Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik RMEs RIAA Entzerrung im DSP


von Jan K. (keksstein)


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Hallo zusammen,

nur eine theoretische Frage!

Schalplatten müssen ja beim abspielen gemäß RIAA (zumindest die meisten 
nach RIAA) entzerrt werden. Sind bezogen auf 1kHz +20dB bei 20Hz, - 20dB 
@ 20kHz -> 40dB Entzerrung gesamt. Ich habe mich gefragt mit AD Wandlern 
die Dynamiken von ~125dB Analog erreichen, warum entzerrt man nicht 
komplett Digital? So gut ist die Platte ja sowieso nicht, ich meine im 
Maximum so 60dB SNR -> 100dB SNR vom ADC + Headroom reichen aus.

Lange suchen musste ich nicht, RME (Mit die beste Studioelektronik) und 
ein Hifi Hersteller haben etwas passendes im Programm:

https://www.youtube.com/watch?v=BEpRZcDsLuI

Was mich jetzt aber wundert, ich hätte erwartet das das Signal so weit 
angehoben wird das der ADC fast voll ausgesteuert wird, dann wird aktiv 
abgeschwächt.

Was in Wirklichkeit gemacht wird, das Signal minimal Verstärkt an den 
Eingang gelegt, die Entzerrung im DSP macht die meiste Pegelanhebung. 
(Minute 5:50 im Video)

Macht das Tatsächlich keinen Unterschied bezüglich SNR ob man den ADC 
minimal aussteuert und Digital den Pegel anhebt oder ob man das Signal 
Analog hochverstärkt und Digital nur abschwächt?

Gruß Jan

von Michael B. (laberkopp)


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Jan K. schrieb:
> Macht das Tatsächlich keinen Unterschied bezüglich SNR ob man den ADC
> minimal aussteuert und Digital den Pegel anhebt oder ob man das Signal
> Analog hochverstärkt und Digital nur abschwächt?

Jein.

A/D-Wandler lösen teilweise Nanovolt auf. bei manchen OpAmps geht das 
schon im Rauschen unter, vor allem dem 1/f knee, da nützt verstärken 
nichts.

Trotzdem sollte man die Entscheidung im Einzelfall durchchecken.

Bei Mikrophonen wird teilweise auch nur noch A/D gewandelt weil 
Verstärkung nur rauscht.

Bei den Maximalspannungen mancher A/D, wie 1V, kommt man eh schon mit 
nacktem Photo/Mikro Signal nah an Vollaussteuerung.

von Jan K. (keksstein)


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Danke, da lag mein Denkfehler.

Ich habe mir mal als "HighEnd" Lösung einen PCM4222 ausgesucht, der 
schafft exzellente 124dB Dynamik. In der üblichen Beschaltung sind 
4,2Veff nötig für Vollaussteuerung. Das heißt, das Rauschen liegt bei 
ca. 2,65uV.

So mit der Rauschärmste Audio OPV ist der LT1028, typischerweise 1nV/√Hz 
@ 10Hz. Bei 20kHz Bandbreite heißt das das Eigeneingangsrauschen des 
Chips liegt im Bestfall bei 141nV. (-> 1nV/√Hz x Wurzel 20kHz)

Das heißt doch, würde ich den LT1028 das Signal um ~ Faktor 20 anheben 
lassen wäre er das Rauschlimit nicht mehr der ADC. Das heißt sämtliche 
Signalverarbeitung könnte im DSP gemacht werden, ohne irgendwelche 
Nachteile oder analoge Verstärkungsfaktorumschaltung, egal was für ein 
Tonabnehmer.
Richtig gedacht?

Gruß Jan

von Michael B. (laberkopp)


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https://www.ti.com/document-viewer/lit/html/SSZT554

Die ADC Referenz muss auch ausreichend rauschfrei sein, was dank DC 
einfacher zu filtern geht

: Bearbeitet durch User
von Simon D. (jamen)


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Jan K. schrieb:

> Das heißt doch, würde ich den LT1028 das Signal um ~ Faktor 20 anheben
> lassen wäre er das Rauschlimit nicht mehr der ADC. Das heißt sämtliche
> Signalverarbeitung könnte im DSP gemacht werden, ohne irgendwelche
> Nachteile oder analoge Verstärkungsfaktorumschaltung, egal was für ein
> Tonabnehmer.
> Richtig gedacht?

