Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Snubber über Verbraucher bei längerer Leitung zum Schalter


von Johannes T. F. (jofe)


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Hallo allerseits,

ich möchte eine induktive Last (Neonröhren mit Drossel) mit einem Relais 
zweipolig schalten, dabei liegt ein längeres Kabel (ca. 2 m) zwischen 
Last und Relais. Da die Neonröhren sonst nachglimmen würden, kann ich 
den Snubber nicht über die Relaiskontakte setzen, sondern muss ihn 
parallel zur Last schalten.

Anlass für diesen Thread sind vor kurzem vorgenommene Ergänzungen im 
Wiki-Artikel-Abschnitt Snubber: Mögliche Anordnung eines Snubbers:
https://www.mikrocontroller.net/index.php?title=Snubber&diff=prev&oldid=106227
Der Bearbeiter meint also, dass man in diesem Fall noch einen weiteren 
X2-Kondensator parallel zum Snubber und zur Last (wenn ich es richtig 
verstehe) schalten sollte.

Auf Diskussion:Snubber hatte ich bereits einen Abschnitt dazu 
angelegt; ich hoffe hiermit auf Rückmeldungen und Meinungen Anderer, 
auch dazu, inwieweit die räumliche Entfernung zwischen 
Verbraucher+Snubber und Relais ein Problem darstellt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Bei 2m Kabel für 230V brauchst Du Dir keine Gedanken zu machen. Die 
Belastung des Relais durch das Abschalten der durch die Drossel extrem 
induktiven Last ist um ein so hohes Vielfaches größer, daß das Relais 
das Kabel noch nicht einmal bemerkt. Ich weiß nicht, ob ein Snubber da 
überhaupt was bringt.

Parallelkondensator zur Blindleistungskompensation könnte man natürlich 
machen, aber der haut dem Relais dann beim Einschalten in die Fresse... 
bringt in dieser Hinsicht also auch keine Vorteile.

Kleine X2-Kondensatoren parallel zur Lampe (und Drossel) würde ich eher 
lassen, ich vermute, daß die von den Spannungsspitzen beim Abschalten 
recht schnell zerstört werden können. Die müsste man schon so groß 
dimensionieren, daß die Energie der Drossel nicht zu einer unzulässig 
hohen Spannung am Kondensator führen kann.

von Johannes T. F. (jofe)


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Ben B. schrieb:
> Bei 2m Kabel für 230V brauchst Du Dir keine Gedanken zu machen. Die
> Belastung des Relais durch das Abschalten der durch die Drossel extrem
> induktiven Last ist um ein so hohes Vielfaches größer, daß das Relais
> das Kabel noch nicht einmal bemerkt.

Ich dachte eher daran, dass das Kabel für die EMV-Störungen beim 
Ausschalten quasi als Antenne wirkt … ?

Ben B. schrieb:
> Kleine X2-Kondensatoren parallel zur Lampe (und Drossel) würde ich eher
> lassen, ich vermute, daß die von den Spannungsspitzen beim Abschalten
> recht schnell zerstört werden können.

Ja, das hatte ich schonmal in einem Gesichtsbräuner, den ich zum 
Platinenbelichten verwendete: dort ist der direkt dem Netzeingang 
parallel geschaltete X2-Kondensator in Rauch aufgegangen.

Ich weiß eben auch nicht so recht, wie man bei einer 
Neon-Vorschaltdrossel den Snubber am besten auslegt. Im Wiki-Artikel 
steht, dass man den Widerstand mit 10 kΩ recht hochohmig dimensionieren 
sollte, wegen des ebenfalls großen L der Drossel. Am besten ist es ja 
normalerweise, den Snubber über den Schalter bzw. die Relaiskontakte zu 
platzieren, aber das wäre hier halt ungünstig, weil die Neonröhren dann 
vermutlich nachglimmen würden (ich werde es mal ausprobieren), was ich 
durch das zweipolige Relais ja eigentlich verhindern wollte.

von Michael B. (laberkopp)


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Johannes F. schrieb:
> ich möchte eine induktive Last (Neonröhren mit Drossel) mit einem Relais
> zweipolig schalten

Snubber und konventionelle 'Neonröhren' sind ein Problem:

https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.25.1

Besorge dir ein elektronisches Vorschaltgerät oder besser gleich eine 
LED Röhre.

