Hallo zusammen,
CMOS-Inverter können ja als (rudimentäre) Analog-Verstärker verwendet
werden, indem der Ausgang über einen hochohmigen Widerstand auf den
Eingang zurück gekoppelt wird, wie z.B. hier gezeigt:
https://shrubbery.net/~heas/willem/PDF/NSC/AN/AN-88.pdf
So eine Schaltung würde ich gerne verwenden, um aus einem Sinussignal
ein Rechteck- (also Logik-Pegel-) Signal zu formen. Da die Schaltung
allerdings bis zu etwa 100 MHz arbeiten sollte, brauche ich wohl etwas
schnellere Bausteine als der 74C04 in der obigen App-Note von 1973...
Nun - da die Logik-Bausteine auch einige Fortschritte gemacht haben in
den letzten 50 Jahren - gibt es ja genug Logikfamilien die deutlich
schneller arbeiten, aber können diese ICs auch als Analog-Verstärker
"missbraucht" werden?
Folgende Typen kämen z.B. in Frage:
1
74AC04
2
74AHCT1G04DBVR
3
74LVC1G04DC
4
NC7S04M5X
5
NC7S14M5X
6
NC7SZ04M5X
Klappt das mit einem dieser Bausteine?
Danke für eure Hilfe und Gruss,
Bastler
Hintergrund der Frage:
Ich habe einen etwas älteren Frequenzzähler, der nur bis etwa 2 MHz
arbeitet. Nun würde ich gerne damit auch höhere Frequenzen messen: ein
paar Dutzend MHz, vielleicht bis etwa 100 MHz.
Meine Idee: einen kleinen Vorteiler davor schalten, welcher die Frequenz
durch 1000 teilt. Dann entspricht der angezeigte Wert in kHz der
eigentlichen Frequenz in MHz.
Nun, der digitale Teil davon sollte nicht allzu anspruchsvoll sein:
zuerst zwei oder drei schnelle Flipflops (74F, 74AC oder 74AHC) um durch
4 oder 8 zu teilen, dann langsamere Logik für die Division durch 250
oder 125. Allerdings muss vor der Teiler-Schaltung das sinusförmige
Signal natürlich auf Logikpegel gebracht werden und falls das mit einem
einfachen und günstigen Logik-Inverter geht, wär das wohl die einfachste
Lösung.
Andernfalls muss ich wohl einen "richtigen" Komparator suchen oder z.B.
einen LVDS-Receiver benutzen.
Bastler schrieb:> schneller arbeiten, aber können diese ICs auch als Analog-Verstärker> "missbraucht" werden?
Eher nicht zu empfehlen, denn die haben weit niederohmigere
Ausgangsstufen, d.h. es fließt ein weit höherer Querstrom durch die
Gegentaktstufen, die das Gatter letztendlich verheizen. Also nein, nur
bei den alten CMOS-Familien vertretbar, und bei der gepufferten
4000-Serie auch nur bei niedrigen Spannungen.
Und von der Tendenz her, daß die schnellen CMOS-Familien dann auch gerne
sehr hochfrequent schwingen (also einen Oszillator bilden), ist es
natürlich auch nicht empfehlenswert.
Bastler schrieb:> CMOS-Inverter können ja als (rudimentäre) Analog-Verstärker verwendet> werden
Dafür gibt es ungepufferte Inverter, (SN)74xxx1GU04.
> So eine Schaltung würde ich gerne verwenden, um aus einem Sinussignal> ein Rechteck- (also Logik-Pegel-) Signal zu formen.
Wenn der Pegel nicht zu klein ist, kannst du dafür jeden beliebigen
Puffer mit Schmitt-Trigger-Eingang benutzen, (SN)74xxx1G17.
LVC hat hohe Querströme; nimm besser AUP.
Moin,
Bastler schrieb:> Andernfalls muss ich wohl einen "richtigen" Komparator suchen oder z.B.> einen LVDS-Receiver benutzen.
OMG!! Sowas ginge natuerlich keinesfalls. Warum sowas verwenden wollen,
wenn man doch auch Gatter prima "neben" den im Datenblatt genannten
Bedingungen betreiben koennte?
scnr,
WK
Danke vielmals für all die prompten Antworten.
