Im Thread "Chipmangel PKW" schrieb "MaWin (Gast)" (Beitrag "Re: Chipmangel PKW"): "Also: weniger jammern, mehr machen. Heute kann selbst ein Einzelkämpfer fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa kriegen." Das scheint mir arg zugespitzt, aber nun interessiert mich doch die Frage, wie weit es von der Realität weg ist. Wie klein könnte so eine fabless Halbleiterbude sein? Wie schnell käme der ursprüngliche Einzelkämpfer dort hin? Wie sähe sein Weg aus? Wir sind hier ja im µC-Forum. Sagen wir also, jemand hat schon länger ein paar Ideen für einen kleinen µC, dachte sich schon oft, das er an diesem oder jenem µC, mit dem er arbeitete, dieses oder jenes anders gemacht hätte. Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige. Nehmen wir an, es soll ein Gründungszuschuss des Arbeitsamtes genutzt werden. Um den zu beantragen, müsste zum Zeitpunkt der Gründung noch ein halbes Jahr Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen. Somit bleibt zu Beginn einer Arbeitslosigkeit ein halbes Jahr Vorbereitungszeit. Das Arbeitslosengeld (6 Monate) und der Zuschuss danach decken die Lebenhaltungskosten, so dass wir im Folgenden beide im ersten Jahr nicht mehr berücksichtigen wollen. Woche 0: Unser Einzelkämpfer nimmt sich ein paar Tage, um seine Kenntnisse in Rechnerarchitektur aufzufrischen, überfliegt ein Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz. Er überlege sich eine Architektur (z.B. wie in "8bit-Computing mit FPGA" (Beitrag "8bit-Computing mit FPGA")), und implementiere eine stark vereinfachte Version davon in Verilog als Proof-of-Concept, der zumindest mal auf einem Verilog-Simulator funktioniere. Da wohl außer dem Einzelkämpfer niemand sich mit dem wirren Befehlssatz befassen will, schreibt er noch schnell in 3 Tagen einen C-Compiler dazu. der generiert zwar noch keinen sonderlich effizienten Code, aber das kann ja später noch werden (auch der Befehlssatz steht noch nicht endgültig fest). Woche 1: Es wird noch ein wenig am Compiler gefeilt. Zwar gibt es weder Assembler, Simulator noch Hardware, aber immerhin erzeugt der Compiler Ende der Woche halbwegs brauchbaren Assemblercode; wir wollen annehmen, dass dieser gut aussieht (z.B. geringere Codegröße als bei etablierten µC). Wochen 2 - 20: Der Einzelkämpfer feilt weiter an seinem µC, and den Tools dazu. Irgendwann steht der endgültige Befehlssatz, Compiler und Assembler funktionieren gut, und sind debugt. Die Compilate lassen sich auf dem inzwischen vorhandenen Simulator ausführen. Auch die Implementierung in Verilog führt Code aus, ob im Verilog-Simulator oder auf dem FPGA. Woche 21: Bisher hatte der Einzelkämpfer keine Kosten, 5 Monate sind fast um Unser Einzelkämpfer muss nun bald gründen. Er nehme sich die Woche, um sich in Rechtsformen einzulesen, er wählt eine Rechtsform, und beginnt mit dem nötigen Papierkram. Woche 22: Unser Einzelkämpfer hat nun viel Code (C, Verilog, oder was auch immer), aber kein verkäufliches Produkt, keine Vertriebswege. Dem µC fehlt noch etwas Peripherie (z.B. A/D, D/A-Wandler), einen Taktgenerator, Flash / PROM (und eine Möglichkeit, diese zu schreiben), und was sonst noch beim Schritt vom FPGA bis zum Maskensatz zu erledigen ist. Wie weiter? Allein oder mit Mitarbeitern? Ziel ist die kleine fabless Halbleiterbude, die erfolgreich einen kleinen µC am Markt platziert hat, und damit ausreichend Gewinn macht, um davon den früheren Einzelkämpfer und, falls nötig, die Mitarbeiter bezahlen zu können. Da µC billig sind, braucht es hinreichende Stückzahlen. Wieviel Geld muss der Einzelkämpfer oder ein Investor am Anfang aufbringen (für Masken, Gehälter der Mitarbeiter ab Einstellung, Lebenshaltung des Einzelkämpfers ab Woche 53, etc)?
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Philipp Klaus K. schrieb: > Woche 21: Bisher hatte der Einzelkämpfer keine Kosten, 5 Monate sind > fast um Das ist eine Milchmädchenrechnung, denn überlege mal, was der Einzelkämpfer in dieser Zeit alles an Einkommen hätte generieren können.
Philipp Klaus K. schrieb: > Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer > µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige. Keine Chance, in dem Bereich ist die Konkurrenz viel zu groß. Eher mit einer innovativen Idee für einen Spezialchip, wo noch keiner drauf gekommen ist dass man sowas brauchen könnte. Philipp Klaus K. schrieb: > überfliegt ein > Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz. Das sind Grundlagen, die müssen vorher sitzen. Philipp Klaus K. schrieb: > Wie weiter? Allein oder mit Mitarbeitern? Für Einzelkämpfer sehe ich keine Chance, ab 5 - 10 Leuten (inkl. Vertrieb, sehr wichtig) könnte es klappen. Pro Mitarbeiter 100K - 150K Personalkosten/a (nicht Gehalt). Sechsstellige Beträge für Software. Lizenzkosten für IP wie SRAM, Standardzellen und IO kommen noch hinzu, kenne aber die Preise nicht. Philipp Klaus K. schrieb: > für Masken Für Prototypen https://europractice-ic.com/prices-2021 (ähnlich Poolfertigung für PCB), für Serie 6 - 7 stellig, je nach Technologie. Philipp Klaus K. schrieb: > Wieviel Geld muss der Einzelkämpfer > oder ein Investor am Anfang aufbringen Ich denke unter 5 Mio braucht man kaum anfangen. Ich kannte aber auch ein Startup das deutlich zweistellig Millionenbeträge verbrannt hat bevor die Investoren den Stecker gezogen haben.
Philipp Klaus K. schrieb: > Wie weiter? MPW run für, je nach Chipgrösse, 15000 EUR, gucken ob Muster funktioniert, hoffentlich nur einen zweiten Durchlauf. Dann Marketing, dazu würde ich mich an einen kleineren aber etablierten Anbieter anheften. Übrigens ist der 10tausendste uC nicht unbedingt die beste Idee. Schaltregler und LED Treiber sind in Mode. Automotive hat Probleme, ob die sich aber für dich entscheiden ist fraglich, du müsstest AEC qualified liefern können, Sensoren sind eher von Interesse. Denk mal an Maxim: das ganze Portfolio waren nur Entwürfe die im MPW umgesetzt wurden und auf den ersten echten Grossabnehmer warteten, der dann die ganze Maske bezahlte. http://www.vlsitechnology.org/ (Standardcells) http://www.designinganalogchips.com/ (Camenzind) https://www.linkedin.com/posts/jean-francois-debroux-b0977112_analog-ic-design-activity-6701215416393445376-CkW-/ https://fossi-foundation.org/2020/06/30/skywater-pdk (Fossi Foundation/Google: Free PDK, 130nm 10mm2 chip) https://github.com/google/skywater-pdk https://skywater-pdk.readthedocs.io/en/latest/ (http://www.idea2ic.com/PlayWithICEDIT/ICEDITTemplates.html zeigt wie man mit ICEDdit einen Chip entwirft und einige Geschichten für IC-Entwicklung)
Rein physikalisch gesehen, kann die Hummel nicht fliegen. Sie macht es aber trotzdem. Aus mancher Garagenfirma ist auch was geworden. Von den Firmen, die untergegangen sind, hört man nichts! Wichtig erscheint mir von Anfang an: Ein geeigneter Absatzmarkt mit vielen zuverlässigen Kunden, die auch zahlen. Bevor ich einem Konzern Millionen Chips verkaufen würde, wäre erst man eine Risikoabwägung nötig. Nicht jeder zahlt sofort und manche Charge könnte auch schief gehen? Viele kleine Handwerker sind schon durch einen "Großauftrag" in die Insolvenz gekommen.
