Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Der Weg zur kleinen Halbleiterbude


von Philipp Klaus K. (pkk)


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Im Thread "Chipmangel PKW" schrieb "MaWin (Gast)" 
(Beitrag "Re: Chipmangel PKW"):

"Also: weniger jammern, mehr machen. Heute kann selbst ein Einzelkämpfer 
fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa 
kriegen."

Das scheint mir arg zugespitzt, aber nun interessiert mich doch die 
Frage, wie weit es von der Realität weg ist. Wie klein könnte so eine 
fabless Halbleiterbude sein? Wie schnell käme der ursprüngliche 
Einzelkämpfer dort hin? Wie sähe sein Weg aus?

Wir sind hier ja im µC-Forum. Sagen wir also, jemand hat schon länger 
ein paar Ideen für einen kleinen µC, dachte sich schon oft, das er an 
diesem oder jenem µC, mit dem er arbeitete, dieses oder jenes anders 
gemacht hätte. Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer 
µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige.

Nehmen wir an, es soll ein Gründungszuschuss des Arbeitsamtes genutzt 
werden. Um den zu beantragen, müsste zum Zeitpunkt der Gründung noch ein 
halbes Jahr Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen. Somit bleibt zu 
Beginn einer Arbeitslosigkeit ein halbes Jahr Vorbereitungszeit.
Das Arbeitslosengeld (6 Monate) und der Zuschuss danach decken die 
Lebenhaltungskosten, so dass wir im Folgenden beide im ersten Jahr nicht 
mehr berücksichtigen wollen.

Woche 0: Unser Einzelkämpfer nimmt sich ein paar Tage, um seine 
Kenntnisse in Rechnerarchitektur aufzufrischen, überfliegt ein 
Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz.
Er überlege sich eine Architektur (z.B. wie in "8bit-Computing mit FPGA" 
(Beitrag "8bit-Computing mit FPGA")), und implementiere eine 
stark vereinfachte Version davon in Verilog als Proof-of-Concept, der 
zumindest mal auf einem Verilog-Simulator funktioniere.
Da wohl außer dem Einzelkämpfer niemand sich mit dem wirren Befehlssatz 
befassen will, schreibt er noch schnell in 3 Tagen einen C-Compiler 
dazu. der generiert zwar noch keinen sonderlich effizienten Code, aber 
das kann ja später noch werden (auch der Befehlssatz steht noch nicht 
endgültig fest).

Woche 1: Es wird noch ein wenig am Compiler gefeilt. Zwar gibt es weder 
Assembler, Simulator noch Hardware, aber immerhin erzeugt der Compiler 
Ende der Woche halbwegs brauchbaren Assemblercode; wir wollen annehmen, 
dass dieser gut aussieht (z.B. geringere Codegröße als bei etablierten 
µC).

Wochen 2 - 20: Der Einzelkämpfer feilt weiter an seinem µC, and den 
Tools dazu. Irgendwann steht der endgültige Befehlssatz, Compiler und 
Assembler funktionieren gut, und sind debugt. Die Compilate lassen sich 
auf dem inzwischen vorhandenen Simulator ausführen. Auch die 
Implementierung in Verilog  führt Code aus, ob im Verilog-Simulator oder 
auf dem FPGA.

Woche 21: Bisher hatte der Einzelkämpfer keine Kosten, 5 Monate sind 
fast um Unser Einzelkämpfer muss nun bald gründen. Er nehme sich die 
Woche, um sich in Rechtsformen einzulesen, er wählt eine Rechtsform, und 
beginnt mit dem nötigen Papierkram.

Woche 22: Unser Einzelkämpfer hat nun viel Code (C, Verilog, oder was 
auch immer), aber kein verkäufliches Produkt, keine Vertriebswege. Dem 
µC fehlt noch etwas Peripherie (z.B. A/D, D/A-Wandler), einen 
Taktgenerator, Flash / PROM (und eine Möglichkeit, diese zu schreiben), 
und was sonst noch beim Schritt vom FPGA bis zum Maskensatz zu erledigen 
ist.

Wie weiter? Allein oder mit Mitarbeitern? Ziel ist die kleine fabless 
Halbleiterbude, die erfolgreich einen kleinen µC am Markt platziert hat, 
und damit ausreichend Gewinn macht, um davon den früheren Einzelkämpfer 
und, falls nötig, die Mitarbeiter bezahlen zu können. Da µC billig sind, 
braucht es hinreichende Stückzahlen. Wieviel Geld muss der Einzelkämpfer 
oder ein Investor am Anfang aufbringen (für Masken, Gehälter der 
Mitarbeiter ab Einstellung, Lebenshaltung des Einzelkämpfers ab Woche 
53, etc)?

: Bearbeitet durch User
von Senf D. (senfdazugeber)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Woche 21: Bisher hatte der Einzelkämpfer keine Kosten, 5 Monate sind
> fast um

Das ist eine Milchmädchenrechnung, denn überlege mal, was der 
Einzelkämpfer in dieser Zeit alles an Einkommen hätte generieren können.

von Blechbieger (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer
> µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige.

Keine Chance, in dem Bereich ist die Konkurrenz viel zu groß. Eher mit 
einer innovativen Idee für einen Spezialchip, wo noch keiner drauf 
gekommen ist dass man sowas brauchen könnte.

Philipp Klaus K. schrieb:
> überfliegt ein
> Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz.

Das sind Grundlagen, die müssen vorher sitzen.

Philipp Klaus K. schrieb:
> Wie weiter? Allein oder mit Mitarbeitern?

Für Einzelkämpfer sehe ich keine Chance, ab 5 - 10 Leuten (inkl. 
Vertrieb, sehr wichtig) könnte es klappen. Pro Mitarbeiter 100K - 150K 
Personalkosten/a (nicht Gehalt). Sechsstellige Beträge für Software. 
Lizenzkosten für IP wie SRAM, Standardzellen und IO kommen noch hinzu, 
kenne aber die Preise nicht.

Philipp Klaus K. schrieb:
> für Masken
Für Prototypen https://europractice-ic.com/prices-2021 (ähnlich 
Poolfertigung für PCB), für Serie 6 - 7 stellig, je nach Technologie.

Philipp Klaus K. schrieb:
> Wieviel Geld muss der Einzelkämpfer
> oder ein Investor am Anfang aufbringen

Ich denke unter 5 Mio braucht man kaum anfangen. Ich kannte aber auch 
ein Startup das deutlich zweistellig Millionenbeträge verbrannt hat 
bevor die Investoren den Stecker gezogen haben.

von MaWin (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Wie weiter?

MPW run für, je nach Chipgrösse, 15000 EUR, gucken ob Muster 
funktioniert, hoffentlich nur einen zweiten Durchlauf.

Dann Marketing, dazu würde ich mich an einen kleineren aber etablierten 
Anbieter anheften.

Übrigens ist der 10tausendste uC nicht unbedingt die beste Idee. 
Schaltregler und LED Treiber sind in Mode. Automotive hat Probleme, ob 
die sich aber für dich entscheiden ist fraglich, du müsstest AEC 
qualified liefern können, Sensoren sind eher von Interesse.

Denk mal an Maxim: das ganze Portfolio waren nur Entwürfe die im  MPW 
umgesetzt wurden und auf den ersten echten Grossabnehmer warteten, der 
dann die ganze Maske bezahlte.

http://www.vlsitechnology.org/ (Standardcells)
http://www.designinganalogchips.com/ (Camenzind)
https://www.linkedin.com/posts/jean-francois-debroux-b0977112_analog-ic-design-activity-6701215416393445376-CkW-/
https://fossi-foundation.org/2020/06/30/skywater-pdk (Fossi 
Foundation/Google: Free PDK, 130nm 10mm2 chip) 
https://github.com/google/skywater-pdk 
https://skywater-pdk.readthedocs.io/en/latest/
(http://www.idea2ic.com/PlayWithICEDIT/ICEDITTemplates.html zeigt wie 
man mit ICEDdit einen Chip entwirft und einige Geschichten für 
IC-Entwicklung)

von oszi40 (Gast)


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Rein physikalisch gesehen, kann die Hummel nicht fliegen. Sie macht es 
aber trotzdem. Aus mancher Garagenfirma ist auch was geworden. Von den 
Firmen, die untergegangen sind, hört man nichts!

