. Gruppe gehöre :-) empfehle ich pauschal "so eng wie
> möglich". "Größerer Abstand" bedeutet nämlich mehr Fläche für die
> induktive Einkopplung von Störungen.

So eng wie möglich ist prinzipiell schon wünschenswert und richtig, aber 
aus folgendem Grund doch total falsch:
Die Geometrie (Breite und Abstand) ergibt sich (wie Mike schon 
geschrieben hat) aus den verwendeten Materialien und dem Layerstack 
(Abstand zur Referenzplane(1)).
Also gibt es unter den obigen Randbedingungen exakt eine Geometrie wie 
die Leitungen aussehen müssen. Nicht breiter, nicht schmäler und nicht 
mit irgendeinem Abstand.
Womit die Punkte 1-3 und auch 4 aus dem Eingangsposting hoffentlich 
geklärt sind ;)

Die 'Fläche' für die Einstrahlung ist irrelevant. Wichtig ist, dass 
eventuelle Störungen möglichst identisch auf beide Leitungen einwirken. 
Nur so kann der Vorteil einer differentiellen Leitung zur Geltung 
kommen.

(1) Wer allerdings differentielle Leitungen ohne Referenzplane 
verwendet, braucht sich selbstverständlich um obiges Geschreibsel nicht 
kümmern, weil damit sowieso schon alles sinnlos ist ;)


Mike schrieb:
> Zusatz: Wenn ein differentielles Paar verlegt wird, dann muss man auch
> ein Längenmatching durchführen. D.h. beide Leitungen von der Quelle bis
> zur Senke müssen gleich lang sein. Längentoleranz kann +/-0.1mm sein.

Sie müssen nicht nur gleich lang sein, sie müssen auch in Phase laufen.
Und die Längentoleranz steht im Datenblatt und ist mitnichten auf 
+-0.1mm festgezurrt :O


Christian B. schrieb:
> Am Einfachsten macht man es sich, wenn man die definierten Breiten und
> Abstände nur für die Impedanzgeführten Leitungen verwendet und sonst
> nicht. Dann sieht der CAM Mitarbeiter zum einen schon an der Topologie
> und zum anderen aufgrund der entsprechenden Daten genau, wo
> Impedanzgeführte Leitungen sind. (man muss das dann natürlich im
> Datenblatt zur Leiterplatte auch so mitteilen.

Prinzipiell sollte man immer impedanzdefiniert routen.
Entweder mit den speziellen Impedanzen (USB, Ethernet, DDR, ...) oder 
ansonsten mit 50Ohm.

In der Praxis artet das u.U. in einen interaktiven Vorgang mit mehreren 
Durchläufen aus.
Wenn ich genau weiß:
1) wie viele Signallagen brauche ich,
2) welche Impedanzen brauche ich auf welchen Lagen,
3) wie viele Power- und GND-Planes mit welchen Abständen brauche ich,
4) wie dick soll/darf meine Leiterplatte sein,
kann ich mit diesem Anforderungsprofil zum Leiterplattenhersteller gehen 
und mir für genau diesen Stackup die Leiterbahngeometrien berechnen 
lassen (oder wenn ich Polar o.ä. habe selber berechnen).

Habe ich mich verschätzt und ich benötige eine Lage mehr oder weniger, 
oder eine zusätzliche Impedanz auf einem Layer, fängt das Spiel u.U. 
wieder von vorne an.
Riecht nicht nur nach Arbeit, ist auch so. Aber nur so kriegt man ein 
sauberes Design.

Anmerkung: Ich rede hier von wirklichen High-Speed Designs die a) 
funktionieren und b) schon im 1. Durchlauf durch die EMV-Prüfhalle 
kommen sollen...

lg,
Andi

von Mike (Gast)


Lesenswert?

Hallo

Ich bin völlig d'accord mit dem was Andi vorhin geschrieben hat.

Darf ich dir, Andi bezüglich "Sie müssen nicht nur gleich lang sein, sie 
müssen auch in Phase laufen" eine Frage stellen?
Würdest du somit das Längenmatching auf beiden Enden des diff. Paares, 
wenn nötig, machen?
Diese Frage beschäftigt mich nämlich noch.