Hallo Jan,

ja, deine Überlegung ist soweit richtig. Durch die Verstärkung mit einem 
rauscharmen Vorverstärker, kannst du die eingangsbezogene Rauschleistung 
des ADC reduzieren und in die Nähe der Rauschleistung des Vorverstärkers 
kommen.

Die Entwickler des, von dir oben genannten, gemischt Analog-Digitalen 
Vorverstärkers haben sich vermutlich die Frage gestellt, wie gering die 
Rauschleistung denn sein muss, um eine gute Qualität zu ermöglichen. 
Dabei hat sich gezeigt, dass sie keine zusätzliche Vorverstärkung 
brauchen, sondern der reine ADC ausreicht.

Viele Grüße,
Simon

von Udo K. (udok)


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Simon D. schrieb:
> Die Entwickler des, von dir oben genannten, gemischt Analog-Digitalen
> Vorverstärkers haben sich vermutlich die Frage gestellt, wie gering die
> Rauschleistung denn sein muss, um eine gute Qualität zu ermöglichen.
> Dabei hat sich gezeigt, dass sie keine zusätzliche Vorverstärkung
> brauchen, sondern der reine ADC ausreicht.

Wo liegt das typische Signal eines MM Tonabnehmers?  Irgendwo bei 0.5-10 
mV?. Wenn du 60 dB SNR erreichen willst, und der ADC 10 uV 
Eingangsrauschen (ohne A Gewichtung) hat, dann ist das grenzwertig.  Die 
Bässe sind ja durch die RIAA Kennlinie um 40 dB abgesenkt, und mein 
Gefühl sagt mir das du ohne RIAA Entzerrung im Bassbereich Abstriche 
beim SNR haben wirst, wenn du 1:1 an den ADC Eingang gehst.  Da ist es 
schon besser, das MC Signal einfach um 20 dB zu verstärken. Der 
Aussteuerbereich nach oben ist damit halt schlechter (Kratzer).

Einen Verstärker (Buffer) mit Filter brauchst du sowieso immer, sonst 
erreicht der ADC die Datenblatt Schönwetterangaben nicht. Da würden 
kompetente Entwickler die Handvoll RIAA Bauteile mit einbauen 
(wenigstens rudimentär).  Aber vielleicht braucht das Marketing ein 
Gimmick um ihr überteuertes Spielzeug an den Mann zu bringen.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Udo K. schrieb:
> Wo liegt das typische Signal eines MM Tonabnehmers?  Irgendwo bei 0.5-10
> mV?.

Genormt.

5mV bei 315 Hz für 0dB.

Mehr als +20dB also 50mV kommen nie raus, weil da das 
Ubersteuerungslimit des Presswerks liegt, schneller kann das die 
Schneide nicht auslenken. Und die meisten Nadeln können dem nur bis 
+17dB also 35mV folgen.

von Bernhard (bernhard_123)


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Hinzu kommt das Rumpeln, das besonders bei der Eigenresonanz des 
Tonabnehmers wesentlich größere Amplitude haben kann, als das 
Nutzsignal.

Das Rumpeln erzeugt überwiegend vertikale Bewegungen, die erscheinen 
gegenphasig an den Signalleitungen. Im Video wird erwähnt, dass bei dem 
gezeigten Verstärker die tiefen Töne zum Monosignal zusammengefasst 
werden. Dann ist die Amplitude der gegenphasigen Rumpelfrequenzen viel 
geringer.

Analoge Entzerrer-Vorverstärker werden deshalb mit relativ hoher 
Betriebsspannung versorgt, z. B. ± 15 V, um Clipping zu verhindern.

: Bearbeitet durch User
von Jan K. (keksstein)


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Simon D. schrieb:
> Die Entwickler des, von dir oben genannten, gemischt Analog-Digitalen
> Vorverstärkers haben sich vermutlich die Frage gestellt, wie gering die
> Rauschleistung denn sein muss, um eine gute Qualität zu ermöglichen.
> Dabei hat sich gezeigt, dass sie keine zusätzliche Vorverstärkung
> brauchen, sondern der reine ADC ausreicht.

