Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Audioverstärker reparieren. Endstufentransistoren werden zu heiß


von Fabian H. (hdr)


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Hallo Forum,
ich wurde von jemanden gebeten einen Blick auf seine Endstufe zu werfen.
Also:
Der Verstärker (NAP 250) besteht im wesentlichen aus 2 Netzteilplatinen 
und 2 NF-Verstärkern. Ein NF-Verstärker ist defekt.
Beim Messen habe ich festgestellt, dass beide Endstufentransistoren 
einen Kurzschluss gebildet haben. Diese habe ich also getauscht. Nun 
ging der Verstärker auch, aber die besagten Transistoren wurden (im 
Gegensatz zum anderen Kanal) sehr heiß. Und dies nicht nur bei 
Belastung, sondern auch bei geerdetem Eingang.
Diese haben sich inzwischen nun auch wieder verabschiedet. Also: Nochmal 
tauschen.
Stand der Dinge ist jetzt, dass sie zwar funktionieren, aber der 
Arbeitspunkt anscheinend nicht dort liegt, wo er liegen sollte.
Leider komme ich aus der Digitaltechnik und dort bestimmt ich den 
Arbeitspunkt höchstens Hexadezimal. ;-)
Was ich sagen will: Ich habe ehrlich gesagt nur wenig Ahnung, wie genau 
der Arbeitspunkt in "Ruhestellung" zustande kommt. Irgend wodurch muss 
doch ein Ruhestrom definiert werden. Aber wer genau ist dafür zuständig?

Viele Grüße

Fabian

von Max (Gast)


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Warst du mal mit nem Oszi dran und hast nach irgendwelchen 
Schwingneigungen gekukt? Ich seh nämlich iwie keine Entkoppelkondis an 
der Versorgung...

von Chinese Helper (Gast)


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Da das Ganze sehr nach Kauf beim Chinamann aussieht und dort oftmals 
keine Kühlkörper dabei sind, frage ich sicherheitshalber mal danach!
Also, ohne die isolierte Montage jedes einzelnen Tansistors T9...12 auf 
einem durchaus gemeinsamen Kühlkörper geht gar nichts.
Ansonsten sind diese Kits langjährig im Angebot und sollten daher 
laufen.

von Magnus M. (magnetus) Benutzerseite


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Fabian H. schrieb:
> Was ich sagen will: Ich habe ehrlich gesagt nur wenig Ahnung, wie genau
> der Arbeitspunkt in "Ruhestellung" zustande kommt. Irgend wodurch muss
> doch ein Ruhestrom definiert werden. Aber wer genau ist dafür zuständig?

Was hältst du von dem eingekreisten Poti?

Gruß,
Magnetus

von Fabian H. (hdr)


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Danke erstmal, der Verstärker ist ca. 20 Jahre alt und wird derzeit mit 
ca. 1000Euro gehandelt. Gehört so einem Hifi-Psycho... ;)

Das Poti hatte ich auch unter Verdacht. Daher hab ich es so eingestellt, 
dass es den größtmöglichen Widerstand ergibt. Dies führte zur 
niedrigsten Basisspannung. Ca. 550mV.

Die Isolation zwischen Kühlkörper und Kollektor ist unbeschädigt.

Trotzdem wird der Kanal noch immer unzulässig heiß.

Mit dem Oszi konnte ich im defekten Kanal eine erhöhte Rauschspannung 
feststellen. Allerdings nur ca. 30% größer als im Funktionierenden.

@max: Was meinst Du mit Entkoppelkondis an der Versorgung? Ein erhöhtes 
Schwingen kann ich zwischen Netzteil und Endstufe des defekten Kreises 
schon messen. Ca 1V bei 40V VDC. Dies hab ich aber auf das 
"Gegentreiben" der Endstufentransistoren geschoben.

Hier mal der Verstärker von innen:

http://farm4.static.flickr.com/3470/3300857643_ae22ab0c7a.jpg?v=0

von mhh (Gast)


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Fabian H. schrieb:
> Das Poti hatte ich auch unter Verdacht. Daher hab ich es so eingestellt,
> dass es den größtmöglichen Widerstand ergibt. Dies führte zur
> niedrigsten Basisspannung.