Oder lege zumindest einen Funkentstörungskondensator an die 
Leuchtstoffrohrenklemmen.

von Johannes T. F. (jofe)


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Michael B. schrieb:
> Besorge dir ein elektronisches Vorschaltgerät oder besser gleich eine
> LED Röhre.

Es geht um einen UV-Belichter (Gesichtsbräuner) mit vier UVA-Röhren, 
also scheiden LED-Röhren aus. Aber der Tipp mit dem elektronischen 
Vorschaltgerät ist gut, da werde ich mal nach schauen, danke. Habe ich 
noch gar nicht dran gedacht.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Bei elektronischen Vorschaltgeräten aufpassen, UV-Röhren haben meistens 
eine höhere Leistung als welche für normales Licht.

von H. H. (Gast)


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Ben B. schrieb:
> Bei elektronischen Vorschaltgeräten aufpassen, UV-Röhren haben
> meistens
> eine höhere Leistung als welche für normales Licht.

Nicht die UVA-Röhren.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Dann schau Dir welche für Solarien an.
176cm (glaube ich), 100W bis teilweise 180W  Bumms.

von H. H. (Gast)


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Ben B. schrieb:
> Dann schau Dir welche für Solarien an.

Weil der TE bestimmt ein gigantisches Belichtungsgerät hat...

Und in 840 gibts die ja gar nicht.

von Johannes T. F. (jofe)


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Ich bin leider momentan nicht vor Ort und kann erst später nachschauen, 
welche Röhren genau verbaut sind. Die Gesamtleistungsaufnahme des 
Gesichtsbräuners liegt aber bei 50 oder 75 W, wenn ich mich recht 
erinnere, also ca. 15 W pro Röhre.

von Mani W. (e-doc)


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Johannes F. schrieb:
> kann ich
> den Snubber nicht über die Relaiskontakte setzen, sondern muss ihn
> parallel zur Last schalten.

Dann hat der Snubber keinen Sinn und ist kontraproduktiv!

von Manfred P. (pruckelfred)


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Michael B. schrieb:
> Besorge dir ein elektronisches Vorschaltgerät

Ich würde 'n Teufel tun, die seit Jahrzehnten bewährte Drossel durch 
Elektronikkrams zu ersetzen. Das macht nur Sinn bei dauerhaft 
betriebenen Leuchten, um Energie zu sparen. An die Threads zu defekten 
Vorschaltgeräten muß ich nicht erinnern?

Das 'Problem' verstehe ich nicht, Leuchtstoffröhre mit Drossel und 
Relais ist problemlos.

Ein Problem fängt man eher, wenn die billigen Elektronikdinger das 
Relais mit ihrem Einschaltstrom quälen, es sind ja simple 
Schaltnetzteile.

> Oder lege zumindest einen Funkentstörungskondensator an die
> Leuchtstoffrohrenklemmen.

Der war in vielen Langfeldleuchten standardmäßig drin. Mir ist nicht 
bekannt, dass diese für defekte Lichtschalter oder Relais verantwortlich 
gewesen wären oder selbst häufig ausfielen.

von Johannes T. F. (jofe)


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Manfred P. schrieb:
> Das 'Problem' verstehe ich nicht, Leuchtstoffröhre mit Drossel und
> Relais ist problemlos.

Naja, wenn das Relais nicht gerade im Stromnulldurchgang öffnet, wird 
die Drossel ihre gespeicherte Energie in einen Lichtbogen zwischen den 
Relaiskontakten umsetzen, wenn ich das richtig sehe. Und das dürfte ja 
den Kontakten auf Dauer nicht gut tun, und außerdem ordentlich 
elektromagnetische Störungen verursachen.

Manfred P. schrieb:
> Ein Problem fängt man eher, wenn die billigen Elektronikdinger das
> Relais mit ihrem Einschaltstrom quälen

Dagegen könnte man ja einen NTC in Reihe schalten.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Wenn das Relais noch nicht vorhanden oder im Zulauf ist, würde ich dafür 
ein SSR holen, das für Induktive Lasten ausgelegt wurde, also im 
Stromnulldurchgang abschaltet und im Bereich des Spannungsmaximums 
einschaltet.

