Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Astabiler Multivibrator - Aufgabe der Kondensatoren


von Stefan M. (beefjerky)


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Hallo!

Ich beschäftige mich in meiner Freizeit ein bisschen mit Elektronik, 
obwohl ich eigentlich aus einem ganz anderen Gebiet komme.

Ich habe einen astabilen Multivibrator gebaut nach dieser Vorlage 
(https://www.elektronik-kurs.de/index.html?schaltungen_wechselblinker.html). 
Funktioniert auch einwandfrei und ist schon faszinierend. Jetzt würde 
ich das ganze auch gerne verstehen.

Ich verstehe, dass nach dem Einschalten ein Transistor (sagen wir T1) 
über seinen Basiswiderstand R3 ein positives Potential auf seine Basis 
bekommt (was immer auch das genau bedeutet) und die 
Collector-Emitterstrecke durchschaltet. Jetzt leuchtet LED1. Was ich 
aber nicht verstehe ist die Rolle von C1. Im Text heißt es C1 stelle im 
ersten Augenblick einen Kurzschluss dar, wodurch ein negatives 
Spannungspotential auf die Basis von T2 gegeben wird, der dadurch "noch 
mehr" sperrt. Was bedeutet das und was ändert sich nach dem "ersten 
Augenblick", was dann zum Erlöschen von LED1 und zum Leuchten von LED2 
führt?

Es wäre toll, wenn mir das jemand mit einfachen Worten erklären könnte. 
Ich glaube es hapert am Verständnis der Funktion eines Kondensators. Es 
heißt Kondensatoren leiten in einem Gleichstromkreis nicht, aber werden 
aufgeladen. Wie passt das zur Funktion im Multivibrator?

Vielen Dank,
Stefan

: Verschoben durch User
von HildeK (Gast)


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Stefan M. schrieb:
> Ich verstehe, dass nach dem Einschalten ein Transistor (sagen wir T1)
> über seinen Basiswiderstand R3 ein positives Potential auf seine Basis
> bekommt (was immer auch das genau bedeutet) und die
> Collector-Emitterstrecke durchschaltet. Jetzt leuchtet LED1.
Ja, so kann man das für den Start mal annehmen.

> Was ich
> aber nicht verstehe ist die Rolle von C1. Im Text heißt es C1 stelle im
> ersten Augenblick einen Kurzschluss dar,
Das ist zumindest unglücklich ausgedrückt. Er ist auf eine Spannung 
aufgeladen (kann auch 0V sein, also leer), die sich nicht abrupt ändern 
kann (Eigenschaft des C). Wenn also der C von T1 von 9V (LED aus) auf 0V 
schaltet, so wird auch das andere Ende um 9V niedriger werden als es 
vorher war. Das wirkt in dem Augenblick wie ein Kurzschluss.

> wodurch ein negatives
> Spannungspotential auf die Basis von T2 gegeben wird, der dadurch "noch
> mehr" sperrt.
War also der Anschluss an T2-B vorher auf 0V, so wird er jetzt auf -9V 
gezogen. Im ersten Augenblick.

Was bedeutet das und was ändert sich nach dem "ersten
> Augenblick", was dann zum Erlöschen von LED1 und zum Leuchten von LED2
> führt?
Durch den Widerstand R2 fließt ab dem 2. Augenblick ein Strom in den 
Kondensator, so dass dessen rechtes Ende von den -9V wegkommt und, 
abhängig vom Wert von C1 und R2 mehr oder weniger schnell bis auf 0.7V 
geladen wird.
Dann schaltet T2 durch, LED2 geht an, auf der Seite passiert dann das 
selbe mit C2. Dieser zieht nun die Basis von T1 in den negativen 
Bereich, so dass dieser sperrt. LED1 geht aus. Hier wird nun C2 über R3 
aufgeladen, bis die Spannung an T1-Basis die 0.7V erreicht.
Das Spiel beginnt dan wieder von vorne.

Stefan M. schrieb:
> Es
> heißt Kondensatoren leiten in einem Gleichstromkreis nicht, aber werden
> aufgeladen. Wie passt das zur Funktion im Multivibrator?

Das ist richtig, aber es liegt ja eine sich ändernde Gleichspannung vor 
und die sorgt dafür, dass der Kondensator geladen und entladen wird. 
Daher fließt dann ein Strom.

von Bewerber (Gast)


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Ich bin wie schon gesagt kein Fachmann was vielleicht nicht no unnütz 
ist. Hauptsache ich werde nicht wieder gemobbt, wie warscheinlich im 
433MHz Thread

Stefan M. schrieb:
> Ich glaube es hapert am Verständnis der Funktion eines Kondensators. Es
> heißt Kondensatoren leiten in einem Gleichstromkreis nicht, aber werden
> aufgeladen.