Jens G. schrieb:> Eher nicht zu empfehlen, denn die haben weit niederohmigere> Ausgangsstufen, d.h. es fließt ein weit höherer Querstrom durch die> Gegentaktstufen, die das Gatter letztendlich verheizen.
Heisst das, dass sich das Gatter sofort "verabschiedet" oder erst nach
Monaten oder Jahren?
(Das zweite wäre ja noch akzeptabel, zumindest für einen ersten
Versuch.)
Jens G. schrieb:> Also nein, nur> bei den alten CMOS-Familien vertretbar, und bei der gepufferten> 4000-Serie auch nur bei niedrigen Spannungen.
Ja, dass die gepufferten Typen problematisch sein können, habe ich auch
gelesen, aber die Erfahrungen scheinen unterschiedlich zu sein. Danke
für den Hinweis auf die Höhe der Versorgungsspannung.
Clemens L. schrieb:> Dafür gibt es ungepufferte Inverter, (SN)74xxx1GU04.
Danke für den Hinweis. Ich werde schauen, ob ich so einen beschaffen
kann.
Clemens L. schrieb:> Wenn der Pegel nicht zu klein ist, kannst du dafür jeden beliebigen> Puffer mit Schmitt-Trigger-Eingang benutzen, (SN)74xxx1G17.> LVC hat hohe Querströme; nimm besser AUP.
Den Signalpegel kann ich falls nötig anheben, z.B. mit einem
MMIC-Verstärker (MAR-3, ERA-5, o.ä.). Ist die Flankensteilheit kein
Problem? (Wohl bei einem Schmitt-Trigger-Eingang weniger problematisch,
nicht wahr?)
Dergute W. schrieb:> Bastler schrieb:>> Andernfalls muss ich wohl einen "richtigen" Komparator suchen oder z.B.>> einen LVDS-Receiver benutzen.>> OMG!! Sowas ginge natuerlich keinesfalls. Warum sowas verwenden wollen,> wenn man doch auch Gatter prima "neben" den im Datenblatt genannten> Bedingungen betreiben koennte?
Was ginge keinesfalls?
Der Komparator oder der LVDS-Receiver?
Bastler schrieb:> Jens G. schrieb:>> Also nein, nur>> bei den alten CMOS-Familien vertretbar, und bei der gepufferten>> 4000-Serie auch nur bei niedrigen Spannungen.>> Ja, dass die gepufferten Typen problematisch sein können, habe ich auch> gelesen, aber die Erfahrungen scheinen unterschiedlich zu sein.
Bei scheinbar relativ unterschiedlichen Erfahrungen (gelesen an
ganz diversen Stellen) sind Verwechslungen nicht auszuschließen
- also sollte man mit dem Schlimmeren bis Schlimmsten rechnen.
Bastler schrieb:> Dergute W. schrieb:>> Bastler schrieb:>>> Andernfalls muss ich wohl einen "richtigen" Komparator suchen oder z.B.>>> einen LVDS-Receiver benutzen.>>>> OMG!! Sowas ginge natuerlich keinesfalls. Warum sowas verwenden wollen,>> wenn man doch auch Gatter prima "neben" den im Datenblatt genannten>> Bedingungen betreiben koennte?>> Was ginge keinesfalls?> Der Komparator oder der LVDS-Receiver?
Das war nur Ironie bzw. umgekehrte Psychologie, richtigherum
dann lautend: "Beides ginge - und weit besser als irgendwelche
schlecht (bis nahezu un-)geeignete Gatter."
Alfred B. schrieb:> Das war nur Ironie bzw. umgekehrte Psychologie, richtigherum> dann lautend: "Beides ginge - und weit besser als irgendwelche> schlecht (bis nahezu un-)geeignete Gatter."
Ah, das macht mehr Sinn - habe mich schon gewundert, ob ich nun was
Grundsätzliches nicht verstanden habe...
Natürlich wäre mir eine saubere Lösung auch lieber, aber genügend
schnelle Komparatoren oder Receiver gibt's nun eben nicht an jeder Ecke.
Deshalb die Frage nach einer Lösung ohne Bauteile mit Monaten
Lieferfrist oder Stückzahlen 100+.