Genau umgekehrt musst Du es einstellen. Du hast mit Deiner Einstellung 
den Ruhestrom erhöht.

von Verlierer (Gast)


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> der Verstärker ist ca. 20 Jahre alt

Alle Elkos überprüfen für Fehlerlokalisieung und dann alle austauschen.

von mhh (Gast)


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Also der Schleifer muss vom Schaltbild her nach unten gestellt werden.

von Arno H. (arno_h)


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Hier wird der Verstärker eingehend behandelt:
http://www.acoustica.org.uk/t/naim/power_amps.html

Arno

von Michael R. (mexman) Benutzerseite


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MESSEN!

Abgesehen von der Waermeentwicklung, wie ist der Klang? Verzerrungen?
Vermutlich hast Du beim Tauschen Transistoren mit anderen Parametern 
eingesetzt. Und dann reicht der Potieinstellbereich nicht mehr.

Wie gross ist der Ruhestrom der beiden Endstufen?
Wie sind die Basisspannungen an T9, T10?
Ist die Mittenspannung wirklich "Mitte"?
Vielleicht hats ja noch was anderes mitgekillt!

Gruss

Michael

von Magnus M. (magnetus) Benutzerseite


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mhh schrieb:
> Fabian H. schrieb:
>> Das Poti hatte ich auch unter Verdacht. Daher hab ich es so eingestellt,
>> dass es den größtmöglichen Widerstand ergibt. Dies führte zur
>> niedrigsten Basisspannung.
>
> Genau umgekehrt musst Du es einstellen. Du hast mit Deiner Einstellung
> den Ruhestrom erhöht.

mhh schrieb:
> Also der Schleifer muss vom Schaltbild her nach unten gestellt werden.

Du widersprichst dir selbst  ;o)

Gruß,
Magnetus

von Günther N. (guenti)


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Wenn beide Endtransistoren den "Heldentod" starben,so könnten auch deren 
Treibertransistoren (TR9,10) geschädigt worden sein.

von Peter R. (pnu)


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Das Poti so einzustellen, dass die Spannung zwischen den Basen von T10 
und T9 am kleinsten ist, ist schon richtig. Diese Spannung bestimmt die 
Ruhestromaufnahme.

Beim Tausch kann es allerdings so geraten sein, dass der Einstellbereich 
des Poti nicht ausreicht, die Exemplarstreuung aufzufangen. 
Versuchsweise den 2k7 beim Transistor TR5 gegen 2k2 tauschen. ... oder 
gar den 2k7 Widerstand überbrücken. Dann müsste der Ruhestrom fast auf 
Null gehen.

TR5 hat die Eigenschaft eines Temperaturfühlers. Ist er auch wirklich 
thermisch mit dem Kühlkörper der Leistungstransistoren gekoppelt ? Ohne 
das klappt die Temperaturstabilisiuerung des Ruhestroms nicht.

Apropos Heldentod:  Es ist sehr nützlich, während der Fehlersuche, in 
Reihe mit den Kollektoren von TR11 und TR 12 Strombegrenzungswiderstände 
(einige -zig Ohm ) zu haben. Wenn dann eine Tastpitze beim Messen einen 
Kurzschluss erzeugt, hat das keine teuren Folgen.

Später, wenn eine niederohmige Last dran kommt, müssen diese Widerstände 
halt wieder weg.

von mhh (Gast)


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Magnus Müller schrieb:
> Du widersprichst dir selbst  ;o)

Deshalb der Nachsatz. Und ich sehe es nicht als Widerspruch.  :)

Magnus Müller schrieb:
>> Fabian H. schrieb:
>>> Das Poti hatte ich auch unter Verdacht. Daher hab ich es so eingestellt,
>>> dass es den größtmöglichen Widerstand ergibt. Dies führte zur
>>> niedrigsten Basisspannung.