Danke nochmal, ich hatte mich Ermstal gewundert warum auch die Gain 
"Umschaltung" Digital erfolgt.

Udo K. schrieb:
> Wo liegt das typische Signal eines MM Tonabnehmers?  Irgendwo bei 0.5-10
> mV?. Wenn du 60 dB SNR erreichen willst, und der ADC 10 uV
> Eingangsrauschen (ohne A Gewichtung) hat, dann ist das grenzwertig.  Die
> Bässe sind ja durch die RIAA Kennlinie um 40 dB abgesenkt, und mein
> Gefühl sagt mir das du ohne RIAA Entzerrung im Bassbereich Abstriche
> beim SNR haben wirst, wenn du 1:1 an den ADC Eingang gehst.  Da ist es
> schon besser, das MC Signal einfach um 20 dB zu verstärken. Der
> Aussteuerbereich nach oben ist damit halt schlechter (Kratzer).

Geht so ab 100uV (MC) los bis hin zu 10mV für die lautesten MMs.

Udo K. schrieb:
> Einen Verstärker (Buffer) mit Filter brauchst du sowieso immer, sonst
> erreicht der ADC die Datenblatt Schönwetterangaben nicht. Da würden
> kompetente Entwickler die Handvoll RIAA Bauteile mit einbauen
> (wenigstens rudimentär).  Aber vielleicht braucht das Marketing ein
> Gimmick um ihr überteuertes Spielzeug an den Mann zu bringen.

Sollte dann unnötig sein, ich hatte zuerst aber auch vermutet das 
zumindest die Höhenentzerrung passiv ist als ich den RME gefunden habe.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Das Video zeigt hauptsächlich die Vorzüge des neu entwickelten Konzeps 
auf, rühmt sich sogar mit fehlenden Verzerrungs-Lnien im Spektrum und 
stellt dem irgend einen normalen Phonoverstärker gegenüber, der weshalb 
auch immer diese Verzerrungsspitzten aufweist. Die Messbedingungen 
werden verschwiegen.

Das neue Wunderkästel mag durchaus interessant sein, was völlig fehlt 
ist die Beschreibung der analogen Fiter, die NACH jeder 
Digital-Analog-Wandlung nötig sind. Ebenso das Thema Anti-Aliasingfilter 
am Eingang scheint nicht relevant zu sein. Nicht umsonst treiben die 
Hai-Endflossen-Hersteller überdimensionalen Aufand mit 
Spannungsversorgungen und Ausgangsfiltern, damit perfekter Klang heraus 
kommt. Genau dieser Teil wurde im Video eigentlich gar nicht 
angesprochen.

Und was das Marketing angeht:
Gezeigt wurde ein Dual 506 Plattenspieler, wenn ich das richtig 
abgelesen habe, aus den 70er Jahren, der für normale Ansprüche mehr als 
ausreichend sein dürfte und in einer Preisklasse heute von 30...100€ 
sich bewegen dürfte. Es ging auch nur um MM-TA, nicht um MC-TA, die für 
gehobene Ansprüche gedacht sind.

Wer sich wirklich die Analogwiedergabe auf die Fahnen schreibt, will 
entweder mit allen Unzulänglichkeiten der bekannten 
Schallplattenwiedergabe auskommen, ohne weiter zu perfektionieren, oder 
wer bereits im vierstlligen Bereich unterwegs ist, wird eher weiter 
"Vollanalog" unterwegs sein wollen, dafür gibt es genügend Hersteller, 
deren Geräte Monatsgehälter kosten und ebenso unscheinbar aussehen.

Ein anderes passendes Kästel könnte man in ein volldigital entzerrendes 
Tapedeck einbauen. Da werden ähnliche Klimmzüge gemacht wie bei Phono.