Wichtig erscheint mir von Anfang an: Ein geeigneter Absatzmarkt mit 
vielen zuverlässigen Kunden, die auch zahlen. Bevor ich einem Konzern 
Millionen Chips verkaufen würde, wäre erst man eine Risikoabwägung 
nötig. Nicht jeder zahlt sofort und manche Charge könnte auch schief 
gehen? Viele kleine Handwerker sind schon durch einen "Großauftrag" in 
die Insolvenz gekommen.

von Blechbieger (Gast)


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MaWin schrieb:
> Denk mal an Maxim: das ganze Portfolio waren nur Entwürfe die im  MPW
> umgesetzt wurden und auf den ersten echten Grossabnehmer warteten, der
> dann die ganze Maske bezahlte.

Interessanter Ansatz, kann man da mehr dazu lesen?

von MaWin (Gast)


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oszi40 schrieb:
> Wichtig erscheint mir von Anfang an: Ein geeigneter Absatzmarkt mit
> vielen zuverlässigen Kunden, die auch zahlen.

Na ja, hunderte neu gegründete chinesische Halbleiterfirmen machen 
einfach. Jede Woche kommt eine Neue, jeden Monat geht Eine ein. Manche 
kleben nur Chips von Fremdherstellern in Gehäuse und stempeln ihren 
Namen drauf.

Bedenken tragen darf der Feigling in Deutschland.

https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/mawin.htm Chiphersteller.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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Blechbieger schrieb:
> Philipp Klaus K. schrieb:
>> Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer
>> µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige.
>
> Keine Chance, in dem Bereich ist die Konkurrenz viel zu groß. Eher mit
> einer innovativen Idee für einen Spezialchip, wo noch keiner drauf
> gekommen ist dass man sowas brauchen könnte.

RISC-V hatte bei 32/64 Bit Erfolg, gegen etablierte Konkurrenz. Da 
erscheint es nicht völlig unmöglich, dass so etwas im 8.Bit-Bereich 
klappen könnte. Außerdem sind 8-Bit-µC etwas, unter dem sich hier jeder 
im Forum etwas vorstellen kann, und damit als Beispiel gut geeignet.

> Philipp Klaus K. schrieb:
>> überfliegt ein
>> Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz.
>
> Das sind Grundlagen, die müssen vorher sitzen.

Der Einzelkämpfer ist kein Universalgenie. Ob nun wie in meinem Beispiel 
zu Anfang der woche 0 die Compilerentwicklung sitzt, aber bei Verilog / 
FPGA Nachholbedarf besteht oder andersrum dürfte am Ende keinen großen 
Unterscheid machen.

von Blechbieger (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Der Einzelkämpfer ist kein Universalgenie.

Eben darum hat er keine Chance. Er braucht ein Team das sich ergänzt. 
Aber bei einer Halbleiterbude würde ich erwarten das der Gründer 
entweder umfangreiche Kenntnisse in der Halbleiterentwicklung oder der 
Zielanwendung hat.

von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Vieleicht gibt es auch gar keinen Chipmangel, sondern man kann einfach 
nicht schnell schnell genug neuen E-Schrott herstellen??
Früher hat die Elektronik 30-40Jahre gehalten, heutzutage wird hart 
versucht, das Zeug so kurzlebig wie möglich zu machen, obwohl es 
eigentlich nicht mehr gross Fortschritt gibt, siehe CrApple....

von Anarchist (Gast)


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Blechbieger schrieb:
> Interessanter Ansatz, kann man da mehr dazu lesen?

Dazu findest du sicher im Archiv dieses Forums viele Frust-Posts.
Die Versorgungslage mit Mustern für Entwickler war gut und kostenlos.
Der Frust kam dann bei der Serienproduktion als die Chips in Stückzahlen 
nicht lieferbar waren.

Was aber dem Bastler nichts ausgemacht hat. Dem Profi schon.

von Anarchist (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> RISC-V hatte bei 32/64 Bit Erfolg, gegen etablierte Konkurrenz. Da
> erscheint es nicht völlig unmöglich, dass so etwas im 8.Bit-Bereich
> klappen könnte. Außerdem sind 8-Bit-µC etwas, unter dem sich hier jeder
> im Forum etwas vorstellen kann, und damit als Beispiel gut geeignet.

Dann spiele doch mal den Vertriebler, der Kunden überzeugt.
Die 32-Bitter kommen schon sehr weit runter mit dem Preis.
Der 8-Bitter muss darunter liegen. Die SW-Entwicklung für den 8-Bitter 
ist teuerer, weil mehr Klimmzüge erforderlich sind, um mit den 
Beschränkungen durch nur 8 Bit klarzukommen.
Ausserdem gibt es schon den MCS51 mit optimiertem Design für extrem 
günstige Massenproduktionen.

von MaWin (Gast)


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Anarchist schrieb:
> Dann spiele doch mal den Vertriebler, der Kunden überzeugt

Wenn du sagen kannst: mein Chip generiert Bitcoins 10 x schneller und 
energieeffizient als der nächste Konkurrent, dann brauchst du keinen 
Vertriebler, das Zeug geht weg wie Koks.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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Blechbieger schrieb:
> Philipp Klaus K. schrieb:
>> Der Einzelkämpfer ist kein Universalgenie.
>
> Eben darum hat er keine Chance. Er braucht ein Team das sich ergänzt.
> Aber bei einer Halbleiterbude würde ich erwarten das der Gründer
> entweder umfangreiche Kenntnisse in der Halbleiterentwicklung oder der
> Zielanwendung hat.

Bei µC sind auch die Tools (Compiler, Entwicklungsumgebung, etc) 
wichtig, so dass mir ein Hintergrund in dem Bereich plausibel erschien.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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Anarchist schrieb:
> Philipp Klaus K. schrieb:
>> RISC-V hatte bei 32/64 Bit Erfolg, gegen etablierte Konkurrenz. Da
>> erscheint es nicht völlig unmöglich, dass so etwas im 8.Bit-Bereich
>> klappen könnte. Außerdem sind 8-Bit-µC etwas, unter dem sich hier jeder
>> im Forum etwas vorstellen kann, und damit als Beispiel gut geeignet.
>
> Dann spiele doch mal den Vertriebler, der Kunden überzeugt.
> Die 32-Bitter kommen schon sehr weit runter mit dem Preis.
> Der 8-Bitter muss darunter liegen. Die SW-Entwicklung für den 8-Bitter
> ist teuerer, weil mehr Klimmzüge erforderlich sind, um mit den
> Beschränkungen durch nur 8 Bit klarzukommen.
> Ausserdem gibt es schon den MCS51 mit optimiertem Design für extrem
> günstige Massenproduktionen.

32-Bitter sind billig. 8-Bitter sind billiger. 8-Bitter mit vernünftiger 
Architektur und vernünftigen Tools (z.B STM8 mit SDCC oder IAR) 
erfordern auch nicht mehr Klimmzüge als ein 32-Bit-µC.
Beim MCS-51 mag das anders aussehen, aber aber in meinem Szenario begann 
der Einzelkämpfer ja mit einer neuen Architektur, die nicht die Fehler 
und den historischen Ballast von MCS-51 wiederholen wird.

Ich würde hier eher STM8 (saubere Architektur, billiger als 32-Bitter) 
oder Padauk (ganz billig) als harte Konkurrenz sehen, gegen die es der 
Einzelkämpfer mit seinem neuen µC schwer haben könnte.

von Patrick L. (Firma: S-C-I DATA GbR) (pali64)


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So im Groben:
Ja wenn du sehr Innovative Ideen umsetzen kannst, hast du eine reelle 
Change, aber das heißt Kämpfen und einen Sauberen Werbe und Verkauf 
aufbauen.

Ich habe 1976(als Einzelkämpfer) die Ersten Chipdesign (später in 
Zusammenarbeit mit/bei Ferranti die Chips) gemacht,
1980 hatte ich bereits eine eigene Fab 1990 bereits 2 Tsunami Die Bonder 
im Einsatz.
Heute habe ich stark Reduziert, weil der CN Konkurrenzkampf zu groß 
wurde.
(In CH kann man da einfach nicht mithalten)
Heute habe ich zwar eine Kleine FAB um Kundenspezifische Chips und 
Halbleiter so wie Hybrid herzustellen, aber das sind nur 
Nischenprodukte, für Spezialanforderungen (Beispiele, Spezial Dioden und 
Transistoren oder SYN2202 oder DAGHA1X08 usw..
oder hin und wieder mal "Rekonstruktion von Steinzeit Chips" wie es von 
den Mitarbeiter gerne genannt wird.

Also Unrealistisch ist es nicht eine Fabless Chipherstellung zu 
realisieren.

