Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Howland-Quelle zur Temperaturkompensation


von Phil M. (noxius91)


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Hallo zusammen,

ich möchte gern mit einer Howland-Quelle, also einer Stromquelle mit 
negativem Innenwiderstand, ein Hall-Element speisen, um so die 
Temperaturempfindlichkeit zu kompensieren. Dieses Hall-Element hat einen 
Widerstandsdrift von +0,3%/°C.
Die Hall-Ausgangs-Spannung driftet mit -0,06%/°C.

Jetzt muss ja der Innenwiderstand der Stromquelle genau so groß gewählt 
werden, dass sich diese beiden Tempcos genau aufheben.

Dazu habe ich schon etliche Rechnungen durchgeführt, komme aber nur zu 
unbrauchbaren Ergebnissen, bei denen sichauch in der Simulation in 
LTSpice bestätigt, dass sie falsch sind.

Warscheinlich hab ich einfach einen Denkfehler in der Rechnung und komm 
einfach nicht drauf. Hab im Anhang mal meine Rechnung angefügt.

I0 habe ich anhand des Datenblattes einfach mal auf 10mA ausgelegt.

Danke im Vorraus

: Verschoben durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Korrektur der Korrektur

Vielleicht hat dein Vorhaben ja einen Denkfehler. Da je nach Temperatur 
mehr kompensiert werden muss, müsste der Innenwiderstand 
temperaturabhängig sein.
Da ist es besser die Temperatur zu messen und um dann softwaremäßig zu 
korrigieren.

: Bearbeitet durch User
von Phil M. (noxius91)


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>Vielleicht hat dein Vorhaben ja einen Denkfehler. Da je nach Temperatur
>mehr kompensiert werden muss, müsste der Innenwiderstand
>temperaturabhängig sein.

Leider ist durch die Aufgabenstellung die Verwendung einer Stromquelle 
mit neg. Innenwiderstand vorgegeben. Wenn ich mir es aussuchen könnte, 
würde ich das auch anders kompensieren ;)

von Possetitjel (Gast)


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Helmut S. schrieb:

> Vielleicht hat dein Vorhaben ja einen Denkfehler. Da je
> nach Temperatur mehr kompensiert werden muss, müsste der
> Innenwiderstand temperaturabhängig sein.

Hmm...

> Da ist es besser die Temperatur zu messen

Dazu kann er doch das Hall-Element verwenden, das hat ja
lt. Vorgabe einen Widerstands-Tk von +0.3%/K.

Bei Konstantstromspeisung steigt also die Spannung am
Hall-Element mit genau diesem Tk.

von Possetitjel (Gast)


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Phil M. schrieb:

> ich möchte gern mit einer Howland-Quelle, also einer Stromquelle
> mit negativem Innenwiderstand, ein Hall-Element speisen, um so
> die Temperaturempfindlichkeit zu kompensieren. Dieses Hall-Element
> hat einen Widerstandsdrift von +0,3%/°C.
> Die Hall-Ausgangs-Spannung driftet mit -0,06%/°C.

Okay.

> Jetzt muss ja der Innenwiderstand der Stromquelle genau so groß
> gewählt werden, dass sich diese beiden Tempcos genau aufheben.

Welche "diese beiden" Tempcos?

Hier steckt eine sehr hübsche Falle.

> Dazu habe ich schon etliche Rechnungen durchgeführt, komme aber
> nur zu unbrauchbaren Ergebnissen [...]

Deine Rechnung weist mehrere Schlampereien auf. Zum einen ist
Deine Formel für U_H (Theta) verkehrt (die für R(Theta) stimmt
dagegen); zum anderen rechnest Du unter konsequenter Missachtung
aller Einheiten. So ist die Spannung dimensionslos (4. Zeile von
unten), und Widerstände werden von Strömen subtrahiert (3. Zeile
von unten). So wird das nix.

von Phil M. (noxius91)


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>Welche "diese beiden" Tempcos?

