Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Class-D Verstärker Spannungshub beim Einschalten und Diverses


von Christoph K. (chriskuku)


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Ich experimentiere gerade mit einem 100W Class-D Verstärker. Hatte ich 
vor einigen Monaten in der Bucht gekauft für wenige (unter 10)€. 
China-Import. Gibt ja kaum noch was anderes.

Hat direkte AC-Anschlüsse und GND, 2200µF Siebelkos/50V sind auf der 
Platine zu sehen. Da ich keinerlei Dokumentation zu dem Ding habe und 
die Ausführung auch schon nicht mehr im Angebot ist, weiß ich nicht mal, 
wieviel Veff Wechselspannung ich einspeisen kann.

Grob geschätzt, wenn das Ding also 100W bringen soll (an 4 Ohm, nehme 
ich an), müßte der Ausgang 20 Veff liefern, ca. 56 Vpp. Der Trafo müßte 
dann vielleicht etwas mehr liefern, sagen wir 24V - 0  - 24V .

So ein Trafo dürfte auch nicht allzu schwer zu bekommen sein.

Nun genug des Vorgeplänkels und zu meiner eigentlichen Frage:

Was mir jetzt beim ersten Experimentieren (mit einem 8 Ohm Lautsprecher) 
auffiel:

Beim Einschalten macht die Membran des Lautsprechers (in dem Fall ein 
JBL D120F - harte Aufhängung) ein mehr als deutlichen "Wupps" nach außen 
(ich habe noch nicht ausprobiert, ob ich die Bewegungsrichtung durch 
Umpolen umkehren kann oder ob die Elongation eh eine Art Schwingung in 
beide Richtungen ist.

Jedenfalls finde ich den Effekt ausgesprochen unschön.

Relais einsetzen? AC soft Einschalten?

Auch frage ich mich, ob ich aus dem Ding auch 100W an 8 Ohm herausholen 
kann. Dann wäre die DC-Versorgungsspannung ca. 40V, also 10V unter der 
Maximalspannung der Siebelkos. Vielleicht sollte man da doch etwas mehr 
Sicherheit einbauen.

Evtl. Brückenschaltung mit zweien solcher Verstärker?

Ansonsten bin ich ganz angetan von der Class-D-Technik. Will es als 
Instrumentenverstärker für Live-Auftritte benutzen.
Wenn man sich vorstellt, wie klein und leicht so ein Verstärker dann 
aussehen kann, ist das schon irgendwie attraktiv.

Ach so, noch was: mir fiel auf, daß beim Clipping, also 
Vollaussteuerung, dann ein deutlicher Ripple auf der Versorgungsspannung 
sitzt. Würde es etwas bringen, wenn man die Siebung verstärkt? Oder das 
Clipping durch vorgeschaltete Begrenzung unterbinden?

Grüße

Christoph

von D-amp (Gast)


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Christoph K. schrieb:
> Oder das
> Clipping durch vorgeschaltete Begrenzung unterbinden?

Du kannst das auch so machen (mache ich bei Amps ohne Begrenzer): Jeder 
Verstärker hat eine sog. Empfindlichkeit bzw. halt Verstärkung. 
Bleibt das Eingangssignal unterhalb eines bestimmten maximalen Pegels, 
kann der Verstärker gar nicht clippen. Das ginge passiv 
(Spannungsteiler) oder aktiv (OPV).

Zu den anderen Punkten wäre zuerst mal wichtig, was das genau für ein 
Amp ist. Ist es eine Halbbrücke (da wäre die Versorgung +, - und GND ... 
also symmetrisch) oder eine Vollbrücke (aka H-Brücke)? Welche Halbleiter 
sind verbaut - ICs, Endtransistoren?

von D-amp (Gast)


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Christoph K. schrieb:
> 24V - 0  - 24V

Also eine Halbbrücke, würde ich sagen. Vermutlich ist es dann kein 
vollintegrierter D-amp in IC-Form, sondernmit separater Endstufe an 
einem Halbbrückentreiber.

von MaWin (Gast)


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Christoph K. schrieb:
> Ich experimentiere gerade mit einem 100W Class-D Verstärker. Hatte ich
> vor einigen Monaten in der Bucht gekauft für wenige (unter 10)€.
> China-Import. Gibt ja kaum noch was anderes

Es gibt jede Menge andere, mit Doku und Messprotokollen die sogar 
einhalten was versprochen wird, doch dein Geiz verhindert deren Kauf, 
und der Preis verhindert Stückzahlen wie aus China.

https://audiocreativ.de/index.php?route=product/category&path=59

http://www.engon.de/audio/Class_D_Verstaerker.htm

Nicht nur Class-AB Verstärker brauchen ein Lautsprecherschutzrelais, 
auch Class-D will zumindest ein Mute Signal haben.