Aber als Einzelkämpfer, brauchst du entweder einen 6er im Lotto, oder 
Sponsoren um das Marketing zu puschen.

Und auch um einen guten Patentanwalt zu bezahlen, und nicht zuletzt dann 
auch für die "Kriegskasse".

Das ist meine Meinung und nebenbei auch meine Schreibfehler, wer sie 
also findet, darf sie behalten :-D

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer µC aussehen
> könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige.

Ist ja ungefähr das, was Alf Egil Bogen und Vegard Wollan vor 25 Jahren 
gemacht haben.

Allerdings haben sie danach nicht versucht, als Einzelkämpfer weiter zu 
machen, sondern haben sich jemanden gesucht, der die Produktion von ICs 
und auch µCs zumindest schon mal im Griff hat, und insbesondere 
jemanden, der eine Technologie von Flash-Speicher bereits besaß. Ohne 
die Möglichkeit, sowas gleich mit zu integrieren, hätte sich vermutlich 
kein Schwein für einen AVR interessiert.

von Flexi (Gast)


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Man muss auch bedenken, dass viele Entwickler besonders hier in DE keine 
neue Architektur wollen, in die sie sich einarbeiten sollen.

Momentan gibt es weltweit nur zwei Standards, ARM und RISC-V, der eine 
ist kommerziell und sogar APPLE setzt jetzt auf ARM, obwohl sie früher 
selbst viel Chipentwicklung für ihre Iphones und Tablets gemacht haben.

Ich vermute, bei ARM ist das Optimum schon erreicht, niemand hat bessere 
Ideen, was man mehr rausholen könnte auf einem Mikrocontroller.

Ich würde mehr echte Parallelität mit Multicore haben wollen um harte 
Echtzeit-Anforderungen zu realisieren.
Auch mehr SRAM wären nicht schlecht, aber dann verlassen wir wohl die 
Domäne des µC und sind bei ARM A9 oder höher.

von ZF (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Das scheint mir arg zugespitzt, aber nun interessiert mich doch die
> Frage, wie weit es von der Realität weg ist. Wie klein könnte so eine
> fabless Halbleiterbude sein? Wie schnell käme der ursprüngliche
> Einzelkämpfer dort hin? Wie sähe sein Weg aus?
Mawin hat schon Recht, es gibt wirklich etliche kleine fabless 
Halbleiter-Designfirmen in Europa. Da bekommt jemand, der nicht aus der 
Branche kommt nur nicht viel von mit, in der Tageszeitung tauchen die 
Namen selten auf, und meist gibt es die Produkte auch später nicht als 
Standardbauteil im Reicheltkatalog zu kaufen. Der Einzelkämpfer sollte 
aber besser nicht bei Null anfangen, sondern die Kunst und Kniffe der 
Branche schon woanders gelernt haben. Die Investitionskosten für eine 
solche Firma sind gar nicht so hoch, die Software ist oft gemietet, 
nicht gekauft. Auftragsentwicklung lässt man sich üblicherweise 
ratenweise entsprechend der entstandenen Kosten zu ein paar 
Meilensteinen bezahlen. Bei Eigenentwicklungen muss man etwas länger 
liquide sein und hat auch ein höheres Risiko ob sich tatsächlich 
Abnehmer finden.

> Wir sind hier ja im µC-Forum. Sagen wir also, jemand hat schon länger
> ein paar Ideen für einen kleinen µC, dachte sich schon oft, das er an
> diesem oder jenem µC, mit dem er arbeitete, dieses oder jenes anders
> gemacht hätte. Das ergibt irgendwie einen groben Entwurf, wie ein neuer
> µC aussehen könnte, der ein paar Sachen besser macht als bisherige.
µCs gibt es schon ziemlich viele, der Mehrwert eines weiteren µC sollte 
ein Wirklicher sein und auch einen Markt haben, sonst bleiben die 
Entwickler bei den µCs deren Unzulänglichkeiten sie schon kennen und mit 
denen sie schon zu leben gelernt haben. Wegen der hohen Fixkosten bei 
Chipdesign und Fertigung haben ICs dann Sinn, wenn entweder die hohen 
Fixkosten auf eine große Stückzahl umgelegt werden können, oder wenn 
eine bestimmte Anwendung ohne ASIC nicht, also nicht mit 
Standardkomponenten, realisiert werden kann. Das können zum Beispiel 
technische Rahmenbedingungen wie Größe, Masse, Stromverbrauch, aber auch 
Umgebungsbedingungen wie extreme Temperaturen oder Strahlung sein. Für 
kleine Designhäuser gibt es zwei Haupttätigkeitsfelder: Auftragsdesign 
für Kunden, die ein ASIC brauchen aber selbst keine Designkompetenz 
haben, und eigenfinanzierte Designs in Nischenmärkten, die dann wenigen 
Firmen, die Bedarf für solche Nischenprodukte haben, angeboten werden. 
Mein Tipp an Gründer: nicht verzetteln, nicht versuchen der Beste im 
Analogbereich zu sein und gleichzeitig die komplexesten Digitallösungen 
und anspruchsvollsten HF-Schaltungen beherrschen zu wollen. Besser mit 
Experten auf den jeweils anderen Feldern zusammen arbeiten, sofern 
nötig.

von Mohandes H. (Firma: مهندس) (mohandes)


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Zuerst muß eine richtig gute Idee stehen! Chips, ob digital oder analog 
gibt es zu zigtausenden. Nicht jeder hat eine so geniale Idee wie 
Camenzind 1970 mit dem NE555, bis heute das meistproduzierte IC 
weltweit. Oder so ein gutes Design wie der SA602/612.

Bevor ich mich daran machen würde eine Idee in die Tat umzusetzen, würde 
ich schauen ob nicht ein anderer schon darauf gekommen ist. Ich hatte 
auch schon 'gute' Ideen, nicht für Chips sondern für spezielle 
Schaltungen im Musikbereich aber nach einiger Recherche gab es das alles 
schon.

Philipp Klaus K. schrieb:
> überfliegt ein Verilog-Buch ...

Mal eben überfliegen? Da gibt es richtig gute Leute, die darauf 
spezialisiert sind und das seit Jahren machen.

Der Gedanke so was als Einmann-Unternehmen hinzubekommen ist ja 
bestechend. Aber ohne Hilfe von guten Leuten ist das unrealistisch. 
Hardware, Software, spezielle Technologien, Vermarktung. Und: erst die 
richtig gute Idee!

von MaWin (Gast)


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Mohandes H. schrieb:
> Aber ohne Hilfe von guten Leuten ist das unrealistisch.

Na ja, wenn man irgendeinen VLSI Kurs an einer guten Uni mitgemacht hat, 
dann hat man schon mal seinen ersten MPW run Chip produziert. Die 
Technik hat man damit also drauf, fehlt die Idee auf die die Welt 
gewartet hat.

Und ggf. das know how wie man was Besonderes macht und nicht einfach mee 
too wie alle anderen auch.

Mohandes H. schrieb:
> bis heute das meistproduzierte IC weltweit.

Nein, schon lange nicht mehr.
TL431.

von Nikolaus S. (Firma: Golden Delicious Computers) (hns)


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Mit was man sich als Einzelkämpfer (der Luke ist so ein genialer, 
hyperaktiver, ideenreicher, getriebener Workoholic) rumschlagen muss ein 
Beispiel: 
https://www.pro-linux.de/news/1/27527/libre-risc-v-projekt-von-risc-v-foundation-enttäuscht.html
Und dennoch kommt nichts Greifbares heraus. Soweit ich mich an einen 
Vortrag auf der FOSDEM erinnere, hat er EU-Fördergelder ("Horizon 2020") 
bekommen.
D.h. in Euerer Überlegung für ein 1-Mann-Startup fehlt, dass er sich in 
der noch übrigen Freizeit - neben Gewinnen von Kunden - darum kümmern 
muss dass rechtzeitig vorab Geld fürs Wachstum und zukünftige 
Mitarbeiter aufzutreiben ist. Entwickeln ist nur 10% eines erfolgreichen 
Unternehmens. D.h. sich 22 Wochen nur mit Technik zu beschäftigen ist 
schon Garantie fürs Scheitern. Max. 2 Wochen. Um dann Blueprints 
verkaufen, Geldgeber finden, Mitarbeiter anheuern.
Ein wesentlicher Unterschied zu Garagengründungen vor 50 oder 25 Jahren 
ist dass heute kein Großkunde (und den braucht man) dem Lieferanten 
einer potenziell neuen Lösung einen Kredit gibt (= vorab bezahlt), damit 
der irgendetwas Nettes fertigentwickelt. Das macht man heutzutage nicht 
mehr. Man nimmt Standardteile oder beauftragt einen Lieferanten von 
Standardteilen eine spezielle Variante anzubieten. Aber bitte nicht 
teuerer als die Standardvariante... Und wenn ein Risiko dabei ist, dann 
möge das bitte jemand anderes bezahlen.
Dazu kommt dass es heute viel mehr Auswahl gibt. Z.B. muss niemand mehr 
einen NE555 in ein neues Design nehmen.