Verständnisproblem, wenn er sich auf TR5 bezieht. Deswegen eben noch mal 
die 2. Antwort von mir auf das Schaltbild bezogen, falls seine 
Beschreibung "größtmöglich" sich auf Schleifer und unteren Anschluss des 
Einstellreglers bezog.

von Wilhelm F. (Gast)


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Fabian H. schrieb:

>Danke erstmal, der Verstärker ist ca. 20 Jahre alt

Ein Poti kann nach Jahren schon mal gehörig rauschen, und durch Aerosole 
in der Luft (Umweltschmutz, Rauchen, Reinigungsmittel zur Raumpflege) 
den Geist aufgeben. Auch Oxidation der Kontakte. Das geht bis zur 
vollständigen Unterbrechung des Schleifers zur Kontaktbahn. Ich erlebte 
es an einem 35 Jahre alten Verstärker. Bis man es ein paar mal wieder 
bewegt, und gängig macht.

Auch die Steckverbindungen jeglicher Art.

von Fabian H. (hdr)


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Also viel Dank erstmal für die ganzen Hinweise.
Das Poti (soll ja lt. Datenblatt 2,7k haben) ist in Wirklichkeit ein 1k 
Poti.
Das hat aber inzwischen nur noch 900 Ohm (Anfang / Ende). Der Schleifer 
stand auf 810 / 90. Soweit war auch alles plausibel. Gemessen habe ich 
es natürlich im entlöteten Zustand.
Ein Temperaturfühler ist zwar am Kühlkörper montiert, aber der führt 
nicht zur Endstufe.
Auch der Tipp, den Ruhestrom mit einem Widerstand zu begrenzen gefällt 
mir sehr gut. Vielen Dank erstmal, dass bringt mich schon viel weiter!

von Fabian H. (hdr)


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TR5 Temperaturfühler: Der sitzt mitten auf der Platine, also fernab vom 
Kühlkörper. Der bekommt nur die Innentemperatur des Gehäuses mit. :(

von mhh (Gast)


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Überprüfe auch den 8,2 Ohm Widerstand, der ausgangsseitig mit dem 
Kondensator in Reihe liegt. Ist dieser hochohmiger geworden, schwingt 
die Endstufe und das führt auch zur Erwärmung und manchmal auch Ausfall 
der Endstufe.

von mhh (Gast)


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Fabian H. schrieb:
> TR5 Temperaturfühler:

Betrachte den nicht als Temperaturfühler. Dessen Kontakt zu den 
Leistungstransistoren würde nur den Ruhestrom besser stabilisieren, als 
wenn er weiter weg sitzt. Wärmekontakt wär also zwar besser, ist aber 
kein muss für ein funktionieren der Schaltung.

von Jens G. (jensig)


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>...
>> Genau umgekehrt musst Du es einstellen. Du hast mit Deiner Einstellung
>> den Ruhestrom erhöht.

>>mhh schrieb:
>> Also der Schleifer muss vom Schaltbild her nach unten gestellt werden.

>Du widersprichst dir selbst  ;o)

so kommts, wenn man nicht merkt, daß der Monitor auf dem Kopf steht ... 
;-)

von Endstufe (Gast)


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Ich würde einfach den Ruhestrom der funktionierenden messen und die 
andere genau so einstellen. Kann ja nicht so schwer sein.

von Chinese Helper (Gast)


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Der andere Kanal muss aber auch nicht korrekt abgeglichen sein, nach all 
den Betriebsjahren...
Wenn man Tante Google mit nap250+bias füttert, werden max. 38mA 
angegeben!

von Chinese Helper (Gast)


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...oder ersatzweise 4,5mV parallel zu einem R22-Emitterwiderstand und 
das bei kurzgeschlossenenm Eingang und offenem Ausgang.

von Untersucher (Gast)


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Was ist aber, wenn da gar kein Ruhestrom fliessen soll?
Ruheströme werden in Endstufen ganz anders eingestellt und das ist bei 
dieser Endstufe nicht gegeben.
Was mit diesem Poti eingestellt wird, nennt sich Symmetrieren, also den 
Spannungs-Hub auf der positiven Seite gleichhoch einstellen wie auf der 
negativen Seite.
Dafür muss ein normiertes Mess-Signal an den Eingang gelegt werden laut 
Herstellerangaben.

von MaWin (Gast)


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> Ruheströme werden in Endstufen ganz anders eingestellt
> und das ist bei dieser Endstufe nicht gegeben.
> Was mit diesem Poti eingestellt wird, nennt sich Symmetrieren,

Au weia, die Tips werden hier ja immer unterirdischer,
der arme Fabian durch Trolls vollkommen in die Irre geleitet.