MaWin schrieb: > Denk mal an Maxim: das ganze Portfolio waren nur Entwürfe die im MPW > umgesetzt wurden und auf den ersten echten Grossabnehmer warteten, der > dann die ganze Maske bezahlte. Interessanter Ansatz, kann man da mehr dazu lesen?
oszi40 schrieb: > Wichtig erscheint mir von Anfang an: Ein geeigneter Absatzmarkt mit > vielen zuverlässigen Kunden, die auch zahlen. Na ja, hunderte neu gegründete chinesische Halbleiterfirmen machen einfach. Jede Woche kommt eine Neue, jeden Monat geht Eine ein. Manche kleben nur Chips von Fremdherstellern in Gehäuse und stempeln ihren Namen drauf. Bedenken tragen darf der Feigling in Deutschland. https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/mawin.htm Chiphersteller.
Blechbieger schrieb: > Philipp Klaus K. schrieb: >> Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer >> µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige. > > Keine Chance, in dem Bereich ist die Konkurrenz viel zu groß. Eher mit > einer innovativen Idee für einen Spezialchip, wo noch keiner drauf > gekommen ist dass man sowas brauchen könnte. RISC-V hatte bei 32/64 Bit Erfolg, gegen etablierte Konkurrenz. Da erscheint es nicht völlig unmöglich, dass so etwas im 8.Bit-Bereich klappen könnte. Außerdem sind 8-Bit-µC etwas, unter dem sich hier jeder im Forum etwas vorstellen kann, und damit als Beispiel gut geeignet. > Philipp Klaus K. schrieb: >> überfliegt ein >> Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz. > > Das sind Grundlagen, die müssen vorher sitzen. Der Einzelkämpfer ist kein Universalgenie. Ob nun wie in meinem Beispiel zu Anfang der woche 0 die Compilerentwicklung sitzt, aber bei Verilog / FPGA Nachholbedarf besteht oder andersrum dürfte am Ende keinen großen Unterscheid machen.
Philipp Klaus K. schrieb: > Der Einzelkämpfer ist kein Universalgenie. Eben darum hat er keine Chance. Er braucht ein Team das sich ergänzt. Aber bei einer Halbleiterbude würde ich erwarten das der Gründer entweder umfangreiche Kenntnisse in der Halbleiterentwicklung oder der Zielanwendung hat.
Vieleicht gibt es auch gar keinen Chipmangel, sondern man kann einfach nicht schnell schnell genug neuen E-Schrott herstellen?? Früher hat die Elektronik 30-40Jahre gehalten, heutzutage wird hart versucht, das Zeug so kurzlebig wie möglich zu machen, obwohl es eigentlich nicht mehr gross Fortschritt gibt, siehe CrApple....
Blechbieger schrieb: > Interessanter Ansatz, kann man da mehr dazu lesen? Dazu findest du sicher im Archiv dieses Forums viele Frust-Posts. Die Versorgungslage mit Mustern für Entwickler war gut und kostenlos. Der Frust kam dann bei der Serienproduktion als die Chips in Stückzahlen nicht lieferbar waren. Was aber dem Bastler nichts ausgemacht hat. Dem Profi schon.
Philipp Klaus K. schrieb: > RISC-V hatte bei 32/64 Bit Erfolg, gegen etablierte Konkurrenz. Da > erscheint es nicht völlig unmöglich, dass so etwas im 8.Bit-Bereich > klappen könnte. Außerdem sind 8-Bit-µC etwas, unter dem sich hier jeder > im Forum etwas vorstellen kann, und damit als Beispiel gut geeignet. Dann spiele doch mal den Vertriebler, der Kunden überzeugt. Die 32-Bitter kommen schon sehr weit runter mit dem Preis. Der 8-Bitter muss darunter liegen. Die SW-Entwicklung für den 8-Bitter ist teuerer, weil mehr Klimmzüge erforderlich sind, um mit den Beschränkungen durch nur 8 Bit klarzukommen. Ausserdem gibt es schon den MCS51 mit optimiertem Design für extrem günstige Massenproduktionen.
Anarchist schrieb: > Dann spiele doch mal den Vertriebler, der Kunden überzeugt Wenn du sagen kannst: mein Chip generiert Bitcoins 10 x schneller und energieeffizient als der nächste Konkurrent, dann brauchst du keinen Vertriebler, das Zeug geht weg wie Koks.
Blechbieger schrieb: > Philipp Klaus K. schrieb: >> Der Einzelkämpfer ist kein Universalgenie. > > Eben darum hat er keine Chance. Er braucht ein Team das sich ergänzt. > Aber bei einer Halbleiterbude würde ich erwarten das der Gründer > entweder umfangreiche Kenntnisse in der Halbleiterentwicklung oder der > Zielanwendung hat. Bei µC sind auch die Tools (Compiler, Entwicklungsumgebung, etc) wichtig, so dass mir ein Hintergrund in dem Bereich plausibel erschien.
Anarchist schrieb: > Philipp Klaus K. schrieb: >> RISC-V hatte bei 32/64 Bit Erfolg, gegen etablierte Konkurrenz. Da >> erscheint es nicht völlig unmöglich, dass so etwas im 8.Bit-Bereich >> klappen könnte. Außerdem sind 8-Bit-µC etwas, unter dem sich hier jeder >> im Forum etwas vorstellen kann, und damit als Beispiel gut geeignet. > > Dann spiele doch mal den Vertriebler, der Kunden überzeugt. > Die 32-Bitter kommen schon sehr weit runter mit dem Preis. > Der 8-Bitter muss darunter liegen. Die SW-Entwicklung für den 8-Bitter > ist teuerer, weil mehr Klimmzüge erforderlich sind, um mit den > Beschränkungen durch nur 8 Bit klarzukommen. > Ausserdem gibt es schon den MCS51 mit optimiertem Design für extrem > günstige Massenproduktionen. 32-Bitter sind billig. 8-Bitter sind billiger. 8-Bitter mit vernünftiger Architektur und vernünftigen Tools (z.B STM8 mit SDCC oder IAR) erfordern auch nicht mehr Klimmzüge als ein 32-Bit-µC. Beim MCS-51 mag das anders aussehen, aber aber in meinem Szenario begann der Einzelkämpfer ja mit einer neuen Architektur, die nicht die Fehler und den historischen Ballast von MCS-51 wiederholen wird. Ich würde hier eher STM8 (saubere Architektur, billiger als 32-Bitter) oder Padauk (ganz billig) als harte Konkurrenz sehen, gegen die es der Einzelkämpfer mit seinem neuen µC schwer haben könnte.
So im Groben: Ja wenn du sehr Innovative Ideen umsetzen kannst, hast du eine reelle Change, aber das heißt Kämpfen und einen Sauberen Werbe und Verkauf aufbauen. Ich habe 1976(als Einzelkämpfer) die Ersten Chipdesign (später in Zusammenarbeit mit/bei Ferranti die Chips) gemacht, 1980 hatte ich bereits eine eigene Fab 1990 bereits 2 Tsunami Die Bonder im Einsatz. Heute habe ich stark Reduziert, weil der CN Konkurrenzkampf zu groß wurde. (In CH kann man da einfach nicht mithalten) Heute habe ich zwar eine Kleine FAB um Kundenspezifische Chips und Halbleiter so wie Hybrid herzustellen, aber das sind nur Nischenprodukte, für Spezialanforderungen (Beispiele, Spezial Dioden und Transistoren oder SYN2202 oder DAGHA1X08 usw.. oder hin und wieder mal "Rekonstruktion von Steinzeit Chips" wie es von den Mitarbeiter gerne genannt wird. Also Unrealistisch ist es nicht eine Fabless Chipherstellung zu realisieren. Aber als Einzelkämpfer, brauchst du entweder einen 6er im Lotto, oder Sponsoren um das Marketing zu puschen. Und auch um einen guten Patentanwalt zu bezahlen, und nicht zuletzt dann auch für die "Kriegskasse". Das ist meine Meinung und nebenbei auch meine Schreibfehler, wer sie also findet, darf sie behalten :-D
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Philipp Klaus K. schrieb: > Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer µC aussehen > könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige. Ist ja ungefähr das, was Alf Egil Bogen und Vegard Wollan vor 25 Jahren gemacht haben. Allerdings haben sie danach nicht versucht, als Einzelkämpfer weiter zu machen, sondern haben sich jemanden gesucht, der die Produktion von ICs und auch µCs zumindest schon mal im Griff hat, und insbesondere jemanden, der eine Technologie von Flash-Speicher bereits besaß. Ohne die Möglichkeit, sowas gleich mit zu integrieren, hätte sich vermutlich kein Schwein für einen AVR interessiert.