: Bearbeitet durch User
von Fpgakuechle K. (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:

> Woche 0: Unser Einzelkämpfer nimmt sich ein paar Tage, um seine
> Kenntnisse in Rechnerarchitektur aufzufrischen, überfliegt ein
> Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz.
> Er überlege sich eine Architektur (z.B. wie in "8bit-Computing mit FPGA"
> (Beitrag "8bit-Computing mit FPGA")), und implementiere eine
> stark vereinfachte Version davon in Verilog als Proof-of-Concept, der
> zumindest mal auf einem Verilog-Simulator funktioniere.
> Da wohl außer dem Einzelkämpfer niemand sich mit dem wirren Befehlssatz
> befassen will, schreibt er noch schnell in 3 Tagen einen C-Compiler
> dazu. der generiert zwar noch keinen sonderlich effizienten Code, aber
> das kann ja später noch werden (auch der Befehlssatz steht noch nicht
> endgültig fest).

Naja, so stellt sich das ein Informatiker vor, der 0-Grundlagen von der 
Chipfertigung kennt. Tipp: mach ein passendes Studium in 
Elektrotechnik/Mikrosystemtechnik, vielleicht hilft auch eine Promotion. 
Oder Schau das du mit ne passenden FhG zusammenarbeitest.
Dort kann man dir zeigen wie man einen Standardcontroller als IP-Core 
eindesignt und mit Gcc eine Toolchain zusammenbastelt. Erfahrung im 
Prototypenbau und leider auch das Wissen wie man einen Lötkolben richtig 
anfasst gehört auch dazu.

Ist dir zu schwierig? Schau selbst Mädchen aus den eher ländlichen 
Regionen der USA haben das geschafft:

https://youtu.be/cLy0mVkoLio?t=411
https://youtu.be/nB3j911ldY0?t=499
https://www.youtube.com/watch?v=xhQ7d3BK3KQ

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ich kenne Halbleiter Entwickler, ohne eigene Fab. Aber die machen keine 
so komplexen Dinge wie ein eigener Prozessor. Das ist etwas zu komplex 
auch fuer ein kleineres Team. Zudem muss der einstieg auch von irgendwo 
her kommen. Denn mit dem Arbeitsamt als Partner wird das nichts.

Der mir bekannte Halbleiter Entwickler war Entwickler in einer 
Halbleiterfirma und zustaendig fuer schnelle Logik, ECL. Als diese 
Technologie nicht mehr so gefragt war und am Auslaufen war, hat er deren 
Entwicklungsabteilung mitgenommen. Bedeutet also die Tools. Hin und 
wieder wird ein chip neu aufgelegt, in einer strukturverkleinerten 
Version. die macht er dann. Neuentwicklungen gibt es keine.

Ich habe mich mal interessiert fuer den Studiengang Chipdesign an der 
lokalen Hochschule. Am Infoabend vernahm ich dann, es geht um die 
Theorie, Tools, unter anderem TINA, und um konigurierbare Analog Chips. 
Da hat's alles drauf, OpAmps, usw. Da wird dann einfach die Fuse 
rausgebrannt, und die Funktionalitaet ist im Signalpfad. Eigentlich 
FPGA, fuer Analog. Man waehlt den pasenden chip, wo das Design drin 
platz hat und laesst das Design so fertigen.
Keine Maske usw. denn dann wird's teuer. Masken waren schon vor 30 
Jahren richtig teuer. ab 100k, pro Stueck, und fuer einen Chip benoetigt 
man einige Layers. Denkt man an mehrere Versionen, bis die Fehler 
draussen sind, redet man von Millionen fuer die Masken alleine.

: Bearbeitet durch User
von Robert K. (Firma: Zombieland) (rko)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> "Also: weniger jammern, mehr machen. Heute kann selbst ein Einzelkämpfer
> fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa
> kriegen."
das kannst Du in Deutschland vergessen - sowas geht nur im Ausland

> Nehmen wir an, es soll ein Gründungszuschuss des Arbeitsamtes genutzt
> werden. Um den zu beantragen, müsste zum Zeitpunkt der Gründung noch ein
> halbes Jahr Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen. Somit bleibt zu
> Beginn einer Arbeitslosigkeit ein halbes Jahr Vorbereitungszeit.
> Das Arbeitslosengeld (6 Monate) und der Zuschuss danach decken die
> Lebenhaltungskosten, so dass wir im Folgenden beide im ersten Jahr nicht
> mehr berücksichtigen wollen.
IRRTUM!
Es kommen verschiedene Briefe an - Finanzamt,IHK, Müllabfuhr und eben 
auch Krankenkasse, sobald Dein Gewerbe angemeldet ist.

>
> Woche 0:
Du bist mit den Antworten und Negativbescheiden befaßt, damit nicht 
sofort abkassiert wird! Dein Kerngeschäft leidet natürlich darunter.

>
> Woche 1:
Du wartest noch auf einem Bescheid vom Finanzamt, den Du für die 
Krankenkasse dringend brauchst.

>
> Wochen 2 - 20:
Das Finanzamt kann Dir keinen Bescheid ausstellen, weil Dein Gewerbe 
noch frisch eröffnet ist.
Deine Krankenkasse geht deshalb erst einmal vom Höchstsatz aus, der 
jetzt fällig wird - monatlich!
Natürlich bekommst Du das zuviel bezahlte Geld auch zurück, sobald Du 
die Belege (Dein Aufwand) erbracht hast - das dauert erstmal.
Die Krankenkasse ist happy über die zinslose Vorkasse, die Du leistest.

>
> Woche 21:
endlich hast Du gemerkt, daß der Geldabfluß an die Krankenkasse so nicht 
weitergehen kann und liquidierst Dein Kleingewerbe.

>
> Woche 22:
Ende Gelände und wieder um eine Erfahrung reicher - viel Geld und 
Energie verplempert für nichts bzw. für andere Nutznießer des Systems - 
DU hast den Aufwand und die Bürokratie gehabt, nicht die!

: Bearbeitet durch User
von Gerd E. (robberknight)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> 32-Bitter sind billig. 8-Bitter sind billiger. 8-Bitter mit vernünftiger
> Architektur und vernünftigen Tools (z.B STM8 mit SDCC oder IAR)
> erfordern auch nicht mehr Klimmzüge als ein 32-Bit-µC.
[...]
> Ich würde hier eher STM8 (saubere Architektur, billiger als 32-Bitter)
> oder Padauk (ganz billig) als harte Konkurrenz sehen, gegen die es der
> Einzelkämpfer mit seinem neuen µC schwer haben könnte.

Ich denke mit einem "normalen" 8 Bit µC hast Du keine Chance auf dem 
Markt. Denn da bliebe Dir als Vorteil gegen z.B. STM8 nur der Preis. Und 
den könntest Du nur durch eine riesige produzierte Menge schaffen. Masse 
bedeutet große Mengen an Kapital das umgewälzt werden muss. Das ist 
nichts was Du als kleines Startup hinbekommst bevor Dir das Geld 
ausgeht.

Für viel realistischer halte ich da den Markt mit ASICs. Also Dir ist in 
Deiner Entwicklerlaufbahn ein Problem begegnet, für das es keine 
richtige Lösung am Markt gibt und man deswegen viele Klimmzüge nehmen 
muss. Mit einem ASIC, meinetwegen mit integriertem kleinem 
Prozessorkern, könnte man das dagegen elegant lösen. Diesen ASIC 
entwickelst Du jetzt. MPW, Skywater,... wurden ja schon genannt. Aus 
Deiner Entwicklerlaufbahn hast Du dann auch noch die Kontakte zu 
möglichen Kunden warm gehalten und gehst die jetzt direkt an, z.B. Dein 
früherer Arbeitgeber oder dessen Kunden. Dann kann daraus was werden.

von udok (Gast)


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Digitaldesign kannst du als Einzelkämpfer völlig vergessen.

