230V

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Auf dieser Seite finden sich einige Schaltungen und Hinweise zum Umgang mit 230 V Netzspannung.

Generell gilt:

  • Beim Arbeiten mit Schaltungen, die direkt Netzspannung führen, ist immer äußerste Vorsicht angesagt!
  • Das Berühren von 230 V Netzspannung ist lebensgefährlich!
  • Insb. beim Messen mit Oszilloskop ist ein Trenntrafo vor dem Messobjekt Pflicht – denn die Oszi-Masse ist immer geerdet.

Portpin an 230 V AC (ohne galvanische Trennung)

Schaltplan und Stückliste

Hier ist eine kurze Beschreibung, wie man einen 230-V-Pegel direkt an einen Input-Pin eines Mikrocontrollers anschließen kann. Da diese Schaltung keine galvanische Trennung besitzt, muss die gesamte Schaltung berührungssicher verbaut sein! Beim Experimentieren sollte auf jeden Fall ein Trenntrafo verwendet und auch sonst sehr vorsichtig gehandelt werden.

Obige Schaltung ist für eine bloße Detektion von Wechselspannung konzipiert. Für eine phasenrichtige, niedriglatente Detektion des Nulldurchgangs der Netzspannung lässt man R3 weg. Die beiden Dioden, welche immer vom Typ Schottky sein müssen, hier BAT45, sind in integrierten Schaltkreisen (IC) üblicherweise bereits als Schutzdiode enthalten. Beim Verwenden des MCLR-Eingangs speziell von Microchip-Mikroprozessoren können diese Dioden fehlen und müssen in der Schaltung ergänzt werden. Aber Achtung! Die externen Dioden sind immer zu empfehlen, da ein Strom über die integrierten Bodydioden chipinterne Referenzspannungen „verziehen“ kann, außerdem sind sie meist nur wenig belastbar, teilweise nur mit 1 mA. Der Widerstand R3 hat zwei Funktionen: Erstens als Spannungsteiler mit R1 und R2, um die Spannung auf einen vernünftigen Wert zu begrenzen, und zweitens als Pull-down-Widerstand für den µC-Pin.

Die Widerstände R1 und R2 dürfen nicht durch einen Widerstand mit 2MΩ ersetzt werden, weil auch bei bedrahteten Widerständen die Spannungsfestigkeit meistens nicht ausreichend ist und aus Sicherheitsgründen davon ausgegangen werden muss, dass ein Widerstand ausfällt, nicht aber beide auf einmal. Werden SMDs verwendet, sind zwei Stück in der Bauform 1206 oder größer mit ca. 5 mm Abstand zu empfehlen. Die Spannungsfestigkeit der Widerstände ist zu überprüfen (siehe Datenblatt). Gegen Spikes könnte zusätzlich ein 470-pF-Kerko direkt am µC-Pin gegen GND helfen.

Aber Achtung: Falle – Eine ganz besonders schlechte Idee hatte ich, als ich zum Schaltungsschutz noch eine Z-Diode mit 4,7 V parallel zum 39-kΩ-Widerstand schalten wollte. Nichts funktionierte mehr! Warum? Weil sich die Z-Diode wie ein Kondensator verhält, die den H-Pegel über längere Zeit am µC-Pin aufrecht erhält. In der Simulation mit LTspice hingegen klappte es mit der Z-Diode wunderbar. – Theorie und Praxis eben!

Die Firma Microchip hat auch eine gute Applikation Note hierzu. Für die allgegenwärtigen Sicherheitsfanatiker: Bei einer FMEA wird ein Widerstand als ein sehr sicheres Bauteil angesehen, der nicht so mir-nichts-dir-nichts kaputt geht. (Ganz anders schaut es da schon mit den Dioden aus.)