Ich fand die Leistungen, die ein 750...1000 DM Vollverstärker von etwa 
1990 am Phonoeingang bietet, durchaus beeindruckend, wenn auch die 
Schaltmöglichkeiten für Eingangsimpedanzen und Abschlußwiderstände 
fehlen und man sich eingeladen fühlt, diese nachzurüsten.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Jan K. (keksstein)


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Christian S. schrieb:
> Das neue Wunderkästel mag durchaus interessant sein, was völlig fehlt
> ist die Beschreibung der analogen Fiter, die NACH jeder
> Digital-Analog-Wandlung nötig sind. Ebenso das Thema Anti-Aliasingfilter
> am Eingang scheint nicht relevant zu sein. Nicht umsonst treiben die
> Hai-Endflossen-Hersteller überdimensionalen Aufand mit
> Spannungsversorgungen und Ausgangsfiltern, damit perfekter Klang heraus
> kommt. Genau dieser Teil wurde im Video eigentlich gar nicht
> angesprochen.

Die Filter sind doch kein Hexenwerk, spätestens seit Sampleraten >48kHz 
halte ich das für uninteressant.
Moderne Chips wie der PCM4222 bringen ihre eigene Referenz mit die man 
meistens noch mit externen Cs Filtern darf. So richtig eingreifen kann 
man da nicht, muss man sicher auch nicht.

Christian S. schrieb:
> Gezeigt wurde ein Dual 506 Plattenspieler, wenn ich das richtig
> abgelesen habe, aus den 70er Jahren, der für normale Ansprüche mehr als
> ausreichend sein dürfte und in einer Preisklasse heute von 30...100€
> sich bewegen dürfte. Es ging auch nur um MM-TA, nicht um MC-TA, die für
> gehobene Ansprüche gedacht sind.

Der RME kann nur MM, das stimmt. Das lässt sich mit einem externen 
Übertrager lösen, so einen richtigen Vorteil haben (Low Output) MCs aber 
uch nicht mehr wirklich. MI oder High Output MCs gibt es in allen 
Qualitätsstufen.
Der relativ günstige Plattenspieler, RME ist halt nicht in der HiFi Welt 
zuhause, erst recht nicht in der Analogen. Ich würde das nicht als 
Qualitätseinschätzung herziehen das ein "billiger" Plattenspieler 
daneben steht, ich meine das es eher um die Optik ging.

Christian S. schrieb:
> Wer sich wirklich die Analogwiedergabe auf die Fahnen schreibt, will
> entweder mit allen Unzulänglichkeiten der bekannten
> Schallplattenwiedergabe auskommen, ohne weiter zu perfektionieren, oder
> wer bereits im vierstlligen Bereich unterwegs ist, wird eher weiter
> "Vollanalog" unterwegs sein wollen, dafür gibt es genügend Hersteller,
> deren Geräte Monatsgehälter kosten und ebenso unscheinbar aussehen.

Beides geht natürlich. Ich finde die Idee spannend, wenn man Monitore 
mit DSP Weiche oder ein DSP zur Raumentzerrung verwendet finde ich das 
Interessant auch die Platte gleich Digital zu entzerren.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Jan K. schrieb:
> Ich finde die Idee spannend, wenn man Monitore
> mit DSP Weiche oder ein DSP zur Raumentzerrung verwendet finde ich das
> Interessant auch die Platte gleich Digital zu entzerren.

Das sind aber völlig unterschiedliche Formen der Entzerrung - 
insbesondere bei Raumentzerrung.

Bei Platten wird das eigentlich schon ewig gemacht. Die anzuwendende 
Kennlinie ist ja auch genau bekannt. Einen optimierten Filter dafür zu 
bauen, ist vergleichsweise easy. Sowas haben wir vor 20 Jahren schon mit 
der Mixtreme gemacht.

Jan K. schrieb:
> So mit der Rauschärmste Audio OPV ist der LT1028,

Es kommt nicht nur auf den ADC an. Die Eingangsbeschaltung die man 
unweigerlich hat sowie die Einstreuungen über die Kabel sind da 
relevant. Daher sitzen die Vorverstärker bei hochwertigen Mikros auch in 
dem Mikro selber, bzw im nahegelegenen Speiseteil, um das erst einmal 
richtig niederohmig zu bekommen.

von Michael B. (laberkopp)


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Christian S. schrieb:
> Das neue Wunderkästel mag durchaus interessant sein

Spätestens wenn man alte Schallplatten richtig wiedergeben will, braucht 
man umschaltbare Entzerrer

https://www.stereo.de/hifi-test/produkt/lab-12-melto2-phono-2099

Das geht digital natürlich einfacher.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Das andere Wunderkästel "Lab 12 melto2 Phono" beeindruckt durch die 
Leistungsaufnahme

"Leistungsaufnahme Leerlauf:  94 W"

für die sechs Vorstufenröhren, die da eingebaut sind, und die sieben 
Kühlkörper an Halbleitern. Also wird es bei dieser Gehäusegröße 
ordentlich heiß ohne Lüfter.

