Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Referenzanschaltung mit Stromquelle zur Ruhestromminimierung


von Dot M. (dotm)


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Hallo Allerseits.

Ich möchte mit euch etwas teilen, was mir seit gestern keine Ruhe lässt. 
Vielleicht hat ja der eine oder die andere dazu eine Idee.
Für eine Stromlimiterschaltung brauche ich eine stabile und präzise 
Referenzspannung von 1.25V, die direkt durch den Versorgungseingang 
meiner Schaltung gespeist wird.
Die Schaltung ist mit 2.5V bis ~11V Eingangsspannung definiert, darunter 
muss die Vref nicht mehr arbeiten. Nominal sind zw. 3.5V und 4.5V zu 
erwarten (1x Lithium oder 3x Alkali).
Eine Shuntreferenz wie die LT1389-1.25 oder die MAX6006 sind da ideale 
Bauteile, die sind bereits ab 1µA stabil.
Für mich ist der wichtigste Designaspekt, dass die Schaltung besonders 
wenig Ruhestrom braucht. Es geht um jedes Mikroampere!

Betrachtet angehängte Bilder und die LTSpice Datei.

Die Variante TEST1 ist die einfachste Methode mit einem Vorwiderstand. 
Wie man sieht steigt der Ruhestrom mit der Eingangsspannung, wie man es 
sich erwarten würde.

Die Variante TEST2 ist diesbezüglich schon eine Verbesserung. Da (wegen 
dem Stromspiegel) der Strom durch die Referenz und R2 gleich ist, wird 
(angenommen VBE von Q4 und Q5 sind gleich) der Strom durch die Referenz 
so eingestellt, dass  R2 * Ic gleich ist wie Vref. Auf die Weise kann 
ich mit einem 1.25MOhm Widerstand den Strom durch die Referenz auf 1µA 
begrenzen. Ein Nachteil ist allerdings, dass der Strom doppelt fliesst. 
Die Schaltung braucht also 2µA, was erst ab 3.7V Eingangsspannung eine 
Verbesserung zur ersten Variante mit sich bringt. Für die Stromspiegel 
gibt es günstige diskrete Bauteile (matched pairs), das wäre jedenfalls 
in der Praxis umsetzbar.

Für die Variante TEST3 habe ich mich von einem Artikel von Doug Mercer 
inspirieren lassen:
https://www.analog.com/ru/analog-dialogue/studentzone/studentzone-february-2021.html
Die Stromquelle habe ich zunächst um den (sinnlosen) dritten PNP 
erleichtert und dann nochmal hergeleitet (siehe Anhang).
Der Strom stellt sich so ein : I = 2 * (Vt/R) * ln(2)
Vt ist zwar temperaturabhängig, jedoch nicht viel, +/- 10% bei +/-25°C. 
Das ergibt eine halbwegs passable Konstantstromquelle rund um 1µA. Der 
Widerstand R3 muss eventuell für den gesamten Temperaturbereich 
angepasst sein, damit 1µA Minimalstrom garantiert ist.

Nun, die Variante TEST3 wäre wohl am schönsten, jedoch gibt es keine 
sinnvollen Bauteile um Q7,Q8 und Q9 zu matchen. Meine Herleitung basiert 
auf dem reduzierten Ebers-Moll-Modell wo der Sättigungssperrstrom Is 
eine Modellgrösse ist, die relativ aufwändig bei der Erstellung des 
Modells entsteht.
Entsprechend finde ich in den Datenblättern keine Grösse (etwa hfe), aus 
der ich die Streuung von Is ableiten kann, um beurteilen zu können, ob 
die Stromquelle auch mit ungematchten Transistoren hinreichend 
funktioniert.
Hat jemand von euch diesbezüglich Informationen oder Erfahrungen? Wie 
würde sich Is des (Spice-)Modells ändern, wenn die Transistorparameter 
in der üblichen Breite für ein Produktionslos schwanken?

Danke fürs lesen und beste Grüsse!

M.

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Dot M. schrieb:
> Hat jemand von euch diesbezüglich Informationen oder Erfahrungen? Wie
> würde sich Is des Spice-Modells ändern, wenn die Transistorparameter in
> der üblichen Breite für ein Produktionslos schwanken?