Was auch noch ginge, wäre ein Varistor parallel zum Relais, der die 
inverse Spannungsspitze reduziert, wenn keine blitzsichere Trennung 
durch das Relais notwendig sein sollte.

Ein Varistor parallel zur Last wäre auch möglich. Dafür kannst Du auch 
einen Überspannungsschutz als Steckdosenadapter mißbrauchen. Der 
Strompeak hat  weniger als (nur) 1A. Das halten die locker aus.

: Bearbeitet durch User
von Johannes T. F. (jofe)


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Dieter D. schrieb:
> Wenn das Relais noch nicht vorhanden oder im Zulauf ist, würde ich dafür
> ein SSR holen, das für Induktive Lasten ausgelegt wurde, also im
> Stromnulldurchgang abschaltet und im Bereich des Spannungsmaximums
> einschaltet.

Die Platine mit dem Relais ist schon fertig:
Beitrag "Re: Zeitschalter mit AVR (ATtiny84A) zur Diskussion"

Ich hatte mich gegen ein SSR entschieden, weil ich befürchte, dass mit 
diesem die Röhren nach dem Ausschalten nachglimmen würden, wegen des 
Reststroms (das war zumindest bei einem Testaufbau mit einem TRIAC und 
MOC3083 der Fall), was ich gerne verhindern möchte.

Dieter D. schrieb:
> Was auch noch ginge, wäre ein Varistor parallel zum Relais

An Varistoren dachte ich auch schon, nur ist die Frage, wie lange die 
aushalten würden, bis sie in Rauch aufgehen … Ich vermute, nicht allzu 
lange, bei dem „Bumms“ von so einer großen Netzdrossel …

Michael B. schrieb:
> Besorge dir ein elektronisches Vorschaltgerät

Die Röhren haben wohl je 12,5 W, dafür habe ich bei einer kurzen 
Netzrecherche leider kein passendes Vorschaltgerät gefunden (erst ab 
18 W aufwärts).

Eine Idee, die mir eben gerade kam: ein auf L-Last ausgelegtes SSR in 
Reihe mit einem normalen Relais. Das Relais schaltet zuerst ein, dann 
das SSR – beim Ausschalten zuerst das SSR und dann das Relais. Damit 
wären Stromnulldurchgangs-Abschaltung und galvanische Trennung 
kombiniert. Wäre das so praktikabel, oder übertriebener Aufwand?

von Michael B. (laberkopp)


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Johannes F. schrieb:
> Die Röhren haben wohl je 12,5 W, dafür habe ich bei einer kurzen
> Netzrecherche leider kein passendes Vorschaltgerät gefunden

13W Energiesparlampe schlachten so lange es die noch gibt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Was man auch probieren könnte, ein wirklich trennendes SSR aufbauen, bei 
dem der Ruhestrom für die Steuerung des Leistungshalbleiters nicht durch 
die Last fließt oder was einen vernachlässigbar kleinen Ruhestrom hat, 
der nicht zum Nachleuchten der Röhren führt.

Man könnte z.B. einen Brückengleichrichter nehmen, die Last AC-seitig 
mit diesem in Reihe schalten und zum Einschalten die DC-Seite durch 
einen Transistor kurzschließen. Den Basisstrom für den Transistor kann 
man mit einem Relais schalten wenn man das zur galvanischen Trennung 
braucht, das schaltet dann weitgehend ohne Last. Nachteilig sind ein 
paar Watt Verlustleistung in den Halbleitern, man braucht einen recht 
fetten Transistor (man kann nur einen sehr kleinen Basiswiderstand 
verwenden, der Transistor zieht sich selbst die Spannung weg, die man 
für seinen Basisstrom braucht, durch den kleinen Basiswiderstand kann 
der Basisstrom im Einschaltmoment hoch sein und das muss er abkönnen) 
und die Halbleiter müssen mit einem VDR oder so vor den Spannungsspitzen 
beim Abschalten geschützt werden.

Man könnte auch probieren, den Transistor weich abzuschalten. Das würde 
Spannungsspitzen beim Abschalten eliminieren, aber ist höherer Aufwand.