Man muss auch bedenken, dass viele Entwickler besonders hier in DE keine neue Architektur wollen, in die sie sich einarbeiten sollen. Momentan gibt es weltweit nur zwei Standards, ARM und RISC-V, der eine ist kommerziell und sogar APPLE setzt jetzt auf ARM, obwohl sie früher selbst viel Chipentwicklung für ihre Iphones und Tablets gemacht haben. Ich vermute, bei ARM ist das Optimum schon erreicht, niemand hat bessere Ideen, was man mehr rausholen könnte auf einem Mikrocontroller. Ich würde mehr echte Parallelität mit Multicore haben wollen um harte Echtzeit-Anforderungen zu realisieren. Auch mehr SRAM wären nicht schlecht, aber dann verlassen wir wohl die Domäne des µC und sind bei ARM A9 oder höher.
Philipp Klaus K. schrieb: > Das scheint mir arg zugespitzt, aber nun interessiert mich doch die > Frage, wie weit es von der Realität weg ist. Wie klein könnte so eine > fabless Halbleiterbude sein? Wie schnell käme der ursprüngliche > Einzelkämpfer dort hin? Wie sähe sein Weg aus? Mawin hat schon Recht, es gibt wirklich etliche kleine fabless Halbleiter-Designfirmen in Europa. Da bekommt jemand, der nicht aus der Branche kommt nur nicht viel von mit, in der Tageszeitung tauchen die Namen selten auf, und meist gibt es die Produkte auch später nicht als Standardbauteil im Reicheltkatalog zu kaufen. Der Einzelkämpfer sollte aber besser nicht bei Null anfangen, sondern die Kunst und Kniffe der Branche schon woanders gelernt haben. Die Investitionskosten für eine solche Firma sind gar nicht so hoch, die Software ist oft gemietet, nicht gekauft. Auftragsentwicklung lässt man sich üblicherweise ratenweise entsprechend der entstandenen Kosten zu ein paar Meilensteinen bezahlen. Bei Eigenentwicklungen muss man etwas länger liquide sein und hat auch ein höheres Risiko ob sich tatsächlich Abnehmer finden. > Wir sind hier ja im µC-Forum. Sagen wir also, jemand hat schon länger > ein paar Ideen für einen kleinen µC, dachte sich schon oft, das er an > diesem oder jenem µC, mit dem er arbeitete, dieses oder jenes anders > gemacht hätte. Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer > µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige. µCs gibt es schon ziemlich viele, der Mehrwert eines weiteren µC sollte ein Wirklicher sein und auch einen Markt haben, sonst bleiben die Entwickler bei den µCs deren Unzulänglichkeiten sie schon kennen und mit denen sie schon zu leben gelernt haben. Wegen der hohen Fixkosten bei Chipdesign und Fertigung haben ICs dann Sinn, wenn entweder die hohen Fixkosten auf eine große Stückzahl umgelegt werden können, oder wenn eine bestimmte Anwendung ohne ASIC nicht, also nicht mit Standardkomponenten, realisiert werden kann. Das können zum Beispiel technische Rahmenbedingungen wie Größe, Masse, Stromverbrauch, aber auch Umgebungsbedingungen wie extreme Temperaturen oder Strahlung sein. Für kleine Designhäuser gibt es zwei Haupttätigkeitsfelder: Auftragsdesign für Kunden, die ein ASIC brauchen aber selbst keine Designkompetenz haben, und eigenfinanzierte Designs in Nischenmärkten, die dann wenigen Firmen, die Bedarf für solche Nischenprodukte haben, angeboten werden. Mein Tipp an Gründer: nicht verzetteln, nicht versuchen der Beste im Analogbereich zu sein und gleichzeitig die komplexesten Digitallösungen und anspruchsvollsten HF-Schaltungen beherrschen zu wollen. Besser mit Experten auf den jeweils anderen Feldern zusammen arbeiten, sofern nötig.
Zuerst muß eine richtig gute Idee stehen! Chips, ob digital oder analog gibt es zu zigtausenden. Nicht jeder hat eine so geniale Idee wie Camenzind 1970 mit dem NE555, bis heute das meistproduzierte IC weltweit. Oder so ein gutes Design wie der SA602/612. Bevor ich mich daran machen würde eine Idee in die Tat umzusetzen, würde ich schauen ob nicht ein anderer schon darauf gekommen ist. Ich hatte auch schon 'gute' Ideen, nicht für Chips sondern für spezielle Schaltungen im Musikbereich aber nach einiger Recherche gab es das alles schon. Philipp Klaus K. schrieb: > überfliegt ein Verilog-Buch ... Mal eben überfliegen? Da gibt es richtig gute Leute, die darauf spezialisiert sind und das seit Jahren machen. Der Gedanke so was als Einmann-Unternehmen hinzubekommen ist ja bestechend. Aber ohne Hilfe von guten Leuten ist das unrealistisch. Hardware, Software, spezielle Technologien, Vermarktung. Und: erst die richtig gute Idee!
Mohandes H. schrieb: > Aber ohne Hilfe von guten Leuten ist das unrealistisch. Na ja, wenn man irgendeinen VLSI Kurs an einer guten Uni mitgemacht hat, dann hat man schon mal seinen ersten MPW run Chip produziert. Die Technik hat man damit also drauf, fehlt die Idee auf die die Welt gewartet hat. Und ggf. das know how wie man was Besonderes macht und nicht einfach mee too wie alle anderen auch. Mohandes H. schrieb: > bis heute das meistproduzierte IC weltweit. Nein, schon lange nicht mehr. TL431.
Mit was man sich als Einzelkämpfer (der Luke ist so ein genialer, hyperaktiver, ideenreicher, getriebener Workoholic) rumschlagen muss ein Beispiel: https://www.pro-linux.de/news/1/27527/libre-risc-v-projekt-von-risc-v-foundation-enttäuscht.html Und dennoch kommt nichts Greifbares heraus. Soweit ich mich an einen Vortrag auf der FOSDEM erinnere, hat er EU-Fördergelder ("Horizon 2020") bekommen. D.h. in Euerer Überlegung für ein 1-Mann-Startup fehlt, dass er sich in der noch übrigen Freizeit - neben Gewinnen von Kunden - darum kümmern muss dass rechtzeitig vorab Geld fürs Wachstum und zukünftige Mitarbeiter aufzutreiben ist. Entwickeln ist nur 10% eines erfolgreichen Unternehmens. D.h. sich 22 Wochen nur mit Technik zu beschäftigen ist schon Garantie fürs Scheitern. Max. 2 Wochen. Um dann Blueprints verkaufen, Geldgeber finden, Mitarbeiter anheuern. Ein wesentlicher Unterschied zu Garagengründungen vor 50 oder 25 Jahren ist dass heute kein Großkunde (und den braucht man) dem Lieferanten einer potenziell neuen Lösung einen Kredit gibt (= vorab bezahlt), damit der irgendetwas Nettes fertigentwickelt. Das macht man heutzutage nicht mehr. Man nimmt Standardteile oder beauftragt einen Lieferanten von Standardteilen eine spezielle Variante anzubieten. Aber bitte nicht teuerer als die Standardvariante... Und wenn ein Risiko dabei ist, dann möge das bitte jemand anderes bezahlen. Dazu kommt dass es heute viel mehr Auswahl gibt. Z.B. muss niemand mehr einen NE555 in ein neues Design nehmen.