Na dieser, der Ausgangshallspannung (-0,06%/°C) und der des Widerstands 
(0,3%/°C). In der Gleichung U_H = (Kh/d)  B  I beeinflusst der 
letztere Tempco ja allerdings den Strom, deswegen muss ich doch 
theoretisch den Tempco des Stroms berechnen, der dann den der 
Ausgangshallspannung ausgleichen soll?

>Zum einen ist Deine Formel für U_H (Theta) verkehrt

Stimmt, ich sehs gerade. In der Klammer muss es (1 - (0,06/100) * (theta 
-25)) heißen.

>So wird das nix.

Da geb' ich dir Recht. Hab mich wie gesagt leider etwas festgefahren und 
komme allein nichtmehr weiter :/

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Phil,

"Das Mahl ist gerichtet."

Ich habe mal den praktischen Ansatz mit LTspice gemacht. Einfach R4 in 
meiner Schaltung so lange erhöht bis der Strom, bei +0,3% 
Widerstandserhöhung, sich um +0,36% erhöht.

Das Ganze ist übrigens eine nette Idee. Das werde ich mir merken.

Gruß
Helmut

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Phil,
Ich denke man muss den Strom nur um die 0,06% ändern.
Um bei 0,3% Änderung die -0,06% zu kompensieren musst du in meiner 
Schaltung 5.2kOhm für R4 nehmen.

: Bearbeitet durch User
von Phil M. (noxius91)


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Super, vielen Dank!
Welchen OP-AMP hast du bei deiner Schaltung verwendet? Ich bräuchte 
einen LM258, habe aber in LTSPice ja leider nur die von LT zur 
Verfügung.

von Michael B. (laberkopp)


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Phil M. schrieb:
> Ich bräuchte einen LM258

Für eine Messschaltung mit 0.06% Präzision
den allerbilligsten OpAmp des es weltweit gibt ?

Das ist lächerlich.

LT1013.

von Helmut S. (helmuts)


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Hier wird beschrieben wie man z. B. einen LM358 in LTspice verwendet.
Dazu in diesem Thread die Beiträge von helmuts lesen. Bei einem Beitrag 
ist dann auch ein Anhang für die Simulation mit dem LM358 dabei.

Beitrag "spice model zum binden"

: Bearbeitet durch User
von Phil M. (noxius91)


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Okay vielen Dank. Habe alles in meiner Spice-Schaltung implementiert. 
Das mit der Temperaturkompensation funktioniert auch super!

Mein letztes Problem liegt allerdings in der Herleitung und Berechnung 
des Innenwiderstands Ri. Da komme ich nicht weiter. Kann mir da noch 
jemand helfen?

von Helmut S. (helmuts)


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Du solltest nicht Ri herleiten sondern

I = U1*f(R,...)

Dann die Ableitung bilden.

dI/dRL = k = g(...)

Diese Funktion nach R4 oder R4+R2_ auflösen.

R4 = f(k, R, ...)

Dann k durch diesen Wert 0,0006/0,003 ersetzen um R4 zu berechnen.

von Phil M. (noxius91)


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Muss ich nicht zunächst alle anderen Werte dimensionieren, bevor ich R4 
berechne?

Könntest du die Berechnung noch etwas genauer erläutern? Habs versucht, 
komme aber nicht so ganz klar

Danke im Vorraus

von Helmut S. (helmuts)


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> Muss ich nicht zunächst alle anderen Werte dimensionieren, bevor ich R4
berechne?

Natürlich musst du die Werte aller Widerstände klassisch berechnen. 
Allerdings ist das der Idealfall(Sonderfall).
R3=R3_ und R2=R2_ udn R1 darf man natürlich annehmen, denn so wird 
dimensioniert. Aber es muss auch R4 in der Formel drin sein.
Klar ist, dass das keine Aufgabe ist die in 5Minuten erledigt ist.