Viele Wege führen nach Rom...

von Manfred P. (pruckelfred)


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Ben B. schrieb:
> Man könnte z.B.

einfach das vorhandene Relais belassen und abwarten, wie viele Jahre es 
lebt.

von Harald W. (wilhelms)


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Michael B. schrieb:

>> Die Röhren haben wohl je 12,5 W, dafür habe ich bei einer kurzen
>> Netzrecherche leider kein passendes Vorschaltgerät gefunden
>
> 13W Energiesparlampe schlachten so lange es die noch gibt.

Bei Vorschaltgeräten für Leuchtstofflampen sollte man nicht
nach Leistung dimensionieren, sondern nach dem Nennstrom der
verwendeten Röhren. Dieser Strom kann bei verschiedenen Röh-
ren bei gleicher Leistung durchaus unterschiedlich sein.

von Manfred P. (pruckelfred)


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Harald W. schrieb:
> Bei Vorschaltgeräten für Leuchtstofflampen sollte man nicht
> nach Leistung dimensionieren, sondern nach dem Nennstrom der
> verwendeten Röhren. Dieser Strom kann bei verschiedenen Röh-
> ren bei gleicher Leistung durchaus unterschiedlich sein.

Bei den Kompaktleuchtstofflampen (Energiesparlampen) ist es umgekehrt: 
Ein Vorschaltgerät für verschiedene Leistungen. Die Leistung ergibt sich 
aus der Länge des Rohres und der damit geänderten Brennspannung. 
Natürlich verschiebt das auch den Phasenwinkel, womit der Strom etwas 
variiert.

Bei den Langfeldleuchten (1,20m) ist auch so, die 36W laufen an der 
gleichen Drossel wie die zuvor dicken 40W-Röhren. Weil ihre 
Brennspannung anders ist, haben sie trotzdem eine geringere Leistung.

RND schreibt gestern:
"Und hier noch eine letzte Änderung bezüglich Leuchtstoffröhren. Die 
quecksilberhaltigen Modelle T5 und T8 dürfen ab dem 25. August nicht 
mehr hergestellt und nur noch Restware verkauft werden."

von Johannes T. F. (jofe)


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Manfred P. schrieb:
> einfach das vorhandene Relais belassen und abwarten, wie viele Jahre es
> lebt.

Ja, das werde ich auch erstmal so machen, evtl. mit VDRs parallel zu den 
Relaiskontakten (falls die Röhren nicht bereits dadurch nachglimmen – 
werde ich ausprobieren).

Schließlich wird das Gerät ja auch im Schnitt nur alle paar Wochen 
einmal benutzt werden, wenn ich mal eine Platine anfertige.

Ben B. schrieb:
> Was man auch probieren könnte, ein wirklich trennendes SSR aufbauen, bei
> dem der Ruhestrom für die Steuerung des Leistungshalbleiters nicht durch
> die Last fließt oder was einen vernachlässigbar kleinen Ruhestrom hat,
> der nicht zum Nachleuchten der Röhren führt.

Ja, und dann sollte es zudem optimalerweise auch im Stromnulldurchgang 
bzw. in der Nähe eines Spannungsscheitelwerts abschalten … Hättest du 
eine Idee, wie man das anstellen könnte? Bzw. wie wird das in solchen 
speziellen SSRs für induktive Lasten gemacht (hab auf die Schnelle gar 
keine gefunden)? Oder macht das ein TRIAC nicht sogar schon von selbst?

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ein Triac schaltet grundsätzlich von selbst im Strom-Nulldurchgang aus, 
ob man das will oder nicht.

Wenn man das Relais im Spannungsmaximum einschalten möchte, braucht man 
eine zusätzliche Steuerelektronik, die das erkennt und den ersten 
Einschaltimpuls passend abschickt. Anschließend muss der Triac mit 100Hz 
immer wieder kurz nach dem Strom-Nulldurchgang neu gezündet werden.

Es gibt für größere (einphasige) Transformatoren Einschaltverzögerungen, 
damit z.B. ein 3kVA Trafo beim Einschalten nicht den 16A LSS wegpustet. 
Bei diesen wird oft sogar noch der Kern durch einen kleinen Gleichstrom 
in einer Richtung vormagnetisiert und nach ein paar Perioden in 
Gegenrichtung eingeschaltet.