Selbst wenn der Amp selbst plopp-frei ist, brauchen die 
Koppelkondensatoren der Vorstufen ihre Zeit.

von Christoph K. (chriskuku)


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Ist eine symmetrische Endstufe, DC gekoppelt um den Nullpunkt.
Nennt man sowas bereits „Halbbrücke“? Der Terminus hat ja wohl nichts 
mit dem Brückengleichrichter und der Mittelanzapfung der Trafowicklung 
zu tun.

IC ist ein TDA 7293.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Christoph K. schrieb:
> IC ist ein TDA 7293.

Der ist nicht Class-D sondern AB.
Und er hat nen Standby-Eingang zum ploppfreien Einschalten.
"No switch on/off noise"

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Hier gibts das Datenblatt:
http://www.st.com/resource/en/datasheet/tda7293.pdf

Empfiehlt sich als interessante Lektüre.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Und wie konnte das Gerücht entstehen, es handele sich um einen 
Class-D-Verstärker, wenn er nicht einmal die übliche Drossel am Ausgang 
hat? Stand das im Angebot schon falsch drin?

MfG

von Christoph K. (chriskuku)


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Christian S. schrieb:
> Und wie konnte das Gerücht entstehen, es handele sich um einen
> Class-D-Verstärker, wenn er nicht einmal die übliche Drossel am Ausgang
> hat? Stand das im Angebot schon falsch drin?
>
> MfG

Krasse Fehlannahme meinerseits. Ich hatte einfach damals - ist jetzt 
genau 1 Jahr her - 2 von diesen Verstärkern auf grund ihres Preises (2 
Stck. f. € 6,70 inkl. Versand) gekauft, um mal was damit aufzubauen.

War immer der Annahme, es sei Class-D gewesen auf grund der Kleinheit. 
Aber in der Tat, es fehlt ein induktives Bauelement, um Class-D zu sein.

Gut, meine Frage hinsichtlich der Standby Funktion ist damit 
beantwortet.

Frage wäre noch, ob letzten Endes ein Class-D Vorzüge hätte. Mir käme es 
auf Power Dissipation und Betriebssicherheit unter Dauerlast an.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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"Frage wäre noch, ob letzten Endes ein Class-D Vorzüge hätte. Mir käme 
es auf Power Dissipation und Betriebssicherheit unter Dauerlast an."

Hallo,

dies dürfte letzten Endes von der Qualität der verwendeten Bauteile und 
den hinein konstruierten Reserven sowie der Materialschonung beim Aufbau 
zusammen hängen. Bei 7 Euro-Bausätzen dürfte eher der Lerneffekt des 
Anwenders im Vordergrund stehen. Für die Raumfahrt müßte man die 
Kriterien noch verschärfen.

Natürlich hält es länger, je weniger es warm wird und je weniger 
Spannung angeschlossen ist.

Oder Du baust alles mit überdimensionierten Bauteilen auf, dann ist es 
betriebssicherer als die 7Euro-Variante und kostet vielleicht 15 Euro.

Und ein Class-D ist interessant, aber sicher keine einfache 
Konstruktion.

MfG

: Bearbeitet durch User
von Mani W. (e-doc)


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Christoph K. schrieb:
> 2200µF Siebelkos/50V sind auf der
> Platine zu sehen.

Noch mal 2200 µF parallel schalten, oder gleich austauschen auf
4700 µF erscheint mir sinnvoll bei viel Bass...

von MaWin (Gast)


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Christoph K. schrieb:
> IC ist ein TDA 7293.

Na da hat man dich ja verarscht.

Das ist weder ein Class-D noch bringt er 100W.

Sondern eher nur 60W, ausreichender Kühlkörper vorausgesetzt.

Über Mute wirst du den Einschaltplopp los.

Christoph K. schrieb:
> Ist eine symmetrische Endstufe

Nein, auch nicht.
Es ist ein intern unsymmetrischer Verstärker an einer bipolaren 
symmetrischen Versorgungsspannung.

> Nennt man sowas bereits „Halbbrücke“?