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Philipp Klaus K. schrieb: > Woche 0: Unser Einzelkämpfer nimmt sich ein paar Tage, um seine > Kenntnisse in Rechnerarchitektur aufzufrischen, überfliegt ein > Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz. > Er überlege sich eine Architektur (z.B. wie in "8bit-Computing mit FPGA" > (Beitrag "8bit-Computing mit FPGA")), und implementiere eine > stark vereinfachte Version davon in Verilog als Proof-of-Concept, der > zumindest mal auf einem Verilog-Simulator funktioniere. > Da wohl außer dem Einzelkämpfer niemand sich mit dem wirren Befehlssatz > befassen will, schreibt er noch schnell in 3 Tagen einen C-Compiler > dazu. der generiert zwar noch keinen sonderlich effizienten Code, aber > das kann ja später noch werden (auch der Befehlssatz steht noch nicht > endgültig fest). Naja, so stellt sich das ein Informatiker vor, der 0-Grundlagen von der Chipfertigung kennt. Tipp: mach ein passendes Studium in Elektrotechnik/Mikrosystemtechnik, vielleicht hilft auch eine Promotion. Oder Schau das du mit ne passenden FhG zusammenarbeitest. Dort kann man dir zeigen wie man einen Standardcontroller als IP-Core eindesignt und mit Gcc eine Toolchain zusammenbastelt. Erfahrung im Prototypenbau und leider auch das Wissen wie man einen Lötkolben richtig anfasst gehört auch dazu. Ist dir zu schwierig? Schau selbst Mädchen aus den eher ländlichen Regionen der USA haben das geschafft: https://youtu.be/cLy0mVkoLio?t=411 https://youtu.be/nB3j911ldY0?t=499 https://www.youtube.com/watch?v=xhQ7d3BK3KQ
Ich kenne Halbleiter Entwickler, ohne eigene Fab. Aber die machen keine so komplexen Dinge wie ein eigener Prozessor. Das ist etwas zu komplex auch fuer ein kleineres Team. Zudem muss der einstieg auch von irgendwo her kommen. Denn mit dem Arbeitsamt als Partner wird das nichts. Der mir bekannte Halbleiter Entwickler war Entwickler in einer Halbleiterfirma und zustaendig fuer schnelle Logik, ECL. Als diese Technologie nicht mehr so gefragt war und am Auslaufen war, hat er deren Entwicklungsabteilung mitgenommen. Bedeutet also die Tools. Hin und wieder wird ein chip neu aufgelegt, in einer strukturverkleinerten Version. die macht er dann. Neuentwicklungen gibt es keine. Ich habe mich mal interessiert fuer den Studiengang Chipdesign an der lokalen Hochschule. Am Infoabend vernahm ich dann, es geht um die Theorie, Tools, unter anderem TINA, und um konigurierbare Analog Chips. Da hat's alles drauf, OpAmps, usw. Da wird dann einfach die Fuse rausgebrannt, und die Funktionalitaet ist im Signalpfad. Eigentlich FPGA, fuer Analog. Man waehlt den pasenden chip, wo das Design drin platz hat und laesst das Design so fertigen. Keine Maske usw. denn dann wird's teuer. Masken waren schon vor 30 Jahren richtig teuer. ab 100k, pro Stueck, und fuer einen Chip benoetigt man einige Layers. Denkt man an mehrere Versionen, bis die Fehler draussen sind, redet man von Millionen fuer die Masken alleine.
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Philipp Klaus K. schrieb: > "Also: weniger jammern, mehr machen. Heute kann selbst ein Einzelkämpfer > fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa > kriegen." das kannst Du in Deutschland vergessen - sowas geht nur im Ausland > Nehmen wir an, es soll ein Gründungszuschuss des Arbeitsamtes genutzt > werden. Um den zu beantragen, müsste zum Zeitpunkt der Gründung noch ein > halbes Jahr Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen. Somit bleibt zu > Beginn einer Arbeitslosigkeit ein halbes Jahr Vorbereitungszeit. > Das Arbeitslosengeld (6 Monate) und der Zuschuss danach decken die > Lebenhaltungskosten, so dass wir im Folgenden beide im ersten Jahr nicht > mehr berücksichtigen wollen. IRRTUM! Es kommen verschiedene Briefe an - Finanzamt,IHK, Müllabfuhr und eben auch Krankenkasse, sobald Dein Gewerbe angemeldet ist. > > Woche 0: Du bist mit den Antworten und Negativbescheiden befaßt, damit nicht sofort abkassiert wird! Dein Kerngeschäft leidet natürlich darunter. > > Woche 1: Du wartest noch auf einem Bescheid vom Finanzamt, den Du für die Krankenkasse dringend brauchst. > > Wochen 2 - 20: Das Finanzamt kann Dir keinen Bescheid ausstellen, weil Dein Gewerbe noch frisch eröffnet ist. Deine Krankenkasse geht deshalb erst einmal vom Höchstsatz aus, der jetzt fällig wird - monatlich! Natürlich bekommst Du das zuviel bezahlte Geld auch zurück, sobald Du die Belege (Dein Aufwand) erbracht hast - das dauert erstmal. Die Krankenkasse ist happy über die zinslose Vorkasse, die Du leistest. > > Woche 21: endlich hast Du gemerkt, daß der Geldabfluß an die Krankenkasse so nicht weitergehen kann und liquidierst Dein Kleingewerbe. > > Woche 22: Ende Gelände und wieder um eine Erfahrung reicher - viel Geld und Energie verplempert für nichts bzw. für andere Nutznießer des Systems - DU hast den Aufwand und die Bürokratie gehabt, nicht die!
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Philipp Klaus K. schrieb: > 32-Bitter sind billig. 8-Bitter sind billiger. 8-Bitter mit vernünftiger > Architektur und vernünftigen Tools (z.B STM8 mit SDCC oder IAR) > erfordern auch nicht mehr Klimmzüge als ein 32-Bit-µC. [...] > Ich würde hier eher STM8 (saubere Architektur, billiger als 32-Bitter) > oder Padauk (ganz billig) als harte Konkurrenz sehen, gegen die es der > Einzelkämpfer mit seinem neuen µC schwer haben könnte. Ich denke mit einem "normalen" 8 Bit µC hast Du keine Chance auf dem Markt. Denn da bliebe Dir als Vorteil gegen z.B. STM8 nur der Preis. Und den könntest Du nur durch eine riesige produzierte Menge schaffen. Masse bedeutet große Mengen an Kapital das umgewälzt werden muss. Das ist nichts was Du als kleines Startup hinbekommst bevor Dir das Geld ausgeht. Für viel realistischer halte ich da den Markt mit ASICs. Also Dir ist in Deiner Entwicklerlaufbahn ein Problem begegnet, für das es keine richtige Lösung am Markt gibt und man deswegen viele Klimmzüge nehmen muss. Mit einem ASIC, meinetwegen mit integriertem kleinem Prozessorkern, könnte man das dagegen elegant lösen. Diesen ASIC entwickelst Du jetzt. MPW, Skywater,... wurden ja schon genannt. Aus Deiner Entwicklerlaufbahn hast Du dann auch noch die Kontakte zu möglichen Kunden warm gehalten und gehst die jetzt direkt an, z.B. Dein früherer Arbeitgeber oder dessen Kunden. Dann kann daraus was werden.