Da hättest du nur eine Change, wenn du was machst was andere nicht haben 
oder machen,
d.h. du musst bei irgendwelchen neuen Standards 2 Jahre schneller
am Markt sein als die Konkurrenz.
(TV, serielle Protokolle, Netzwerk, Mobilfunk, etc.).
Dann brauchst du auch noch die Vertriebspartner.
Das ist völlig unrealistisch, zumindest ohne einen mehrstelligen
Millionen Betrag.
Die letzte grosse Gelgenheit war da vielleicht Bluetooth und BT Low 
Energy.
Ich glaube, da hast es ein paar Startups gegeben.
FTDI haben da eine Marktlücke in einem Uraltprotokoll (RS232) gefunden.

8 Bit uC, da kommst du mindestens 20 Jahre zu spät.
Das hätte heute keine Change, auch wenn du es Open Source machst, und 
verschenkst.

Praktisch hättest du nur mit einem ARM kompatiblen Design eine nicht 
unerhebliche Change.
Aber als Einzelkämpfer würde dich schon die notwendige Peripherie
(DRAM Controller, schnelle Timer, Flash Interafce...), völlig 
überfordern.

Wenn dein uC irgendwass spezielles kann, wie z.B. ein neues 
Funkprotokoll oder super Analog Peripherie, sehe ich etwas Licht, SiLabs 
haben so angefangen.  Aber 8 Bit ist völlig überholt.  Die 32 Bit ARM 
Kerne
haben dank < 40nm eine winzige Fläche, da dürfte der Verschnitt schon 
höher
sein. Da entscheidet doch auch  nur mehr der RAM und der Flash über die 
Kosten.

Wenn ich in dem Bereich arbeiten möchte, dann würde ich Analog Design 
machen.
Da sind die Prozesse und die Kosten geringer, und die Margen für gute
Präzisions Opamps sind riesig.
Die Konkurrenz ist in den letzen 10 Jahren praktisch verschwunden,
es gibt nur mehr TI und Analog, beide sehr teuer.
Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach.
Aber ich bezweifle, ob das ohne Fab mit ausgefeilten Prozessen geht.
Auch da brauchst du einen aufwändigen Vertrieb.

Es gibt ein paar wenige unabhängige Fabs, die sich auf ausgelaufene
diskrete Chips spezialisiert haben.
Die Hersteller haben ja die lezten Jahre brutal
viel aus dem Sortiment genommen, es gibt praktisch keine schnellen PNP
Transistoren mehr, auch JFets und gematchte Transistoren sind de fakto 
ausgestorben. Aber wenn du da nicht hineingeboren  bist, hast du keine 
Change.

von MaWin (Gast)


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Pandur S. schrieb:
> Masken waren schon vor 30 Jahren richtig teuer. ab 100k, pro Stueck, und
> fuer einen Chip benoetigt man einige Layers. Denkt man an mehrere
> Versionen, bis die Fehler draussen sind, redet man von Millionen fuer
> die Masken alleine.

Glücklicherweise sind die Preise am Fallen, für kleine Wafer kostet der 
Maskensatz gerade mal 5000 und im MPW run bekommt man es noch billiger.

Klar, ein 450mm Riesen-Chip mit 7 Metalllagen in modernster sub10nm 
Technologie schlagt mit jenseits 1 Mio rein, obwohl die Maske gar nicht 
so gross ist sondern mit Steppern verfahren wird.

von wosnet (Gast)


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Problem werden zum einen die enormen Software-Kosten sein. Für einen 
Satz Tools, z.B. von Cadence, um Mixed-Signal-Chips zu machen (Virtuoso, 
First Encounter, Tempus...) bezahlt man, je nach Optionen und Anzahl der 
Seats, schonmal 500k€/Jahr.

Bei Teilnahme an den mir bekannten Multi-Project-Wafer-Programmen (z.B. 
über Europractice oder MOSIS) bekommt man zwar meist einen relativ guten 
mm²-Preis (z.B. 1500€/mm² für 180nm CMOS, für neuere Technologien 
entsprechend teurer, z.B. bis zu 10.000€/mm² für 22nm), aber 
typischerweise auch nur ~40 Samples pro Run. Für's Prototyping reichts. 
Wenn es dann an größere Stückzahlen geht, dann braucht man einen 
Dedicated Run mit Maskensatz (der kostet z.B. bei MOSIS >150k€ für 180nm 
CMOS, bei neueren Technologien entsprechend deutlich mehr).
Für Chips mit Digitalteil braucht es dann noch Standardzellen, eventuell 
Speicher, eventuell Pad-Zellen. Je nach Anbieter fallen hier auch 
relativ hohe Lizenzgebühren an.

Es gibt aber Anbieter, die Entwurfssoftware, Zugang zu Fabs und auch IP 
als Pakete anbieten, z.B. https://racyics.de

von Robert K. (Firma: Zombieland) (rko)


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wosnet schrieb:
> Problem werden zum einen die enormen Software-Kosten sein. Für einen
> Satz Tools, z.B. von Cadence, um Mixed-Signal-Chips zu machen (Virtuoso,
> First Encounter, Tempus...) bezahlt man, je nach Optionen und Anzahl der
> Seats, schonmal 500k€/Jahr.
Problem ist nicht die Hard- oder Software, sondern der Standort 
Deutschland!
Was meinst Du denn, warum Telsa in die Provinz nach Brandenburg gegangen 
ist und gerade dort seine Gigafactory baut?
Da gab's erstmal Mrd. Subvention vom Land Brandenburg vorab und dann hat 
Elon Musk richtig erkannt "das mache ich" zumal jetzt klar war, daß man 
die Subventionsgeber auch sonst richtig übers Ohr hauen kann, was Tesla 
ja auch folgerichtig macht.
Genau das kannst mit einer "kleinen Halbleiterbude" Marke Eigenbau 
komplett vergessen - im Gegenteil, Du wirst vorher ausgeblutet, aber 
ganz übel!
Das ist hier nicht die Schweiz - da geht das vielleicht noch, die setzen 
auch mehr auf Selbstständigkeit ... aber hier? Vergiß es!

von Patrick L. (Firma: S-C-I DATA GbR) (pali64)


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Robert K. schrieb:
> Das ist hier nicht die Schweiz - da geht das vielleicht noch, die setzen
> auch mehr auf Selbstständigkeit ... aber hier? Vergiß es!

Damit wirst du wohl recht haben.
ob du rund 14% draufschlagen musst oder ob du rund 50% drauf schlagen 
musst, schlägt ordentlich ins "Gemüt"

Drum hier so ein Startup=
Entweder
6er im Lotto
oder
Sponsor mit richtig Kohle.

Und in beiden Fällen eine richtig gute Idee....

von Mathias (Gast)


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Patrick L. schrieb:
> 6er im Lotto

Der gibt nur so 1-2 Mio. Mit Superzahl wurden gerade 18 Mio 
ausgeschüttet. Der Jackpot ist auf 45Mio begrenzt. Damit könnte man 
vielleicht schon was machen...

von Michael B. (laberkopp)


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udok schrieb:
> Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach

TL431, LM358, TL074, ... na ich weiss ja nicht.

Die guten Chips, wie LME49990, LME49720, LME49610 verschwinden ja, 
aufgekauft durch TI von NS und not-invented-here.

Offenkundig waren die Stückzahlen zu gering. Man baut lieber Mittelmass.

von udok (Gast)


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Michael B. schrieb:
>> Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach
>
> TL431, LM358, TL074, ... na ich weiss ja nicht.
>
> Die guten Chips, wie LME49990, LME49720, LME49610 verschwinden ja,
> aufgekauft durch TI von NS und not-invented-here.
>
> Offenkundig waren die Stückzahlen zu gering. Man baut lieber Mittelmass.

Denk noch mal über Erfolg nach, und wie man den noch definieren kann.

Und die wären schön blöd, wenn sie die LME49x weiterbauen würden.
Die machen sich doch nicht den Markt für ihre 5x so teueren Opamps hin.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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udok schrieb:
> Michael B. schrieb:
>>> Baue einfach die 10 erfolgreichsten Chips von TI/Analog/Linear nach
>>
>> TL431, LM358, TL074, ... na ich weiss ja nicht.
>>
>> Die guten Chips, wie LME49990, LME49720, LME49610 verschwinden ja,
>> aufgekauft durch TI von NS und not-invented-here.
>>
>> Offenkundig waren die Stückzahlen zu gering. Man baut lieber Mittelmass.
>
> Denk noch mal über Erfolg nach, und wie man den noch definieren kann.
>
> Und die wären schön blöd, wenn sie die LME49x weiterbauen würden.
> Die machen sich doch nicht den Markt für ihre 5x so teueren Opamps hin.

