Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik ESD Schutz testen


von Marty (Gast)


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Hallo Schwarmwissen,

ich habe vor, meine damaligen Bastelprojekte (DMX Decoder, DMX Splitter, 
DMX Tester) ein bisschen zu modernisieren und sie zumindest theoretisch 
Feldtauglich zu machen.

Ein Punkt, den ich dabei überarbeiten werde, ist der ESD Schutz an den 
Schnittstellen (MAX485ESA+).
Dazu gibt es von Maxim und TI auch Application Notes, aber ich frage 
mich, wie ich sowas am besten mal testen könnte. Dazu wird man ja 
vermutlich ein Testgerät benötigen, welches mehrere KV erzeugen kann, 
richtig?

Den DMX Stecker an meiner Katze zu schubbern wird vermutlich keine 
reproduzierbaren Testergebnisse bringen.

Kann man sowas irgendwie selber testen? Oder muss man dazu ein Labor 
aufsuchen? Hat das schonmal jemand gemacht?

Vielen Dank und schöne Feiertage, Martin

von MiWi (Gast)


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Marty schrieb:

> Dazu gibt es von Maxim und TI auch Application Notes, aber ich frage
> mich, wie ich sowas am besten mal testen könnte. Dazu wird man ja
> vermutlich ein Testgerät benötigen, welches mehrere KV erzeugen kann,
> richtig?

>
> Kann man sowas irgendwie selber testen? Oder muss man dazu ein Labor
> aufsuchen? Hat das schonmal jemand gemacht?
>

Bau dir die Zündeinheit aus einem Piezofeuerzeug aus und klemme sie 
entsprechend an.

dieser provisorische Testaufbau ist ausreichend um die schlimmsten 
Schwachstellen aufzzeigen, wenn die gefixt sind und Dein Klapperatismus 
das dann aushält ist es schon recht Praxistauglcih, auch wenn der 
Testpuls mitnichten Normgerecht ist...

von Marty (Gast)


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Huhu,

Danke für den Tip.
Und die beiden Kontakte des Zündelements werden dann bei einer RS-485 
Schnittstelle auf die A/B Leitungen geklemmt?

Mein ESD Schutz ist so aufgebaut, dass pro A/B Leitung drei TVS Dioden 
zum Einsatz kommen. Eine zwischen A und B, eine zwischen A und GND sowie 
eine dritte zwischen B und GND.

Laut kurzer Googlesuche liegen diese Piezo Zündelemente bei 15KV.

Welche Spannung wird für derlei Tests denn üblicherweise verwendet? 
Also, wenn es um Berührung durch Menschen geht...

Merci, Martin

von Julian B. (julinho)


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Hast du auch an Sparkgabs gedacht?

von MiWi (Gast)


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Marty schrieb:
> Huhu,
>
> Danke für den Tip.
> Und die beiden Kontakte des Zündelements werden dann bei einer RS-485
> Schnittstelle auf die A/B Leitungen geklemmt?

Nun, es wäre sinnvoll wenn Du Dir - vor weiteren seltsamen Fragen - 
einmal eine Skizze (Schaltplan) machst wie ESD auf Dein DUT wirken wird. 
Also wo der Puls in Dein System eintritt und wo er wiedr austritt. iaW: 
nach wohin sich der Puls durchblitzt wenn es blitzt. Und dann handle 
danach.

Ist ja nicht schwer, ESD ist auch nur ein geschlossener Stromkreis wie 
alle anderen auch und fern von jedem Mythos al la Freier Energie oder 
so, sie läßt sich also auch sehr praktikabel betrachten. Der einzige 
Unterschied ist - sie ist sauschnell und je nach Test fließt da auch 
ordentlich Strom. Sauschneller Strom sorgt immer wieder für 
Überraschungen an unerwarteter Stelle (shit, warum löst der Reset aus?) 
und der Test soll normalerweise dokumentieren das Deine Schaltung von 
diesen Überraschungen gefeit ist.

Also: wirf doch bitte eine der viele Suchmaschinen an und suche einfach 
nach ESD-Test...

>
> Mein ESD Schutz ist so aufgebaut, dass pro A/B Leitung drei TVS Dioden
> zum Einsatz kommen. Eine zwischen A und B, eine zwischen A und GND sowie
> eine dritte zwischen B und GND.