Digitaldesign kannst du als Einzelkämpfer völlig vergessen. Da hättest du nur eine Change, wenn du was machst was andere nicht haben oder machen, d.h. du musst bei irgendwelchen neuen Standards 2 Jahre schneller am Markt sein als die Konkurrenz. (TV, serielle Protokolle, Netzwerk, Mobilfunk, etc.). Dann brauchst du auch noch die Vertriebspartner. Das ist völlig unrealistisch, zumindest ohne einen mehrstelligen Millionen Betrag. Die letzte grosse Gelgenheit war da vielleicht Bluetooth und BT Low Energy. Ich glaube, da hast es ein paar Startups gegeben. FTDI haben da eine Marktlücke in einem Uraltprotokoll (RS232) gefunden. 8 Bit uC, da kommst du mindestens 20 Jahre zu spät. Das hätte heute keine Change, auch wenn du es Open Source machst, und verschenkst. Praktisch hättest du nur mit einem ARM kompatiblen Design eine nicht unerhebliche Change. Aber als Einzelkämpfer würde dich schon die notwendige Peripherie (DRAM Controller, schnelle Timer, Flash Interafce...), völlig überfordern. Wenn dein uC irgendwass spezielles kann, wie z.B. ein neues Funkprotokoll oder super Analog Peripherie, sehe ich etwas Licht, SiLabs haben so angefangen. Aber 8 Bit ist völlig überholt. Die 32 Bit ARM Kerne haben dank < 40nm eine winzige Fläche, da dürfte der Verschnitt schon höher sein. Da entscheidet doch auch nur mehr der RAM und der Flash über die Kosten. Wenn ich in dem Bereich arbeiten möchte, dann würde ich Analog Design machen. Da sind die Prozesse und die Kosten geringer, und die Margen für gute Präzisions Opamps sind riesig. Die Konkurrenz ist in den letzen 10 Jahren praktisch verschwunden, es gibt nur mehr TI und Analog, beide sehr teuer. Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach. Aber ich bezweifle, ob das ohne Fab mit ausgefeilten Prozessen geht. Auch da brauchst du einen aufwändigen Vertrieb. Es gibt ein paar wenige unabhängige Fabs, die sich auf ausgelaufene diskrete Chips spezialisiert haben. Die Hersteller haben ja die lezten Jahre brutal viel aus dem Sortiment genommen, es gibt praktisch keine schnellen PNP Transistoren mehr, auch JFets und gematchte Transistoren sind de fakto ausgestorben. Aber wenn du da nicht hineingeboren bist, hast du keine Change.
Pandur S. schrieb: > Masken waren schon vor 30 Jahren richtig teuer. ab 100k, pro Stueck, und > fuer einen Chip benoetigt man einige Layers. Denkt man an mehrere > Versionen, bis die Fehler draussen sind, redet man von Millionen fuer > die Masken alleine. Glücklicherweise sind die Preise am Fallen, für kleine Wafer kostet der Maskensatz gerade mal 5000 und im MPW run bekommt man es noch billiger. Klar, ein 450mm Riesen-Chip mit 7 Metalllagen in modernster sub10nm Technologie schlagt mit jenseits 1 Mio rein, obwohl die Maske gar nicht so gross ist sondern mit Steppern verfahren wird.
Problem werden zum einen die enormen Software-Kosten sein. Für einen Satz Tools, z.B. von Cadence, um Mixed-Signal-Chips zu machen (Virtuoso, First Encounter, Tempus...) bezahlt man, je nach Optionen und Anzahl der Seats, schonmal 500k€/Jahr. Bei Teilnahme an den mir bekannten Multi-Project-Wafer-Programmen (z.B. über Europractice oder MOSIS) bekommt man zwar meist einen relativ guten mm²-Preis (z.B. 1500€/mm² für 180nm CMOS, für neuere Technologien entsprechend teurer, z.B. bis zu 10.000€/mm² für 22nm), aber typischerweise auch nur ~40 Samples pro Run. Für's Prototyping reichts. Wenn es dann an größere Stückzahlen geht, dann braucht man einen Dedicated Run mit Maskensatz (der kostet z.B. bei MOSIS >150k€ für 180nm CMOS, bei neueren Technologien entsprechend deutlich mehr). Für Chips mit Digitalteil braucht es dann noch Standardzellen, eventuell Speicher, eventuell Pad-Zellen. Je nach Anbieter fallen hier auch relativ hohe Lizenzgebühren an. Es gibt aber Anbieter, die Entwurfssoftware, Zugang zu Fabs und auch IP als Pakete anbieten, z.B. https://racyics.de
wosnet schrieb: > Problem werden zum einen die enormen Software-Kosten sein. Für einen > Satz Tools, z.B. von Cadence, um Mixed-Signal-Chips zu machen (Virtuoso, > First Encounter, Tempus...) bezahlt man, je nach Optionen und Anzahl der > Seats, schonmal 500k€/Jahr. Problem ist nicht die Hard- oder Software, sondern der Standort Deutschland! Was meinst Du denn, warum Telsa in die Provinz nach Brandenburg gegangen ist und gerade dort seine Gigafactory baut? Da gab's erstmal Mrd. Subvention vom Land Brandenburg vorab und dann hat Elon Musk richtig erkannt "das mache ich" zumal jetzt klar war, daß man die Subventionsgeber auch sonst richtig übers Ohr hauen kann, was Tesla ja auch folgerichtig macht. Genau das kannst mit einer "kleinen Halbleiterbude" Marke Eigenbau komplett vergessen - im Gegenteil, Du wirst vorher ausgeblutet, aber ganz übel! Das ist hier nicht die Schweiz - da geht das vielleicht noch, die setzen auch mehr auf Selbstständigkeit ... aber hier? Vergiß es!
Robert K. schrieb: > Das ist hier nicht die Schweiz - da geht das vielleicht noch, die setzen > auch mehr auf Selbstständigkeit ... aber hier? Vergiß es! Damit wirst du wohl recht haben. ob du rund 14% draufschlagen musst oder ob du rund 50% drauf schlagen musst, schlägt ordentlich ins "Gemüt" Drum hier so ein Startup= Entweder 6er im Lotto oder Sponsor mit richtig Kohle. Und in beiden Fällen eine richtig gute Idee....
Patrick L. schrieb: > 6er im Lotto Der gibt nur so 1-2 Mio. Mit Superzahl wurden gerade 18 Mio ausgeschüttet. Der Jackpot ist auf 45Mio begrenzt. Damit könnte man vielleicht schon was machen...
udok schrieb: > Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach TL431, LM358, TL074, ... na ich weiss ja nicht. Die guten Chips, wie LME49990, LME49720, LME49610 verschwinden ja, aufgekauft durch TI von NS und not-invented-here. Offenkundig waren die Stückzahlen zu gering. Man baut lieber Mittelmass.
Michael B. schrieb: >> Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach > > TL431, LM358, TL074, ... na ich weiss ja nicht. > > Die guten Chips, wie LME49990, LME49720, LME49610 verschwinden ja, > aufgekauft durch TI von NS und not-invented-here. > > Offenkundig waren die Stückzahlen zu gering. Man baut lieber Mittelmass. Denk noch mal über Erfolg nach, und wie man den noch definieren kann. Und die wären schön blöd, wenn sie die LME49x weiterbauen würden. Die machen sich doch nicht den Markt für ihre 5x so teueren Opamps hin.
udok schrieb: > Michael B. schrieb: >>> Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach >> >> TL431, LM358, TL074, ... na ich weiss ja nicht. >> >> Die guten Chips, wie LME49990, LME49720, LME49610 verschwinden ja, >> aufgekauft durch TI von NS und not-invented-here. >> >> Offenkundig waren die Stückzahlen zu gering. Man baut lieber Mittelmass. > > Denk noch mal über Erfolg nach, und wie man den noch definieren kann. > > Und die wären schön blöd, wenn sie die LME49x weiterbauen würden. > Die machen sich doch nicht den Markt für ihre 5x so teueren Opamps hin. Eine solche Strategie ergibt aber oft nur kurzfristig Sinn, da sie eine Marktlücke lässt, in die die Konkurrenz stoßen kann. Hätte die DB nicht den IR eingestellt (und auf vielen Strecken durch höherpreisige IC und ICE ersetzt), so hätte sich die Jahre später aufkommende Fernbuskonkurrenz in einer deutlich schwierigeren Marktsituation befinden.