Zum Vergleich:

Hier der Grundig 4395 von 1962 mit Stereoempfang-Vorbereitung hat eine 
ELL-Röhre als Stereo-Ausgang, die seeeehr heiß wird, drei ZF-Röhren, 
eine ECC85 im UKW-Teil, eine EM-Anzeigeröhre, den Netztrafo mit 
Kühlfahnen und hat einen Verbrauch von 50...60 Watt bei stattlicher 
Baugröße.

In die Verlegenheit, Entzerrungskurven umschalten zu wollen, bin ich 
noch nie gekommen, denn außer Schellackplatten für Uralt-Plattenspieler 
habe ich nur Mikrorillen-Platten ab den 60er Jahren.


Das Kästel ist sicherlich eine Begutachtung wert.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Dirk E. (dirk_1980)


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Wenn man es richtig machen würde dann wäre der komplette ad Wandler oder 
riaa verstärker direkt auf dem Tonarm (besser an der Nadel).
Aber das macht auch heute noch niemand, wegen dem Gewicht.
Kann aber auch sein das sich jemand mit Geld noch nicht dran getraut hat 
die Bauteile auf eine keramik drauf zu bonden.

Ansonsten gibt es auch sehr gute riaa entzerrer zu vernünftigen Preisen.

von Jan K. (keksstein)


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J. S. schrieb:
> Das sind aber völlig unterschiedliche Formen der Entzerrung -
> insbesondere bei Raumentzerrung.

Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich würde dem Phono Entzerrer schon 
sein eigenen DSP spendieren, Weiche und eventuell Raumentzerrung läuft 
dann im DSP des Lautsprechers. (Genelec hat da z.B. Lösungen)

J. S. schrieb:
> Es kommt nicht nur auf den ADC an. Die Eingangsbeschaltung die man
> unweigerlich hat sowie die Einstreuungen über die Kabel sind da
> relevant. Daher sitzen die Vorverstärker bei hochwertigen Mikros auch in
> dem Mikro selber, bzw im nahegelegenen Speiseteil, um das erst einmal
> richtig niederohmig zu bekommen.

Das halte ich auch für einen Riesen Nachteil, im Studiobereich saß der 
Entzerrer zumindest im Plattenspieler selbst. (EMT, Sonys Profizeug...)
Man könnte Symmetrisch arbeiten, hat aber auch wieder Nachteile 
bezüglich Rauschen. (außer bei Übertragern)

Christian S. schrieb:
> Das andere Wunderkästel "Lab 12 melto2 Phono" beeindruckt durch die
> Leistungsaufnahme

Die Kiste kenne ich nicht, ich meinte den M2Tech Joplin MkIII. Der 
verwendet intern einen PGA2500, besitzt aber leider nur RCA Eingänge.

Dirk E. schrieb:
> Wenn man es richtig machen würde dann wäre der komplette ad Wandler oder
> riaa verstärker direkt auf dem Tonarm (besser an der Nadel).
> Aber das macht auch heute noch niemand, wegen dem Gewicht.
> Kann aber auch sein das sich jemand mit Geld noch nicht dran getraut hat
> die Bauteile auf eine keramik drauf zu bonden.

Zumindest in den Plattenspieler selbst, beim Tonarm geht es auch ums 
Gewicht.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


Angehängte Dateien:

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Jan K. schrieb:
> Zumindest in den Plattenspieler selbst, beim Tonarm geht es auch ums
> Gewicht.

Ohne das jetzt näher zu beleuchten oder gar zu propagieren:

Ich würde mal schätzen, dass eine passende Elektronik kaum Masse 
mitbringt, die da relevant ist. Die Tonarme selber haben ja auch ein 
gewisses Gewicht und brauchen sogar Trägheit, um spielen zu können. 
Bewegt werden soll da nur die Nadel. Gute Plattenspieler haben eher 
schwerere Tonarme, nach meiner Beobachtung.