Naja, wenn Dir die kapazitive Kopplung zwischen A/B so wichtig ist paßt 
das schon. Doch wenn Du ein bischen nachdenken würdest... könntest Du 
feststellen wo und wie die ESD durch Dein Gerät durchfährt (ich 
wiederhole mich). Und dann wirst Du feststellen das eine der 3 TVS 
sinnlos ist.

> Laut kurzer Googlesuche liegen diese Piezo Zündelemente bei 15KV.

Kann schon sein, ich weiß es nicht, ich hab das nie für notwendig 
erachtet diese Spannung zu messen.


> Welche Spannung wird für derlei Tests denn üblicherweise verwendet?
> Also, wenn es um Berührung durch Menschen geht...

Das hängt davon ab, such doch einfach nach Human Body Model und den 
verschiedenen Normen.

von MiWi (Gast)


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Julian B. schrieb:
> Hast du auch an Sparkgabs gedacht?

jede popelige TVS kann einen HBM-Puls abfangen, da braucht es keine 
Sparkgaps, die blöderweise von etlichen undefinierten Parametern 
abhängen (Fertigungstoleranzen der Platine, Feuchte des FR4s... )

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Marty schrieb:
Mir welchen Baudraten nutzt du die RS485?
Wie sehen die Kabel aus? Sind diese geschirmt? Wo wird der Schirm 
aufeglegt?

> Ein Punkt, den ich dabei überarbeiten werde, ist der ESD Schutz an den
> Schnittstellen (MAX485ESA+).
Sind die Interfaces gal. isoliert oder nicht?

> Dazu gibt es von Maxim und TI auch Application Notes, aber ich frage
> mich, wie ich sowas am besten mal testen könnte. Dazu wird man ja
> vermutlich ein Testgerät benötigen, welches mehrere KV erzeugen kann,
> richtig?
Mit einer ESD-Pistole kann man schon mal gute Tests machen.
Ob so eine mit Hausmittel simulierter ESD-Test was bringt kann ich nicht 
sagen.
Bei empfindlichen Leitungen wird aber so ein Piezo-HV-Impuls sicher auch 
schon stören.

> Den DMX Stecker an meiner Katze zu schubbern wird vermutlich keine
> reproduzierbaren Testergebnisse bringen.
> Kann man sowas irgendwie selber testen? Oder muss man dazu ein Labor
> aufsuchen? Hat das schonmal jemand gemacht?
Auch ohne es zu testen kann man das technisch sinnvolle zum Schutz der 
Signalleitungen machen. Was aber sinnvoll ist, hängt stark von den 
Randbedingungen ab.
Gruß Öletronika

von Alex G. (dragongamer)


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Irgendwo hatte ich mal gelesen dass jemand eine elektrische 
Fliegenklatsche dafür genommen hat.

von Marty (Gast)


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Hallo,

also bei der Platzierung der Dioden habe ich mich jetzt nach den 
Empfehlungen von TI gerichtet.
(http://www.ti.com/lit/an/slla292a/slla292a.pdf)

Welche der drei Dioden könnte denn Deiner Meinung nach raus? Und warum?


>Mir welchen Baudraten nutzt du die RS485?
>Wie sehen die Kabel aus? Sind diese geschirmt? Wo wird der Schirm
>aufeglegt?

Die Datenrate von DMX ist 250kbd, bei den Kabeln handelt es sich in der 
Regel geschirmte Kabel mit einem Twisted-Pair(chen) in 2 x 0.34mm². 
Zumindest bei mir...
Die Schnittstelle ist galvanisch getrennt. UART seitig mittels 
Optokoppler und die Spannungsversorgung erfolgt via isoliertem DC/DC 
Converter (Traco TME0505S)

Wobei die störungsfreie Übertragung unter Einfluss von Transienten jetzt 
nicht das Ziel ist, sondern nur der Schutz vor Zerstörung der Bauteile, 
wenn es bei "normaler" Handhabung doch mal blitzt.

