Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Transistor C=>E Restrom vernachlässigbar Wirklich?


von Mayo (Gast)


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Hallo Leute,

ich beschäftige mich gerade rein theoretisch mit den Eingeschaften von 
Mosfets.

Beispielhaft habe ich mir folgendes Szenario ausgedacht:
1
+60V-----------------------+
2
               |           |
3
             [R01]         |
4
               |           |   
5
               +--------[Mosfet]
6
               |           |
7
             [R02]         |
8
               |           |
9
               |         (Last)
10
 +5V---------[T01]         |
11
               |           |
12
               |           |
13
 GND-----------+-----------+


Der Spannungsteiler zum Schalten des Mosfets (kein PWM) besteht aus:
 R01 = 4K7
 R02 = 18K
so dass eine Spannung V(GS) ca. 12V am Gate anliegt, wenn T01 
durchgeschaltet ist.

Für T01 habe ich (zugegebenermaßen etwas großzügig) einen BCX41 gewählt.

Nun stellt sich mir folgende Frage.
In so manchen Lehrunterlagen (Online und Bücher) steht im Kapitel mit 
den Transistoren, dass der Reststrom von C nach E vernachlässigt werden 
kann.

Laut Datenblatt des BCX41 sind das typischweise 10uA-75uA, je nach 
Temperatur.

Aber darf man das wirklich vernachlässigen? Besteht nicht das Risiko, 
dass der Mosfet irgendwann doch anfängt, leitend zu werden?

Ich hab leider nix zum Messen, sonst würde ich mir die schaltung mal 
aufbauen...

Aber wie denkt ihr über das Problem? Oder gibt es gar keins?
 K

: Verschoben durch User
von Egon D. (Gast)


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Mayo schrieb:

> Der Spannungsteiler zum Schalten des Mosfets
> (kein PWM) besteht aus:
>  R01 = 4K7
>  R02 = 18K
> so dass eine Spannung V(GS) ca. 12V am Gate
> anliegt, wenn T01 durchgeschaltet ist.

Schön.

Und welche Spannung liegt am Gate an, wenn der
Transistor NICHT durchgeschaltet ist?

von Jörg R. (solar77)


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Mayo schrieb:
> Der Spannungsteiler zum Schalten des Mosfets (kein PWM) besteht aus:
>  R01 = 4K7
>  R02 = 18K
> so dass eine Spannung V(GS) ca. 12V am Gate anliegt, wenn T01
> durchgeschaltet ist.

Am Gate liegen ca. 47 Volt an wenn T01 durchschaltet. 12 Volt wären es 
wenn du die Widerstände tauschst.

Für T01 fehlt der Basiswiderstand. Welcher Typ ist der Mosfet? Verwendet 
wird wohl ein P-Channel.


Mayo schrieb:
> Besteht nicht das Risiko,
> dass der Mosfet irgendwann doch anfängt, leitend zu werden?

Das hängt vor allem von V_GS(th) (Gate-Source Threshold Voltage) ab. 
Hierzu ist aber die Bezeichnung des Mosfet erforderlich.

https://www.mikrocontroller.net/articles/FET#Erkl.C3.A4rung_der_wichtigsten_Datenblattwerte


Egon D. schrieb:
> Und welche Spannung liegt am Gate an, wenn der
> Transistor NICHT durchgeschaltet ist?

60 Volt;-)

: Bearbeitet durch User
von Jörg R. (solar77)


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Mayo schrieb:
> In so manchen Lehrunterlagen (Online und Bücher) steht im Kapitel mit
> den Transistoren, dass der Reststrom von C nach E vernachlässigt werden
> kann.
>
> Laut Datenblatt des BCX41 sind das typischweise 10uA-75uA, je nach
> Temperatur.

...und bei 100 Volt.
Selbst die 60 Volt in deiner Beispielschaltung sind schon recht viel.


> Aber darf man das wirklich vernachlässigen? Besteht nicht das Risiko,
> dass der Mosfet irgendwann doch anfängt, leitend zu werden?

Das hängt ja auch von der Anwendung ab. Wenn der BCX41 z.B. ein Relais 
schalten soll sind die 75uA sicherlich zu vernachlässigen. Eine moderne 
Led hingegen könnte selbst bei 10uA schon sichtbar leuchten.

Aber, die Werte im DB beziehen sich auf 100 Volt.

Ob Du deine Schaltung evtl. in LtSpice simulieren kannst musst du mal 
testen.

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Dein T01 geht sofort kaputt, somit erübrigt sich die Frage bezüglich 
Reststrom. Problem gelöst!


MfG

: Bearbeitet durch User
von Mayo (Gast)


Angehängte Dateien:

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Guten Morgen und Danke für die Antworten.

Ich habe die Schaltung mal mit Eagle gezeichnet und hier angehängt.

Als Mosfet habe ich einen IRF5210 gewählt.