Die Masse wäre auch leicht zu tarieren, weil die Plattenspieler ein 
einstellbares Gegengewicht haben, das dafür sorgt, dass das 
Trägheitsmoment in die relevanten Richtungen wirkt und die Auflagekraft 
der Nadel in der Rille ausreichend ist.

Was wir allerdings wirklich brauchen, ist eine Laserabtastung der Platte 
oder eine Mikrokamera mit passender Erkennung.

Ganz generell bin ich kein Freund von der Schallplattenqualitätstheorie 
was den guten Klang angeht, allein schon wegen der grundsätzlichen 
Problematik der nach innen kurzer werdenden Spuren. Das Verhältnis von 
Elongation zur Trägheit des Arms verändert sich, was Auswirkungen auf 
das Klangverhalten hat. Habe das auch schon mal untersucht und etwas SW 
dazu gemacht.

Beitrag "Modellierung der Funktion einer Schallplattennadel"

Wurde aber nicht zu Ende verfolgt. Ich habe es ansatzweise in meinem 
DJ-Teller-System verbaut, das aber WAVs und CDs nutzt und die Daten dann 
vinylisiert.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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J. S. schrieb:
> Was wir allerdings wirklich brauchen, ist eine Laserabtastung der Platte
> oder eine Mikrokamera mit passender Erkennung.

Solche Vorsprünge gab es bereits früher schon, leider ohne wirklichen 
Erfolg. Die Details müßte ich aber erst heraus suchen.


J. S. schrieb:
> und die Daten dann
> vinylisiert.


Aaaahhh, daß ich die Gnade habe, diese Wortschöpfung noch mit erleben zu 
dürfen als Zeitzeuge.


mfg

: Bearbeitet durch User
von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Christian S. schrieb:
> Solche Vorsprünge gab es bereits früher schon, leider ohne wirklichen
> Erfolg. Die Details müßte ich aber erst heraus suchen.

Ich weiß, ich war live bei solche einem Projekt beteiligt. :-)

Die Schwierigkeit ist einfach die Kamera: Allein die Kamera- die Linsen 
und die Beleuchtungstechnik ist einfach zu anfällig und zu teuer, um es 
a) sicher und b) gut zu machen - ganz ohne Kosten für 
Bildverarbeitungssoftware.

Es gibt auch einfach keinen Bedarf. Diejenigen, die hochwertige Platten 
haben, haben die längst digitalisieren lassen, um es regelmäßig zu hören 
und ihre Platten nicht abzunutzen.

Und die DJs, die regelmäßig alten Platten auflegen, kaufen sich ihren 
Fundus in 4-5facher Ausfertigung zusammen, um die Platten tauschen zu 
können, wenn hinüber.

Die modernen Platten, die einer wegen des Scratchens und anderer Effekte 
am Player haben will, lassen die sich auch gleich 10x pressen und legen 
sich die Duplikate in den Keller. Von einem DJ, dessen Mixes ich mal 
produziert habe, weiß ich dass er sich gleich 100 Platten hat machen 
lassen. Die abgedudelten, die er nicht mehr spielen will, kriegen ein 
Autogramm und werden verhökert oder verschenkt. Sind die Platten alle, 
werden neue bestellt.

Es gibt einfach keinen wirklichen Markt für Plattenspieler und 
Schallplatten, dass sich so ein System rechnen würde. Wie bei vielen 
anderen Sachen im Bereich Audio.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Wer z.B. den

https://www.hifi-henkes.de/benz-micro-lp-s-low-output-moving-coil-tonabnehmersystem/

montiert hat, wird an der optischen Abtastung nicht mehr interessiert 
sein.

J. S. schrieb:
> Die Tonarme selber haben ja auch ein
> gewisses Gewicht und brauchen sogar Trägheit, um spielen zu können.
> Bewegt werden soll da nur die Nadel. Gute Plattenspieler haben eher
> schwerere Tonarme, nach meiner Beobachtung.