Bastler schrieb:> So eine Schaltung würde ich gerne verwenden, um aus einem Sinussignal> ein Rechteck- (also Logik-Pegel-) Signal zu formen.
Da brauchst du keinen (im Analogbetrieb missbrauchten) Inverter, denn
der macht auch nur wieder einen Sinus. Das Gatter deiner Wahl nennt sich
"Schmitt-Trigger". Den gibt es auch fertig. Wird aber möglicherweise
nicht bis 100MHz gehen. Da würde ich einen schnellen Komparator
vorziehen. Schau doch mal hier rein, da ist was Passendes beschrieben:
http://www.wernerhirsch.de/index_htm_files/FZG_V3_SLP_Zaehler.jpg
Bastler schrieb:> Da die Schaltung> allerdings bis zu etwa 100 MHz arbeiten sollte,
Solltest du zum Verstärken nur etwas nehmen, wo Verstärker oder
Amplifier dransteht.
CMOS-AHC ist evtl schnell genug, aber die Logik-ICs sind nicht als
Verstärker konstruiert. Z.B. haben sie durch oft direkt nebeneinander
liegenden Ausgänge und Eingänge starke Rückwirkungen, und das ist fast
schon eine Garantie, dass das Teil auch ohne Eingangssignal schwingt.
Schmitttrigger aus den CMOS-Logikfamilien kannst du hinter einem
Verstärker einsetzen, aber als Eingangsstufe haben sie nicht viel Sinn,
denn ihre Schaltschwellen liegen im Idealfall schon bei 1/3 und 2/3 der
Speisespannung.
Ansonsten kannst du einen Vorverstärker natürlich auch selbst bauen. Es
gibt ja heute für wenig Geld Transistoren mit Grenzfrequenzen im
GHz-Bereich. Geeignete Schaltungsbeispiele findet man in den
Wartungshandbüchern für Oszilloskope oder Zähler z.B. von HP.
Schau auch mal nach ECL- oder PECL-Prescalern.
Evtl. findet man als Restposten noch welche, die für Tuner von
Fernsehempfängern gedacht waren.
Die brauchen als Eingangssignal nur 20mV oder so, und enthalten einen
Teiler durch 64 oder 128.
Wegen des damals noch für analoges Fernsehen genutzen UHF-Bereichs, sind
die für mindestens 900MHz spezifiziert.
Helmut -. schrieb:> Das Gatter deiner Wahl nennt sich "Schmitt-Trigger". Den gibt es auch> fertig. Wird aber möglicherweise nicht bis 100MHz gehen.
Alle modernen Logikfamilien (AHC, LVC, AUP, AUC) schaffen das
problemlos.
> Da würde ich einen schnellen Komparator vorziehen. Schau doch mal hier> rein, da ist was Passendes beschrieben:> http://www.wernerhirsch.de/index_htm_files/FZG_V3_SLP_Zaehler.jpg
Der TLV3501 ist sogar verfügbar, aber nicht schneller als Logik, und
frisst 3 mA. Ich würde einen Komparator nur dann nehmen, wenn die
Schaltschwelle genauer festgelegt werden soll.
Hp M. schrieb:> Ansonsten kannst du einen Vorverstärker natürlich auch selbst bauen. Es> gibt ja heute für wenig Geld Transistoren mit Grenzfrequenzen im> GHz-Bereich. Geeignete Schaltungsbeispiele findet man in den> Wartungshandbüchern für Oszilloskope oder Zähler z.B. von HP.
Naja, 100MHz ist ja heutzutage eher Niederfrequenz. Da gibts auch
passende OPVs als Verstärker. Und auch Komparator-ICs.
Harald W. schrieb:> 100MHz ist ja heutzutage eher Niederfrequenz
Und gerade deshalb kann der Selbstbau einer solchen Schaltung auch einem
interessierten Laien gelingen.
Ein Problem ist ja, dass Eingangsstufen einer gefährdeten Spezies
angehören und leicht abgeschossen werden.
Deshalb empfiehlt es sich dafür Bauteile zu verwenden, die nicht allzu
teuer und vor allem lieferbar sind.