Was bei einem normalen SSR evtl. auch noch gegen das Glimmen der Röhren 
im abgeschalteten Zustand wirkt, einen relativ kleinen Kondensator (oder 
RC-Glied zur Strombegrenzung) parallel zur Last schalten. Der 
Kondensator sollte so klein wie möglich sein, nur groß genug, um die 
Spannung an der Last durch den Ruhestrom des SSR so weit zu senken, daß 
die Röhren davon nicht mehr glimmen.

von Johannes T. F. (jofe)


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Ben B. schrieb:
> Ein Triac schaltet grundsätzlich von selbst im Strom-Nulldurchgang aus

OK, dann war mein Gedanke richtig, danke für die Bestätigung und die 
Erläuterungen. Also ist ein Triac bzw. SSR ja eigentlich optimal für das 
Schalten induktiver Lasten …

Ben B. schrieb:
> Wenn man das Relais im Spannungsmaximum einschalten möchte

Welchen Vorteil würde das denn eigentlich bringen? Ist nicht das 
Einschalten einer Induktivität unkritisch, im Gegensatz zum Ausschalten?

von H. H. (Gast)


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Johannes F. schrieb:
> Also ist ein Triac bzw. SSR ja eigentlich optimal für das
> Schalten induktiver Lasten …

Naja, er benötigt dafür einen Snubber, und der verursacht einen 
Leckstrom.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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>> Wenn man das Relais im Spannungsmaximum einschalten möchte
> Welchen Vorteil würde das denn eigentlich bringen? Ist nicht
> das Einschalten einer Induktivität unkritisch, im Gegensatz
> zum Ausschalten?
Typische Techniker-Antwort: Es kommt darauf an.

Beim Abschalten erzeugen Induktivitäten die besagten Spannungsspitzen 
durch das zusammenbrechende Magnetfeld.

Das Einschalten musst Du dynamisch durchdenken.

Im eingeschwungenen Betriebszustand liegt die Spannung bei 50Hz jeweils 
10ms lang in einer Richtung an und möchte den Strom in eine Richtung 
treiben, welcher dann wiederum ein Magnetfeld im Kern aufbaut. Im 
Betrieb durchläuft die Magnetisierung zwei Phasen, zuerst wird das 
vorhandene Magnetfeld abgebaut und dann in Gegenrichtung neu aufgebaut, 
90° der Spannung nachlaufend. Die 90° Versatz sind auch der Grund für 
die Spannungsspitze beim Abschalten, denn der Strom fließt solange 
weiter bis das Magnetfeld abgebaut ist.

Im Einschaltmoment gibt's noch kein Magnetfeld im Kern, es muss also 
keines abgebaut werden. Schaltet man das Ding nun im Nulldurchgang der 
Spannung ein, baut der fließende Strom sofort ein Magnetfeld auf, 
welches nach 5ms sein Maximum erreicht (bzw. den Wert wie im 
eingeschwungenen Betriebszustand). Da die Spannung noch weitere 5ms in 
gleicher Richtung anliegt, gerät der Kern in Sättigung (er kann nicht 
stärker magnetisiert werden) und die Spule verliert ihre Induktivität. 
Dadurch wirkt nur noch ihr ohmischer Widerstand, der bei 
leistungsstarken Trafos ausgesprochen gering ist, der Strom geht durch 
die Decke und der LSS hat keine Lust auf den Mist.

Die Aussage, daß im Einschaltmoment kein Magnetfeld im Kern vorliegt, 
ist zudem nicht ganz richtig - es gibt da noch die Remanenz 
(Restmagnetismus). Sollte diese zufälligerweise in magnetisch gleicher 
Richtung vorliegen, in die die Spannung das Magnetfeld aufbauen möchte, 
verstärkt sich der Effekt noch einmal weil der Kern früher in Sättigung 
gerät.

Wenn man diese Effekte, den Arschtritt für den LSS und die resultierende 
Dunkelheit im Zimmer gerne vermeiden möchte, kann man leistungsstarke 
Trafos gezielt im Spannungsmaximum einschalten (und vorher noch für 
einen bekannten Remanenz-Anteil sorgen), dann hat die Spannung nur 5ms 
Zeit zum Aufbauen des Magnetfeldes. Wenn dieses dann sein Maximum 
erreicht, kehrt sich die Spannung um (der Strom ist an das Magnetfeld 
gebunden und fließt vorerst in gleicher Richtung weiter, daher kommt die 
Blindleistung) und der Kern kommt nicht in Sättigung.