Nun, wir bewegen uns da bei den Angaben bezüglich Tonarmmassen im 
Bereich von 10 Gramm, da sind schon 14 Gramm "mittelschwer" und weitere 
Abstufungen in Schritten von 3 Gramm zu erwarten. Das Pendant dazu ist 
dann die Nedelnachgiebigkeit, die zusammen mit der Tonarmmasse ein 
schwingfägiges Gebilde im Infraschall-Bereich ergibt, damit rein 
mechanisch der Abtaster der Rille folgen kann, auch wenn es Berg und Tal 
geht, oder wie bei der einen Fehlpressung von Ende der 60er Jahre, die 
bei mir liegt, pro Umdrehung zwei Mal 5 mm Seitenschlag hat. Da ist die 
Auslenkung schon so stark, daß man sie als Tonhöhenschwankung bei jeder 
Umdrehung hört.

Die im Link gezeigte Tonarmwaage, die weiter unten links für 65€ 
angeboten wird, habe ich gebraucht/neuwertig für 12€ bekommen und kostet 
sonst woanders nur 15€, da Chinaware. "Digitale Tonarmwaage
TW001"

mfg

: Bearbeitet durch User
von Jan K. (keksstein)


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J. S. schrieb:
> Ich würde mal schätzen, dass eine passende Elektronik kaum Masse
> mitbringt, die da relevant ist. Die Tonarme selber haben ja auch ein
> gewisses Gewicht und brauchen sogar Trägheit, um spielen zu können.
> Bewegt werden soll da nur die Nadel. Gute Plattenspieler haben eher
> schwerere Tonarme, nach meiner Beobachtung.

Kann man so nicht unbedingt sagen, momentan ist Mittelschwer eher 
modern. Die meisten Hochwertigen Tonabnehmer fühlen sich an 
Mittelschweren Tonarmen am wohlsten.

J. S. schrieb:
> Was wir allerdings wirklich brauchen, ist eine Laserabtastung der Platte
> oder eine Mikrokamera mit passender Erkennung.

Es gab da etwas von der Firma ELP:

https://www.gearnews.de/elp-laser-turntable-spielt-vinyl-schallplatten-ohne-beruehrung-ab/

Aber fängt ab ~12500€ an.

Christian S. schrieb:
> Wer z.B. den
>
> 
https://www.hifi-henkes.de/benz-micro-lp-s-low-output-moving-coil-tonabnehmersystem/
>
> montiert hat, wird an der optischen Abtastung nicht mehr interessiert
> sein.

Bei mir hat es "nur" zum Glider gereich, auch ein schöner TA. :-)

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Christian S. schrieb:
> Wer z.B. den
> montiert hat, wird an der optischen Abtastung nicht mehr interessiert
> sein.
Ja, das meinte ich. Die elektrische und magnetische Technik ist gut und 
ausgereift genug.

> wir bewegen uns da bei den Angaben bezüglich Tonarmmassen im
> Bereich von 10 Gramm, da sind schon 14 Gramm "mittelschwer" und weitere
> Abstufungen in Schritten von 3 Gramm zu erwarten.
Das ist in der Tat weniger, als ich so im Hinterkopf hatte. Ich denke 
aber dennoch, dass man einen VV da reinbekommen müsste.(?)

> damit rein mechanisch der Abtaster der Rille folgen kann,
> auch wenn es Berg und Tal geht, oder wie bei der einen Fehlpressung
> von Ende der 60er Jahre, die pro Umdrehung zwei Mal 5 mm Seitenschlag
> hat.
Das angedachte optische System beinhaltete auch eine Lichtleiterlösung, 
ein Konzept wie man es bei Mikroskopen und Beleuchtung nutzt. Massemäßig 
müsste spätestens das hinkommen. Damit wäre auch eine Anstandsregelung 
möglich, um  dieses Problem zu lösen. Schrittmotorsteuerung für den 
Tonarm inbegriffen.

> Da ist die Auslenkung schon so stark, daß man sie als Tonhöhenschwankung
> bei jeder Umdrehung hört.
Auch dafür hätte ich ein Gegenmittel: Ich musste man Bänder 
digitalisieren, die auch so einen Lagerbedingte Schwankung hatten. Wurde 
mit einem AD-Wandler entsprechend synchronisieren und kompensierte. Eine 
widerkehrende Tönhöhenänderung würde man heute wahrscheinlich mit 
Autotune anfassen.

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