Im Gleichstromkreis, mit Kondensator drin, fließt aber schon ein Strom. 
Falls deine Aussage so gemeint ist. Je nach Bedingung aber nicht 
dauerhaft. Wie im folgenden Beispiel.


"Ladung: Ladevorgang des Kondensators"
https://www.elektronik-kompendium.de/sites/grd/0205301.htm

Hier sieht man in den UI Kurven wie der Strom dann abfällt.

Meinem Verständnis nach fliesst (idealer Kondensator) aber kein Strom 
"durch den Kondensator durch". Die Elektronen fließen auf eine Platte 
(ZB Plattenkondensator) und das elektrische Feld wirkt und stößt 
Elektronen von der anderen Platte runter.

von Bewerber (Gast)


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Bewerber schrieb:
>UI Kurven

Falscher Ausdruck

von Peter D. (peda)


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Stefan M. schrieb:
> Ich habe einen astabilen Multivibrator gebaut nach dieser Vorlage
> (https://www.elektronik-kurs.de/index.html?schaltungen_wechselblinker.html).

Diese Schaltung an 9V zu betreiben, ist grenzwertig.
Lt. Datenblatt verträgt der BC337 nur max -5V an der Basis.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Das wurde letztens hier behandelt:

Beitrag "Ablauf der Blinkschaltung genau erklären"


MfG

von Michel M. (elec-deniel)


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hier eine gute Ausarbeitung mit LTspice :-)
Beitrag "Astabiler Multivirbator mit Transistoren - LED Problem"

von Stefan M. (beefjerky)


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Peter D. schrieb:
> Stefan M. schrieb:
>> Ich habe einen astabilen Multivibrator gebaut nach dieser Vorlage
>> (https://www.elektronik-kurs.de/index.html?schaltungen_wechselblinker.html).
>
> Diese Schaltung an 9V zu betreiben, ist grenzwertig.
> Lt. Datenblatt verträgt der BC337 nur max -5V an der Basis.

Ok, ich habe ein PN2222 verwendet. Wie heißt die entsprechende Angabe im 
Datenblatt des Transistors? Max. Emitter-Base Voltage? Wäre beim PN2222 
auch nur 5V. Welcher Transistor wäre denn besster geeignet?

Gruß,
Stefan

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Stefan M. schrieb:

> Ok, ich habe ein PN2222 verwendet. Wie heißt die entsprechende Angabe im
> Datenblatt des Transistors? Max. Emitter-Base Voltage? Wäre beim PN2222
> auch nur 5V. Welcher Transistor wäre denn besster geeignet?

Dieser Wert ist für fast alle Siliziumtransistoren in der gleichen
Grössenordnung. Man muss die Schaltung modifizieren, wenn man
grössere Spannungen verwenden will. Ausserdem handelt es sich hier
um eine Grundschaltung, die zwar gut zum Lernen ist, praktisch aber
kaum verwendet wird. Solche Multivibratoren baut man eher mit ICs
z.B. dem 555.

von Mani W. (e-doc)


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von Sven S. (schrecklicher_sven)


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Stefan M. schrieb:
> Max. Emitter-Base Voltage?

Mach Dir keine Sorgen.
Wenn die maximale Sperrspannung erreicht ist, wird die 
Basis-Emitterdiode zur Z-Diode. Und erst dann, wenn die Kondensatoren 
groß genug sind, sprich genug Energie gespeichert haben, wird die 
BE-Diode schaden nehmen. Einige Mikrofarad sind da schon drin.
Auf jeden Fall ist der astabile Multivibrator eine der ältesten 
Transistorschaltungen überhaupt, und funktioniert schon immer auch bei 
höheren Spannungen als 9 Volt.

von Mani W. (e-doc)


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Wenn Du R2/R3 von den +9 Volt abtrennst und die beiden Enden verlötest,
dann eine Strippe an diese nach außen und eine zweite Verbindung
mit einer Strippe von +9 Volt nach außen, dann hast Du je nach
Widerstand (Finger oder Widerstand) eine andere Frequenz beim Blinken...

Und Du kannst auch C1/C2 auf 0,1/0,22/0,47 µ herab setzen 
(Kondensatoren),
Led D2 wird ersetzt durch einen Kleinlautsprecher und R4 herab gesetzt,
bis eine ausreichende Lautstärke erreicht wird...

