Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Arbeitsmaterial/Werkzeug als Selbstständiger


von Dussel (Gast)


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Moin,

wie läuft das als Selbstständiger mit dem Arbeitsmaterial ab? Bei einem 
Programmierer ist es ja meistens einfach. Kostenlose Compiler und 
Interpreter gibt es im Internet und einen Computer hat fast jeder.
Aber wie ist es in anderen Bereichen. Beispielsweise als 
FPGA-Entwickler? Man braucht von jedem Hersteller Board und Lizenz, was 
locker einige tausend, eher im Zehntausenderbereich, Euro kosten kann. 
Das muss außerdem regelmäßig aktualisiert werden.

Rüstet man sich nur für einen Hersteller aus und bietet Leistungen nur 
für dessen Hardware an, sagt man dem Kunden, was man hat und für alles 
andere muss er sorgen oder schlägt man so viel drauf, dass man das alles 
regelmäßig neu kaufen kann?

Alle drei Vorgehensweisen wären möglich, aber was ist 'normal'?

Nebenbei, Selbstständigkeit steht bei mir nicht an, es interessiert mich 
nur. Andere Ratschläge für Selbstständige sind nett, aber hier nutzlos.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Dussel schrieb:
> Rüstet man sich nur für einen Hersteller aus und bietet Leistungen nur
> für dessen Hardware an

Das wäre eine Lösung. Dann kann ich als Kunde auch davon ausgehen, dass
derjenige sich mit diesem System auskennt (vorausgesetzt, ich kenne die 
Lizenzpreise ;-).

> sagt man dem Kunden, was man hat und für alles
> andere muss er sorgen

Ich als Kunde würde dann eher denken, dass derjenige schlicht der 
falsche Ansprechpartner ist. Denn ich brauche eine Lösung für mein 
FPGA-Problem und niemanden, der sich erst noch in ein neues System 
einarbeiten muss.

> oder schlägt man so viel drauf, dass man das alles
> regelmäßig neu kaufen kann?

Das ist natürlich die beste Lösung, aber dann benötigst Du das 
entsprechende Kleingeld bzw. den Umsatz. So etwas lohnt vermutlich nicht 
bei Einzelkämpfern. Einzelkämpfer, die alles machen, können meist nichts 
richtig - so ist zumindest meine Erfahrung (allerdings außerhalb der 
FPGA-Entwicklung).

> Alle drei Vorgehensweisen wären möglich, aber was ist 'normal'?

Ich denke, dass Fall 1 der ist, den man bei Ein-Mann-Unternehmen am 
häufigsten antrifft. Fall2 ist eher exotisch, Fall 3 dürften für etwas 
größere Buden zutreffen.

von Tobias B. (Firma: www.elpra.de) (ttobsen) Benutzerseite


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Dussel schrieb:
> Rüstet man sich nur für einen Hersteller aus und bietet Leistungen nur
> für dessen Hardware an, sagt man dem Kunden, was man hat und für alles
> andere muss er sorgen oder schlägt man so viel drauf, dass man das alles
> regelmäßig neu kaufen kann?

Sicher in einem gewissen Rahmen spezialisiert man sich shcon auf einen 
Hersteller. Bei mir ist es so, dass Xilinx der absolute Platzhirsch ist, 
ich aber auch Nischenprodukte von Lattice anbiete. Wenn ein Kunde aber 
gerne mit mir zusammenarbeiten will und Intel/Altera verwendet, dann 
bekommt er das auch, sofern sich meine Investitionen wirschaftlich 
lohnen.

Der größte Kostenanteil sind bei mir eher die Mentor 
Questasim/Questaprime Lizenzen. Am Ende entwickelt man in der Regel eh 
für eine spezielle FPGA Hardware und die wird dann zur Verfügung 
gestellt (oder bestenfalls packt man bei der Entwicklung direkt mit an). 
Da man hauptsächlich mittels Simulation verifiziert, halten sich die 
Hardwarekosten in Grenzen.

Auf Evalboards greife ich hauptsächlich zurück, wenn eine funktionale 
Design Verifikation im FPGA deutlich schneller geht als dessen 
Simulation. Den Fall hat man meistens wenn man Videoalgorithmen 
entwickelt und für die Verifikation mehrere Videoframes benötigt werden.