Konkret:

Ich habe bei einem FPGA 32 LVDS Paare und habe schon bei den Pads des 
FPGA´s ein Längenmatching durchgeführt. (Natürlich habe ich das 
Längenmatching dort gemacht wo es nötig ist.) Und ich habe das 
Längenmatching bei den Pad´s der ADCs durchgeführt. Damit eben auf der 
"Strecke" zwischen FPGA und ADCs die Signale in Phase sind. Ist das so 
richtig?

LG
Mike

von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Mike schrieb:
> Ich habe bei einem FPGA 32 LVDS Paare und habe schon bei den Pads des
> FPGA´s ein Längenmatching durchgeführt. (Natürlich habe ich das
> Längenmatching dort gemacht wo es nötig ist.) Und ich habe das
> Längenmatching bei den Pad´s der ADCs durchgeführt. Damit eben auf der
> "Strecke" zwischen FPGA und ADCs die Signale in Phase sind. Ist das so
> richtig?

Auch wenn ich nicht Andi bin kann ich dir das dennoch beantworten:

Ja, je länger die Signale nicht Synchron laufen, desto abgeflachter 
werden die Impulse, da sie gegenseitig übersprechen. Man sollte das 
Ausgleichen immer so nah an der Störstelle wie möglich machen. Aber man 
hat hier mehr Toleranz als beim Längenmatching (was für ein schöner 
Denglischer Begriff) an sich.

von Georg (Gast)


Lesenswert?

Mike schrieb:
> sie
> müssen auch in Phase laufen" eine Frage stellen?
> Würdest du somit das Längenmatching auf beiden Enden des diff. Paares,
> wenn nötig, machen?

Das ist wieder viel zu pauschal. Nimm z.B. ein Leitungspaar, dass 
rechtwinklig nach rechts abbiegt und nach einer gewissen Strecke wieder 
nach links. Da kann man leicht sehen, dass die Leitungslänge gleich ist 
und daher an beiden Enden auch nichts auszugleichen. Aber beim Abbiegen 
nach rechts hat die linke Leitung etwas mehr an Weg und daher hängt der 
linke Impuls etwas zurück gegenüber dem rechten. Die Biegung nach links 
gleicht das wieder aus.

In vielen Fällen ist das schon Korinthenkackerei, man kann sich ja den 
Versatz auf dem quer verlaufenden Stück ausrechnen, wenn der geringer 
ist als die Anstiegszeit muss man nichts unternehmen.

Allerdings: sind am Ende die beiden Pins nicht gleich weit entfernt, 
muss man (mit obiger Einschränkung bez. der Anstiegszeit) einen 
Längenausgleich machen, aber nicht auf die Gesamtlänge, sondern so dass 
da wo das Paar nebeneinander läuft, der Weg zum Pin gleich weit ist. 
Wahrscheinlich meinst du das mit "auf beiden Enden", dann hast du 
richtig gedacht.

Eigentlich ist die Sache recht einfach: lass im Geiste ein Impulspaar 
die Leitung entlang laufen und überlege dir für jede Stelle unterwegs, 
ob die Impulse auch direkt nebeneinander laufen.

Georg

von Andi (Gast)


Lesenswert?

Mike schrieb:

> Würdest du somit das Längenmatching auf beiden Enden des diff. Paares,
> wenn nötig, machen?
> Diese Frage beschäftigt mich nämlich noch.

Unbedingt!
Gerade bei FPGAs komme ich nach dem Fanout faktisch nie mit identischen 
Leitungslängen raus. Also unmittelbar am Chiprand den ersten 
Längenausgleich machen (wenn unter dem Chip noch Platz ist, dann auch 
gerne dort).

Und wenn du es ganz genau machen willst bzw. musst, sind auch noch die 
Flight times der einzelnen Leitungen zu berücksichtigen. (Leitungslängen 
innerhalb des Chips).
Die Chiphersteller (zumindest Xiling u. Altera) verlagern das Problem 
nämlich prinzipiell nach außen. Und nachdem kaum ein gängiges 
(leistbars) Layouttool das unterstütz, hast du als Layouter die 
Arschkarte gezogen und darfst mit Excelsheets den Sch*** wieder 
einfangen...