U_GS (max) = +/-20V
U_GS (th)  = -2V (-4V)

Datasheet: 
https://www.infineon.com/dgdl/irf5210pbf.pdf?fileId=5546d462533600a4015355e3576b198b


> Am Gate liegen ca. 47 Volt an wenn T01 durchschaltet. 12 Volt wären es
> wenn du die Widerstände tauschst.

Nach meiner Rechnung wären die 47V dann zwischen Gate und GND zu messen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, ist hier aber die Spannung zwischen 
Gate und Source U_GS ausschlaggebend. Und die die müsste doch dann 12,x 
V betragen, oder?

Gerechnet habe ich den Spannungsteiler mit der Formel

U2 =  (U / (R1 + R2)) * R2

wobei U2 = U_GS

Gegencheck mit diesem Tool:
http://www.peacesoftware.de/einigewerte/spannungsteiler.html


> Für T01 fehlt der Basiswiderstand.
Stimmt. Der spielt natürlich auch noch eine Rolle.


Für die Berechnung des Basis-R ging ich aus,  von:

I_CE(Spannungsteiler) = U / R_ges = 60V / 22700 Ohm = 0,002A
I_B = I_CE / h_fe = 0,002 / 25 = 0.00008A
R_B = ( U(Logic) - 0.7V ) / I(Basis) = (5V-0.7V) / 0.00008 = 53750 Ohm

Und einsetzen würde ich für R_B dann letztlich 51K, abgerundet...


Ist das soweit korrekt?

All das also unter Vernachlässigung des Emitter-Reststroms und weiterhin 
mit der Frage auf dem Zettel:

Wie sehr ist der Reststrom denn bei so einer Anwendung wirklich zu 
vernachlässigen?
Welche Parameter sind ausschlaggebend für das Verhalten des Mosfets in 
diesem Fall?

Das Ziel wäre, ein sicheres Schaltverhalten des Mosfets zu erhalten.
Also, [definitiv aus] ist genauso wichtig wie [definitiv an]. Dazwischen 
sollte es hier nichts geben.


Frohe Ostern ;)

von Wolfgang (Gast)


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Mayo schrieb:
> Ich habe die Schaltung mal mit Eagle gezeichnet und hier angehängt.

In Eagle gibt es eine Funktion zum Spiegeln. Das erspart dir die 
Verrenkungen mit dem Gate-Anschluss ;-)

> Und einsetzen würde ich für R_B dann letztlich 51K, abgerundet...
> Ist das soweit korrekt?

Der BJT soll Schalten. Da darf gerne ein Basisstrom fließen, der einen 
Faktor 3 höher als der minimal erforderliche ist. Da kannst du besser 
für R3 auch 18k nehmen.

von Sven S. (schrecklicher_sven)


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Mayo schrieb:
> Laut Datenblatt des BCX41 sind das typischweise 10uA-75uA, je nach
> Temperatur.

75µA verursachen an 4700 Ohm einen Spannungsabfall von 0,35 Volt.
Der Mosfet bleibt ausgeschaltet.

Einen derart hohen Reststrom habe ich allerdings bei einem 
Kleinleistungstransistor noch nicht bemerkt.

von Mayo (Gast)


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Guten Morgen,

> Sven schrieb:
> 75µA verursachen an 4700 Ohm einen Spannungsabfall von 0,35 Volt.
> Der Mosfet bleibt ausgeschaltet.
> Einen derart hohen Reststrom habe ich allerdings bei einem
> Kleinleistungstransistor noch nicht bemerkt.

Ja, also die 75uA wären auch nur bei 100V I_CE und 125°C der Fall.
In der o.g. Schaltung sollte es also deutlich weniger sein.


> Wolfgang schrieb:
> Der BJT soll Schalten. Da darf gerne ein Basisstrom fließen, der einen
> Faktor 3 höher als der minimal erforderliche ist. Da kannst du besser
> für R3 auch 18k nehmen.

Verstanden. ;)

> Jörg R. schrieb:
> Ob Du deine Schaltung evtl. in LtSpice simulieren kannst musst du mal
> testen.

Also den MosFET konnte ich in all seinen Eigenschaften mangels LTS 
Anwenderwissen nicht simulieren.

Aber ich habe eine 60V DC Quelle mit 3MegOhm in Serie (um mal 
beispielhaft 20uA Reststrom zu simulieren) und dem Spannungsteiler 4K7 / 
18K simuliert.
Da komme ich dann auf 0.2V zwischen +60V und den beiden R's.

Wenn der MosFET also eine U_GS(th) von mindestens 2V hat, bliebe er also 
sicher ausgeschaltet, wie Sven schon sagte.

V_GS(th) und die verbleibende Spannung zwischen den Teiler-Rs sind dann 
also ausschlaggebend, um zu beurteilen, ob der Emitter-Reststrom ein 
Problem darstellt, richtig?

Sorry für diese Anfängerfragen... Quereinsteiger ;)
Im Grunde geht es mir momentan darum, die Faktoren für die richtige 
Bauteilwahl zu ermitteln.
Aus den zahlreichen Beispielen im Netz Bauteile zu übernehmen ist ja 
auch eine Möglichkeit. Aber ich wollte gern verstehen, warum genau...

von michael_ (Gast)


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Auch als Einsteiger mußt du erst mal sortieren, was du willst.
Einen Transistor oder FET.