Ein Audioverstärker ist tatsächlich eine Halbbrücke, allerdings 
verwendet man den Begriff eher für digital schaltende und nicht analoge 
mit Ruhestrom.

von Christoph K. (chriskuku)


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Mani W. schrieb:
> Christoph K. schrieb:
>> 2200µF Siebelkos/50V sind auf der
>> Platine zu sehen.
>
> Noch mal 2200 µF parallel schalten, oder gleich austauschen auf
> 4700 µF erscheint mir sinnvoll bei viel Bass...

Und da brauche ich auch keine Bedenken zu haben, daß der 
Brückengleichrichter beim Ladestrom an die Grenzen kommt?
—
Grüße
Christoph

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Christoph K. schrieb:
> Oder das
> Clipping durch vorgeschaltete Begrenzung unterbinden?

Der Chip hat zu diesem Zweck ja einen Detektor Ausgang, mit dem du den 
Eingangspegel begrenzen könntest (Limiter).
Zur Verwendung als Instrumentenverstärker hängts ein wenig davon ab, 
welches Instrument. Ein Keyboardverstärker muss sauber Spitzen 
übertragen können (Fender Rhodes oder anderes E-Piano) ohne zu clippen. 
Ein Gitarrenverstärker muss gut Dauerleistung vertragen können und ein 
Bassverstärker braucht Leistung und Reserve in der Stromversorgung.

Für einen kleinen Gitarrencombo würde die Endstufe vermutlich reichen, 
aber du musst dafür Sorge tragen, das ein Lautsprecher- und 
Kurzschlussschutz drin ist. Klinkenstecker sind nämlich Kurzschliesser 
und es kommt im Durcheinander  schon mal vor, das ein Stecker gezogen 
wird, obwohl Signal drauf ist.
Auch das harte Brummen beim Einstecken des Kabels in die Gitarre muss 
der Verstärker vertragen, ohne das er aufgibt.
Viele gute Audioschaltungen gibts bei Elliot:
http://sound.whsites.net/projects.htm

Dabei sind Klangregelungen, Limiter, und alles übrige, was das Herz 
erfreut.

MaWin schrieb:
> Christoph K. schrieb:
>> IC ist ein TDA 7293.
>
> Na da hat man dich ja verarscht.
>
> Das ist weder ein Class-D noch bringt er 100W.

Das hatte sich ja schon geklärt. Class-D war eben eine falsche Vermutung 
des TE, er hat sie nicht als solche gekauft.

: Bearbeitet durch User
von Christoph K. (chriskuku)


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MaWin schrieb:
> Christoph K. schrieb:
>> IC ist ein TDA 7293.
>
> Na da hat man dich ja verarscht.
>
> Das ist weder ein Class-D noch bringt er 100W.
>

Ich hatte es jetzt einfach vergessen, verwechselt, wie auch immer. Die 
Anzeige enthielt nichts, was auf Class-D hindeutete. Insofern lag keine 
"Verarschung vor" :) Eher die eigene Dusseligkeit. Jetzt aber genug mit 
der Selbstkasteiung. War einfach ein Versehen.

Habe jetzt noch mal einen - diesmal Class D - Verstärker in der Bucht 
gekauft um das Experiment fortzusetzen.

von Christoph K. (chriskuku)


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Danke Matthias, für die Randnotizen. Tatsächlich soll eine Orgel 
angeschlossen werden. Frequenzen von 32Hz bis 5200 Hz.

Hier mal die Randbedingungen des Projekts:

Ich möchte ein "Soft-Clipping" etablieren, derart, daß der Sinus nicht 
hart geclippt wird, sondern, abgerundet, nach logarithmischer Kennlinie. 
Etwa eine Op-Amp-Schaltung mit antiparallelen Dioden in der 
Gegenkopplung oder im Eingang, vielleicht auch passiv mit Zenerdioden. 
Vorschläge wären da auch willkommen. Und es soll natürlich nicht die 
Volllast des Amps erreicht werden.

Es kommt noch eine andere Forderung hinzu. Die Lautsprecherbox enthält 
einen Tieftöner (JBL E140 8Ohm) und einen Hochtöner 8 Ohm.

Statt eines externen Crossovers wollte ich das Eingangssignal durch 
einen Hoch - und einen Tiefpaß 2.Ordung schicken, dessen 
Übergangsfrequenz bei 800Hz liegt und dann 2 Verstärker vorsehen. Da ist 
natürlich auch wichtig, daß der Hochtöner keinen "Einschalt-Popp" 
mitkriegt. Vielleicht kann man beim Hochtöner ohnehin einen 
Serienkondensator (MP) in Reihe vorsehen, der ihn zusätzlich noch einmal 
schützt.