> Ich habe bei einem FPGA 32 LVDS Paare und habe schon bei den Pads des
> FPGA´s ein Längenmatching durchgeführt. (Natürlich habe ich das
> Längenmatching dort gemacht wo es nötig ist.) Und ich habe das
> Längenmatching bei den Pad´s der ADCs durchgeführt. Damit eben auf der
> "Strecke" zwischen FPGA und ADCs die Signale in Phase sind. Ist das so
> richtig?

Hört sich fast gut an ;)
Ich gehe immer so vor:
a) Fanout beim FPGA, danach sofort Längenausgleich.
b) Fanout an der Gegenstelle, danach wieder sofort Längenausgleich.

Glücklicherweise behindert mich mein Altium an dieser Stelle nicht mit 
seinen 'supertollen' Highspeed Funktionen.
Altium zählt bei der Längenmessung nämlich immer alle bereits verlegten 
Segmente eines Signals, Teile davon kann ich nicht anzeigen lassen. 
(Zumindest kenne ich bei meiner nicht aktuellen Version keinen Weg.)

Da aber bei b) die Unterschiede von a) schon auf 0 stehen gehts dann 
doch.

c) Jetzt habe ich 2 Anknüpfstellen mit Differenz=0 und kann diese 
verbinden.

Wobei ich natürlich auch da auf die Phase achten muss.
Idealerweise macht man bei jedem Richtungswechsel auf der inneren 
(kürzeren) Leitung sofort einen Ausgleich.
Und nochmal idealerweise genau im Knick, da ich hier sowieso schon eine 
Störstelle habe.
Diese Vorgangsweise empfinden allerdings alle mir bekannten Tools als 
verstörend und werfen einem jede Menge Steine in den Weg...

Ab wann ich allerdings so pingelig werden muss, sagen mir das Datenblatt 
und der gute alte Taschenrechner ;)

Christian B. schrieb:
> Ja, je länger die Signale nicht Synchron laufen, desto abgeflachter
> werden die Impulse, da sie gegenseitig übersprechen.

Nicht nur das, Störeinstrahlungen wirken sich auf die ungleich laufenden 
Signale unterschiedlich aus, das wird dann ganz böse.
Artet meist in undefinierbare, nicht deterministische Störungen aus.
Viel Spaß bei der Fehlerdiagnose ;)
Wobei ... die dürfen ja dann die Softwareleute machen, denn solch 
undefinierte Fehler aka Abstürze kennt man doch nur bei der Software, 
die Hardware macht sowas nicht ;)
Ups, du machst im Anschluss auch selbst die Software?
A blede Gschicht (auf gut wienerisch (und nein ich bin keiner))...

> Man sollte das Ausgleichen immer so nah an der Störstelle wie möglich machen.

Bist mir zuvorgekommen, danke :)

@Georg: das mit dem laufenden Impulspaar ist die perfekte Visualisierung 
des Problems... :)

lg,
Andi

von Mike (Gast)


Lesenswert?

Danke Andi, Christian, Georg

Dann habe ich bei meinem Design das Lengthmatching ja eh richtig 
gemacht.
Die Schaltung funktioniert ja auch soweit.

zu Andi´s:
Altium zählt bei der Längenmessung nämlich immer alle bereits verlegten
Segmente eines Signals, Teile davon kann ich nicht anzeigen lassen.
(Zumindest kenne ich bei meiner nicht aktuellen Version keinen Weg.)

In diesem Zusammenhang, habe ich beim FPGA zu DDR3 mal ein Problem 
gehabt.
Weil auch Abschlusswiderstände beim DDR3 vorhanden sind und das 
Lengthmatching nur vom Pad-FPGA zum Pad-DDR3 entscheident ist, hat AD 
immer die Summe aller Segmente genommen. Also die Länge vom FPGA zur 
DDR3 und die Länge DDR3 zum Abschlusswiderstand.
Gelöst habe ich das Problem mit dem "Net Tie" welches ich beim PAD-DDR3 
eingebaut habe. Somit habe ich einen Signalnamen für die Leitung FPGA zu 
DDR3 und einen anderen Signalnamen für die Leitung DDR3 zum 
Abschlusswiderstand.

LG
Mike

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.