> Irgendwo hatte ich mal gelesen dass jemand eine elektrische
> Fliegenklatsche dafür genommen hat.
Klingt auch nach einer günstigen Möglichkeit. Allerdings scheint mir das 
Piezo-Element aufgrund des kürzeren und einmaligen Impulses geeigneter 
;)

Vielen Dank, Martin

von MiWi (Gast)


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Marty schrieb:
> Hallo,
>
> also bei der Platzierung der Dioden habe ich mich jetzt nach den
> Empfehlungen von TI gerichtet.
> (http://www.ti.com/lit/an/slla292a/slla292a.pdf)
>
> Welche der drei Dioden könnte denn Deiner Meinung nach raus? Und warum?

Denke bitte selber nach wie der ESD einwirken kann, wie er am 
schnellsten unschädlich gemacht wird und das mit dem Aspekt der unten 
genannten geschirmten Kabel...

>
>>Mir welchen Baudraten nutzt du die RS485?
>>Wie sehen die Kabel aus? Sind diese geschirmt? Wo wird der Schirm
>>aufeglegt?
>
> Die Datenrate von DMX ist 250kbd, bei den Kabeln handelt es sich in der
> Regel geschirmte Kabel mit einem Twisted-Pair(chen) in 2 x 0.34mm².
> Zumindest bei mir...
> Die Schnittstelle ist galvanisch getrennt. UART seitig mittels
> Optokoppler und die Spannungsversorgung erfolgt via isoliertem DC/DC
> Converter (Traco TME0505S)
>
> Wobei die störungsfreie Übertragung unter Einfluss von Transienten jetzt
> nicht das Ziel ist, sondern nur der Schutz vor Zerstörung der Bauteile,
> wenn es bei "normaler" Handhabung doch mal blitzt.

da reichen dann ESD-feste Treiber normalerweise aus. Und vergesse nicht 
einen Ableitwiderstand mit 1xMeg in Serie zwischen RS485GBD zum 
GeräteGND, damit sich die Ladung auch wieder abbauen kann,


schöne Feiertage

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Marty schrieb:
> also bei der Platzierung der Dioden habe ich mich jetzt nach den
> Empfehlungen von TI gerichtet.
> (http://www.ti.com/lit/an/slla292a/slla292a.pdf)
> Welche der drei Dioden könnte denn Deiner Meinung nach raus? Und warum?
Um die Chips gegen Überspannung sicher zu schützen, mußt du 
gewährleisten, dass auch bei ungünstigsten Konstallationen die maximum 
ratings der Treiber-IC nicht überschritten werden.
Für die MAX48x wird im Datasheet angegben:
Receiver Input Voltage (A, B) ....... -8V to +12.5V
https://datasheets.maximintegrated.com/en/ds/MAX1487-MAX491.pdf
Diese Bedingung wird mit den beiden TSV-Dioden von A oder B gegen GND 
erfüllt, wenn die Clampingspannung unter dem zu erwartenden Störeinfluß 
bis  max. 8V liegt. Für Supperssordioden mit 5V-Nennspannung ist das in 
der Regel gegeben.

Für die Differenzspannung zwischen den A und B Leitungen gibt es keine 
zusätzliche Einschränkung.
Also ist die Schutzdiode zwischen A  und B überflüssig. Die belastet mit 
ihrer Kapazität nur den BUS und zwar doppelt so starkt wie die beiden 
TSV gegen GND, weil die für das diff. Signal in Reihe geschaltet sind.
Das kann durchaus auch pos. wirken, wenn dadurch die Bandbreite begrenzt 
wird. Bei vielen Teilnehmern kann es aber auch den BUS tot machen.
Es kann aber auch zu Resonanzeffekten kommen, wenn keine bedämpfenden 
Elemente im Bus sind.

>>Mir welchen Baudraten nutzt du die RS485?
>>Wie sehen die Kabel aus? Sind diese geschirmt? Wo wird der Schirm
>>aufeglegt?

> Die Datenrate von DMX ist 250kbd,
Das ist auch ein Pkt. der oft nicht beachtet wird. Du hast max. 
250kBaud, nutzt aber unsinnigerweise Treiber, die bis 2,5MBaud können.
Lese dazu meine Beiträge hier:
Beitrag "Re: Can Bus galvanische Trennung"
Beitrag "Baudraten, Leitungslängen und Stichleitungen"
Beitrag "Re: Flankensteilheit an digitalen uc-Ausgängen"
Da sind auch noch weitere Links drin. Verfolge auch diese und ziehe 
deine Schlußfolgerungen.