Dem Trafo ist das übrigens egal, solange das Magnetfeld der Spulen nicht 
zu mechanischen Schäden führt. Hört man sehr schön beim Einschalten von 
Hochspannungstransformatoren.
https://www.youtube.com/watch?v=guTJC8UXzaA&t=38s

von Karl B. (gustav)


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Johannes F. schrieb:
> Neon-Vorschaltdrossel

Wovon ist hier die Rede:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtr%C3%B6hre
oder
https://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtstofflampe
Den Begriff "Neon-Vorschaltdrossel" kenn ich (bislang noch) nicht.
Meint der TO sowas wie im Bild?

ciao
gustav

von Johannes T. F. (jofe)


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H. H. schrieb:
> Naja, er benötigt dafür einen Snubber, und der verursacht einen
> Leckstrom.

Hmm, OK, davon abgesehen …

Ben B. schrieb:
> Das Einschalten musst Du dynamisch durchdenken. […]

Okay, vielen Dank für die ausführliche Erklärung.

Ben B. schrieb:
> Dadurch wirkt nur noch ihr ohmischer Widerstand, der bei
> leistungsstarken Trafos ausgesprochen gering ist, der Strom geht durch
> die Decke und der LSS hat keine Lust auf den Mist.

Das Problem hatte ich schonmal bei einem 800-VA-Ringkerntrafo. Ich hatte 
dann provisorisch einen NTC (22 Ω kalt glaube ich) in Reihe zur 
Primärwicklung geschaltet, was auch geholfen hat. Seitdem habe ich vor, 
eine „Softstart“-Schaltung mit Drahtwiderstand und verzögerter 
Relais-Überbrückung aufzubauen, bin aber bisher noch nicht über die 
Recherche hinaus gekommen. Sicherheitstechnisch vorteilhaft wäre dafür 
vermutlich so ein Drahtwiderstand mit Entlöt-Thermosicherung, die 
auslöst, falls das Relais nicht anziehen sollte. Aber anderes Thema …

Ich werde es also erstmal beim normalen Relais belassen, und zu den 
beiden Kontakten jeweils einen Varistor parallelschalten. Mal sehen, wie 
lange das hält. Dennoch finde ich die Idee mit der Kombination aus 
Relais und Triac, die ja deren jeweilige Vorteile kombinieren sollte, 
ganz interessant … werde ich vielleicht auch mal probieren.

von Johannes T. F. (jofe)


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Karl B. schrieb:
> https://de.wikipedia.org/wiki/Leuchtstofflampe
> Den Begriff "Neon-Vorschaltdrossel" kenn ich (bislang noch) nicht.
> Meint der TO sowas wie im Bild?

Ja, ich meine Leuchtstofflampen (mit geheizten Kathoden), 
umgangssprachlich auch (fälschlicherweise) „Neonröhren“ genannt.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Johannes F. schrieb:
> Damit wären Stromnulldurchgangs-Abschaltung und galvanische Trennung
> kombiniert. Wäre das so praktikabel, oder übertriebener Aufwand?

Das waere eine Loesung, die in Sonderfaellen an Ausfallsicherheit sogar 
verwendet wird.

Wenn Du unter der Lampe schlaefst und ein Versagen (Durchlegieren, 
Kontaktkleben) Dein Gesicht verbrennt, dann ist viel Aufwand vermutlich 
nicht übertrieben.

von Manfred P. (pruckelfred)


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Johannes F. schrieb:
> (falls die Röhren nicht bereits dadurch nachglimmen –
> werde ich ausprobieren)

Ist das Nachglimmen schon einmal gesehen worden oder entspringt das auch 
einer fixen Idee?

Johannes F. schrieb:
> Das Problem hatte ich schonmal bei einem 800-VA-Ringkerntrafo. Ich hatte
> dann provisorisch einen NTC (22 Ω kalt glaube ich) in Reihe zur
> Primärwicklung geschaltet, was auch geholfen hat. Seitdem habe ich vor,
> eine „Softstart“-Schaltung mit Drahtwiderstand und verzögerter
> Relais-Überbrückung aufzubauen, bin aber bisher noch nicht über die
> Recherche hinaus gekommen.