Das Poti sitzt in einer klassichen Ube-Multiplikatorschaltung,
und dient sehr wohl der Ruhestromeinstellung,
und die muss eben angepasst werde, wenn die Transistoren
getauscht werden.

Man misst bei kurzgeschlossenem Eingang in der noch funktionierenden
Kanal die Spannung an deinen der 0.22 Ohm Widerstände, und stellt am
anderen Knal das Poti so ein, daß an deren 0.22 Ohm Widerstand derselbe
Spannungsabfall auftritt. Ganz ohne Oszilloskop.

Logischerweise sollte man auch ansonsten noch überprüfen, ob die 
restlichen Bauteile heile sind, auch durchVergleich mit dem anderen 
Kanal.

von Flow (Gast)


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@MaWin,
dann zeige mal wo eine Gleichspannung herkommen kann, um die 
Transistoren ohne Eingangs-Signal einen Ruhrstrom ziehen zu lassen.

von Helmut L. (helmi1)


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Der Ruhestrom der Endstufe ist der Querstrom der durch die beiden 
Endstufentransistoren TR11 und TR12 fliest. Der fliest nicht aus dem 
Ausgang!
Er bestimmt sich durch die Spannungsdifferenz zwischen den beiden 
Treibertransistoren TR9 und TR10. Diese Spannung wird durch die UBE 
Multipliziererschaltung mit TR5 erzeugt. Wird er waermer sinkt diese 
Spannung und der Ruhestrom nimmt ab die sonst durch die abnahme der UBE 
von TR9 und TR10 steigen wuerde. Dazu braucht der Verstaerker kein 
Eingangssignal!

von ulrich (Gast)


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Der Transistor Tr5 muß nicht mit dem Kühlkörper der Endtransistoren 
gekoppelt sein, sondern mit Tr9 und Tr10.

Durch den Tausch kann es sein, das man den Poti größer (z.B. die 2,2 K 
aus dem original Plan, oder halt 470 Ohm in Reihe) machen muss für den 
den passenen Ruhstrom. Der alte Wert war ja auch schon ziemlich am Rand.

von MaWin (Gast)


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> dann zeige mal wo eine Gleichspannung herkommen kann, um die
> Transistoren ohne Eingangs-Signal einen Ruhrstrom ziehen zu lassen.

TR6 ist eine Konstantstromquelle, deren Strom durch TR5 fliesst und 
daran einen per Poti einstellbaren Spannungsabfall erzeugt, der ein 
vielfaches der (temperaturabhängigen) Ube des TR5 ist (daher wird der 
thermisch mit den Transistoren gekoppelt die er kompensieren soll). 
Damit ist die Spannung zwischen der Basis von TR9 und TR10 konstant, in 
Folge die Spannung zwischen Emitter TR11 und Emitter TR10 (eigentlich 
wäre TR12 ein PNP, aber hier ist die Schaltung unsymmetrisch) und damit 
die Spannung über den beiden 0.22R Widerständen, was zum Ruhestrom 
führt.

Dir fehlt's aber wirklich an allergrundlegendsten 
Audioverstärkerschaltungenverständnis, denn die Schaltung ist wirklich 
wie aus dem Lehrbuch, inklusive des recht passenden SOA Schutzes der 
Endtransistoren. Eigentlich nicht schlecht als Audioverstärker, wenn 
TR12 ein PNP wäre und nicht so unsäglich schlechte Transistoren wie 
BS239 und BDY58 verbaut worden wären, aber das ist wohl der damaligen 
Zeit geschuldet.

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