Eine solche Strategie ergibt aber oft nur kurzfristig Sinn, da sie eine 
Marktlücke lässt, in die die Konkurrenz stoßen kann. Hätte die DB nicht 
den IR eingestellt (und auf vielen Strecken durch höherpreisige IC und 
ICE ersetzt), so hätte sich die Jahre später aufkommende 
Fernbuskonkurrenz in einer deutlich schwierigeren Marktsituation 
befinden.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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Senf D. schrieb:
> Philipp Klaus K. schrieb:
>> Woche 21: Bisher hatte der Einzelkämpfer keine Kosten, 5 Monate sind
>> fast um
>
> Das ist eine Milchmädchenrechnung, denn überlege mal, was der
> Einzelkämpfer in dieser Zeit alles an Einkommen hätte generieren können.

Er hatte keine Kosten. Es geht hier um den Weg zur "kleinen 
Halbleiterbude". Das Einkommen, das er in einem halben Jahr als 
Angestellter erzielt, ist dazu hier nicht relevant, da es im höchstens 
ein bischen Eigenkapital für die Gründung brächte. Außerdem gehen wir 
davon aus, dass er gerade arbeitslos wurde, er würde also effektiv nur 
die Differenz zwischen Arbeitslosengeld / Gründungszuschuss und seinem 
Nettogehalt erzielen.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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Blechbieger schrieb:
> Philipp Klaus K. schrieb:
>> überfliegt ein
>> Verilog-Buch undmacht ein FPGA-Tutorial aus dem Netz.
>
> Das sind Grundlagen, die müssen vorher sitzen.
>

Ich gebe zu, dass das etwas polemisch formuliert war; ursprünglich war 
mein Post ja Antwort auf "Heute kann selbst ein Einzelkämpfer fabless 
zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa kriegen." 
gedacht, was sicher auch den Stil meines Post beinflusste.
Nehmen wir mal etwas weniger polemisch an, dass unser Einzelkämpfer 
schon etwas Erfahrung mit Verilog hat (es meinentwegen vor einigen 
Jahren zur Programmierung von CPLD verwendete und vor längerer Zeit im 
Studium für FPGA), und nun das Buch liest, um seinen Kenntnisstand von 
Verilog auf aktuelles SystemVerilog zu aktualisieren. Das Tutorial macht 
er dann als Schnelleinstieg in die Tools zu seinem jetzt für die 
Entwicklung des µC verwendeten FPGA.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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Blechbieger schrieb:
> Für Einzelkämpfer sehe ich keine Chance, ab 5 - 10 Leuten (inkl.
> Vertrieb, sehr wichtig) könnte es klappen. Pro Mitarbeiter 100K - 150K
> Personalkosten/a (nicht Gehalt). Sechsstellige Beträge für Software.
> Lizenzkosten für IP wie SRAM, Standardzellen und IO kommen noch hinzu,
> kenne aber die Preise nicht.
>
> […]
>
> Ich denke unter 5 Mio braucht man kaum anfangen. Ich kannte aber auch
> ein Startup das deutlich zweistellig Millionenbeträge verbrannt hat
> bevor die Investoren den Stecker gezogen haben.

In dieser Kombination erscheinen mir 5 M€ arg wenig: Die decken ja nicht 
mal die Personalkosten für 1 Jahr. Wir müssen also mit weniger 
Mitarbeitern auskommen, oder mehr Geld haben.

von Philipp Klaus K. (pkk)


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wosnet schrieb:
> Problem werden zum einen die enormen Software-Kosten sein. Für einen
> Satz Tools, z.B. von Cadence, um Mixed-Signal-Chips zu machen (Virtuoso,
> First Encounter, Tempus...) bezahlt man, je nach Optionen und Anzahl der
> Seats, schonmal 500k€/Jahr.
>
> Bei Teilnahme an den mir bekannten Multi-Project-Wafer-Programmen (z.B.
> über Europractice oder MOSIS) bekommt man zwar meist einen relativ guten
> mm²-Preis (z.B. 1500€/mm² für 180nm CMOS, für neuere Technologien
> entsprechend teurer, z.B. bis zu 10.000€/mm² für 22nm), aber
> typischerweise auch nur ~40 Samples pro Run. Für's Prototyping reichts.
> Wenn es dann an größere Stückzahlen geht, dann braucht man einen
> Dedicated Run mit Maskensatz (der kostet z.B. bei MOSIS >150k€ für 180nm
> CMOS, bei neueren Technologien entsprechend deutlich mehr).
> Für Chips mit Digitalteil braucht es dann noch Standardzellen, eventuell
> Speicher, eventuell Pad-Zellen. Je nach Anbieter fallen hier auch
> relativ hohe Lizenzgebühren an.
>
> Es gibt aber Anbieter, die Entwurfssoftware, Zugang zu Fabs und auch IP
> als Pakete anbieten, z.B. https://racyics.de

500 k€ / a klingt übel. Insbesondere, da der Einzelkämpfer (oder auch 
das kleine Team) nicht den ganzen Tag nur an dieser Software sitzt (so 
ein µC lebt ja auch von Compiler, Entwicklungsumgebung, Bibliotheken, 
Beispielprojekten, etc, und neben der Entwicklung gibt es in der 
Halbleiterbude ja noch mehr zu tun). Da muss also eine Alternative her: 
Entweder die Arbeitsschritte, die solche Software erfordern, an einen 
externen Spezialisten auslagern, oder mit freier Software arbeiten 
(Magic VLSI stagnierte zwar wohl mal einige Jahre, wird aber inzwischen 
anscheinend wieder aktiver entwickelt). das aber letztere wohl noch 
nicht auf dem Niveau der kommerziellen Konkurrenz sein dürfte, führt es 
zu mehr Arbeitsaufwand, man müsste dann also wohl einen Spezialisten mit 
Erfahrung mit der freien Toolchain einstellen.

Wenn man die Möglichkeit der MPW und die Geschichte mit Maxim 
betrachtet, denke ich an:

1) Mehrere Varianten des µC entwerfen, mittels MPW debuggen. Danach 
könnte man wohl per MPW einzelne Muster an interessierte potentielle 
Kunden liefern. Der finanzielle Aufwand ist abgesehen von Personalkosten 
bis hier gering.
2) Einen eigenen Maskensatz mit den aussichtsreichen Kandidaten aus 1) 
erstellen. Danach hätte man wohl Stückzahlen, die es erlauben würden, 
Kunden zu beliefern. Auch hier ist der finanzielle Aufwand wohl noch 
überschaubar. Risiko: Man irrt sich bei der Aufteilung der Waferfläche 
auf die Kandidaten, die man den Erfahrungen aus 1) nach getroffen hat 
z.B. auf dem Wafer 1000 mal µC-Variante A, 4000 mal µC-Variante B, 6000 
mal µC Variante C, und die Kunden bestellen dann meist A, so dass man 
auf einem Berg schwerverkäuflicher Dies für B und C sitzt. Das müssten 
die Einnahmen aus A dann mit stemmen.
3) Wenn ein Großauftrag absehbar ist, einen eigenen Maskensatz für die 
betroffene Variante erstellen. Hoffen, dass der Kunde nicht doch noch in 
letzter Minute abspringt.

Beitrag #6843280 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Fpgakuechle K. (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:



> Nehmen wir mal etwas weniger polemisch an, dass unser Einzelkämpfer
> schon etwas Erfahrung mit Verilog hat

> Entwicklung des µC verwendeten FPGA.

Du bewegst Dich immer noch auf dem Holzweg solange du 'Halbleiterbude' 
mit Mikrocontrollerentwicklung gleichsetzt resp. einengst.

Also mir sind folgende "Buden" in der Halbleiterentwicklung übern Weg 
gelaufen (Auswahl):

a) Männlich, dreißiger, Unernehmensnamen vergessen auf einer Messe in DD 
ca. 2002. Macht im Kundenauftrag analog-IC entwicklung, arbeitet viel 
mit spice (ja, damit kann man auch Schaltungen aus Halbleiterstrukturen 
wie p-well und verschiedenen Planar-strukturen in Spice simulieren).

b) Schulkamerad mit Doktortitel in Halbleiterphysik, hat im 
Kundenauftrag mit einem zweiten Dr. Dotierungsprofile untersucht, 
insbesonders ob die berechneten Bänderprofile mit den realen 
übereinstimmten. Dennen ging es insbesonders um energieeffiziente 
Lichtemissionen im Bereich 450-500 nm. Ihr 'Kapital' war 
'Waferhandling-Equipment' das sie ausgemuster zum Schrottpreis von 
Philips bekamen. Dotieranlagen haben sie in einem Forschungszentrum 
gemietet.

c) Schulkamerad mit Doktortitel in Automatisierungstechnik, hat ne Firma 
die bei Infineon und Co die logs aus den Fertzigungsmaschinen ausliest 
und damit Optimierungen (Durchlaufzeit, yield) an den Prozessparametern 
ableitet

d) Freiberufler, entwickelt bspw. für einen Zulieferer der Halbleiterer 
(Tester für Speicher) FPGA und PCB-Designs.