NTC muß nicht.

Beitrag "Re: Fragen Regeltrafo"

von Johannes T. F. (jofe)


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Manfred P. schrieb:
> Ist das Nachglimmen schon einmal gesehen worden oder entspringt das auch
> einer fixen Idee?

Ist nur eine Befürchtung, wie gesagt, ich muss es ausprobieren. Die VDRs 
haben ja sicher auch einen gewissen Leckstrom, wenn auch gering. Aber 
manche Leuchtstoffröhren glimmen ja schon nach, wenn (bei einpoligem 
Schalter) nur der Neutralleiter statt der Phase geschaltet wird – das 
habe ich tatsächlich schon einmal gesehen, da war auch ein Aufkleber 
drauf, dass man bei der Installation darauf achten soll.

: Bearbeitet durch User
von Carypt C. (carypt)


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nur die silicium-varistoren gehen nicht kaputt(sollten sie nicht), die 
zink-varistoren gehen zwangsläufig nach gebrauch kaputt.

von Karl B. (gustav)


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Johannes F. schrieb:
> Ja, ich meine Leuchtstofflampen (mit geheizten Kathoden),
> umgangssprachlich auch (fälschlicherweise) „Neonröhren“ genannt.

OK,
bei vielen Leuchtstofflampen-Büroleuchten findet man an den 
Netzanschlussklemmen dann solch einen X1 Kondensator (Direkt parallel zu 
L und N). Über die Bezeichnung kann man sich streiten. Wurde zeitlang 
als Starthilfe oder Zündhilfe bezeichnet.
Vielleicht bringt das den TO der Lösung näher.

ciao
gustav

von Carypt C. (carypt)


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könnte nun das nicht ein blindleistungskompensationskondensator sein um 
den cosinuswinkel (phasenwinkelverschiebung) der neonlampendrosselspule 
auszugleichen, besonders wenn es sehr viele neonlampen(-drosseln) sind.

von Rick (rick)


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Carypt C. schrieb:
> blindleistungskompensationskondensator
Ja. Damit es ein Snubber wird, braucht es noch einen passenden 
Widerstand.

von Karl B. (gustav)


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Carypt C. schrieb:
> könnte nun das nicht ein blindleistungskompensationskondensator sein

Sieht anders aus.
Und wenn schon, dann Reihenkompensation mit Duo-Schaltung.
http://sick-fm.de/w/kompensation-3.html

ciao
gustav

von Manfred P. (pruckelfred)


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Carypt C. schrieb:
> blindleistungskompensationskondensator

Faulsack:
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Groß- und Kleinschreibung verwenden

Und nein, dieser 47nF mit seinen 3,4mA Blindstrom kompensiert garnichts. 
Den kann man eher als Entstörung betrachten, im Moment des Abschaltens.

Rick schrieb:
> Damit es ein Snubber wird, braucht es noch einen passenden
> Widerstand.

Der snubbert auch ohne Widerstand.

Karl B. schrieb:
>> könnte nun das nicht ein blindleistungskompensationskondensator sein
> Sieht anders aus.
> Und wenn schon, dann Reihenkompensation mit Duo-Schaltung.

Man kann auch eine Einzelröhre kompensieren, dann aber mit 2µF.

Eine sehr umfangreiche Abhandlung zu Leuchtstofflampen:
https://kupfer.de/wp-content/uploads/2019/11/s180Leuchtstofflampen.pdf

: Wiederhergestellt durch Moderator
von Carypt C. (carypt)


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ok, aha, reihenkompensation in duoschaltung, ja, macht sinn.
und für einzelkompensation ist der kondensator zu klein, ok, wäre aber 
ansonsten parallel geschaltet. seite 12 : 
https://image.schrack.com/produktkataloge/p-blkomp17.pdf .

dann vermute ich wohl, daß es ein schalterschutzsnubber parallel zu den 
gerätekontakten ist, der die drosselinduktionsspannungsspitze vor dem 
schalter  kurzschließen soll.

ich könnte mir auch vorstellen, daß die beweglichkeit der ladung der 
induktionsspannung der drosselspule durch den kondensator gesteigert 
ist, was zu einem stärkeren durchzünden der neonlampe beim öffnen des 
glimmstarters führt.

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