> bei den Kabeln handelt es sich in der
> Regel geschirmte Kabel mit einem Twisted-Pair(chen) in 2 x 0.34mm².
> Zumindest bei mir...
Das ist auch gut so. Die Wirkmechanismen von Twisted-Pair Leitungen sind 
ganz erheblich bezüglich Überspannungsschutz durch Blitzschlag.

> Die Schnittstelle ist galvanisch getrennt.
In den oben genannten Empfehlungen ist diese Variante aber gar nicht 
dabei?
Und wie sieht die ganze Beschaltung aus?
Bei galv. Trennung gibt es noch einige Dinge zu beachten.
Siehe dazu auch die Erläuterungen im 1. Link zum Thema "Diff. Störungen" 
und "Gleichtaktstörungen".

> UART seitig mittels
> Optokoppler und die Spannungsversorgung erfolgt via isoliertem DC/DC
> Converter (Traco TME0505S)
Ist das ganze eine Festinstallation oder wird das nur bei Bedarf 
aufgebaut?
Ich nehme auch an, dass die Leitungslängen eher kurz sind. Da stellt 
sich schon mal die Frage: Warum ist das gelv. getrennt?

Bezüglich dieser Thematik hat der Herrn Falk B. durchaus recht.
Beitrag "Re: Can Bus galvanische Trennung"

> Wobei die störungsfreie Übertragung unter Einfluss von Transienten jetzt
> nicht das Ziel ist, sondern nur der Schutz vor Zerstörung der Bauteile,
> wenn es bei "normaler" Handhabung doch mal blitzt.
ESD ist eh der harmlosere Fall. Dagegen kann man sich schon mit rel. 
kleinen und schwachen TSV-Dioden gut schützen.
Evtl. Störungen beid er Übertragung fängt man über das Datenprotokoll ab 
oder ignoriert die Fehler einfach (bei Audio ja nicht wirklich 
kritisch).

Der Fall: "Blitzschlag in die Dachhaut oder der Nähe" macht das schon 
mehr Schaden.

>> Irgendwo hatte ich mal gelesen dass jemand eine elektrische
>> Fliegenklatsche dafür genommen hat.
> Allerdings scheint mir das Piezo-Element
> aufgrund des kürzeren und einmaligen Impulses geeigneter ;)
Da ist auch noch ein Denkfehler drin. Die Geschwindigkeit, mit der die 
Hochspannung erzeugt wird, spielt keine große Rolle. Der Stromimpuls 
entsteht bei der Entladung einer aufgeladenen Kapazität.
Also wird die Intesität des Impulses ist in erster Linie die aufgeladene 
Kapazität und deren Innenwiderstand (ESR) und natürlich durch die höher 
der Spannung bestimmt.
Die Piezoelementen haben eine recht kleine Kapazität, aber dafür eine 
hohe Spannung und niedriges ESR.
Bei der Fliegenklatsche wird die Kapazität höher sein, abe die Spannung
eher niedrig.

Bei den ESD-Tests gibt es auch verschiedene Modelle und Methoden.
So können z.B. die Entladung durch Luft (Überschlag) und 
Kontaktentladung unterschiedliche Ergebnisse erzielen.
Zur Problematik lese auch hier:
http://www.siegfriedmeier.de/Download/X/ESD.pdf

Im Anhang findest du auch eine Beschaltungsmöglichkeit RS485 für 
niedrige bis moderate Baudraten (bis 57,6kBaud). Für höhere Baudraten 
muß man z.B. die Lastkapazitäten von TSV-Dioden stärker beachten und 
natürlich zusätzl. Kap. (C56) weg lassen. Auch die EMI-Ferrite sind dann 
anzupassen oder weg zulassen (EMI-Feritte haben absichtlich eine 
schlechte güte, um ungewollte Schwingneigung zu unterdrücken). Die 
Treiber müssen dann natürlich auch für höhere Baudraten geeignet sein. 
Die Polyzwitche könnten bei hohen Baudraten (> 2,5MBaud) auch stören. So 
gewährleisten diese auch eine gute Robustheit gegen Fremdspannungen 
(z.B. versehentlich 24V auf A und B gelegt).
Gruß Öletronika

: Bearbeitet durch User
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