Das sind alles 'Buden', deren 'Produkt' eigentlich keines ist, sondern 
eine Dienstleistung. Und die für diese Dienstleistung nötigen 
Werkzeuge/Lizenzen haben sie sich vom eher geringen Startcapital 
(höchstens 25k) eingekauft oder gemietet. Oder auf den 
Stundesnsatz/Preis umgelegt. Und man kann sich auch einiges per scripte 
aus mathlab, excel und Co zusammenstricken.

Oder arbeite dich mal durch die Mitgliederliste des Branchenverbandes 
"Silicon saxony' durch:
https://www.silicon-saxony.de/nc/mitglieder/sortierung-nach-geschaeftsfeldern/

Da sind nicht nur Big Player drin, sondern eben auch 'Buden'.

von Gerd E. (robberknight)


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Hier noch ne Idee für ein meiner Meinung nach sinnvolles Produkt: ein 
kleiner 32 Bit µC, so die Liga eines STM32F0, kombiniert mit einem 
kleinen FPGA, vielleicht so 1000 Zellen und etwas Blockram.

Also nicht die Liga eines Zynq, sondern eben deutlich kleiner.

Sinnvollerweise bekommt der FPGA eine Anbindung an den internen 
Speicherbus des µC, an die Trigger fürs DMA und auch an ein paar IRQs. 
Die IOs können dann entweder als GPIOs des µCs geschaltet werden oder 
mit dem FPGA-Teil verbunden werden. Eine Rekonfiguration des FPGA-Teils 
sollte im laufenden Betrieb von der µC-Firmware aus möglich sein.

Idee dahinter ist daß man mit dem FPGA viel flexiblere Peripheriemodule 
konfigurieren kann als das mit der festgelegten Peripherie von modernen 
µCs möglich ist. Brauchst Du 32 individuell steuerbare PWM-Ausgänge? 
kein Problem. Oder statt dessen lieber 8 UARTs? Auch kein Problem. etc.

Der RP2040 geht mit den PIOs den halben Weg in diese Richtung, aber 
dessen PIOs sind halt doch ziemlich eingeschränkt in ihren 
Möglichkeiten. Z.B. einen Event an einem Eingang taktzyklengenau zu 
vermessen ist nicht möglich.

von blah (Gast)


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Es gibt schon Beispiele von kleineren Buden, die Mikrocontroller 
verkaufen.

z.B. Parallax mit dem Propeller

https://www.parallax.com/propeller/

Ebenso gibt es Beisiele für µC-Architekturen, die sich in speziellen 
Nischen etabliert haben und Milliardenstückzahlen erreichen, obwohl sie 
keiner kennt. z.B. ARCcore, Andes und Tensilica. (Die werden aber alle 
gerade von RISC-V bedrängt).

Die alle haben aber gemeinsam, dass sie es geschafft haben, sich in 
einem Ökosystem zu etablieren. Keiner kauft die MCUs weil sie so toll 
designed sind, sondern für das Drumherum. Meistens haben die Firmen auch 
eine lange Durstrecke hinter sich, bis sie zu ihrem aktuellen 
Geschäftsmodell gefunden haben. (Man schaue sich nur Parallax an...)

Philipp Klaus K. schrieb:
> Nehmen wir an, es soll ein Gründungszuschuss des Arbeitsamtes genutzt
> werden.

Aus der Universitären Forschung hat man auch Zugriff auf Exist:
https://www.exist.de/DE/Home/inhalt.html

von blah (Gast)


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MaWin schrieb:
> Philipp Klaus K. schrieb:
>> Wie weiter?
> Übrigens ist der 10tausendste uC nicht unbedingt die beste Idee.
> Schaltregler und LED Treiber sind in Mode. Automotive hat Probleme, ob

Ist das nicht genau der Bereich, der von dutzenden von chinesischen 
fabless startups überrant wird?


> http://www.vlsitechnology.org/ (Standardcells)
> http://www.designinganalogchips.com/ (Camenzind)
> 
https://www.linkedin.com/posts/jean-francois-debroux-b0977112_analog-ic-design-activity-6701215416393445376-CkW-/
> https://fossi-foundation.org/2020/06/30/skywater-pdk (Fossi
> Foundation/Google: Free PDK, 130nm 10mm2 chip)
> https://github.com/google/skywater-pdk
> https://skywater-pdk.readthedocs.io/en/latest/
> (http://www.idea2ic.com/PlayWithICEDIT/ICEDITTemplates.html zeigt wie
> man mit ICEDdit einen Chip entwirft und einige Geschichten für
> IC-Entwicklung)

Schöne Linkliste! Das OpenROAD project fehlt noch:

https://theopenroadproject.org/

von René F. (Gast)


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Gerd E. schrieb:
> Hier noch ne Idee für ein meiner Meinung nach sinnvolles Produkt: ein
> kleiner 32 Bit µC, so die Liga eines STM32F0, kombiniert mit einem
> kleinen FPGA, vielleicht so 1000 Zellen und etwas Blockram.

Naja Xilinx bietet für seine FPGAs einen Cortex M IP Core und 
Actel/Microsemi hat auch diverse SoCs mit einem echten Cortex M3 Kern. 
Die Idee ist aber nicht schlecht und langsam entwickelt sich der Markt 
auch in diese Richtung, wenn ich mir die PICs oder die aktuellen ATTinys 
mit CCL anschaue, auch der RP2040 mit seinen PIOs verfolgt diese 
Richtung in gewisser Weise.

von Gerd E. (robberknight)


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René F. schrieb:
> Naja Xilinx bietet für seine FPGAs einen Cortex M IP Core und
> Actel/Microsemi hat auch diverse SoCs mit einem echten Cortex M3 Kern.

Das sind dann aber gleich viel größere FPGAs mit >>10.000 Zellen. Um 
einen 32 Bit Softcore plus etwas Peripherie zu betreiben brauchst Du die 
auch.

Aber den µC-Kern auf dem FPGA laufen zu lassen ist meiner Meinung nach 
oft Verschwendung. Der sollte besser fest in Hardware gegossen sein. Nur 
für die Peripherie oder meinetwegen ein Spezialalgorithmus ist die 
Flexibilität des FPGA wirklich sinnvoll.

von Anarchist (Gast)


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MaWin schrieb:
> Wenn du sagen kannst: mein Chip generiert Bitcoins 10 x schneller und
> energieeffizient als der nächste Konkurrent, dann brauchst du keinen
> Vertriebler, das Zeug geht weg wie Koks.

So ein Chip ist mit Sicherheit nicht herstellbar, denn dann wären die 
bisherigen Hersteller von solchen Chips ja absolut unfähig wenn diese 
das Potential dermassen wenig ausgereizt haben.

von Hannes (Gast)


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Wird mal Zeit, dass mehr Halbleiter weltweit produziert werden.

Es sind schon viele Unternehmen an der Kante bzw. sind schon die 
Produktionszahlen im Automobilsektor eingebrochen, die halbleiterlastige 
Elektronik-Industrie in Deutschland hat existentielle Krisen, weit 
vorausplanen können sie nicht, Lieferzeiten von mehr als einem Jahr sind 
die Folge.

Wenn es so weiter geht, können die kleinen, produzierenden 
Elektronik-Buden bald zumachen, denn die brauchen gewisse Mengen an 
verkauften Boards und SoCs, um überhaupt über die runden zu kommen.

In der Folge hat auch der Maschinenbau keine Controller, SPS, 
Steuerungen, Leistungselektronik und Bedieneinheiten mehr und können 
keine Maschinen mehr verkaufen.