Alles in allem ist das relativ entspannt mit der Anschaffung von 
Evalboards. Wie bei allen betrieblichen Ausgaben gilt: Wenn sich eine 
Anschaffung lohnt, dann wird sie auch gemacht. Der Spieltrieb, bzw. der 
Drang nach selbstständiger Weiterbildung, lassen einen auch mal 
"unvernünftige" Entscheidungen treffen. ;-)

: Bearbeitet durch User
von Dussel (Gast)


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Tobias B. schrieb:
> Wenn ein Kunde aber gerne mit mir zusammenarbeiten will und
> Intel/Altera verwendet, dann bekommt er das auch, sofern sich meine
> Investitionen wirschaftlich lohnen.
Was heißt das? Dass du dann das Zeug kaufst und ihm in Rechnung stellst? 
Oder wenn du sowieso nichts zu tun hast, dann die Einnahmen nehmen, auch 
wenn sie durch die Investition deutlich geringer ausfallen?

Tobias B. schrieb:
> Am Ende entwickelt man in der Regel eh
> für eine spezielle FPGA Hardware und die wird dann zur Verfügung
> gestellt (oder bestenfalls packt man bei der Entwicklung direkt mit an).
Das wäre das, woran ich mit zwei Fall gedacht habe.

Danke euch beiden schonmal.

von Bürovorsteher (Gast)


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> Beispielsweise als
> FPGA-Entwickler? Man braucht von jedem Hersteller Board und Lizenz, was
> locker einige tausend, eher im Zehntausenderbereich, Euro kosten kann.
> Das muss außerdem regelmäßig aktualisiert werden.

FPGA alleine als Existenzgrundlage? Naja, ich würde es eher nicht 
machen, da ich nicht der High-end-Superspezi á la Lothar Miller bin. 
Ansonsten mit einem Platzhirsch wie Xilinx anfangen- vllt kommt man 
anfangs auch erstmal mit der Freeware ohne Lizenzen aus. Lizenz erst 
kaufen, wenn unabdinglich,
Board: kostet nichts, aber du wirst möglicherweise zur Verifizierung 
einiges an Messtechnik brauchen, MSO, Logikanalysator (nicht das 
zigattenschachtelgroße Dingens, sondern was für Erwachsene mit 
Patterngenerator).

> sagt man dem Kunden, was man hat und für alles andere muss er sorgen

Eine ziemlich schlechte Idee, er geht dann zum Nächsten, der bereits 
alles hat. Du bist dann raus aus dem Rennen.

> oder schlägt man so viel drauf, dass man das alles regelmäßig neu kaufen
> kann

Das ist der richtige Weg, aber man kauft erst, wenn man den 
nachfolgenden Auftrag hat und nur dafür.

Der ultimative Weg: eigene Geräte, da kannst du einbauen, was du 
möchtest.
Ich benutze Xilinx und Lattice.

von Bürovorsteher (Gast)


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Und noch eine winizig kleine Hürde: der eine Kunde möchte es in VHDL, 
der andere in Verilog.

von Purzel H. (hacky)


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Nun, als FPGA Spezialist kann man beides.

von Sebastian L. (sebastian_l72)


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Dussel schrieb:
>
> Alle drei Vorgehensweisen wären möglich, aber was ist 'normal'?

Normal ist das womit man Geld verdienen kann.
mache einen Business Case für jeden der Fälle.
Leihen statt Eigentum geht auch.


> Nebenbei, Selbstständigkeit steht bei mir nicht an,
Dann frag deinen CFO was erforderlich ist, damit du Geld für neues 
“Spielzeug” bekommst aka. investiert wird.

von Purzel H. (hacky)


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Man benoetigt auch nicht Tools fuer alle Hersteller, sondern etwa eins. 
Allenfalls kann man sich die gratis Webversionen der anderen Hersteller 
aschauen.