Senf D. schrieb: > Philipp Klaus K. schrieb: >> Woche 21: Bisher hatte der Einzelkämpfer keine Kosten, 5 Monate sind >> fast um > > Das ist eine Milchmädchenrechnung, denn überlege mal, was der > Einzelkämpfer in dieser Zeit alles an Einkommen hätte generieren können. Er hatte keine Kosten. Es geht hier um den Weg zur "kleinen Halbleiterbude". Das Einkommen, das er in einem halben Jahr als Angestellter erzielt, ist dazu hier nicht relevant, da es im höchstens ein bischen Eigenkapital für die Gründung brächte. Außerdem gehen wir davon aus, dass er gerade arbeitslos wurde, er würde also effektiv nur die Differenz zwischen Arbeitslosengeld / Gründungszuschuss und seinem Nettogehalt erzielen.
Blechbieger schrieb: > Philipp Klaus K. schrieb: >> überfliegt ein >> Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz. > > Das sind Grundlagen, die müssen vorher sitzen. > Ich gebe zu, dass das etwas polemisch formuliert war; ursprünglich war mein Post ja Antwort auf "Heute kann selbst ein Einzelkämpfer fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa kriegen." gedacht, was sicher auch den Stil meines Post beinflusste. Nehmen wir mal etwas weniger polemisch an, dass unser Einzelkämpfer schon etwas Erfahrung mit Verilog hat (es meinentwegen vor einigen Jahren zur Programmierung von CPLD verwendete und vor längerer Zeit im Studium für FPGA), und nun das Buch liest, um seinen Kenntnisstand von Verilog auf aktuelles SystemVerilog zu aktualisieren. Das Tutorial macht er dann als Schnelleinstieg in die Tools zu seinem jetzt für die Entwicklung des µC verwendeten FPGA.
Blechbieger schrieb: > Für Einzelkämpfer sehe ich keine Chance, ab 5 - 10 Leuten (inkl. > Vertrieb, sehr wichtig) könnte es klappen. Pro Mitarbeiter 100K - 150K > Personalkosten/a (nicht Gehalt). Sechsstellige Beträge für Software. > Lizenzkosten für IP wie SRAM, Standardzellen und IO kommen noch hinzu, > kenne aber die Preise nicht. > > […] > > Ich denke unter 5 Mio braucht man kaum anfangen. Ich kannte aber auch > ein Startup das deutlich zweistellig Millionenbeträge verbrannt hat > bevor die Investoren den Stecker gezogen haben. In dieser Kombination erscheinen mir 5 M€ arg wenig: Die decken ja nicht mal die Personalkosten für 1 Jahr. Wir müssen also mit weniger Mitarbeitern auskommen, oder mehr Geld haben.
wosnet schrieb: > Problem werden zum einen die enormen Software-Kosten sein. Für einen > Satz Tools, z.B. von Cadence, um Mixed-Signal-Chips zu machen (Virtuoso, > First Encounter, Tempus...) bezahlt man, je nach Optionen und Anzahl der > Seats, schonmal 500k€/Jahr. > > Bei Teilnahme an den mir bekannten Multi-Project-Wafer-Programmen (z.B. > über Europractice oder MOSIS) bekommt man zwar meist einen relativ guten > mm²-Preis (z.B. 1500€/mm² für 180nm CMOS, für neuere Technologien > entsprechend teurer, z.B. bis zu 10.000€/mm² für 22nm), aber > typischerweise auch nur ~40 Samples pro Run. Für's Prototyping reichts. > Wenn es dann an größere Stückzahlen geht, dann braucht man einen > Dedicated Run mit Maskensatz (der kostet z.B. bei MOSIS >150k€ für 180nm > CMOS, bei neueren Technologien entsprechend deutlich mehr). > Für Chips mit Digitalteil braucht es dann noch Standardzellen, eventuell > Speicher, eventuell Pad-Zellen. Je nach Anbieter fallen hier auch > relativ hohe Lizenzgebühren an. > > Es gibt aber Anbieter, die Entwurfssoftware, Zugang zu Fabs und auch IP > als Pakete anbieten, z.B. https://racyics.de 500 k€ / a klingt übel. Insbesondere, da der Einzelkämpfer (oder auch das kleine Team) nicht den ganzen Tag nur an dieser Software sitzt (so ein µC lebt ja auch von Compiler, Entwicklungsumgebung, Bibliotheken, Beispielprojekten, etc, und neben der Entwicklung gibt es in der Halbleiterbude ja noch mehr zu tun). Da muss also eine Alternative her: Entweder die Arbeitsschritte, die solche Software erfordern, an einen externen Spezialisten auslagern, oder mit freier Software arbeiten (Magic VLSI stagnierte zwar wohl mal einige Jahre, wird aber inzwischen anscheinend wieder aktiver entwickelt). das aber letztere wohl noch nicht auf dem Niveau der kommerziellen Konkurrenz sein dürfte, führt es zu mehr Arbeitsaufwand, man müsste dann also wohl einen Spezialisten mit Erfahrung mit der freien Toolchain einstellen. Wenn man die Möglichkeit der MPW und die Geschichte mit Maxim betrachtet, denke ich an: 1) Mehrere Varianten des µC entwerfen, mittels MPW debuggen. Danach könnte man wohl per MPW einzelne Muster an interessierte potentielle Kunden liefern. Der finanzielle Aufwand ist abgesehen von Personalkosten bis hier gering. 2) Einen eigenen Maskensatz mit den aussichtsreichen Kandidaten aus 1) erstellen. Danach hätte man wohl Stückzahlen, die es erlauben würden, Kunden zu beliefern. Auch hier ist der finanzielle Aufwand wohl noch überschaubar. Risiko: Man irrt sich bei der Aufteilung der Waferfläche auf die Kandidaten, die man den Erfahrungen aus 1) nach getroffen hat z.B. auf dem Wafer 1000 mal µC-Variante A, 4000 mal µC-Variante B, 6000 mal µC Variante C, und die Kunden bestellen dann meist A, so dass man auf einem Berg schwerverkäuflicher Dies für B und C sitzt. Das müssten die Einnahmen aus A dann mit stemmen. 3) Wenn ein Großauftrag absehbar ist, einen eigenen Maskensatz für die betroffene Variante erstellen. Hoffen, dass der Kunde nicht doch noch in letzter Minute abspringt.