Das wars dann mit Exportland Deutschland.

von ZF (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Ich gebe zu, dass das etwas polemisch formuliert war; ursprünglich war
> mein Post ja Antwort auf "Heute kann selbst ein Einzelkämpfer fabless
> zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa kriegen."
> gedacht, was sicher auch den Stil meines Post beinflusste.
Die Frage mag polemisch gewesen sein, die Antwort ist es nicht: So 
Firmen von Einzelkämpfern oder auch welche die als Zwei- oder 
Dreimannfirma im fabless Chipdesign aktiv sind (oder so begonnen haben) 
gibt es, also die Antwort ist klar: Ja

> Nehmen wir mal etwas weniger polemisch an, dass unser Einzelkämpfer
> schon etwas Erfahrung mit Verilog hat (es meinentwegen vor einigen
> Jahren zur Programmierung von CPLD verwendete und vor längerer Zeit im
> Studium für FPGA), und nun das Buch liest, um seinen Kenntnisstand von
> Verilog auf aktuelles SystemVerilog zu aktualisieren. Das Tutorial macht
> er dann als Schnelleinstieg in die Tools zu seinem jetzt für die
> Entwicklung des µC verwendeten FPGA.
Das ist der falsche Ansatz. Digital-Chipdesign ist mehr als VHDL oder 
Verilog in Silizium zu gießen. Selbst wenn man rein digital bleiben 
will, sollte man auch was über Halbleiterei wissen, Chipdesigntools 
kennen (und bedienen können), die Designregeln der angedachten Prozesse 
kennen und auch so simple Dinge wie I/Os und Schutzstrukturen beachten. 
Dazu Testentwicklung, Die-Handling, Packageing, Die- und Drahtbonden, 
alles Dinge die man schon mal gemacht haben sollte, oder zumindest grob 
drüber Bescheid wissen sollte, falls man sie extern in Auftrag gibt. Es 
ist erfolgversprechender, wenn man das alles vorher schon mal woanders 
gelernt hat, statt Lehrgeld bei learning by doing zu bezahlen. Außerdem 
weiß man dann auch, ob einem das überhaupt liegt.

von horst (Gast)


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Das Problem, dass ich bei deinem Beispiel sehe:
Dein Einzelkämpfer, kein Universalgenie, will das Rad neu erfinden.
Realistisches Szenario: Er kommt drauf, andere verwenden Reifen, die im 
Allgemeinen besser als Räder sind. Selbst wenn sein Rad irgendwo einen 
Vorteil bieten kann, so zahlt sich insgesamt der Umstieg auf sein Rad 
wahrscheinlich nicht aus.

Mein Vorschlag:
Er geht zu einer Firma für ASIC-Entwicklung, die einen Controller 
lizenziert hat. Mit denen bespricht er, ob/wie der Controller 
erweitert/modifiziert werden kann, um seine Verbesserungen zu 
integrieren.
Erspart einiges an Hardwareentwicklung. (Oder will dein Einzelkämpfer 
echt RAM-Zellen, Flashspeicher, etc. von Grund auf neu erfinden?)
Außerdem wird ein existierender Compiler angepasst.(Je nach dem, was die 
Verbesserung ist, könnte eine eigene Bibliothek schon reichen.)

Wenn dann der neue Controller funktioniert, dann geht es ab zur Foundry.
Allerdings wird er dort warten müssen, die Produktionslinien laufen 
gerade heiß. (Globaler Chipmangel und so.)
Wenn der Controller einen echten Mehrwert bietet, dann wird er auch 
später gekauft, wenn er verfügbar ist.

Vertrieb: Dein Einzelkämpfer schreibt ein wissenschaftliches Paper über 
seine Verbesserungen und präsentiert dieses auf passenden Konferenzen. 
Dort knüpft er dann Kontakte.
(Besser wäre natürlich ein Kontakt zum ersten Kunden, bevor er überhaupt 
anfängt. Woher weiß er, daß wirklich Nachfrage für seine Verbesserung 
besteht?)

von Prokrastinator (Gast)


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Philipp Klaus K. schrieb:
> Im Thread "Chipmangel PKW" schrieb "MaWin (Gast)"
> (Beitrag "Re: Chipmangel PKW"):
>
> "Also: weniger jammern, mehr machen. Heute kann selbst ein Einzelkämpfer
> fabless zur Halbleiterbude werden, man muss nur den Arsch vom Sofa
> kriegen."
>
> Das scheint mir arg zugespitzt, aber nun interessiert mich doch die
> Frage, wie weit es von der Realität weg ist.

Wie weit?
Also wenn ich für die reine Neuauflage eines abgekündigtens Asics eine 
Mindestabnahme von 50.000 Stk habe, zu 4€/ Asic, ist das wieder eine 
dieser Aussagen, die einfach nur aus dem Arsch gezogen sind, statt 
überlegt und mit Erfahrung untermauert.

von F. M. (foxmulder)


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Es gibt sogar einen Schüler/Student der selber ICs fabt...
(In seiner Garage)

http://sam.zeloof.xyz/first-ic/

https://www.youtube.com/c/SamZeloof/videos

Natürlich nichts fettes aber immerhin sind es ICs.
Also ich würde generell weniger Jammern sondern mehr machen.
Ich will nicht wissen wie manche hier reagiert hätten, wenn dieser Herr 
hier vor zwei Jahren gefargt hätte ob das möglich ist.

Aber klar, so etwas geht halt nur in den USA, selbst wenn es dem 
Deutschen Michel sauer aufstöst, aber bei uns würd man kaum an die 
Chemie kommen.

mfG

von Tim  . (cpldcpu)


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Prinzipiell wäre gerade ein guter Zeitpunkt, um "Semiprofessionell" in 
die IC-Entwicklung einzusteigen.

Mit der Skywater PDK gibt es zum ersten mal ein freies PDK für einen 
relevanten Prozessknoten (130 nm).

https://github.com/google/skywater-pdk

Ebenso tut sich gerade viel im Bereich von open source EDA tools (ist 
oben schon alles verlinkt).

Google sponsort freie MPW-runs in dieser Technology. Bis zum 29. Oktober 
ist noch zeit, ein eigenes Design einzureichen :)

https://efabless.com/open_shuttle_program/3

Natürlich nimmt einem das nicht die Bürde ab, ein wettbewerbsfähiges 
Produkt zu entwickeln. Aber immerhin kann man die Verhandlungen mit der 
EDA-Mafia etwas aufschieben...

von Tim  . (cpldcpu)


Angehängte Dateien:

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Philipp Klaus K. schrieb:
> 32-Bitter sind billig. 8-Bitter sind billiger. 8-Bitter mit vernünftiger
> Architektur und vernünftigen Tools (z.B STM8 mit SDCC oder IAR)
> erfordern auch nicht mehr Klimmzüge als ein 32-Bit-µC.
> Beim MCS-51 mag das anders aussehen, aber aber in meinem Szenario begann
> der Einzelkämpfer ja mit einer neuen Architektur, die nicht die Fehler
> und den historischen Ballast von MCS-51 wiederholen wird.
>
> Ich würde hier eher STM8 (saubere Architektur, billiger als 32-Bitter)
> oder Padauk (ganz billig) als harte Konkurrenz sehen, gegen die es der
> Einzelkämpfer mit seinem neuen µC schwer haben könnte.

Man sollte hier bedenken, dass auch für "trailing edge" Produkte der 
Trend zu kleineren Groundrules geht. Mikrocontroller werden ja meist in 
eher älteren und günstigeren Technologien gefertigt. Was das ist, 
verschiebt sich aber auch immer weiter.

Als die aktuellen 8 bitter aufkamen (AVR, PIC) wurde sie in alten Fabs 
in 0.6 µm-2 µm gefertigt. Aktuell liegt der sweet spot für low-cost 
mixed signal eher bei 180 nm. Je kleiner die Groundrule, um so weniger 
Platz wird für das Digitaldesign benötigt, während die Peripherie (I/O, 
Analog) kaum skaliert. Auch der nichtflüchtige Speicher skaliert nicht 
so, wie man es gerne hätte.

Das führt dazu, dass der Platzbedarf eines 32 bit cores im Vergleich zur 
Periphere eine immer kleinere Rolle spielt und man durch die Wahl eines 
8 bit Kerns kaum noch einen signifikaten Kostenvorteil hat.

Die Padauks funktionieren, weil die Designer alle möglichen Tricks 
anwenden um Platz zu sparen (z.B. curcuit under pad, reduzierte ESD 
protection) und sie einen Prozess in einer second tier fab mit eigener 
NVM IP nutzen (Magnachip, VIS). Die NVM-Macros in den Padauk MCUs sind 
wirklich erstaunlich klein, da hat die Fab wahrscheinlich Fläche gegen 
Zuverlässigkeit optimiert.

http://electronupdate.blogspot.com/2019/09/3-cent-microprocessor-teardow-paduak.html

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