: Bearbeitet durch User
von Frank (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Phil M. schrieb:
>> Ich bräuchte einen LM258
> Für eine Messschaltung mit 0.06% Präzision
> den allerbilligsten OpAmp des es weltweit gibt ?
> Das ist lächerlich.
> LT1013.
Ich möchte dazu etwas sagen. Der LM1/2/358 ist tatsächlich ein günstiger 
OPV. Allerdings qualifiziert ihn das eher zu einem Einsatz. Außerdem 
geht es zunächst darum die Präzision zu verbessern von derzeit 0,3%/K. 
Das 8-1/2 stellige Multimeter Keysight 3458A verwendet übrigens 
ebenfalls den LM358 und zwar im kritischen A/D_Wandler. Ein Einsatz 
findet also auch in Schaltungen mit Sub-1ppm Genauigkeit erfolgreich 
statt.

Der LM1/2/358 bringt schon vom Werk einen absoluten Fehler von bis zu < 
30 ppm (=0,003%) mit. Darüber hinaus kann er noch auf einen kleineren 
Fehler abgeglichen werden.

Der LT1013 ist dem LM1/2/358 am nächsten von der Arbeitsweise, hat aber 
insbesondere eine deutlich höhere Leerlaufverstärkung.

Darüber hinaus gibt es auch Dritt-Bauteilbibliotheken für LTSpice mit 
dem LM358 (ich habe sogar zwei Modelle, eines für LM358 von National und 
eines für von ST).

von Helmut S. (helmuts)


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Ich habe jetzt den Strom berechnet. Die Berechnung ist eine 
"Strafarbeit".
Die Schaltung habe ich in den vorherigen Mails schon angehängt.

I = U*(R3*R3/R2+R3+R1)/(RL*(R1-(R3/R2)*R4) + R1*R4 + R1*R3 + R1*R2)


Wenn R4=R1*R2/R3 gewählt wird, dann erhält man die ideale Stromquelle. 
Natürlich kompensiert die dann keinen Temperaturkoeffizienten von RL.

I = U*R3/(R1*R2)

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Phil,

Jetzt noch der Endspurt mit Formeln und Simulation in LTspice. Damit 
hast du den ultimativen Wissensvorsprung.

I = U1*(R3*R3/R2+R3+R1)/(RL*(R1-(R3/R2)*R4) + R1*R4 + R1*R3 + R1*R2)

Ideale Source: R4 = R1*R2/R3      1k I=constant=1mA independent of RL
I = (U1/R1)*R3/R2

RL tempco +0.3%, target current tempco +0.06%

R4 = 
((0.003+0.0006)*RL*R1+0.0006*R1*(R2+R3))/((0.003+0.0006)*RL*R3/R2-0.0006 
*R1)

R4=5200Ohm

Gruß
Helmut

von Phil M. (noxius91)


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Wow super, vielen Dank für deine Mühe!

Habe die Formel nochmal nachgerechnet und das RL durch 750 Ohm ersetzt 
(mein Widerstand bei 25°C).Dann bekomme ich für R4 7k raus. Das Ganze 
auch schon in Spice getestet und tada: eine perfekte 
Temperaturkompensation!

Werde nun versuchen die Formel selbst noch einmal her zu leiten!
Danach kommt noch ein Elektrometerverstärker mit Offsetkompensation 
hintendran und dann sollte das Ganze abgehakt sein! Werde euch wissen 
lassen, wenn ich ein aktzeptables Ergebnis zustande bekomme ;)

von Helmut S. (helmuts)


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I = U1*(R3*R3/R2+R3+R1)/(RL*(R1-(R3/R2)*R4) + R1*R4 + R1*R3 + R1*R2)

Die Formel für die Temperaturkompensation habe ich allein aus dem Nenner 
hergeleitet unter der Annahme, dass 1/(1+x) annähernd 1-x ist. Das 
ersparte mir die Ableitung zu bilden.

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