Was sagt denn LTspice dazu?
mfg Klaus

von Dot M. (dotm)


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Klaus R. schrieb:
> Was sagt denn LTspice dazu?
> mfg Klaus

Ich kann in LTSpice problemlos Runs machen wo ich Is des Modells 
variiere. Nur in welcher Grössenordnung? Siehe auch diesen Forenbeitrag:
https://electronics.stackexchange.com/a/222784
Er meint, der Sättigungssperrstrom Is ist am einfachsten aus dem 
Spice-Modell rauszulesen, da es sich um einen generierten Parameter 
handelt. Das einzige, was mir dazu einfällt, ist eine Schar an Modellen 
eines Transistortypens, unter Berücksichtigung der Exemplarstreuung der 
Parameter aus dem Datenblatt zu generieren und dann daraus ein Werteband 
für Is abzuleiten. Wegen dem Aufwand ist das eher eine hypothetische 
Methode.
Das Problem simulativ, anstelle von rechnerisch, zu lösen ist jedenfalls 
sicher die vernünftigste Idee.

von Lowlowlow (Gast)


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Wenn es was kosten darf LT6656. Eigenverbrauch typ. 0,85 µA, max. 1,0 µA 
bei 25C. Über den vollen Temperaturbereich (bis 125°C) max. 1,5 µA. 
Wobei der Eigenverbrauch auch leicht von der Betriebsspannung abhängt.

Bleibt man unter den max. 20V und unter 125°C dann sollte man näher an 
1,0 µA als 1,5 µA sein.

von Dot M. (dotm)


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Lowlowlow schrieb:
> Wenn es was kosten darf LT6656. Eigenverbrauch typ. 0,85 µA, max. 1,0 µA
> bei 25C. Über den vollen Temperaturbereich (bis 125°C) max. 1,5 µA.
> Wobei der Eigenverbrauch auch leicht von der Betriebsspannung abhängt.
>
> Bleibt man unter den max. 20V und unter 125°C dann sollte man näher an
> 1,0 µA als 1,5 µA sein.

Wow! Ist mir entgangen. Sogar verfügbar. Der Preis ist allerdings 
knackig.
Vielen Dank!

Leider bringt diese Lösung nicht den Seelenfrieden mit der 
Shuntreferenz. Deswegen belass ich das Thema noch als unbeantwortet.
Hier hat übrigens jemand Delta IS durch Messung von Delta VBE bei 
bekanntem Ic an 200 Stück auf 10fA bestimmt. Vielleicht schmeiss ich die 
SMU an am Wochenende.
http://preamp.org/static/adventures-in-spice-real-life-transistor-parameter-variation/index.html

von Gerhard (Gast)


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Warum denn nicht so?

Gerhard

von Dot M. (dotm)


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Gerhard schrieb:
> Warum denn nicht so?
>
> Gerhard

Hallo Gerhard.
Bei deiner Schaltung kompensieren sich die Bauteilparameter leider 
nicht. Justage der Schaltung nach Produktion kommt leider nicht in 
Frage.

Beispiel PN4117 lt deinem Vorschlag lt. Datenblatt:
VgsOFF: -0.6 ... -1.8V
Idss: 30 ... 90µA

Berechnung (siehe zB 
https://www.electronics-tutorials.ws/transistor/fet-current-source.html):

Vgs[Id] = -VgsOFF*(1-sqrt(Id/Idss))
Rds = Vgs/Id

Ergibt einen Wertebereich des Stellwiderstandes für 1µA Id von 490 Ohm 
bis 1610 Ohm innerhalb der Typstreuung lt. Datenblatt.

: Bearbeitet durch User
von Bauform B. (bauformb)


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Dot M. schrieb:
> Nun, die Variante TEST3 wäre wohl am schönsten, jedoch gibt es keine
> sinnvollen Bauteile um Q7,Q8 und Q9 zu matchen.

Es gibt immerhin 4 ziemlich ähnliche Transistoren in einem Gehäuse, bei 
Mouser sogar ab Lager:

https://www.analog.com/en/products/mat14.html#product-overview

von Dot M. (dotm)


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Zur Vollständigkeit halber hier die Lösung.
Durch Umbau auf eine UBE-Stromquelle (rosa trace) ist das ganze nun gut.
Danke!
M.

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