Wichtig ist bei dieser Schaltung noch, dass ich einen vernünftigen High-Pegel nur jede positive Halbwelle und auch nur in der Nähe des Spannungsmaximums erhalte. Ich muss also durch meine restliche Schaltung sicherstellen, dass ich den Nulldurchgang des Wechselstromes richtig mitbekomme und dann (bei Netzspannung 230 V, 50 Hz) mindestens 2 ms nach dem Nulldurchgang warten, bis ich den µC-Pin richtig einlesen kann. Und natürlich muss es die positive Halbwelle sein. (Siehe Simulation: hier erkennt man gut, wann der High-Pegel hoch genug ist …)

Der Elko mit 470 µF und die Spannungsquelle werden natürlich nicht explizit benötigt und stellen nur die vorhandene Stromversorgung des Mikrocontrollers dar.

Galvanisch getrenntes Abfragen von 230 V Wechselspannung (empfohlene Methode)

Bevor sich mit obiger Schaltung jemand ins Jenseits befördert, hier eine sicherere Schaltung, mit der man galvanisch getrennt (also potentialgetrennt) vom Netz ein Signal für den Mikrocontroller-Eingang erzeugen kann:

230V am uC Port-Pin.png

Die Bauteile links des Optokopplers müssen alle mindestens eine Spannungsfestigkeit von 250 V AC aufweisen, d. h. sie müssen Ueff = 230 V bzw. Umax = 325 V dauerhaft verkraften. Um diese relativ hohe Spannung aufzuteilen, sind jeweils zwei Widerstände als Spannungsteiler in Reihe geschaltet. Selbst größere SMD-Widerstände vom Typ 2512 weisen nur eine Spannungsfestigkeit von 200 V DC auf!

R1 und R2 begrenzen den Einschaltstrom durch C1. R3 und R4 entladen C1 nach dem Ausschalten. C2 und R5 sorgen für einen dauerhaften Low-Pegel am Controller-Eingang, solange Netzspannung anliegt. Wer den 100-Hz-Puls braucht, möge C2 weglassen. Zum Detektieren des Nulldurchgangs eignet sich diese Schaltung wegen der Phasenverschiebung durch C1 nicht.

Nulldurchgangsdetektoren

Nulldurchgangsdetektoren (engl.: zero-crossing detectors) sind Schaltungen, die dazu dienen, den genauen Zeitpunkt des Nulldurchgangs von (Netz-)Wechselspannung zu erfassen; dies ist z. B. bei Dimmern und Steuerungen für Leistungsantriebe erforderlich. Neben der Aufbereitung der Information mit ADC und Software existieren fertige Chips und Schaltungen.

Softwaremethode

Mittels Signalverarbeitung können hochgenaue Nulldurchgangsdetektoren gebildet werden, welche sich auf z. B. die 50-Hz-Welle konzentrieren und dabei Oberwellen im Netz ausblenden. Somit kann eine Steuerung voll synchron zur Sollwelle geschaltet werden, wie es z. B. bei Einspeiserichtern für Photovoltaikanlagen nötig ist. Eine genaue und sichere Wandlung erfolgt mit speziellen ADCs, welche eine interne galvanische Trennung bieten und das 50-Hz-Sinus-Signal in einen digitalen Datenstrom mit 3,3 V Ausgang übersetzen.

Schaltungshinweise

Siehe dazu:

PCB-Design

Abstände

Bei der Erstellung von Schaltungen ist auf ausreichende Abstände zu achten. Dies gilt neben den Leiterbahnen auch für die Pins an Steckern. Dabei sind mögliche Verschmutzungen und Feuchtigkeit bzw. Kriechstrecken zu beachten.

Bauteilauslegung

Unter Berücksichtigung von Alterung und Fertigtoleranzen werden Bauteile für Hochvoltanwendungen oft mit 125 % oder auch 150 % Spannungsfestigkeit ausgelegt. Geht man von 230 V Effektivwert aus, findet man in vielen Schaltungen daher 400-Vss-Bauteile, in sicherheitskritischen Anwendungen sogar solche mit 600 Vss. In Anlagen, in denen es zu Spannungsspitzen aus dem Netz kommen kann, werden dann entsprechende Suppressordioden vorgeschaltet, die einzelne kurze 600-V-Peaks limitieren.

Sind keine Bauteile ausreichender Spannungsfestigkeit verfügbar, sind auch diese wieder zu kaskadieren.

Siehe auch

Weitere Infos:

Weblinks