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Philipp Klaus K. schrieb: > Nehmen wir mal etwas weniger polemisch an, dass unser Einzelkämpfer > schon etwas Erfahrung mit Verilog hat > Entwicklung des µC verwendeten FPGA. Du bewegst Dich immer noch auf dem Holzweg solange du 'Halbleiterbude' mit Mikrocontrollerentwicklung gleichsetzt resp. einengst. Also mir sind folgende "Buden" in der Halbleiterentwicklung übern Weg gelaufen (Auswahl): a) Männlich, dreißiger, Unernehmensnamen vergessen auf einer Messe in DD ca. 2002. Macht im Kundenauftrag analog-IC entwicklung, arbeitet viel mit spice (ja, damit kann man auch Schaltungen aus Halbleiterstrukturen wie p-well und verschiedenen Planar-strukturen in Spice simulieren). b) Schulkamerad mit Doktortitel in Halbleiterphysik, hat im Kundenauftrag mit einem zweiten Dr. Dotierungsprofile untersucht, insbesonders ob die berechneten Bänderprofile mit den realen übereinstimmten. Dennen ging es insbesonders um energieeffiziente Lichtemissionen im Bereich 450-500 nm. Ihr 'Kapital' war 'Waferhandling-Equipment' das sie ausgemuster zum Schrottpreis von Philips bekamen. Dotieranlagen haben sie in einem Forschungszentrum gemietet. c) Schulkamerad mit Doktortitel in Automatisierungstechnik, hat ne Firma die bei Infineon und Co die logs aus den Fertzigungsmaschinen ausliest und damit Optimierungen (Durchlaufzeit, yield) an den Prozessparametern ableitet d) Freiberufler, entwickelt bspw. für einen Zulieferer der Halbleiterer (Tester für Speicher) FPGA und PCB-Designs. Das sind alles 'Buden', deren 'Produkt' eigentlich keines ist, sondern eine Dienstleistung. Und die für diese Dienstleistung nötigen Werkzeuge/Lizenzen haben sie sich vom eher geringen Startcapital (höchstens 25k) eingekauft oder gemietet. Oder auf den Stundesnsatz/Preis umgelegt. Und man kann sich auch einiges per scripte aus mathlab, excel und Co zusammenstricken. Oder arbeite dich mal durch die Mitgliederliste des Branchenverbandes "Silicon saxony' durch: https://www.silicon-saxony.de/nc/mitglieder/sortierung-nach-geschaeftsfeldern/ Da sind nicht nur Big Player drin, sondern eben auch 'Buden'.
Hier noch ne Idee für ein meiner Meinung nach sinnvolles Produkt: ein kleiner 32 Bit µC, so die Liga eines STM32F0, kombiniert mit einem kleinen FPGA, vielleicht so 1000 Zellen und etwas Blockram. Also nicht die Liga eines Zynq, sondern eben deutlich kleiner. Sinnvollerweise bekommt der FPGA eine Anbindung an den internen Speicherbus des µC, an die Trigger fürs DMA und auch an ein paar IRQs. Die IOs können dann entweder als GPIOs des µCs geschaltet werden oder mit dem FPGA-Teil verbunden werden. Eine Rekonfiguration des FPGA-Teils sollte im laufenden Betrieb von der µC-Firmware aus möglich sein. Idee dahinter ist daß man mit dem FPGA viel flexiblere Peripheriemodule konfigurieren kann als das mit der festgelegten Peripherie von modernen µCs möglich ist. Brauchst Du 32 individuell steuerbare PWM-Ausgänge? kein Problem. Oder statt dessen lieber 8 UARTs? Auch kein Problem. etc. Der RP2040 geht mit den PIOs den halben Weg in diese Richtung, aber dessen PIOs sind halt doch ziemlich eingeschränkt in ihren Möglichkeiten. Z.B. einen Event an einem Eingang taktzyklengenau zu vermessen ist nicht möglich.
Es gibt schon Beispiele von kleineren Buden, die Mikrocontroller verkaufen. z.B. Parallax mit dem Propeller https://www.parallax.com/propeller/ Ebenso gibt es Beisiele für µC-Architekturen, die sich in speziellen Nischen etabliert haben und Milliardenstückzahlen erreichen, obwohl sie keiner kennt. z.B. ARCcore, Andes und Tensilica. (Die werden aber alle gerade von RISC-V bedrängt). Die alle haben aber gemeinsam, dass sie es geschafft haben, sich in einem Ökosystem zu etablieren. Keiner kauft die MCUs weil sie so toll designed sind, sondern für das Drumherum. Meistens haben die Firmen auch eine lange Durstrecke hinter sich, bis sie zu ihrem aktuellen Geschäftsmodell gefunden haben. (Man schaue sich nur Parallax an...) Philipp Klaus K. schrieb: > Nehmen wir an, es soll ein Gründungszuschuss des Arbeitsamtes genutzt > werden. Aus der Universitären Forschung hat man auch Zugriff auf Exist: https://www.exist.de/DE/Home/inhalt.html
MaWin schrieb: > Philipp Klaus K. schrieb: >> Wie weiter? > Übrigens ist der 10tausendste uC nicht unbedingt die beste Idee. > Schaltregler und LED Treiber sind in Mode. Automotive hat Probleme, ob Ist das nicht genau der Bereich, der von dutzenden von chinesischen fabless startups überrant wird? > http://www.vlsitechnology.org/ (Standardcells) > http://www.designinganalogchips.com/ (Camenzind) > https://www.linkedin.com/posts/jean-francois-debroux-b0977112_analog-ic-design-activity-6701215416393445376-CkW-/ > https://fossi-foundation.org/2020/06/30/skywater-pdk (Fossi > Foundation/Google: Free PDK, 130nm 10mm2 chip) > https://github.com/google/skywater-pdk > https://skywater-pdk.readthedocs.io/en/latest/ > (http://www.idea2ic.com/PlayWithICEDIT/ICEDITTemplates.html zeigt wie > man mit ICEDdit einen Chip entwirft und einige Geschichten für > IC-Entwicklung) Schöne Linkliste! Das OpenROAD project fehlt noch: https://theopenroadproject.org/
Gerd E. schrieb: > Hier noch ne Idee für ein meiner Meinung nach sinnvolles Produkt: ein > kleiner 32 Bit µC, so die Liga eines STM32F0, kombiniert mit einem > kleinen FPGA, vielleicht so 1000 Zellen und etwas Blockram. Naja Xilinx bietet für seine FPGAs einen Cortex M IP Core und Actel/Microsemi hat auch diverse SoCs mit einem echten Cortex M3 Kern. Die Idee ist aber nicht schlecht und langsam entwickelt sich der Markt auch in diese Richtung, wenn ich mir die PICs oder die aktuellen ATTinys mit CCL anschaue, auch der RP2040 mit seinen PIOs verfolgt diese Richtung in gewisser Weise.
René F. schrieb: > Naja Xilinx bietet für seine FPGAs einen Cortex M IP Core und > Actel/Microsemi hat auch diverse SoCs mit einem echten Cortex M3 Kern. Das sind dann aber gleich viel größere FPGAs mit >>10.000 Zellen. Um einen 32 Bit Softcore plus etwas Peripherie zu betreiben brauchst Du die auch. Aber den µC-Kern auf dem FPGA laufen zu lassen ist meiner Meinung nach oft Verschwendung. Der sollte besser fest in Hardware gegossen sein. Nur für die Peripherie oder meinetwegen ein Spezialalgorithmus ist die Flexibilität des FPGA wirklich sinnvoll.
MaWin schrieb: > Wenn du sagen kannst: mein Chip generiert Bitcoins 10 x schneller und > energieeffizient als der nächste Konkurrent, dann brauchst du keinen > Vertriebler, das Zeug geht weg wie Koks. So ein Chip ist mit Sicherheit nicht herstellbar, denn dann wären die bisherigen Hersteller von solchen Chips ja absolut unfähig wenn diese das Potential dermassen wenig ausgereizt haben.
Wird mal Zeit, dass mehr Halbleiter weltweit produziert werden. Es sind schon viele Unternehmen an der Kante bzw. sind schon die Produktionszahlen im Automobilsektor eingebrochen, die halbleiterlastige Elektronik-Industrie in Deutschland hat existentielle Krisen, weit vorausplanen können sie nicht, Lieferzeiten von mehr als einem Jahr sind die Folge. Wenn es so weiter geht, können die kleinen, produzierenden Elektronik-Buden bald zumachen, denn die brauchen gewisse Mengen an verkauften Boards und SoCs, um überhaupt über die runden zu kommen. In der Folge hat auch der Maschinenbau keine Controller, SPS, Steuerungen, Leistungselektronik und Bedieneinheiten mehr und können keine Maschinen mehr verkaufen. Das wars dann mit Exportland Deutschland.