Denn man will auch die Lagerhaltung minimieren, die Lagerhaltung an 
Bauteilen.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Name H. schrieb:
> Nun, als FPGA Spezialist kann man beides.
Oder eher: man weiß, wie man einen Wrapper schreibt.

von Jens von der Breduille (Gast)


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Bürovorsteher schrieb:
> Und noch eine winizig kleine Hürde: der eine Kunde möchte es in VHDL,
> der andere in Verilog.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es in DE kaum Kunden gibt, die 
Verilog haben möchten. Allenfalls muss man sich damit auskennen, da 
Xilnx die Cores hauptsächlich in Verilog bereitstellt.

>Werkzeug als Selbstständiger
Hängt einzig vom Job ab. Spezielle Messtechnik für 
Hochfrequenzbaugruppen waren zuletzt ein Grund, warum wir extern 
beauftragt haben. Das Meiste haben wir im Hause.

von Mandesk (Gast)


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Bin nicht im FPGA-Bereich unterwegs, sondern eher im Bereich Hardware. 
Habe mich an meinen Stammkunden orientiert. D.h. zu Beginn auch 
teilweise erst einmal vor Ort mit den beim Kunden vorhandenen Lizenzen 
gearbeitet. Inzwischen läuft es auf drei Tools hinaus, wobei eins 
gekauft ist, eins Open-Source und eins als Wartungsvertrag läuft.

Messtechnik hält sich auch in Grenzen. Ein vernünftiges MSO, 
verschiedene Tastköpfe (Differential probes, Stromzangen,...), ein paar 
Labornetzteile, und ein bisschen Kleinkram (vom Multimeter bis zum 
Temperaturlogger). Die Gesamtkosten kommen vielleicht insgesamt auf 
30kEUR. Inzwischen brauche ich den Kram aber immer seltener, weil ich 
kaum noch komplette Hardwareentwicklung mache.

von Tobias B. (Firma: www.elpra.de) (ttobsen) Benutzerseite


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Dussel schrieb:
> Tobias B. schrieb:
>> Wenn ein Kunde aber gerne mit mir zusammenarbeiten will und
>> Intel/Altera verwendet, dann bekommt er das auch, sofern sich meine
>> Investitionen wirschaftlich lohnen.
> Was heißt das? Dass du dann das Zeug kaufst und ihm in Rechnung stellst?
> Oder wenn du sowieso nichts zu tun hast, dann die Einnahmen nehmen, auch
> wenn sie durch die Investition deutlich geringer ausfallen?

Ich bin da dem Kunden gegebenüber ganz offen. Wenn sich ein Projekt 
nicht lohnt, weil ich mir z.B. für ein kleines 1000€ Miniprojekt eine 
2000€ teure Mietlizenz erwerben müsste, dann kann er wählen ob er die 
2000€ Aufschlag bereit ist zu bezahlen oder er muss sich einen anderen 
Dienstleister suchen (das ist dann auch nicht weiter dramatisch sondern 
stinknormaler Wettbewerb, da passt dann halt mein Portfolio nicht 
perfekt zum Auftrag). Bei einer Kauflizenz (aber auch Messtechnik, 
Evalboards, etc.) muss ich abschätzen ob ich das in Zukunft noch 
brauchen kann oder ob das wirklich eine einmalige Sache ist. Auch hilft 
es mit dem Kunden zu reden, ob er sich vorstellen kann in Zukunft weiter 
an einer Beauftragung interessiert zu sein.

Eine pauschale vorgehensweise gibt es da bei mir nicht, das hängt von 
Fall zu Fall ab und vom erwaretten Risiko. Aber das macht die 
Selbstständigkeit auch spannend.

Die Möglichkeit mit Rechnung durchreichen gibt es auch. Dabei muss man 
als freiberuflicher Selbstständiger jedoch darauf achten, dass man die 
Rechnungen 1:1 durchreicht und damit keinen Gewinn erwirtschaftet. Ist 
eine Gewinnabsicht zu erkennen, droht einem der Verlust der 
Freiberuflichkeit und man ist gezwungen ein Gewerbe mit all den 
verbundenen Folgen anzunehmen.

: Bearbeitet durch User
von Dussel (Gast)


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Danke noch für die Antworten. Dann weiß ich schonmal ein bisschen, wie 
sowas grundsätzlich funktioniert.

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