Die Leistung jedes Kanals sollte 100W betragen. Der Tieftöner kann 200W 
Sinus, beim Hochtöner bin ich noch auf der Suche nach einem 
leistungsfähigen (Empfehlungen wären da auch willkommen).

Auf jeden Fall Ohrstöpsel mitkaufen.

--
Grüße
Christoph

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Christoph K. schrieb:
> beim Hochtöner bin ich noch auf der Suche nach einem
> leistungsfähigen (Empfehlungen wären da auch willkommen).
Hmm, der E140 macht als 15"er etwa bei 2,5kHz dicht, ein Mitteltöner der 
10" oder 8" Klasse wäre mal zu überlegen.
https://www.thomann.de/de/8_zoll_lautsprecher.html
https://www.thomann.de/de/10_zoll_lautsprecher.html


Als Hochtöner kannst du dir z.B. mal den Eminence APT150 anschauen:
https://www.thomann.de/de/eminence_apt150.htm

Oder evtl., je nach gewünschtem Abstrahlwinkel, 2 von den kleineren 
APT80
https://www.thomann.de/de/eminence_apt80.htm

Aktive Weichen findest du im o.a. Link zu ESP.
Von Piezohochtönern rate ich dir erstmal ab. Die vertragen zwar viel 
Leistung, aber sind sehr spitz und quäkig. Ringradiator und 
Schlitzstrahler sind zwar brauchbar aber teuerer:
https://www.thomann.de/de/lautsprecher_hochtoener.html

von Christoph K. (chriskuku)


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Matthias S. schrieb:
> Christoph K. schrieb:
>> beim Hochtöner bin ich noch auf der Suche nach einem
>> leistungsfähigen (Empfehlungen wären da auch willkommen).
> Hmm, der E140 macht als 15"er etwa bei 2,5kHz dicht, ein Mitteltöner der
> 10" oder 8" Klasse wäre mal zu überlegen.
> https://www.thomann.de/de/8_zoll_lautsprecher.html
> https://www.thomann.de/de/10_zoll_lautsprecher.html
>
>

Der E140 soll nicht mehr als 800Hz kriegen, so ist die "Lehre" bei den 
Hammondorgeln/Leslies.

Ab 800 Hz übernimmt dann ein Mittelhochton Compression Driver.

ATLAS PD60, JBL 2842 sind Typen, die man gerne nimmt (nahm), allerdings 
haben viele dieser Mittelhochtöner 16 Ohm.

Mit einer Brückenschaltung und etwas höherer Spannung könnte man auch 
der Leistungsanforderung (100W) gerecht werden.


> Als Hochtöner kannst du dir z.B. mal den Eminence APT150 anschauen:
> https://www.thomann.de/de/eminence_apt150.htm
>
> Oder evtl., je nach gewünschtem Abstrahlwinkel, 2 von den kleineren
> APT80
> https://www.thomann.de/de/eminence_apt80.htm

Der geht nicht weit genug runter (800 Hz ist Pflicht)

Geeignet, aber leider sehr teuer: JBL 2446

>
> Aktive Weichen findest du im o.a. Link zu ESP.

Werde vielleicht auch wegen der aktiven Clipping-Schaltung doch eine 
eigene OP-Schaltung entwickeln.


> Von Piezohochtönern rate ich dir erstmal ab. Die vertragen zwar viel
> Leistung, aber sind sehr spitz und quäkig.


Dem stimme ich zu.

Ringradiator und
> Schlitzstrahler sind zwar brauchbar aber teuerer:
> https://www.thomann.de/de/lautsprecher_hochtoener.html

Da das ganze noch durch Lesliehorn gequetscht werden muß, kommen nur 
Treiber mit 1 3/8 " (siehe Bauform Monacor KU-516) Flansch in Frage.

Leider hat letzterer nur 50W.

Grüße
Christoph

von Klaus R. (klara)


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Christoph K. schrieb:
> Ich möchte ein "Soft-Clipping" etablieren, derart, daß der Sinus nicht
> hart geclippt wird, sondern, abgerundet, nach logarithmischer Kennlinie.
> Etwa eine Op-Amp-Schaltung mit antiparallelen Dioden in der
> Gegenkopplung oder im Eingang, vielleicht auch passiv mit Zenerdioden.
> Vorschläge wären da auch willkommen. Und es soll natürlich nicht die
> Volllast des Amps erreicht werden.

Die Schaltung könnte die Basis für ein Soft-Clipping sein.
Sollte man mit LTspice für Deinen Anwendungsfall optimieren.

Beitrag "Re: frequenzunabhängiger integrator"
mfg klaus

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