Das Ganze ergibt dann einen Durchgangstester, je niedriger der
Widerstand an den Prüfspitzen, desto höher der Ton und umgekehrt...

Man kann natürlich auch einen gewissen hochohmigen Widerstand intern
zwischen die Prüfspitzen schalten, dann tackert der mit einer gewissen
Grundfrequenz, jedenfalls ist so eine Schaltung immer brauchbar und
einfach aufgebaut, auch für mehr als 24 Volt...

: Bearbeitet durch User
von Stefan M. (beefjerky)


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Mani W. schrieb:
> Das Ganze ergibt dann einen Durchgangstester, je niedriger der
> Widerstand an den Prüfspitzen, desto höher der Ton und umgekehrt...

Ja, das habe ich sogar auch schon gelesen, dass diese Schaltung zur 
Tonerzeugung oder Durchgangsmessung modifiziert werden kann.

Ich finde übringens unter all den vielen Links und Erklärungen dieses 
Youtube-Video ganz gut (https://www.youtube.com/watch?v=VPyGzuGBDE8). 
Aber für ein vollständiges Verständnis fehlt mir wohl der routinierte 
Umgang mit den Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel dem Potential (z.B. 
warum fällt das Potential des Collectors gegen Masse, wenn der 
Transistor schaltet? Der Collector ist doch nach wie vor mit 9 V 
verbunden!).

Trotzdem vielen Dank für die Hilfe!

Schönes Wochenende!
Stefan

von Mani W. (e-doc)


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von HildeK (Gast)


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Stefan M. schrieb:
> Aber für ein vollständiges Verständnis fehlt mir wohl der routinierte
> Umgang mit den Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel dem Potential (z.B.
> warum fällt das Potential des Collectors gegen Masse, wenn der
> Transistor schaltet? Der Collector ist doch nach wie vor mit 9 V
> verbunden!).

Wenn dich der Begriff verwirrt, dann verwende ihn einfach nicht. Arbeite 
einfach mit der Spannung zwischen zwei Punkten. "Potential" gehört eher 
zur theoretischen Elektrotechnik - lies mal den Wikipdia-Artikel 
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Elektrisches_Potential
Wenngleich letztlich nur der Bezugspunkt beim Begriff "Potential" 
allgemeiner gehalten ist.

In Schaltungen spricht man von Spannungen zwischen zwei Punkten - das 
ist eine Potentialdifferenz. Häufig ist einer der Punkte der 
GND-Anschluss und auf den bezieht man sich ohne weitere Erklärungen.
Man definiert eben einen Punkt in der Schaltung mit GND, Masse oder was 
auch immer und nimmt den für Messungen als Bezugspunkt.

Der Kollektor in deiner Schaltung bzw. im Video hängt nicht an 9V 
direkt, sondern nur über einen Widerstand. Wenn also der Transistor 
ausgeschaltet ist, so wird man an seinem Kollektor die 9V (bez. GND = 
hier definiert als Minuspol der Batterie). Es ergibt sich also ein 
Spannungsteiler aus dem 470R Widerstand und dem sehr hochohmigen 
Transistor.
Wird der Transistor leitend, so wird seine C-E-Strecke viel 
niederohmiger als dieser Widerstand, also sinkt die Spannung am C bis 
fast auf 0V (=GND).

von Michel M. (elec-deniel)


Angehängte Dateien:

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Datei "Astabiler Multivirbator mit Transistoren - LED Problem"
   Autor: Helmut S. (helmuts)

... aus der Simulation kann man das oben erklärte direkt ersehen und 
nötige Änderungen sind einfacher vorzunehmen ...

Das Programm LTspice kann hier geladen werden
https://www.analog.com/en/design-center/design-tools-and-calculators/ltspice-simulator.html

danach einfach auf die Datei clicken ... :-)

: Bearbeitet durch User
von Schubs (Gast)


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Kondensatoren trennen die gleich Spannung! Mehr nicht. Für wechselnde 
Spannungen werden diese übertragen.

von Mani W. (e-doc)


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Schubs schrieb:
> Kondensatoren trennen die gleich Spannung!

So ganz richtig ist Deine Aussage nicht!

Bei einem Differenzierer wird ein Impuls angelegt an eine Seite,
der Kondensator muss sich dann erst aufladen oder entladen
und somit bewirkt
er bis zu einem gewissen Pegel an einem Vorwiderstand eine Spannung,
der dann mit einem OP oder sonst einem Schmitt-Trigger (4093) 
ausgewertet
wird...

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