Aus diskreten Bauteilen aufgebaute Geräte kann man meist reparieren,
aber ob man das allerneueste, -und für eine Bevorratung leider etwas zu
teure-, Spezial-IC des Herstellers XY in 10 oder 20 Jahren überhaupt
noch findet, steht in den Sternen.
.....
Bastler schrieb:> einen kleinen Vorteiler davor schalten, welcher die Frequenz> durch 1000 teilt. Dann entspricht der angezeigte Wert in kHz der> eigentlichen Frequenz in MHz.
Oder einen Binärteiler verwenden und auch den Referenzoszillator
umschalten bzw. entsprechend teilen.
Bastler schrieb:> Allerdings muss vor der Teiler-Schaltung das sinusförmige Signal> natürlich auf Logikpegel gebracht werden
Du willst also gar keinen Ausgang der auf ungefähr halber
Versorgungsspannung rumhängt.
Also willst du keinen Widerstand vom Ausgang zum Eingang.
Also willst du gar nicht machen was die 50 Jahre alte AppNote zeigt.
Du willst analog nach digital wandeln.
Also nimm besser einen Komparator - mit oder ohne Hysterese, besser mit.
Eine Schaltung zur Signalaufbereitung von 100 MHz kann man mit
74AUP1GU04 gefolgt von 74AUP1G14 aufbauen. Siehe Schaltbild unten links:
http://mino-elektronik.de/fmeter/fm_software.htm#bsp_G431
Die Empfindlichkeit bei 100 MHz liegt bei etwa 50 mVeff.
Alternativ geht auch ein gepufferter 74AUP1G04, der intern aus drei
Invertern besteht und damit eine hohe Verstärkung hat, wodurch schon
kleine Sinussignale am Eingang zu einem Rechtecksignal am Ausgang
führen. Der Eingang muß für optimale Empfindlichkeit auch ca. 0,4 x Vcc
vorgespannt werden. Es darf aber auf keinen Fall eine Rückkopplung
verwendet werden, weil das Teil bei fehlendem Eingangssignal sonst
schwingt. Beispiel unten links im Schaltplan:
http://mino-elektronik.de/fmeter/fm_software.htm#bsp_RP2040a
Als guter Kompromiss bei der Bauteilauswahl haben sich 74LVC1G..
gezeigt.
Ferner: Ein 74LVC1GX04 kann zum einen mit einem einfachen Inverter das
Eingangssignal schwingungsfrei vorverstärken und mit den nachfolgenden
Invertern zu einem Rechtecksignal formen.
Danke für alle Vorschläge!
Die Rubidium-Appnote enthält einige interessante Vorschläge - sogar der
"missbrauchte" CMOS-Inverter ist dort vorgeschlagen. Allerdings
funktioniert diese Lösung bei nur 10 MHz wohl besser. Interessant auch
(obwohl für mich nicht direkt relevant), dass die Lösung mit dem
Komparator bzgl. Phasenrauschen am schlechtesten abschneidet - je mehr
Transistoren desto mehr Rauschen!
Den TLV3502 habe ich bei den lokalen Lieferanten (ich wohne in Schweden)
nicht finden können. Dafür den 74LVC1G04DC. Den werde ich wohl mal
ausprobieren, in einer Schaltung wie gezeigt auf
http://mino-elektronik.de. (Einen ungepufferten Inverter konnte ich
leider nicht finden.)
Die Idee, einen Vorteiler aus einem Fernsehempfäger zu benutzen, ist
genial. Allerdings ist es wohl nicht ganz einfach, einen Digital-IC, der
bis fast 1 GHz kommt, zu "bändigen", sodass er nicht schwingt. Ich werde
das im Kopf behalten, falls ich mal zu noch höheren Frequenzen gehen
möchte.
Darüber hinaus habe ich noch ein paar BF324 rumliegen. Man könnte mit
zweien davon einen diskreten Differenzverstärker bauen. Da das PNPs
sind, könnte das Ausgangssignal von nahe 0V bis >2V gehen und so einen
74F74 ansteuern. Und mit noch etwas Hysterese sollte der Diff-Amp auch
nicht schwingen. Sicher nicht die einfachste Lösung, aber eine
interessante Herausforderung!
Danke nochmals für eure Ideen!