Philipp Klaus K. schrieb: > Ich gebe zu, dass das etwas polemisch formuliert war; ursprünglich war > mein Post ja Antwort auf "Heute kann selbst ein Einzelkämpfer fabless > zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa kriegen." > gedacht, was sicher auch den Stil meines Post beinflusste. Die Frage mag polemisch gewesen sein, die Antwort ist es nicht: So Firmen von Einzelkämpfern oder auch welche die als Zwei- oder Dreimannfirma im fabless Chipdesign aktiv sind (oder so begonnen haben) gibt es, also die Antwort ist klar: Ja > Nehmen wir mal etwas weniger polemisch an, dass unser Einzelkämpfer > schon etwas Erfahrung mit Verilog hat (es meinentwegen vor einigen > Jahren zur Programmierung von CPLD verwendete und vor längerer Zeit im > Studium für FPGA), und nun das Buch liest, um seinen Kenntnisstand von > Verilog auf aktuelles SystemVerilog zu aktualisieren. Das Tutorial macht > er dann als Schnelleinstieg in die Tools zu seinem jetzt für die > Entwicklung des µC verwendeten FPGA. Das ist der falsche Ansatz. Digital-Chipdesign ist mehr als VHDL oder Verilog in Silizium zu gießen. Selbst wenn man rein digital bleiben will, sollte man auch was über Halbleiterei wissen, Chipdesigntools kennen (und bedienen können), die Designregeln der angedachten Prozesse kennen und auch so simple Dinge wie I/Os und Schutzstrukturen beachten. Dazu Testentwicklung, Die-Handling, Packageing, Die- und Drahtbonden, alles Dinge die man schon mal gemacht haben sollte, oder zumindest grob drüber Bescheid wissen sollte, falls man sie extern in Auftrag gibt. Es ist erfolgversprechender, wenn man das alles vorher schon mal woanders gelernt hat, statt Lehrgeld bei learning by doing zu bezahlen. Außerdem weiß man dann auch, ob einem das überhaupt liegt.
Das Problem, dass ich bei deinem Beispiel sehe: Dein Einzelkämpfer, kein Universalgenie, will das Rad neu erfinden. Realistisches Szenario: Er kommt drauf, andere verwenden Reifen, die im Allgemeinen besser als Räder sind. Selbst wenn sein Rad irgendwo einen Vorteil bieten kann, so zahlt sich insgesamt der Umstieg auf sein Rad wahrscheinlich nicht aus. Mein Vorschlag: Er geht zu einer Firma für ASIC-Entwicklung, die einen Controller lizenziert hat. Mit denen bespricht er, ob/wie der Controller erweitert/modifiziert werden kann, um seine Verbesserungen zu integrieren. Erspart einiges an Hardwareentwicklung. (Oder will dein Einzelkämpfer echt RAM-Zellen, Flashspeicher, etc. von Grund auf neu erfinden?) Außerdem wird ein existierender Compiler angepasst.(Je nach dem, was die Verbesserung ist, könnte eine eigene Bibliothek schon reichen.) Wenn dann der neue Controller funktioniert, dann geht es ab zur Foundry. Allerdings wird er dort warten müssen, die Produktionslinien laufen gerade heiß. (Globaler Chipmangel und so.) Wenn der Controller einen echten Mehrwert bietet, dann wird er auch später gekauft, wenn er verfügbar ist. Vertrieb: Dein Einzelkämpfer schreibt ein wissenschaftliches Paper über seine Verbesserungen und präsentiert dieses auf passenden Konferenzen. Dort knüpft er dann Kontakte. (Besser wäre natürlich ein Kontakt zum ersten Kunden, bevor er überhaupt anfängt. Woher weiß er, daß wirklich Nachfrage für seine Verbesserung besteht?)
Philipp Klaus K. schrieb: > Im Thread "Chipmangel PKW" schrieb "MaWin (Gast)" > (Beitrag "Re: Chipmangel PKW"): > > "Also: weniger jammern, mehr machen. Heute kann selbst ein Einzelkämpfer > fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa > kriegen." > > Das scheint mir arg zugespitzt, aber nun interessiert mich doch die > Frage, wie weit es von der Realität weg ist. Wie weit? Also wenn ich für die reine Neuauflage eines abgekündigtens Asics eine Mindestabnahme von 50.000 Stk habe, zu 4€/ Asic, ist das wieder eine dieser Aussagen, die einfach nur aus dem Arsch gezogen sind, statt überlegt und mit Erfahrung untermauert.
Es gibt sogar einen Schüler/Student der selber ICs fabt... (In seiner Garage) http://sam.zeloof.xyz/first-ic/ https://www.youtube.com/c/SamZeloof/videos Natürlich nichts fettes aber immerhin sind es ICs. Also ich würde generell weniger Jammern sondern mehr machen. Ich will nicht wissen wie manche hier reagiert hätten, wenn dieser Herr hier vor zwei Jahren gefargt hätte ob das möglich ist. Aber klar, so etwas geht halt nur in den USA, selbst wenn es dem Deutschen Michel sauer aufstöst, aber bei uns würd man kaum an die Chemie kommen. mfG
Prinzipiell wäre gerade ein guter Zeitpunkt, um "Semiprofessionell" in die IC-Entwicklung einzusteigen. Mit der Skywater PDK gibt es zum ersten mal ein freies PDK für einen relevanten Prozessknoten (130 nm). https://github.com/google/skywater-pdk Ebenso tut sich gerade viel im Bereich von open source EDA tools (ist oben schon alles verlinkt). Google sponsort freie MPW-runs in dieser Technology. Bis zum 29. Oktober ist noch zeit, ein eigenes Design einzureichen :) https://efabless.com/open_shuttle_program/3 Natürlich nimmt einem das nicht die Bürde ab, ein wettbewerbsfähiges Produkt zu entwickeln. Aber immerhin kann man die Verhandlungen mit der EDA-Mafia etwas aufschieben...
Philipp Klaus K. schrieb: > 32-Bitter sind billig. 8-Bitter sind billiger. 8-Bitter mit vernünftiger > Architektur und vernünftigen Tools (z.B STM8 mit SDCC oder IAR) > erfordern auch nicht mehr Klimmzüge als ein 32-Bit-µC. > Beim MCS-51 mag das anders aussehen, aber aber in meinem Szenario begann > der Einzelkämpfer ja mit einer neuen Architektur, die nicht die Fehler > und den historischen Ballast von MCS-51 wiederholen wird. > > Ich würde hier eher STM8 (saubere Architektur, billiger als 32-Bitter) > oder Padauk (ganz billig) als harte Konkurrenz sehen, gegen die es der > Einzelkämpfer mit seinem neuen µC schwer haben könnte. Man sollte hier bedenken, dass auch für "trailing edge" Produkte der Trend zu kleineren Groundrules geht. Mikrocontroller werden ja meist in eher älteren und günstigeren Technologien gefertigt. Was das ist, verschiebt sich aber auch immer weiter. Als die aktuellen 8 bitter aufkamen (AVR, PIC) wurde sie in alten Fabs in 0.6 µm-2 µm gefertigt. Aktuell liegt der sweet spot für low-cost mixed signal eher bei 180 nm. Je kleiner die Groundrule, um so weniger Platz wird für das Digitaldesign benötigt, während die Peripherie (I/O, Analog) kaum skaliert. Auch der nichtflüchtige Speicher skaliert nicht so, wie man es gerne hätte. Das führt dazu, dass der Platzbedarf eines 32 bit cores im Vergleich zur Periphere eine immer kleinere Rolle spielt und man durch die Wahl eines 8 bit Kerns kaum noch einen signifikaten Kostenvorteil hat. Die Padauks funktionieren, weil die Designer alle möglichen Tricks anwenden um Platz zu sparen (z.B. curcuit under pad, reduzierte ESD protection) und sie einen Prozess in einer second tier fab mit eigener NVM IP nutzen (Magnachip, VIS). Die NVM-Macros in den Padauk MCUs sind wirklich erstaunlich klein, da hat die Fab wahrscheinlich Fläche gegen Zuverlässigkeit optimiert. http://electronupdate.blogspot.com/2019/09/3-cent-microprocessor-teardow-paduak.html
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