Es geht ja hier wild durcheinander.

von Wolfgang (Gast)


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michael_ schrieb:
> Auch als Einsteiger mußt du erst mal sortieren, was du willst.
> Einen Transistor oder FET.

Wenn du noch unsicher bist, wie das mit den Begrifflichkeiten ist, guck 
dir einfach mal an, für was das "T" in "FET" steht.

FETs (= Field Effect Transistor) sind eine Klasse von Transistor, 
genauso wie BJTs (= Bipolar Junction Transistor).

von Osterei (Gast)


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Mayo schrieb:
> Aber ich habe eine 60V DC Quelle mit 3MegOhm in Serie (um mal
> beispielhaft 20uA Reststrom zu simulieren) und dem Spannungsteiler 4K7 /
> 18K simuliert.
> Da komme ich dann auf 0.2V zwischen +60V und den beiden R's.

Aber darüber wunderst du dich doch nicht, oder etwa doch?

von Jens G. (jensig)


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Osterei (Gast) schrieb:

>Mayo schrieb:
>> Aber ich habe eine 60V DC Quelle mit 3MegOhm in Serie (um mal
>> beispielhaft 20uA Reststrom zu simulieren) und dem Spannungsteiler 4K7 /
>> 18K simuliert.
>> Da komme ich dann auf 0.2V zwischen +60V und den beiden R's.

>Aber darüber wunderst du dich doch nicht, oder etwa doch?

Verwunderlicher finde ich eher, daß man sowas heutzutage simulieren muß. 
Und selbst da kommt man auf ein falsches Ergebnis - oder wie kommt man 
von 20µA und 4,7k+18k auf 0,2V? Einfach U=I*R rechnen geht wohl nicht 
mehr ...

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Jens G. schrieb:

> Verwunderlicher finde ich eher, daß man sowas heutzutage simulieren muß.

Ja, es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, wann auch Menschen
nur noch simuliert werden. So etwas wie Kopfrechnen ist wohl
auch heutzutage schon völlig veraltet.

von Stefan F. (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Ja, es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, wann auch Menschen
> nur noch simuliert werden. So etwas wie Kopfrechnen ist wohl
> auch heutzutage schon völlig veraltet.

Je weniger die Menschen denken, umso einfacher wird deren Simulation.

von Jörg R. (solar77)


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Jens G. schrieb:
> Osterei (Gast) schrieb:
>
>>Mayo schrieb:
>>> Aber ich habe eine 60V DC Quelle mit 3MegOhm in Serie (um mal
>>> beispielhaft 20uA Reststrom zu simulieren) und dem Spannungsteiler 4K7 /
>>> 18K simuliert.
>>> Da komme ich dann auf 0.2V zwischen +60V und den beiden R's.
>
>>Aber darüber wunderst du dich doch nicht, oder etwa doch?
>
> Verwunderlicher finde ich eher, daß man sowas heutzutage simulieren muß.
> Und selbst da kommt man auf ein falsches Ergebnis - oder wie kommt man
> von 20µA und 4,7k+18k auf 0,2V? Einfach U=I*R rechnen geht wohl nicht
> mehr ...

Du beantwortest die Frage nach dem Sinn einer Simulation mit deiner eher 
negativen Antwort doch selbst. In einer Simulation wäre dem TO sein 
Rechenfehler evtl. aufgefallen.

Für den einen ist U=I*R ein Problem, für den anderen ist es zu 
kompliziert ein Ei zu kochen?

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Jörg R. schrieb:
> Für den einen ist U=I*R ein Problem, für den anderen ist es zu
> kompliziert ein Ei zu kochen?

Also bitte. Jeder Hobbyelektroniker sollte es fertig bringen, das 
Heizelement mit einem A7 Core ausreichend genau zu steuern :-)

von Simon Lator (Gast)


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Stefanus F. schrieb:
> Je weniger die Menschen denken, umso einfacher wird deren Simulation.

...desto mehr wird simuliert, und desto weniger denken die Menschen.
(Return)

Ein Teufelskreis - ich kann keinen logischen Fehler finden...

Aber halt, hier sehe ich ein Gegenargument:

Beitrag "Wechselstrom Paradoxon"

von Simon Lator (Gast)


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Also ist alles gut, man darf nur das "Menschen Simulieren"
nicht überhand nehmen lassen - andere Simulationen erlaubt.

von MaWin (Gast)


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Mayo schrieb:
> Aber darf man das wirklich vernachlässigen

Im allgemeinen Fall: Nein.

Wer halbwegs Sachverstand von Halbkeiterelektronik hat: ja.

Denn der wird geschaltete Ströme oberhalb 1mA ansiedeln, und nicht bei 
1uA, und er weiss, dass auch ein per Transistor gerade abgeschalteter 
Schaltungsbereich noch uA bekommt.

Im Zweifel: immer laut Datenblatt nachrechnen.

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